Der Spiegel - 07.03.2020

(Ben Green) #1
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 »Alles beim Alten: Der DFB bricht
sein Wort, Hopp bleibt ein Hurensohn!«
Wegen dieses Banners beim Bundesliga-
spiel der TSG Hoffenheim gegen Bayern
München drohte am vergangenen Sams -
tag ein Spielabbruch. Es war der Beginn
eines neuen Kleinkriegs zwischen
der harten Fanszene und dem Deutschen
Fußball-Bund.
Hintergrund des Konflikts ist die Frage,
wer im Stadion das Sagen hat. Es stehen
sich gegenüber: der DFB mit seinen Funktio-
nären als gewählte Vertreter des Fußballs
und die »Ultras«, organisierte Fans, die sich
als die wahren Hüter des Sports sehen –
gegen die Kommerzialisierung des
Fußballs, gegen den Ausverkauf an
Investoren. Der Milliardär Dietmar
Hopp ist für sie ein Feindbild, weil
er sich mit seinem Geld den Auf-
stieg Hoffenheims vom Dorfverein
in die Bundesliga gekauft hat.
Die Konfrontation zwischen
DFB und Fans ist nicht neu, sie war
vor Jahren schon einmal eskaliert.
Anlass war damals nicht Hopp, son-
dern die Pyrotechnik. Wegen des
Abbrennens von Fackeln hatte der
DFB Ultrablöcke von bestimmten


Spielen ausgeschlossen. »Verschuldens -
unabhängige Haftung« nennen es Juristen,
wenn nicht einzelne Täter identifiziert
und bestraft werden, sondern ganze Grup-
pen, ohne den Schuldigen konkret festzu-
stellen. Rechtswissenschaftler diskutieren
seit Jahrzehnten darüber, ob Fußballfans
derartig belangt werden können. Der DFB
sah sich im Recht, weil der Cas, der Welt-
sportgerichtshof, dieses Vorgehen erlaubt
hatte. Die Ultras in den Kurven fühlten sich
hingegen diskriminiert, sie wetterten gegen
diese »Kollektivstrafe«.
Vor drei Jahren wollte der damalige
DFB-Präsident Reinhard Grindel im

Alleingang die Gegner befrieden. Er emp-
fahl, dass der Kontrollausschuss, eine Art
Staatsanwaltschaft des DFB, keine Aus-
schlüsse von Fangruppen mehr beantra-
gen solle. Die Kollektivstrafe sei damit für
immer vom Tisch, dachten die Ultras.
Falsch gedacht.
»Grindels Vorgehen war ausgesprochen
ungeschickt«, sagt Jan F. Orth, Herausge-
ber der »Zeitschrift für Sport und Recht«,
es sei »grob rechtswidrig« gewesen, weil
der Präsident nicht in die Verbandsrecht-
sprechung eingreifen dürfe. In Wahrheit
war die Kollektivstrafe nie abgeschafft, sie
steht weiter in der DFB-Satzung.
Als kürzlich ein Fall von BVB-Fans ver-
handelt wurde, die Hopp bereits vor Jah-
ren im Stadion beleidigt hatten, wurden
sie von Spielen in Hoffenheim ausge-
schlossen. Die Ultras schäumten, für sie
war es ein Wortbruch des DFB,
sie planten neue Aktionen gegen
Hopp wie am vergangenen Bun-
desligaspieltag.
»Den DFB trifft nun eine große
Herausforderung«, sagt Jurist
Orth, »er hat den Schutzanspruch
von Hopp bedient. Das ist ver-
ständlich. Daran wird sich der
Verband aber messen lassen müs-
sen.« Etwa wenn fortan die Opfer
von Rassisten oder Spieler, die im
Stadion beschimpft werden, den
gleichen Schutz erwarten. ULU

Falsch gedacht


Gut zu wissenWarum beleidigen Fans Dietmar Hopp?


ROBIN RUDEL / IMAGO IMAGES
Dortmund-Fans mit Anti-Hopp-Banner in Sinsheim 2018

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Das Coronavirus legt zunehmend die Sportwelt lahm. Während sich in Deutschland die Absagen bisher weit -


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