Der Stern - 04.03.2020

(C. Jardin) #1
Oben: Gombrowski (Thomas Thieme) ist
in Unterleuten zu Hause. Anne Pilz (Mina
Tander, u.r.) plant mit Bürgermeister Seidel
(Jörg Schüttauf ) Windräder, Jule Fließ (Ro-
salie Thomass, l.) will das mit Unterschrif-
ten verhindern. Ganz unten: Linda Franzen
(Miriam Stein) ist auf einen Deal mit Meiler
(Alexander Held) aus

MAGAZIN Highlight


Titelfoto & Fotos: ZDF/St

efan Erhard | Text: Katharina Montada

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Das Dorf Unterleuten aus Juli Zehs Roman wird zum ZDF-Dreiteiler –


ein Gesellschaftsdrama, wie es aktueller nicht sein könnte


Der Wind der Veränderung


„Unterleuten


könnte


überall spielen.“


Juli Zeh


Weite Felder, flaches Land. Absolute Stille. Nur
der Wind streift leise durch das gelbe Korn.
Willkommen in Brandenburg, genauer gesagt
im Dorf Unterleuten. Idyllisch ist hier nur die
Natur, denn zwischen den Bewohnern brodelt
es. Wegen jahrelang anhaltender Fehden sind
die alteingesessenen Gombrowskis und Krons
miteinander verfeindet. Entweder man schlägt
sich auf die Seite der einen oder man hält zu
den anderen. Die Familienväter Rudolf (Tho-
mas Thieme) und Kron (Hermann Beyer) konn-
ten sich bislang aus dem Weg
gehen. Das ändert sich, als Anne
Pilz (Mina Tander) von „Vento
Direct“ auftaucht. In Unterleu-
ten sollen Windräder gebaut
werden. Bewohnern, die ihr
Land als Baufläche zur Verfü-
gung stellen, winkt ein Geldre-
gen. Die Unterleutener bringen
sich in Stellung: Gombrowski versucht, seinen
maroden Landwirtschaftsbetrieb mit dem Geld
aus der Windkraft niederzulegen. Verhindern
will das Linda Franzen (Miriam Stein), die
vom eigenen Reiterhof träumt. Sie bietet dem
schmierigen Meiler (Alexander Held) ihr Land
zum Tausch. Auch er will die Windräder. Dann
mischt sich Kron ein, damit Gombrowski den
Zuschlag nicht bekommt. Gebaut wird noch
lange nicht, denn Jule Fließ (Rosalie Thomass)
und ihr Mann Gerhard (Ulrich Noethen) wol-
len das Naturschutzgebiet erhalten. Und dann
treibt sich auch noch der zwielichtige Schaller

(Charly Hübner) in der Nachbarschaft herum
und wirft einen dunklen Schatten aus längst
vergangenen Tagen auf das Dorf.

ERFOLGSROMAN VERFILMT
„Im Grunde könnte ‚Unterleuten – Das zerris-
sene Dorf‘ überall spielen“, sagt Juli Zeh, die
die literarische Vorlage für den ZDF-Dreiteiler
lieferte. „Die Geschichte stellt ganz grundsätz-
liche Fragen darüber, wie wir heute leben.“ Es
geht dabei nicht nur um Um-
weltschutz, auch die Pfeiler un-
seres Zusammenlebens werden
in „Unterleuten“ auf drastische
und erschreckend realistische
Weise ins Wanken gebracht.
„Die Menschen haben schnell
eine starke Meinung zu etwas,
ohne vorher wirklich alle As-
pekte zu beleuchten“, findet Schauspielerin
Rosalie Thomass. Es fehle an „Diskussionskul-
tur“. Nicht nur deshalb habe „Unterleuten“
eine Menge „Zündstoff“. Es geht um alltägli-
che Probleme und Veränderungen, die uns alle
betreffen. Geld, Heimat, Klima, Familie. Wie
soll die Zukunft aussehen, wie gehen wir mit
der Vergangenheit um? Der Wind der Verän-
derung macht nicht am Dorfeingang oder der
Grenze Brandenburgs halt. Unterleuten ist
überall.

ab Montag, ZDF, 20.15 Uhr
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