Focus - 22.02.2020

(Sean Pound) #1

Fotos:


Getty Images, dpa, Youtube, grammy.com


, instagram.com/justinbieber


FOCUS 9/2020 83

weit verstreut lebende Verwandtschaft
sehen konnte, was der Kleine so trieb,
lud Mallette Videos von ihm bei YouTube
hoch. Andere Mütter hätten ihren derart
musikalischen Nachwuchs wahrscheinlich
von Casting-Show zu Talentwettbewerb
gescheucht, doch Mallette, eine wieder-
geborene Christin, betete lieber, dass
ihr Sohn zu einem modernen Propheten
Samuel heranwachsen möge, zu der Stim-
me seiner Generation – sie konnte ja nicht
ahnen, in welcher Form man ihre Gebete
erhören würde.
Biebers Entdecker war Scooter Braun,
ein junger Musikmanager aus Atlanta/
Georgia, der zufällig auf eines von Biebers
YouTube-Videos stieß. Als er Biebers Mut-
ter kontaktierte, wusste sie zunächst nicht,
was sie davon halten sollte. Also bete-
te sie und fragte: „Lieber Gott, willst du
wirklich, dass sich dieser jüdische Junge
um meinen Justin kümmert?“ Doch ihre
religiösen Bedenken blieben nur eine Epi-
sode. Bieber war 13, als Braun sich sei-
ner annahm und ihn zum erfolgreichsten
Popstar der Zehnerjahre machte.
Bieber hat rund 150 Millionen Platten
verkauft und unter anderem 15 Ameri-
can Music Awards, 20 Billboard Awards
sowie einen Grammy erhalten. Er hat 127
Millionen Abonnenten auf Instagram und
damit doppelt so viele wie Drake, der bei
den männlichen Popstars an zweiter Stel-
le steht. 2011, damals war er 17, setzte
ihn „Forbes“ nach Lady Gaga und Oprah

Winfrey auf Platz drei der
bestbezahlten Stars. Man
schätzt, dass er heute über
ein Vermögen von 285 Mil-
lionen Dollar verfügt.
Er müsste nie wieder ar-
beiten, doch selbst wenn er
das Bedürfnis verspürte, ei-
ner bürgerlichen Tätigkeit
nachzugehen, gäbe es für
ihn außerhalb des Showge-
schäfts keinen Platz. Seit
seinem 16. Lebensjahr kann
Bieber nicht mehr vor die
Tür gehen, ohne Massenaufläufe zu ver-
ursachen. Zwar ist er vor den Augen der
Weltöffentlichkeit groß geworden, ohne
dabei jedoch Teil dieser Weltöffentlichkeit
gewesen zu sein.

Ein Album mit Flitterwochen-Flair
Er habe nie darum gebeten, dass man ihn
auf ein Podest hebt, sagt er im Interview,
er habe einfach nur Musik machen wollen.
Doch inzwischen ist der Ruhm so gewaltig,
dass es kein Zurück mehr gibt. Damit er
einigermaßen funktionstüchtig bleibt, hat
man einen feinen Kokon um ihn gespon-
nen, in dem alles darauf ausgerichtet ist,
dass er angesichts seiner Situation bloß
nicht die Nerven verliert.
Wer sich den sehr unterhaltsamen Do-
kumentarfilm „Justin Bieber: Never Say
Never“ von 2011 angeschaut hat, wird in
„Seasons“ eine Reihe alter Bekannter

wiedersehen. Scooter Braun
ist immer noch sein Mana-
ger, Ryan Good, der einst als
„Swagger Coach“ engagiert
wurde, um Bieber in der
Kunst des coolen Schlurfens
zu unterrichten, ist weiter-
hin an seiner Seite, und auch
Allison Kaye vom Manage-
ment, die seit mehr als
neun Jahren seinen Alltag
organisiert. Der Produzent
Josh Gudwin und der Song-
schreiber Poo Bear zählen
ebenfalls schon seit Langem zum direk-
ten Umfeld, was natürlich als ein Zeichen
von Stabilität zu werten ist. Andererseits
werden alle von Bieber bezahlt und sind
auch deutlich älter als er.
Der einzige Neuzugang in seinem Leben
ist seine Frau Hailey. Der Sänger und das
Model lernten sich bereits als Teenager
kennen. Ab Dezember 2015 waren sie für
zwei Monate ein Paar, trafen sich dann
2018 wieder und heirateten kurz darauf.
Als Bieber sie auf einer Party sah, wie sie
ein Baby im Arm hielt, wurde ihm augen-
blicklich klar, dass sie die Frau seines
Lebens sei, sagt er. „Changes“ ist nun eine
Liebeserklärung in 17 Titeln. Entstanden
im ersten Jahr ihrer Ehe, handelt es sich
sozusagen um ein Flitterwochen-Album.
Inhaltlich schwanken die Songs zwischen
sentimentaler Bewunderung und Geilheit,
musikalisch sind die elektronischen

„Believe“ Malia
Obama, Barack
Obama, Jennifer Hud-
son, Victoria Justice
und Justin Bieber sin-
gen Weihnachtslieder

„Sorry“ Schluss
mit Everybody’s
Darling: Auf dem
Album „Purpose“
gibt Bieber den
Bad Boy

„Es war
schwer für
mich, in
diesem
Geschäft so
jung zu sein
und nicht zu
wissen, an
wen ich
mich wenden
sollte“

2011

2016

2012

2015

(^2011) „Cathing Feelings“
Die Pop-Welt (und das
Gold-Kitz) fest im Griff:
Bieber mit Bambi bei der
Gala in Wiesbaden
„That’s What
Love Is“ Verheiratet
seit 2018: Justin und
Hailey Bieber,
geborene Baldwin
„No Sense“ Grammy für
„Where Are Ü Now“. Aber
den Superstar plagen böse
Selbstzweifel
„Right Here“ Biebers
Jahreseinkommen 2012 laut
„Forbes“: 55 Millionen Dollar
2020

Free download pdf