Die Zeit - 12.03.2020

(backadmin) #1

ENTDECKEN


Dillingen


Da wollten Sie nie hin? Jetzt sind Sie nun mal da.
JONATHAN LINDENMAIER nimmt Sie zwei Stunden lang an die Hand.
Sie entdecken: Marinesoldaten fernab der See

D


illingen an der Donau vermarktet
sich gerne als das schwäbische Rom.
Und es stimmt, die Stadt ist katho­
lisch geprägt, die Dichte an Kirchen
hoch. Wen stört es da, dass man die
sieben Hügel vergeblich sucht und erst recht das
Dolce Vita? Es führen auch nicht ganz so viele
Wege her wie in das echte Rom. Aber Bundes­
straße und Bahnanbindung reichen ja schon, um
in Dillingen zu stranden.
Wahrscheinlich wollen Sie nur die Zeit bis zur
Weiterfahrt mit einem Macchiato oder Bagel
überbrücken. Aber der Dillinger Bahnhof hat so
etwas nicht. Kein Crobag, kein Yormas, nicht mal
eine Backwerk­Filiale. Sie sind jetzt in Bayern,
also gibt’s eine Leberkässemmel vom Supermarkt­
metzger gegenüber. Falls Sie jetzt denken: »Wieso
denn Bayern?«, denken Sie nicht ganz falsch.
Schwaben verläuft über die Bundesländergrenze
hinweg, der größere Teil liegt drüben in Baden­
Württemberg. Napoleon hat das irgendwann mal
so beschlossen. Sie dürfen beim Bestellen aber
gern »Wecken« statt »Semmel« sagen.
Jetzt sind Sie einmal hier, da können Sie sich
auch umschauen. Die Leberkässemmel essen Sie
am besten gleich auf dem Weg. Sie kreuzen die
Große Allee und laufen die Kapuzinerstraße ent­
lang. Vorbei an der Konditorei Holzbock, wo halb
Dillingen am Sonntag Torte isst. Vielleicht nehmen
Sie sich für später ein Stück mit. Wenn rechts von
Ihnen das historische Stadttor auftaucht, geht das
Sightseeing los. Weißer Turm mit roten Fenster­
läden, können Sie gar nicht verfehlen. Dahinter
erblicken Sie die Königstraße, quasi die Via dei Fori
Imperiali des schwäbischen Rom. In schwäbischer
Effizienz hat Dillingen seine ganze Schönheit in
diese eine Straße gepackt: Altbaufassaden in unter­
schiedlichen Farben, mal gelb, mal grün, mal blau.
Alles Sehenswerte befindet sich hier oder in einer
der Seitenstraßen.
Sie laufen also durch das Tor und über das Kopf­
steinpflaster. Eventuell treffen Sie dabei auf Marine­
soldaten in blau­weißen Uniformen. Irritierend,
wenn man bedenkt, dass der nächste Seehafen etwa
550 Kilo meter entfernt in Norditalien liegt. Der

Grund ist ein historischer: Wilhelm Bauer, Erfinder
des modernen U­Boots, stammt aus Dillingen. So
wurde die Stadt Patin des Ausbildungszentrums
U­Boote der Bundeswehr in Eckernförde. Die
Marinesoldaten besuchen die Stadt zu unterschied­
lichen Anlässen, verkaufen zum Beispiel Glühwein
auf dem Weihnachtsmarkt. So kommt ein bisschen
maritimer Charme ins Stadtleben.
Sie laufen jetzt auf die Kreuzung zur Basilika­
straße zu. Dort blicken Sie einmal nach rechts
und sehen eine Kirche, die als schwäbischer
Petersdom gelten könnte. Zumindest trägt sie den
gleichen Namen: Basilika St. Peter. Sonst ähneln
die Bauwerke sich nicht. Die hier ist eher schwä­
bisch schlicht, weißer Turm, wenig verziert.
Rechts daneben steht mit der Klosterkirche auch
gleich das nächste Gotteshaus. Sie erinnern sich:
hohe Kirchendichte, streng katholische Prägung.
Das weltliche Zentrum Dillingens ist weniger
präsent – zumindest vorübergehend. Baugerüste
versperren die Sicht auf das Rathaus, seit es darin
2017 gebrannt hat. Das war sogar bundesweit in
den Medien. Ein anderes Gebäude sollten Sie
aber auf jeden Fall noch besichtigen, nämlich das
Dillinger Schloss. Ist gar nicht schwer zu finden,
Sie biegen einfach in die Schloßstraße ein. Von
Weitem haben Sie wahrscheinlich schon den
Turm gesehen. Der sieht wie ein Kirchturm aus,
aber das passt ja zum Stadtbild. Die weißen Mau­
ern des Schlosses umrahmen einen Innenhof, der
ist vor allem im Sommer schön, dann stehen dort
Bands auf der Bühne. Wichtigstes musikalisches
Kulturgut aus Dillingen: die Killerpilze, Pop­
Punk­Band und Teenie­Idole der 2000er. Ja, die
gibt’s noch, sie legen nur gerade eine Pause ein.
Bevor Sie weiterfahren, sollten Sie sich noch
etwas zu essen besorgen. Dafür gehen Sie zum
Werksverkauf der Firma Wetzel, ein bisschen
südlich vom Schloss, und kaufen gefüllte Oblaten.
Am besten die mit Schokolade. Klingt wie der
katholischste Snack der Welt, ist es vielleicht auch,
schmeckt aber lecker. Am besten verteilen Sie die
gleich großzügig im Zugabteil. Macht man ja so mit
Oblaten. Noch ein bisschen Wein aus dem Bord­
bistro dazu, und Sie haben ein Abendmahl to go.

GESTRANDET IN

Illustration: Monja Gentschow für DIE ZEIT

Kneipp-Rundgang
Im 19. Jahrhundert
hat sich Sebastian
Kneipp in Dillingen
von einer Krankheit
erholt und dabei
eine Kaltwasserkur
erfunden: das
Kneippen. Dillingen
widmet ihm einen
Rundgang durch Stadt
und Donauwald.
Natürlich mit
Kneippbecken.
Start: Georg­Schmid­
Ring 29

Ehemalige Universität
Dillingen war einst
Universitätsstadt. Seit
dem 19. Jahrhundert
studiert hier aber
niemand mehr. Schade
eigentlich, die Gebäude
sind schöner als
die der meisten
modernen Unis. Sie
können im Rahmen
einer Führung
besichtigt werden.
Kardinal­von­Wald­
burg­Straße 6–7

STUNDEN
I N
DILLINGEN

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Gero von Randow ist sicherlich
einer der ZEIT-Journalisten mit dem
weitesten Horizont. Seit 1992 ist
er bei der ZEIT unter anderem als
Herausgeber von ZEIT Wissen oder
Chefredakteur von ZEIT ONLINE.
Heute ist er Politikredakteur der
ZEIT in Hamburg. Er freut sich sehr
auf die Premiere und den Austausch
beim neuen »EUROPA Salon«.
zeitreisen.zeit.de/randow

© Nicole Sturz, DIE ZEIT; Hapag-Lloyd Kreuzfahrten GmbH | Anbieter: Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, Buceriusstraße, Hamburg
Veranstaltet durch: Hapag-Lloyd Kreuzfahrten GmbH, Ballindamm 25, 20095 Hamburg

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