Süddeutsche Zeitung - 13.03.2020

(Elle) #1
Wer an einen Beichtstuhl denkt, der denkt
wahrscheinlich an ein schrankartiges Mö-
belstück aus dunklem Holz. Im Inneren ei-
ne harte Sitzbank für den Priester und eine
gefühlt noch härtere Kniebank für den
Beichtenden – und zwischen beiden Seiten
ein Gitter. In der Kirche St. Michael in der
Münchner Fußgängerzone sehen die
Beichtstühle neuerdings ganz anders aus.
Entworfen hat sie die Architektin Stefanie
Seeholzer, 41.

SZ: Frau Seeholzer, wann waren Sie das
letzte Mal beim Beichten?
Stefanie Seeholzer: Während der Kommu-
nionsvorbereitung meiner Töchter, zehn
und 14 Jahre alt, habe ich mich intensiv mit
dem Thema Beichten und der neuen Form
eines offeneren, direkten Gesprächs be-
schäftigt. Das entspricht meiner Meinung
nach dem Bedürfnis vieler. Meine jüngere
Tochter hat mir sogar anvertraut, was sie
im Rahmen so eines offenen Gesprächs ge-
beichtet hat. Das darf ich hier aber natür-
lich nicht verraten, Beichtgeheimnis!

Sie haben Bürgerhäuser, Rettungsstatio-
nen, Kindergärten, und Museumsgebäu-
de entworfen. Wie wird man Beichtstuhl-
designerin?
Wir haben Erfahrung mit Sakralbauten, ha-
ben ein Pfarrheim gebaut, eine Kapelle,
derzeit planen wir einen ökumenischen
Raum auf dem Campus der Technischen
Universität München. Aber Beichtstühle
waren Neuland für unser Büro. Begonnen
hat es mit einem Einladungswettbewerb,

den wir 2018 gewonnen haben. Grundsätz-
lich ist es uns wichtig – unabhängig von
der Art des Projekts – dass wir stimmungs-
volle Räume schaffen.

Braucht es überhaupt neue Beichtstüh-
le? Die Nachfrage ist doch sicher gering.
Da täuschen Sie sich aber gewaltig. In der
Michaelskirche im Herzen von München,
für die wir die vier Beichtstühle und zwei
Beichtzimmer geplant haben, kommen je-
de Woche im Durchschnitt 250 bis 300
Menschen zum Beichten. Zu Stoßzeiten
gibt es Warteschlangen. Sitzbänke für die
Wartenden vor den Beichtzimmern gehö-
ren zu unserem Konzept, schließlich ist
der Beichtgang eine ganzheitliche Erfah-
rung. Niemand will, dass das Beichten ab-
schreckend und unbequem ist.

Bei Beichtstühlen denken viele an dunk-
le, Ehrfurcht gebietende Kästen.
Wir wollten weg von diesem Konzept der
düsteren „Sündenschränke“ und haben in
engem Austausch mit den Nutzern und
Auftraggebern ganz bewusst eine sehr hel-
le, einladende Konstruktion aus Weißtan-
nenholz entworfen. Einen Raum, der die
richtige Umgebung für das Bußsakrament
schafft. Einen Raum, der mehr ist als eine
Lokalität für das Loswerden von Sünden:
ein Ort für den Dialog.

Die Priester, die als Beichtväter das Be-
kenntnis der Sünden abnehmen, freuen
sich sicher auch schon auf einen beque-
meren „Arbeitsplatz“.

Natürlich, sie verbringen viele Stunden in
diesen winzigen Räumen, in unserem Fall
ist der Beichtstuhl 2,80 Quadratmeter
groß. Der Stuhl der Priester ist ergono-
misch geformt, sie können Temperatur
und Luftzufuhr regulieren. Unser Ziel war
es, die Innenräume einladend und behag-
lich zu gestalten – und gleichzeitig würdig.
Das war eine große Herausforderung.

Das klingt nach einer Art Wellness-
Beichtstuhl.
Das Ziel ist doch, dass die Gläubigen in der
Kirche das tun können, was sie für die Aus-
übung ihrer Religion brauchen. Was
spricht dagegen, dass dies in einer hellen,
positiven Umgebung geschieht? Die St.-Mi-
chael-Kirche ist eine der berühmtesten Kir-
chen Münchens, hier liegt König Ludwig II.
begraben, hier predigte Pater Rupert Ma-
yer gegen die Nazis. Es ist ein besonderer
spiritueller Raum mit einer großen Kraft.

Was ist im Inneren für die Beichtenden
anders?
In vielen alten Beichtstühlen konnten die
Gläubigen nur kniend auf Bänkchen zum
Priester durch eine vergitterte Öffnung in
einer Trennwand sprechen. Bei unserem
Design haben die Beichtenden zwei Mög-
lichkeiten: Sie können wie bisher durch ein
Fenster auf den Knien ihre Sünden beken-
nen, oder ein wenig nach links rutschen
und im Sitzen an einem Tischchen ohne
Trennwand mit dem Priester reden – nicht
in zwei Zellen, sondern in einem Raum.

Gibt es in den modernen Beichtstühlen
auch moderne Technik wie Wlan?
Eher im Gegenteil. Wir hatten gemeinsam
mit den Beichtvätern überlegt, ob wir im
Beichtstuhl Verbindungen mit dem Inter-
net blockieren sollten, haben das dann al-
lerdings nicht gemacht. Es gibt sicher weni-
ge, die gleichzeitig beichten und im Netz
surfen wollen. Aber natürlich ist der Beicht-
stuhl technisch auf dem neuesten Stand.

Nämlich?
Es gibt Lüftung, Wand- und Fußbodenhei-
zung, ein ausgefeiltes Lichtkonzept, mit
dimmbarem, indirektem Licht und einer
Präsenzanzeige, an der man erkennt, ob ge-
rade jemand beichtet. Besonders wichtig
war der Schallschutz, schließlich wollen die
Gläubigen auch während eines Orgelkon-
zerts ein ruhiges Gespräch führen können
und andererseits sicher sein, dass nichts
von dem Besprochenen nach außen dringt.

Der Prototyp ist seit einigen Wochen im
Einsatz, weitere fünf sollen bis Ostern
folgen. Gibt es erste Erfahrungen?
Vor einigen Tagen kam eine ältere Dame
auf mich zu, als ich ein Detail an unserem
ersten Beichtstuhl nachprüfte. Sie hatte
erstmals die Beichte in der Neukonstrukti-
on abgelegt und war ganz begeistert. Es
sei, sagte sie, der angenehmste Beicht-
stuhl, in dem sie je gewesen sei. Schon jetzt
freue sie sich auf das nächste Mal.

interview: stefan wagner

von mareen linnartz
undoliver klasen

Z


ettel an Innenseiten von Haustüren
verheißen normalerweise nichts Gu-
tes. Der Kaminkehrer kündigt seinen
Besuch zu merkwürdigen Uhrzeiten an.
Die Hausverwaltung bittet, die Schrotträ-
der aus dem Keller zu holen, sofern sie ei-
nem gehören, ansonsten werden sie näm-
lich entsorgt. Die WG aus dem ersten Stock
macht eine Party am Wochenende, zu der
natürlich alle eingeladen sind, und sollte
es zu laut werden: „Bitte bei uns melden!“
Am Mittwoch dieser Woche aber hängte
Sabine Beck eine Botschaft in Klarsichthül-
le auf, gerichtet an die Bewohner ihrer Wie-
ner Hausgemeinschaft: „Liebe Nachbar*in-
nen! Sollten Sie über 65 Jahre alt sein und
ein geschwächtes Immunsystem haben,
möchte ich euch unterstützen, gesund zu
bleiben.“ Beck bietet an, Einkäufe zu erledi-
gen und auch sonst unter die Arme zu grei-
fen, „falls Sie also Unterstützung brau-
chen, stecken Sie mir bitte einen Zettel an
die Tür“. Am Ende schreibt sie Worte der Er-
munterung: „Gemeinsam steht man alles
durch. Sie sind nicht alleine!“

Ihr Zettel ist eine konkrete Umsetzung
dessen, wozu Twitternutzer unter dem
Hashtag #NachbarschaftsChallenge seit
ein paar Tagen aufrufen: Nämlich älteren
oder immunschwachen Menschen, die be-
sonders gefährdet sind, schwer an Co-
vid-19 zu erkranken, beizustehen. Reihen-
weise posten Nutzer ihre Aushänge, ande-
re stellen Vorlagen bereit, die man sich aus-
drucken und im Hausflur anbringen kann.
Der Zettel von Sabine Beck wurde auch
vom deutschen Außenminister Heiko
Maas bemerkt: „Das #Coronavirus ver-
langt uns allen viel ab. (...) Es zeigt uns, wie
wichtig Zusammenhalt und Solidarität
ist“, schrieb er auf Twitter, und dann noch:
„Vielen Dank für Ihren Einsatz!“ „Dass sich
Heiko Maas mal bei mir bedankt, hätte ich
nicht erwartet“, erzählt Beck am Telefon.
40 Parteien wohnen in ihrer Hausge-
meinschaft, darunter auch einige ältere
Menschen. „Die haben oft wahnsinnige
Hemmnisse, um Hilfe zu bitten. Ich wollte
einfach eine Einladung abgeben und zei-
gen: Ich bin da.“ Wenige Minuten nach ih-

rem Aushang, erzählt die 49-Jährige, habe
bereits eine andere Nachbarin, eine Stu-
dentin, mit einem Kuli auf den Zettel ge-
schrieben, dass auch sie sehr gerne helfe.
Dass Solidarität der Schlüssel sein wird,
diese Krise zu bewältigen, das lässt sich
auch in Heinsberg beobachten, ganz im
Westen der Republik, wo etwa die Hälfte
der 900 Coronafälle in Nordrhein-Westfa-
len verzeichnet werden.
Der dortige Landrat Stephan Pusch
(CDU) hätte es vor wenigen Wochen ver-
mutlich noch für unvorstellbar gehalten,
dass er mal ein Youtuber wird und zweimal
am Tag Botschaften versendet. Aber jetzt
tut er es und ähnlich wie früher Uli Wickert
in den „Tagesthemen“, der den Zuschau-
ern stets eine „geruhsame Nacht“ wünsch-
te, schließt Pusch seine Ansprachen mit ei-
ner immer wiederkehrenden Formel, die
auch zu einem Hashtag geworden ist: „HS
be strong“ – „Heinsberg, bleib stark“.
Am Donnerstagmorgen hat Pusch das
bisher letzte Video aufgenommen. Acht Mi-
nuten. Er wolle diesmal nicht über neue
Fallzahlen reden und über medizinische
Maßnahmen. Sein einziges Thema heute:
Solidarität. Die sei, so wie er es erlebe, bei-
spiellos in seinem Kreis. „Was die geistige
Gesundheit angeht, ist es derzeit nirgend-
wo so gut wie im Kreis Heinsberg“.
Wenn er eine Erkenntnis aus den vergan-
genen Tagen habe, dann diese: „Ich hier als
kleiner Landrat erlebe das: Es hilft nur Soli-
darität, Normalität und Mitgefühl. In die-
ser Situation müssen wir uns unterhaken.“
Mitgefühl, das muss sich nicht unbedingt
in konkreter Hilfe äußern, manchmal geht
es auch um Taten mit Symbolkraft. So sind
zum Beispiel T-Shirts in Heinsberg ge-
druckt worden mit dem Schriftzug #hsbe-
strong, die nun für einen guten Zweck ver-
kauft werden.
Sabine Beck, die normalerweise zwi-
schen Hamburg und Wien pendelt, stellt
sich nun auf mehrere Wochen Homeoffice
ein. Von kommender Woche an haben alle
Schulen in Österreich geschlossen, sie ist
Mutter einer zwölfjährigen Tochter. „Wir
werden alle für eine gewisse Zeit unseren
Alltag umstellen müssen. Es wird Ein-
schränkungen geben. Allein deswegen wer-
den wir uns untereinander organisieren
müssen.“ Auf ihre Botschaft hin hat sich
gleich eine ältere alleinstehende Dame ge-
meldet. Im Moment brauche sie die Hilfe
noch nicht, sie habe jemanden. Aber, sagte
sie: „Ich freue mich so, dass jemand an
mich denkt.“

Stefanie Seeholzer,41,
betreibt mit ihrem Ge-
schäftspartner Peter Kunze
das Büro Kunze Seeholzer
in München. Gute Architek-
tur heißt für sie, dass die
Räume stimmungsvoll sind


  • das gilt auch für 2,
    Quadratmeter Beichtstuhl.
    FOTO: KUNZE SEEHOLZER


Sarah Lombardi, 27, Popsängerin, hat
früher gerne im Kirchenchor gesungen.
„Das war eine lustige Zeit“, sagte sie der
Deutschen Presse-Agentur. Mit dem
Gospel-Chor habe alles angefangen. Mit
elf Jahren habe sie dann privaten Ge-
sangsunterricht genommen, für den
„Spaßfaktor“ sei ein Chor aber sehr gut.


Naomi Campbell, 49, Hygienefanatike-
rin, hat ein neues Reiseoutfit. Das briti-
sche Model, das dafür bekannt ist, im
Flugzeug nach dem Einsteigen erst mal
alles um sich herum
zu desinfizieren,
postete auf Insta-
gram Fotos von sich
am Flughafen von
Los Angeles im Ganz-
körper-Schutzan-
zug, Atemmaske
und Schutzbrille
inklusive. Campbells
Kommentar dazu:
„Sicherheit geht
vor!“FOTO: GETTY


Gerhart Baum, 87, ehemaliger Innenmi-
nister, hält Erfahrung nicht unbedingt
für eine politische Tugend. „Es gibt auch
Leute, die haben viel Erfahrung und
ziehen daraus die falschen Schlüsse“,
sagte der FDP-Politiker derAugsburger
Allgemeinen. „Donald Trump zum Bei-
spiel hat Erfahrung, allerdings nicht in
der Politik“, erklärte Baum. Trump führe
die USA wie ein Unternehmer und dulde
keine anderen Meinungen. „Ein Politi-
ker, der beratungsresistent ist, scheitert
in der Regel – egal, wie alt er ist.“ Das
heiße aber im Umkehrschluss nicht,
dass die Jüngeren alles richtig machten.


Cristiano Ronaldo, 35, portugiesischer
Fußballer, versteckt sich. Nach Angaben
seines Vereins Juventus Turin nahm
Ronaldo am Mittwoch nicht am Training
teil, weil er zunächst auf Madeira weite-
re Entwicklungen in der Coronavirus-
Krise abwarte. Ronaldo sei erneut bei
seiner kranken Mut-
ter auf der zu Portu-
gal gehörenden
Insel, schrieb die
SportzeitungGazzet-
ta dello Sport. Dort
habe Ronaldo davon
erfahren, dass sein
Teamkollege Daniele
Rugani positiv auf
das Virus getestet
worden sei.
FOTO: REUTERS


Katie Holmes, 41, US-Schauspielerin,
hat die Hilfe eines Taxifahrers zu Tränen
gerührt. Sie seien damals von Paparazzi
verfolgt worden, sagte Holmes dem
MagazinInstyleüber die Zeit, als ihre
inzwischen 13-jährige Tochter Suri zur
Welt kam. Ein Taxifahrer habe ihr
nachts geholfen, ihre schlafende Tochter
ins Bett zu bringen. „Er war sehr nett“,
sie habe sogar weinen müssen. Suri ist
das einzige gemeinsame Kind von Katie
Holmes und Schauspieler Tom Cruise.


Berlin– Die Polizei in Berlin warnt Senio-
ren vor einer neuen Enkeltrick-Masche: Be-
trüger gäben sich derzeit vermehrt am Te-
lefon als Angehörige aus, die sich mit dem
Coronavirus infiziert hätten. Die Täter frag-
ten die Senioren nach Geld für teure Medi-
kamente. Anschließend vereinbarten sie ei-
nen Abholtermin. Die Polizei rief dazu auf,
niemals Geld und Wertsachen an Unbe-
kannte zu geben und misstrauisch zu sein,
wenn Anrufer sich nicht mit Namen mel-
den. Von angeblichen Amtspersonen sollte
man sich den Dienstausweis zeigen lassen
und bei der entsprechenden Behörde tele-
fonisch nachfragen, nachdem man die Te-
lefonnummer selber herausgesucht hat.
Auch die Polizei Osnabrück hatte be-
reits mit einem Fall von Betrügern zu tun,
die sich die derzeitige Verunsicherung der
Menschen zunutze machten. „Ein Unter-
nehmen ist auf einen Fake-Shop hereinge-
fallen“, sagte ein Sprecher. Die Firma habe
online Schutzmaterial gegen Vorkasse be-
stellt, die Ware sei aber nie angekommen.
Die Polizei warnt auch vor angeblichen
Handwerkern, die behaupten, Haus und
Wohnung desinfizieren zu wollen. dpa

Was wäre ein Dschungelcamp ohne Affen. Eine Horde
Makaken turnt einen steilen Kalkfelsen hinauf. Wir wol-
len näher ran, steigen die Leiter vom Baumhaus hinun-
ter, schleichen uns an. Ein Fehler, wie wir bald bemer-
ken. Zwar haben wir die Tür zu unserer gemieteten Ur-
waldbehausung mit einem Vorhängeschloss verriegelt,
aber die Halterung war dann doch zu schwach. Diese klei-
nen Kerle haben Kraft wie King Kong. Während uns die
einen am Felsen vorturnen, brechen die anderen in un-
ser Baumhaus ein. Wenn das kein Teamwork ist. Am Tat-
ort sieht es hinterher aus, als hätte eine Bombe einge-
schlagen, alle Taschen aufgerissen, Stühle umgeworfen,
das Bett verwüstet. Auch haben sie auf den Koffer ge-
pisst. Zu essen fanden sie nichts, dafür futterten sie un-
ser ganzes Aspirin. Die Affen von Khao Sok, sie kennen
jetzt keinen Schmerz mehr. arne perras

Bremerhaven– Nach fünf Monaten
Polarnacht ist auf der Arktis-Expediti-
on des ForschungsschiffsPolarsternam
Donnerstag erstmals wieder die Sonne
über den Horizont geklettert. „Die Son-
ne habe ich zum letzten Mal am 5. Okto-
ber gesehen“, sagte Kapitän Stefan
Schwarze, der seit Fahrtbeginn im Sep-
tember 2019 an Bord ist. Danach sei es
immer dunkler geworden. Auf der Eis-
scholle, mit der diePolarsternein Jahr
lang durch die zentrale Arktis driftet,
hätten die Forscher nur mithilfe von
Scheinwerferlicht arbeiten können. Die
Sonne habe er „wirklich sehr lange
vermisst“. Die vergangenen drei Wo-
chen konnte die Crew in der Dämme-
rung bereits die ersten Vorboten der
Sonne erleben, die bisher aber stets
unter dem Horizont geblieben war.
„Das Schönste war, zu sehen, wie unse-
re ganze kleine Welt, unser Mikrokos-
mos, in dem wir uns seit Monaten be-
wegt haben, immer größer wurde.“dpa


Und jetzt unterhaken


Eine Frau hängt in Wien einen Zettel in den Hausflur, auf dem sie älteren Menschen ihre Hilfe beim Einkaufen anbietet.
Im nordrhein-westfälischen Heinsberg werden T-Shirts für den guten Zweck verkauft. Über Solidarität in Zeiten von Corona

Raus aus dem „Sündenschrank“


Architektin Stefanie Seeholzer hat neue Beichtstühle entworfen – mit ergonomischen Sitzen, Fußbodenheizung und Lichtkonzept


Pinneberg– Unbekannte sind in der
Nacht auf Donnerstag in eine Zahnarzt-
praxis in Pinneberg in Schleswig-Hol-
stein eingebrochen. Wie die Polizei
mitteilte, entwendeten die Täter Desin-
fektionsmittel und Einwegmasken.
Außerdem ließen sie eine elektrische
Zahnbürste sowie Bargeld aus einem
Sparschwein und der Praxiskasse mitge-
hen. Der Schaden beläuft sich auf rund
670 Euro. Zugang zur Praxis verschaff-
ten sich der oder die Täter über eine
Balkontür, die sie aufhebelten. dpa


Trickbetrüger geben sich


alsCorona-Infizierte aus


Leonberg– Mitten auf einer Kreuzung
im baden-württembergischen Leon-
berg hat ein betrunkener Mann Liege-
stütze gemacht. Nach Angaben der
Polizei entdeckte eine Streife in der
Nacht zum Donnerstag den 50-Jähri-
gen, der wegen seiner sportlichen Betäti-
gung am Boden für Autofahrer „äußerst
schlecht zu sehen“ war. Weil er sich
zudem aggressiv verhielt, legten ihm
die Beamten Handschellen an, wie ein
Sprecher der Polizei erklärte. Ein Atem-
alkoholtest habe mehr als zwei Promille
ergeben. Der Mann kam zur Ausnüchte-
rung in eine Zelle.dpa


Die Karte ist ein Geschenk und klassische Musik mal
was anderes, also ab in den Gasteig, die Wiener Philhar-
moniker spielen Beethoven. Der Dirigent setzt an, das Or-
chester beginnt, die Violinen, Bratschen, Bässe, tatata-
taa, tatatataaa. Selbst Menschen, die noch kurz googeln
mussten, wann er die 5. Sinfonie komponiert hat (
war’s), können hören, wie überragend das Orchester
klingt. Der erste Satz hat begonnen, da zieht die Frau ne-
ben einem ein Brot aus der Tasche, beißt hinein. Zweiter
Satz: Sie streicht die Krümel von der Hose, desinfiziert ih-
re Hände, mehrere Sekunden reibt sie das Gel ein. Als
der vierte Satz gespielt ist, verbeugt sich der Dirigent,
das Orchester steht auf, die an den Violinen, den Brat-
schen, den Bässen, noch mehr Applaus. Jetzt steht auch
die Frau in Block M auf, will vorbei. Vermutlich bekam
auch sie die Karte geschenkt. gianna niewel

An manchen Tagen holen einen die Fußballmomente der
Kindheit ein. Wie an diesem in Boulogne-Billancourt, wo
der französische Sportverlag L’Équipe residiert. Ein Re-
cherchetermin, eigentlich. Der Journalist, den man por-
trätiert, zieht sich für seinen Fernsehauftritt ein Hemd
an. Da sitzt im Maskenraum in einem riesigen Sessel ein
Mann mit dem Rücken zur Tür. Im Spiegel sieht man, wie
ihm die Augenlider gepinselt werden. „Salut, moi c’est Jo-
han“, sagt er mit tiefer Stimme. Johan Micoud, „le chef“,
der elegante Bremer Spielmacher der Nullerjahre. Nie
werde ich ihm verzeihen, wie er meine Bayern 2004 aus
dem Olympiastadion schoss. „3:1 haben wir euch wegge-
hauen“, sagt er grinsend. Und Ailton, der Kugelblitz, war
der wirklich so dick, wie wir als Kinder dachten? „Toni
war stark, das war alles“, erinnert er. „Le chef“ hat nichts
an Eleganz verloren. jean-marie magro

Khao Sok


MITTEN IN ...


Manche sind gehemmt,
ihre Nachbarn
um Hilfe zu bitten

10 HF2 (^) PANORAMA Freitag, 13. März 2020, Nr. 61 DEFGH
Und es ward Licht: Die neuen Beichtstühle
sindkeine finsteren Kammern, sondern
hell und einladend. FOTO: YANN AVERWSER
Einkaufen, ja bitte – und zwar am besten für ältere Menschen, die durch das Coronavirus besonders bedroht sind und
sich deshalb nicht selbst in den Supermarkt wagen sollten. FOTO: IMAGO
Sonne auf der „Polarstern“
ILLUSTRATIONEN: MARC HEROLD
LEUTE
Desinfektionsmittel-Diebstahl
Liegestütze auf der Kreuzung
München Boulogne-Billancourt
KURZ GEMELDET

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