Rücken der Kühe ab. Die Familien errichten während der
Reise jeden Tag ihre Schlafstätten neu. So hat es Maimanut,
Gagaus Frau, von ihrer Mutter gelernt. So tun es die Fula
ni in der ganzen Sahelzone seit Jahrtausenden. Den Pflock
für die Kälber als Erstes. Maimanut schlägt ihn in die Erde.
Daran knüpft sie den langen Strick, an den die vier Kälber
der Familie gebunden werden. Dann sucht sie auf dem Feld
acht stärkere Maishalme, die sie kreisförmig in den Boden
eingräbt und vorsichtig zur Mitte biegt, wo sie sie jeweils mit
dem Ende des gegenüberstehenden Halmes verknotet. Die
Halme befestigt sie zusätzlich auf halber Höhe mit kurzen
Seilen. Darauf wirft sie eine Strohmatte, den Boden bedeckt
sie ebenso mit einer Matte. Die Söhne schickt sie auf das
Feld, um Feuerholz zu suchen. Die Töchter holen drei grö
ßere Steine, die sie zu einer Kochstelle zusammenschieben.
Es ist Winter, nachts sinken die Temperaturen auf etwas
über zehn Grad, zitternd liegen die Menschen unter dün
nen Decken. Tagsüber sind es fast 30 Grad, was immer noch
kühl ist im Vergleich zu den 40 Grad im Sommer.
Seit prähistorischen Zeiten folgen Nomaden in Afrika
dem Regen. Felsbilder, die in der Gebirgskette Tassili n’Aj
jer im heutigen Algerien in der Zentralsahara um 6000 vor
Christus entstanden, zeigen in Sandstein gemalte Rinder
herden, Rinder, die weiden, Rinder, die gemolken werden,
Behausungen von Menschen, die denen von Gagau und
Maimanut nicht unähnlich sind. Doch ist es ihre Genera
tion, die das Ende dieser Ära zu erleben scheint. Sie sind
die Letzten ihrer Art. Jedes Jahr wird es für sie schwieriger,
ihre Rinder mit Gras und Wasser zu versorgen. Die Wüste
rückt vor. Durch die Klimaerwärmung gehen in Nigeria
nach Schätzungen von Umweltschutzgruppen jedes Jahr
350.000 Hektar fruchtbares Land verloren. So wird die
Konkurrenz um die verbleibende Fläche größer. »Die Fel
der, durch die wir heute gezogen sind«, sagt Alhaji Gagau
am Abend, »hat es vor vier Jahren noch nicht gegeben.« Er
fürchtet, dass auf ihrer Route durchs Gebirge im nächsten
Jahr auch die letzten freien Buschflächen zu Äckern umge
brochen werden. »Wir waren hier schon vor Hunderten
Jahren«, sagt Gagau. »Wie können die Bauern kommen
und behaupten, ihnen gehört das Land?«
Abends entzünden die Familien auf dem Maisfeld große
Haufen aus Buschwerk. Die sieben Familien, die Gagau
anführt, haben ihre Lager mit erheblichem Abstand zu ein an
der aufgebaut, der Privatsphäre wegen. Jede Familie besitzt
an die 40 Kühe. Die Tiere sammeln sich um die Feuer und
starren in die Flammen, deren Wärme tötet die Parasiten in
Dorcas Leku aus dem Dorf Bare verlor ihren Mann Charles, einen der Dorfältesten,
er wurde von den Fulani getötet. Kurz zuvor hatte er mit den Nomaden noch um Frieden verhandelt
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