Süddeutsche Zeitung - 21.02.2020

(Barré) #1
Nürnberg– Es ist wohl der berühmteste
Gerichtssaal der Welt: Mit 246 Quadrat-
metern Fläche so groß wie zwei Einfamili-
enhäuser, mit 6,7 Metern Raumhöhe so
hoch wie eine Sporthalle, steht der Saal
600 im Nürnberger Justizpalast für ein
Jahrhundert deutscher Justizgeschichte.
Am Donnerstag erlebte der „600er“ wie
die Juristen sagen, nach mehr als 100 Jah-
ren sein letztes Urteil. Danach ist der Saal
nur noch Museum – als Teil des Nürnber-
ger Memoriums, das an die Kriegsverbre-
cherprozesse nach 1945 erinnert. Sollte
der Plan von Ministerpräsident Markus
Söder (CSU) und der Nürnberger Stadtvä-
ter aufgehen, wird er irgendwann zum
Weltkulturerbe gekürt.
Luftwaffen-Kommandeur Hermann
Göring, Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß,

Reichspräsident Karl Dönitz – 24 Vertre-
ter der obersten Nazi-Prominenz nah-
men in diesem Saal vom 20. November
1945 an Platz – auf einer extra angefertig-
ten Anklagebank, die angeblich bei länge-
rem Sitzen besonders unbequem gewe-
sen sein soll. Zwölf Nazi-Obere wurden
von dem eigens eingerichteten Internati-
onalen Militärgerichtshof verurteilt.
Wohl kein anderer Gerichtssaal hat ei-
ne solch wechselvolle Geschichte hinter
sich. In vier Gesellschaftssystemen wur-
de in dem von schweren Eichenvertäfe-
lungen gesäumten Raum Recht – und

auch Unrecht – gesprochen. Eingeweiht
1916 noch von König Ludwig III., wurde
der Raum in der Weimarer Republik als
Schwurgerichtssaal genutzt. Später
machten sich die Nationalsozialisten den
Saal zu eigen – und inszenierten bei ei-
nem ihrer mehr als 70 „Sondergerichte“
Urteile, etwa gegen politisch unbequeme
Bürger. Mehr als 80 Todesurteile sind
überliefert, unter anderem von Richter
Oswald Rothaug, genannt der „Scharf-
richter“. 1947 saß dieser selbst auf der An-
klagebank und wurde in einem Nachfol-
ge-Prozess gegen Nazi-Verbrecher zu le-

benslanger Haft verurteilt. Das Nürnber-
ger Kriegsverbrecher-Tribunal galt für
die internationale Gerichtsbarkeit als
richtungsweisend. Nach den Kriegsver-
brechern folgten unter bayerischer Jus-
tizhoheit und bundesrepublikanischem
Recht wieder „normale“ Kriminelle, die
auf der Anklagebank Platz nahmen –
Mörder, Totschläger, Vergewaltiger.
Der Saal ähnelt heute nur noch grob
dem Raum, der unter alliierter Führung
1945 in aller Welt bekannt war. Trotz des
Umbaus in den 1960er-Jahren und stän-
diger Modernisierungen ist der Saal 600

nie ein moderner Gerichtssaal geworden


  • nicht nur wegen des überdimensionier-
    ten Kruzifixes über der Richterbank. Die
    Vorsitzende der Schwurgerichtskammer
    am Landgericht Nürnberg-Fürth, Barba-
    ra Richter-Zeininger, verlässt den Saal
    mit gemischten Gefühlen. Das gesamte
    Ensemble sei einzigartig. Aber es gebe
    auch gravierende Nachteile. „Manche
    Zeugen sind von der Wirkung des Rau-
    mes erst einmal beeindruckt“, sagt die
    Richterin. Auch auf manche Angeklagte
    wirke der Saal zunächst beängstigend.
    Der letzte, der im Saal 600 von Barba-
    ra Richter-Zeininger seinen Urteils-
    spruch erfuhr, war an diesem Donners-
    tag ein Mann, der versucht hatte, seine
    Frau zu erwürgen. Er muss für zwei Jahre
    und neun Monate in Haft. dpa


von dietrich mittler

München– Um Pflegebedürftige und ihre
Angehörigen künftig besser „vor einer fi-
nanziellen Überforderung“ schützen zu
können, setzt Bayerns Gesundheitsminis-
terin Melanie Huml (CSU) auf „einen Bun-
deszuschuss aus allgemeinen Steuermit-
teln“. So lasse sich der Eigenanteil der zu
pflegenden Menschen und ihrer Nächsten
insbesondere bei langen Pflegeverläufen
künftig begrenzen. Hintergrund dieser For-
derung: Im Freistaat lag der finanzielle Ei-
genanteil an den Heimkosten bereits im
vergangenen Jahr über dem Bundesdurch-
schnitt.
Das Problem dabei: Die tatsächlichen
Kosten der stationären Pflege sind in der
Regel höher als der Zuschuss der Pflegekas-
sen. Den Differenzbetrag haben die Pflege-
bedürftigen selbst tragen – 2018 lag dieser
Betrag in Bayern im Schnitt bereits bei
1869 Euro monatlich. Können die Betroffe-
nen das nicht selbst aufbringen, werden
sie zum Sozialfall. Ihr Leidensdruck ist oft
beträchtlich, und Humls politische Forde-
rung im Augenblick nicht mehr als eine Vi-

sion – eine Vision, die auf eine harte Reali-
tät trifft: Die finanzielle Belastung der bay-
erischen Pflegeheimbewohner ist 2019 er-
neut gestiegen, im Vergleich zum Vorjahr
um 100 Euro, wie die bayerische Landesver-
tretung vom Verband der Ersatzkassen
(vdek) am Donnerstag bekannt gab. Viele
Menschen überfordere der zu leistende
Eigenanteil so sehr, dass sie auf die soge-
nannte Hilfe zur Pflege vom Sozialamt

zurückgreifen müssen. „In Bayern gibt es
mehr als 51 000 Menschen, die auf diese
Hilfe angewiesen sind, und das sind mehr
als 13 Prozent der Fälle bundesweit“, teilte
der Verband der Ersatzkassen mit.
Nur in Nordrhein-Westfalen seien noch
mehr Menschen betroffen – und zwar
103 000. „Die Kostendynamik der letzten
zwei Jahre bereitet uns große Sorgen, denn
der Eigenanteil in bayerischen Pflegehei-
men stieg von 2018 auf 2020 um nicht weni-

ger als 11,5 Prozent“, erklärte Ralf Langejür-
gen, der Leiter der vdek-Landesvertretung
in München.
Wie aber ist es um Senioren bestellt, die
nach Alternativen zur Heimversorgung su-
chen? Hier versprechen Modelle wie das be-
treute Wohnen oder auch spezielle Wohn-
gemeinschaften – Stichwort Pflege-WGs –
Bedingungen, die dem Wunsch entgegen-
kommen, im Alter möglichst lange eigen-
ständig leben zu können. In Bayern leben
aktuell rund 3000 Senioren in 403 ambu-
lant betreuten Wohngemeinschaften. Zum
Vergleich: Mehr als 100 000 Menschen
sind im Freistaat in Pflegeheimen unterge-
bracht. Beim betreuten Wohnen liegen der
Barmer nur bundesweite Zahlen vor. Dem-
nach haben sich in Deutschland rund
150 000 Menschen für diese Art der Alters-
unterbringung entschieden.
Der Trend geht hin zu mehr Pflege-WGs
und anderen Alternativen zur Heimunter-
bringung. „Diese neuen Wohnformen er-
scheinen für Bewohner auch finanziell at-
traktiv“, sagt Claudia Wöhler, die Landesge-
schäftsführerin der Barmer in Bayern.
Dies liegt vor allem daran, dass die Kassen

viele Kosten übernehmen müssen, die
durch die ambulante Pflege der alten Men-
schen entstehen. Dadurch werden die Pfle-
genden und ihre Angehörigen natürlich
entlastet. „Häusliche Pflege bringt Anbie-
tern von Pflegeleistungen mehr ein als die
Heimpflege“, sagt Wöhler. Einfach ausge-
drückt liegt das daran, dass Leistungen der
Pflegeversicherung im ambulanten Be-
reich „im großen Umfang mit Leistungen

der Krankenversicherung kombiniert wer-
den können“, was der Gesetzgeber den Hei-
men nicht ermöglicht. In der Folge entstün-
den bei ambulant versorgten WG-Bewoh-
nern für die Kassen Monat für Monat er-
hebliche Mehrkosten – je nach Pflegegrad
der Versicherten zwischen 368 und 730 Eu-
ro im Schnitt. Wöhler betont indes, dass
das Problem ein ganz anderes sei. „Wenn
ich hohe Ausgaben habe, erwarte ich eine
hohe Pflegequalität, die sich auch nachprü-

fen lässt“, sagt sie. Letzteres sei mangels ge-
setzlicher Vorgaben aber nicht gegeben.
Die neuen Wohnformen seien „intranspa-
rent und kaum geprüft“, bringt es Wöhler
auf eine Formel. Zum Schutz der Bewoh-
ner müsse jedoch „mehr Transparenz über
die Qualität hergestellt werden“.
Wöhler hat ihre Kritikpunkte aufgelis-
tet: So etwa gebe es für die neuen Alters-
Wohnformen nur minimale Personalvorga-
ben, meist keine räumlichen Anforderun-
gen, kaum ordnungsrechtliche Prüfungen.
Eine Meldepflicht für Pflege-WGs und be-
treutes Wohnen existiere nur einge-
schränkt, Bewohnergremien – vergleich-
bar dem Heimbeirat – seien meist nicht
vorgesehen. Auch Johanna Sell, die stellver-
tretende Geschäftsführerin des Medizini-
schen Dienstes der Krankenversicherung
in Bayern, wünscht sich mehr Kontrollbe-
fugnis. Die neuen Wohnformen glichen ei-
ner „Black-Box“. Der Gesetzgeber müsse
endlich Qualitätsvorgaben entwickeln,
zum Schutz der Bewohner. Es gelte zu ver-
hindern, dass „aus dem Wunsch der alten
Menschen nach einem guten Leben ein Alb-
traum wird“.

Bamberg– Im Zweifel muss der Fasching
eine ernste Sache sein, zumindest ordent-
lich sollte es zugehen. Im Faschingskauf-
haus Schauer in Bamberg, laut Eigenwer-
bung das größte in Süddeutschland, war
das stets zu bestaunen. Auch wenn es auf
einer Gesamtladenfläche von 4000 Qua-
dratmetern auf vier Etagen fast nichts
gibt, was es nicht gibt, wenn sich Kostü-
me, Masken, Accessoires und Lustigkeits-
artikel aller Art stapeln und aneinander-
reihen – Kunigunde Schauer hat immer
den Überblick. Ein Griff in ein Regal und
das Gesuchte wird zutage gefördert. Ord-
nung zeigt sich freilich auch im Regi-
ment, das die Chefin zuweilen führt. Kin-
der packen Perücken aus (obwohl Zettel
das verbieten), nesteln dran herum, set-
zen sie gar auf? Da kann man sehen, wie
Schauer ums Eck saust und die „Fregger“
(fränkisch für Rotzgören) angemessen
ausschimpft. Da geht der Spaß zu weit!
„Der Schauer“ ist Kult in Bamberg, ei-
ne Institution. Beziehungsweise wird es
bald gewesen sein. Just in den Faschings-
tagen kam die Nachricht, die in der Stadt
Weh- und Missmut auslöst: Das Riesen-
spezialkaufhaus schließt Ende März. Weil
Brandschutzauflagen in dem wuchtigen
Kasernengebäude so viel Investitionen er-
fordern, dass die Familie die Nase voll hat,
die Pappnase voll, mag man fast witzeln.
„Der“ Schauer ist übrigens nicht nur der
Laden, sondern auch Peter Schauer. An-
fang der Siebzigerjahre haben er und sei-
ne Gattin mit Kostümverkaufen angefan-

gen, seit 1987 in dem Kasernenbau. „Kauf-
haus der 5 Jahreszeiten“ heißt das Ge-
schäft, neben Fasching deckt es das ganze
Jahr ab, auch Ostern, Grillpartys, Hallo-
ween und vor allem Weihnachten.
Doch nun ist Schluss. Die modernen
Brandschutzstandards sind den Schauers
zufolge, die das 70. Lebensjahr überschrit-
ten haben, der Grund. Behördenbegehun-

gen hätten dies ergeben. Wobei derFrän-
kische Tagden Stadtbrandrat zitiert, der
sich nichts in die Schuhe schieben lassen
will: Die Mängel wären mit einem „relativ
geringen Betrag und organisatorischen
Änderungen zu beseitigen gewesen“. Die
Schauers erzählen das anders, Aussage ge-
gen Aussage. Wohl wird Tochter Sonja an
einem anderen Standort mit Faschingsbe-

darf weitermachen, nächste Saison – si-
cher nicht in dieser Dimension, aber mit
Teilen des Sortiments. „Leerverkaufen
wäre unmöglich“, sagt Kunigunde Schau-
er. Bei Hunderttausenden Artikeln.
Der Schauer ist in Bamberg Stadtge-
spräch; auf Facebook herrscht Groll, dass
wieder ein Stück Identität verloren gehe,
das quasi den Einwohnern gehöre und
nicht dem Tourismus diene. Viele wollen
am Wochenende noch mal rein – zum
Schnuppern oder wegen reduzierter Arti-
kel. Kleid, Clownsmaske, Turban, Ritter-
rüstung und Ärztezubehör böten sich an.
Ein Scherzartikel wie die Plastikfliege
fürs Bierglas und eine penisförmige Pud-
dingform. Oder eine Antiquität: im Schau-
er standen noch Politikermasken herum,
die historisch sind, Genscher oder George
Bush. Senior. Wobei das nicht heißt, dass
das Ehepaar nicht am Puls der Zeit wäre.
Beim letzten Besuch der SZ wollte Peter
Schauer dem Reporter für „die Madla in
der Redaktion“ Rosen mitgeben. Deren
Blüten waren gefaltete Unterhöschen.
Dass das ein Fettnapf ist, merkte er aber
rasch, „wegen dem Metoo, wiss’ ma alles“.
Kunigunde Schauer klingt zwiegespal-
ten am Unsinnigen Donnerstag: Es sei ja
schön, sich „ein bisschen zur Ruhe“ zu set-
zen. Aber das Lebenswerk, das in 40 Jah-
ren aufgebaut wurde, gebe sie auf, das sei
traurig. Kunden hätten ihr gesagt: „Bam-
berg ohne Schauer ist wie Bamberg ohne
Dom.“ Sie meint: „Na ja, ganz so schlimm
isses jetzt auch nicht.“ johann osel

Das letzte Urteil ist gesprochen


Im Saal 600 wurden Kriegsverbrecher und „normale“ Kriminelle verurteilt. Nun wird er Museum


München– Nach der Berichterstattung
über mutmaßlich unhygienische Zustände
bei dem österreichischen Eier-Unterneh-
men Pro Ovo von SZ und Oberösterreichi-
schen Nachrichten, fordert der SPD-Abge-
ordnete Florian von Brunn Aufklärung
über mögliche Abnehmer in Bayern. „Die
Menschen haben ein Recht zu erfahren, ob
sie Produkte mit diesen verfaulten und ver-
schimmelten Ekel-Eiern gekauft und ge-
gessen haben“, sagt Brunn. Auch in Bayern
müsse es einen Anfangsverdacht wegen
Hygieneverstößen geben. Dafür spricht,
dass die Münchner Staatsanwaltschaft Vor-
ermittlungen aufgenommen hat. Zudem
wurde Pro Ovo offenbar von der bayeri-
schen Firma Bayern-Ei beliefert, die 2014
wegen salmonellenverseuchter Eier in Ver-
ruf kam. So steht es in einer Stellungnah-
me zum Bayern-Ei-Untersuchungsaus-
schuss, die der SZ vorliegt. Die Lieferbezie-
hung passe „ins Bild dieses Ekel-Skan-
dals“, sagt Brunn. Beide Unternehmen hät-
ten offenbar unter ähnlichen Umständen
produziert. In Österreich ermitteln die Be-
hörden gegen Pro Ovo wegen Betrugs, weil
das Unternehmen verdorbene und frische
Ware gemischt haben soll. Pro Ovo produ-
ziert Flüssigei, ein Eigemisch, das etwa an
Bäckereien geht. nell


Coburg– Wegen Grippe bleibt ein Gymna-
sium in Coburg bis Freitag geschlossen.
„Eine Handvoll Schüler hat Influenza“, sag-
te der Schulleiter. Schon seit Dienstag falle
der Unterricht für zwei siebte Klassen mit
besonders vielen kranken Kindern aus.
Trotzdem hätten sich noch mehrere Schü-
ler angesteckt. „Bevor die Zustände katas-
trophal werden, schließen wir sicherheits-
halber gleich ganz.“ Weitere Schulschlie-
ßungen in Bayern wegen Influenza sind
dem Landesamt für Gesundheit nicht be-
kannt, wie ein Sprecher am Donnerstag
mitteilte. Nach Zahlen des Landesamts
stieg die Zahl der Grippefälle im Freistaat
zuletzt deutlich an. In der sechsten Melde-
woche des neuen Jahres seien 7540 neue In-
fluenzafälle gemeldet worden. Damit liegt
die Zahl in der Saison 2019/2020 nun bei
18 327. dpa


Gemünden– Im unterfränkischen Ge-
münden steht bei der Kommunalwahl am


  1. März ein toter Kandidat zur Wahl. Der
    am 7. Februar im Alter von 61 Jahren gestor-
    bene Stadtrat Stefan Koberstein von der
    Freien Wählergemeinschaft werde sowohl
    bei der Stadtrats- als auch bei der Kreis-
    tagswahl als Kandidat auf dem Wahlzettel
    stehen, sagte Kreiswahlleiter Thomas Ur-
    laub vom Landratsamt Main-Spessart am
    Donnerstag. Grund sei das Gemeinde- und
    Landkreiswahlgesetz. Danach bleibe ein
    Kandidat auf dem Stimmzettel, wenn er in-
    nerhalb von 40 Tagen vor dem Wahltag
    stirbt, sagte Urlaub. Zwar sei der Gestorbe-
    ne nicht mehr wählbar, für ihn abgegebene
    Stimmen würden aber für die Liste gewer-
    tet, für die er aufgestellt war. Sie kommen
    den anderen Kandidaten der Liste entspre-
    chend ihrer Rangfolge zugute.
    Bayerns Vize-Landeswahlleiter Karsten
    Köhne vom Landesamt für Statistik sagte,
    es gebe keine bayernweite Erfassung der
    Todesfälle bei Kandidaten zur Kommunal-
    wahl. „Bei rund 2000 Gemeinden mit etwa
    40 000 Kandidaten im Freistaat ist die
    Wahrscheinlichkeit gar nicht so gering,
    dass dieser Fall eintritt“, sagte er.
    Anders verhält es sich, wenn ein Bürger-
    meister- oder Landratskandidat stirbt.
    Dann muss entweder ein Kandidat bis
    40 Tage vor dem Wahltag nachnominiert
    werden – oder die Wahl wird verschoben.
    „Die Wahl des Bürgermeisters oder des
    Landrats ist eine reine Persönlichkeits-
    wahl. Hier können die Wählerstimmen bei
    Tod eines Kandidaten nicht für eine Liste
    oder Gruppierung gewertet werden. Daher
    muss ein neuer Wahltermin angesetzt wer-
    den“, erklärte Main-Spessarts Kreiswahl-
    leiter Urlaub. dpa


München– Auf Bayerns Straßen sind im
vergangenen Jahr weniger Menschen ge-
storben und verletzt worden als im Vor-
jahr. Die Zahl der tödlichen Verkehrsunfäl-
le ging von 618 auf 541 zurück, wie Innen-
minister Joachim Herrmann (CSU) am Don-
nerstag sagte. „Das ist der niedrigste Stand
der Verkehrstoten in Bayern seit Beginn
der Unfallaufzeichnungen vor mehr als 60
Jahren.“ Auch bei den knapp 67 100 Verletz-
ten habe es einen deutlichen Rückgang
von fast fünf Prozent gegeben.
Insgesamt aber stieg die Zahl der regis-
trierten Unfälle auf rund 416 600. „Das ist
eine Steigerung von 1,6 Prozent gegenüber
dem Vorjahr und gut 18 Prozent mehr als
2011“, sagte Herrmann. Seither sei aller-
dings auch die Einwohnerzahl in Bayern
um knapp sechs Prozent und die Zahl der
zugelassenen Fahrzeuge um fast 16 Pro-
zent gestiegen.
Die meisten Menschen sterben nach wie
vor auf den Landstraßen. Allerdings ging
die Zahl der Todesopfer dort ebenfalls zu-
rück – besonders signifikant unter den Mo-
torradfahrern. Mit gut einem Viertel ist ei-
ne zu hohe Geschwindigkeit Hauptursache
aller Unfälle. „Die Vernunft sagt es uns
schon lange, und jetzt zeigt uns auch die
neu vorliegende Statistik, dass es an der
Zeit ist, Tempo 130 einzuführen“, kommen-
tierte die SPD-Landtagsfraktion.
Auch die Missachtung der Vorfahrt führ-
te zu vielen Todesfällen. 40 Menschen star-
ben wegen Alkohols am Steuer. Das ist ein
deutlicher Rückgang zum Vorjahr, aller-
dings wurden insgesamt etwas mehr Alko-
holunfälle registriert. 23 000 betrunkene
Fahrer wurden im vergangenen Jahr ange-
zeigt. Ein großes Lob verteilte Landespoli-
zeipräsident Wilhelm Schmidbauer an die
Jugend: Unter den Heranwachsenden sei
es inzwischen weit verbreitet, an Party-
abenden einen Fahrer zu bestimmen, der
dann auch wirklich nichts trinke.
Von den Todesopfern saßen 46 Prozent
in einem Auto, 21 Prozent waren Motorrad-
fahrer, 14 Prozent Radfahrer, elf Prozent
Fußgänger und vier Prozent Lastwagen-In-
sassen. Während die absoluten Zahlen bei
allen anderen Gruppen zurückging, blieb
sie bei den Radfahrern konstant. Die Rad-
ler verursachten zwei Drittel aller Unfälle
mit ihrer Beteiligung selbst, etwa durch
Stürze, Radeln entgegen der Fahrtrich-
tung oder Trunkenheit.
Auch wenn Herrmann sich mit dem ur-
sprünglich erst für das nächste Jahr ange-
peilten Rückgang auf unter 550 Todesop-
fer sehr zufrieden zeigte, will die Polizei in
diesem Jahr die Verkehrssicherheit mit ge-
zielten Maßnahmen weiter erhöhen. Dazu
gehören verstärkte Kontrollen auf Ge-
schwindigkeit, Alkohol und Drogen. Auch
Motorrad- und Lasterfahrer sowie Gurt-
muffel rücken verstärkt ins Visier. Außer-
dem sollen laut Herrmann „all diejenigen,
die keine Knautschzonen mit viel Metall
um sich haben“ etwa durch verbesserte
Verkehrsführung, aber auch durch Aufklä-
rungsmaßnahmen besser geschützt wer-
den. Besonders die hohe Zahl der Pedelec-
Unfälle will die Polizei reduzieren. dpa


Wohl kein Gerichtssaal der Welt
wurde so oft fotografiert und gefilmt wie
der Saal 600 im Nürnberger Justizpalast.
Am 20. November 1945 hörten dort
die angeklagten Nazi-Größen die
Verlesung der Anklageschrift bei der
Eröffnung des Nürnberger
Kriegsverbrecher-Hauptprozesses.
FOTOS: DANIEL KARMANN/DPA, DB/DPA

Kunigunde Schauer verliert auch bei vier Etagen nicht den Überblick. Im Kauf-
haus Schauer gibt es beinahe nichts, was es nicht gibt. FOTO: MATTHIAS HOCH

Für neue Alters-Wohnformen
gibt es nur minimale
Personalvorgaben

Heimpflege wird teurer


Fast 2000 Euro monatlich müssen Pflegebedürftige oder deren Angehörige inzwischen aus eigener Tasche zuschießen.
Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) fordert, dass sich der Bund aus Steuermitteln an den steigenden Kosten beteiligt

SPD fordert Aufklärung


über Ekel-Eier


Coburger Gymnasium


schließt wegen Grippe


Gestorbener Kandidat


steht weiter zur Wahl
Schluss mit lustig

Faschingsartikel noch und nöcher, das ist „der Schauer“ in Bamberg. Nun schließt der Traditionsladen – und die Stadt ist betrübt


Weniger Tote auf


Bayerns Straßen


Niedrigste Zahl seit 70 Jahren,
dennoch mehr Kontrollen geplant

„Die Kostendynamik
der letzten zwei Jahre
bereitet uns große Sorgen.“


DEFGH Nr. 43, Freitag, 21. Februar 2020 (^) BAYERN R15

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