von rebekka gottl
S
eit circa einem Jahr ist Philipp Hof-
mann fest angestellt. Beworben hatte
er sich auf die Stelle jedoch bereits
2012, noch während der Schulzeit. Fachli-
che Kenntnisse brachte der damalige Abi-
turient keine mit, dafür Interesse an der
Automobilentwicklung und die Motivati-
on, sich das nötige Wissen anzueignen.
Das überzeugte seinen jetzigen Arbeitge-
ber, er stellte ihn ein. Heute, acht Jahre spä-
ter, ist der 25-Jährige einer von 8500 Mitar-
beitern, die beim Ingenieurdienstleister
Edag beschäftigt sind. In der Zeit zwischen
Bewerbungsgespräch und Berufseinstieg
studierte Hofmann Fahrzeugtechnik an
der Hochschule für Angewandte Wissen-
schaften in Hamburg – dual. Während des
Semesters besuchte er Vorlesungen zur Me-
tallbearbeitung, nahm an Seminaren zum
technischen Zeichnen teil und lernte für
Klausuren. Die Wochen dazwischen, für an-
dere die Semesterferien, verbrachte er im
Unternehmen im hessischen Fulda.
Viele technikinteressierte Abiturienten
liebäugeln mit einem zu ihren Interessen
passenden dualen Studium. Dabei pendelt
man zwischen Hörsaal und einem Unter-
nehmen. Nach Angaben des Bundesinsti-
tuts für Berufsbildung (BIBB) hat sich die
Anzahl der dualen Studiengänge insge-
samt in den vergangenen 15 Jahren verdrei-
facht: Im Jahr 2017 waren mehr als 100 000
Studierende in ungefähr 1600 Studiengän-
gen eingeschrieben. Die meisten Angebo-
te, etwa ein Drittel, kommen aus dem Be-
reich der Ingenieurwissenschaften. Circa
zehn Prozent sind der Informatik zuzuord-
nen. Zusammen bieten die beiden Fachge-
biete die meisten dualen Studiengänge an.
Die Edag ist eines von bundesweit circa
50 000 Unternehmen, die in duale Studien-
angebote eingebunden sind und die Teil-
nehmer in den Praxisphasen kennenler-
nen. In den ersten Wochen eignete sich
Philipp Hofmann in der Werkstatt des Be-
triebs den Umgang mit Werkzeug wie Boh-
rer und Fräse an. Außerdem lernte der In-
genieur seine jetzigen Kollegen kennen,
die wie er im Großraumbüro sitzen. Kom-
plett in den Arbeitsalltag integriert wurde
er anfangs allerdings noch nicht. „Da erfüll-
te ich eher Praktikantenaufgaben und er-
stellte auch mal Excel-Tabellen“, sagt der
25-Jährige. Je mehr theoretisches Wissen
er sich in Kursen aneignete, desto mehr
Verantwortung übernahm er im Betrieb.
„Durch den direkten Wechsel zwischen
Hochschule und Unternehmen konnte ich
das Erlernte immer reflektieren“, sagt Hof-
mann. Wie die meisten Studierenden stell-
te er sich dabei die Frage, welche theoreti-
schen Inhalte er wirklich braucht. Für den
Ingenieur wurde die Antwort mit jeder Pra-
xisphase in Fulda greifbarer.
„Dual Studierende wissen meist genau,
wo sie nach dem Studium landen werden“,
sagt Sirikit Krone, Sozialwissenschaftlerin
am Institut Arbeit und Qualifikation der
Universität Duisburg-Essen. 80 Prozent
der Hochschüler werden ihr zufolge direkt
vom Unternehmen übernommen, viele Ar-
beitsverträge seien unbefristet. Neben der
Jobsicherheit nach dem Abschluss spielt
auch die Bezahlung während des Studi-
ums eine ausschlaggebende Rolle.
„Die Miete ohne die finanzielle Unter-
stützung meiner Eltern zahlen zu können
und mir in den Semesterferien keinen Ne-
benjob suchen zu müssen, um über die
Runden zu kommen, bedeutet Unabhän-
gigkeit“, sagt Theresa Hillenbrand. Die
21-Jährige hat ihr duales Bachelorstudium
der Angewandten Informatik vor Kurzem
beendet und ist von Mosbach, einem Stand-
ort der Dualen Hochschule Baden-Würt-
temberg (DHBW), nach Frankfurt am Main
gezogen. Dort befindet sich der Hauptsitz
ihres Arbeitgebers, der Deutschen Bundes-
bank. Außer einem sechswöchigen Prakti-
kum bei der Österreichischen National-
bank und einer Praxisphase in Stuttgart
verbrachte sie dort alle praktischen Einhei-
ten. Nachdem sie vom Arbeitgeber über-
nommen wurde, ist die Informatikerin
nun daran beteiligt, die betriebsinterne
Kommunikation per E-Mail, Chat und Vi-
deo zu vereinheitlichen. Ihr studentisches
Monatsgehalt von 1250 Euro brutto wurde
auf das Dreifache aufgestockt.
Wie auch Philipp Hofmann bewarb sich
Theresa Hillenbrand bereits ein Jahr im
Voraus auf ihren Studienplatz. In einem
zweistufigen Auswahlverfahren standen
Mathe- und Logiktests sowie Prüfungen in
Deutsch und Englisch an. Da die dualen
Studienplätze in der Regel von den Unter-
nehmen besetzt werden, gibt es außer dem
Abitur oder der Fachhochschulreife meist
keine Zulassungsvoraussetzungen vonsei-
ten der Hochschule. So war Hillenbrand
mit der Zusage der Bundesbank gleichzei-
tig auch der Studienplatz an der DHBW si-
cher. Die 21-Jährige kombinierte Kurse zu
Software Engineering, IT-Security und An-
wendungsentwicklung mit Praxisphasen
im Unternehmen. Je drei Monate, immer
im Wechsel. „Das Arbeitspensum ist hoch,
weshalb das duale Studium besonders für
Zielstrebige attraktiv ist, denen es nichts
ausmacht, nur die gesetzlichen Urlaubsta-
ge frei zu haben“, sagt Krone. Das Studium
innerhalb der Regelstudienzeit abzuschlie-
ßen, könne da zur Belastung werden. „In
der Klausurphase stand ich ordentlich un-
ter Druck“, erzählt Hofmann. „Aber da-
durch habe ich mich auf den Hosenboden
gesetzt und gelernt. Einen Kurs schleifen
zu lassen, war nicht drin.“
Noch immer werden technische Berufe
von Männern dominiert. Informatik und
Fahrzeugtechnik, aber auch Mechatronik
und Elektrotechnik sind Fachrichtungen,
in denen nur wenige Frauen eingeschrie-
ben sind – duale Studiengänge bilden da
keine Ausnahme. Unter den 15 Studieren-
den, die mit Hofmann angefangen haben,
waren zwei Frauen. In Hillenbrands Fach-
bereich sah die Verteilung ähnlich aus – un-
ter 65 Teilnehmern waren fünf Frauen. Ins-
gesamt liege der Frauenanteil bei dualen
Studiengängen in den Mint-Fächern bei le-
diglich zehn bis 20 Prozent, sagt Sozialwis-
senschaftlerin Krone. Zahlreiche Initiati-
ven wie der Deutsche Ingenieurinnenbund
(DIB) oder das internationale Women-in-
Technology-Netzwerk sowie verschiedene
Stipendiengeber verfolgen aus diesem
Grund das Ziel, Frauen für technische Stu-
diengänge zu gewinnen.
Bei Theresa Hillenbrand war das ein-
fach. Seitdem sie in der Schule an einer Ro-
boter-AG teilnahm, stand für sie fest, dass
sie als Informatikerin arbeiten will. Wie
60 Prozent aller dual Studierenden strebt
sie einen Masterabschluss an. „Ein Drittel
der Bachelorabsolventen schließt das Mas-
terstudium direkt an“, sagt Sirikit Krone.
So auch Philipp Hofmann, der sich für an-
derthalb Jahre von der Firma freistellen
ließ, um einen eigenen fachlichen Schwer-
punkt zu setzen. Mit einem Masterstudi-
um könne man seine Möglichkeiten, in ver-
schiedenen Unternehmen zu arbeiten, er-
weitern und verbessern, sagt Hofmann.
„Die Unternehmen bilden dual Studieren-
de hingegen für sich aus, also für den jewei-
ligen Betrieb“, fügt er hinzu. Die Praxispha-
sen sind speziell auf eine Firma zugeschnit-
ten, „das erschwert den beruflichen Wech-
sel in andere Bereiche“, so Krone. Zudem
würden sich die Berufseinsteiger in recht-
lich umstrittenen Bindungsklauseln ver-
pflichten, nach dem Abschluss für mehre-
re Monate im Unternehmen zu bleiben.
„Dennoch“, betont Hofmann, „würde
ich es wieder so machen.“ Immerhin habe
er bereits während des Studiums jede Men-
ge Berufserfahrung gesammelt, wurde da-
für sogar entlohnt und musste nach sei-
nem Abschluss keine einzige Bewerbung
schreiben.
In den Bereichen Technik und Informatik gibt
es mehr als 700 duale Studiengänge. Deutsch-
landweit bieten Fachhochschulen mehr als
die Hälfte an, danach folgen Berufsakade-
mien und an dritter Stelle Universitäten.
60 Prozent der dualen Studienangebote sind
praxisintegrierend. Das heißt, dass das Studi-
um mit Praxisphasen im Unternehmen kombi-
niert wird. In der sogenannten ausbildungsori-
entierten Version haben die Studierenden
nach sechs, sieben oder acht Semestern ne-
ben dem Bachelor auch einen Facharbeiterab-
schluss in der Tasche.
In den vergangenen Jahren wurden die so-
genannten hybriden Studienformate ausge-
baut. Neben den klassischen dual geprägten
Technikstudiengängen wie Maschinenbau,
Elektrotechnik und Mechatronik entstanden
viele neue Fachrichtungen, in denen man zu
einem Spezialisten ausgebildet wird.
Immer mehr Fächer kombinieren Technik
mit naturwissenschaftlichem oder medizini-
schem Wissen. Im Studiengang Lebensmittel-
technologie geht es um die Herstellung von
Nahrung, in Kursen zu Ökotrophologie, Abfüll-
technik und Qualitätsmanagement. Absol-
venten der Medizintechnik entwickeln Herz-
schrittmacher, Ultraschallsysteme oder Hör-
geräte. Ingenieurwissenschaftliches Know-
how ist auch im Bereich Mode gefragt und
wird im Studiengang Textil- und Bekleidungs-
technik vermittelt.
Ein weiterer Schwerpunkt der Ingenieur-
wissenschaft kann die Ökologie sein. Im Be-
reich Umwelttechnik und erneuerbare Ener-
gien liegt der Fokus auf der Abfallwirtschaft
sowie der Verringerung von Emissionen. Das
Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) listet
in seinem Fachportal Ausbildung Plus
(https://www.bibb.de/ausbildungplus) zahl-
reiche duale Studiengänge auf, darunter
auch zu den Fachgebieten Agrartechnik und
Schiffbau sowie digitale Medien und E-Com-
merce. Die Links http://www.ausbildung.de/duales-
studium und http://www.wegweiser-duales-studi-
um.de informieren über das duale Studium,
die Inhalte einzelner Fachrichtungen, über be-
rufliche Perspektiven und freie Plätze. REGO
Im Doppelpack
Mit einem dualen Studium nach dem Abitur kann man einen Bachelortitel und parallel dazu einen Ausbildungsabschluss erwerben.
Sehr gefragt sind Angebote in Technik und Informatik. Welche Herausforderungen müssen die Teilnehmer meistern?
Die Welt sehen, sich persönlich weiter-
entwickeln und dabei noch Gutes tun –
diese Kombination macht internatio-
nale Freiwilligendienste besonders für
junge Menschen attraktiv. Doch nicht im-
mer werden die Erwartungen erfüllt: Die
Freiwilligen sind unterfordert oder um-
gekehrt völlig überlastet, bekommen kei-
ne fachliche Anleitung, haben keine fes-
ten Ansprechpartner. Im schlimmsten
Fall sind sie nicht einmal richtig versi-
chert oder bekommen aufenthaltsrecht-
liche Schwierigkeiten mit den Behörden
des Gastlandes.
Für mehr Sicherheit sorgen die bei-
den anerkannten Gütesiegel für Freiwil-
ligendienste: „Quifd – Qualität in Freiwil-
ligendiensten“ und „RAL-Gütezeichen
Internationaler Freiwilligendienst“. Bei-
de werden nur an gemeinnützige Entsen-
de- und Aufnahmeorganisationen verge-
ben. In den Zertifizierungsverfahren
wird unter anderem überprüft, ob die
Freiwilligen sozial und rechtlich abgesi-
chert sind und auf ihre Arbeit gut vorbe-
reitet werden. Weitere Kriterien sind ein
transparentes Auswahlverfahren, gute
Kommunikation sowie ein funktionie-
rendes Krisen- und Konfliktmanage-
ment am Einsatzort. Das Quifd-Siegel
stellt zudem sicher, dass die Projekte am
jeweiligen Ort in das Auswahlverfahren
eingebunden sind und der idealistische
Einsatz keine regulären Arbeitsplätze
verdrängt. Derzeit tragen fast 90 Organi-
sationen das Quifd-Siegel und rund 60
das RAL-Gütezeichen. mirh
Die Anzahl der Abiturienten in Deutsch-
land ist leicht zurückgegangen. Im Jahr
2019 erwarben rund 421 000 Schülerin-
nen und Schüler die Hochschul- oder
Fachhochschulreife, teilt das Statisti-
sche Bundesamt mit. Das waren 2,7 Pro-
zent weniger Studienberechtigte als im
Vorjahr. Der Rückgang entspreche in et-
wa der demografischen Entwicklung:
Die Anzahl der 17- bis 20-Jährigen sank
2018 um 2,1 Prozent gegenüber 2017. Die
allgemeine oder fachgebundene Hoch-
schulreife erwarben knapp vier Fünftel
der Studienberechtigten – 79,2 Prozent.
Die restlichen 20,8 Prozent erlangten
die Fachhochschulreife. 53,7 Prozent der
Studienberechtigten waren im vergange-
nen Jahr Frauen, 46,3 Prozent Männer.
Die Angaben beruhen auf vorläufigen Er-
gebnissen der Statistikbehörde. epd
Das Abi in der Tasche, aber noch ohne
Plan, wie es weitergehen soll? Oder man
hat verschiedene Ideen, ist aber noch
unentschieden. In solchen Situationen
kann es sich lohnen, eine der Einstieg-
Messen zu besuchen. Je nach Standort
findet man dort bis zu 350 Aussteller,
die über ihre Angebote informieren. Zu
ihnen gehören Hochschulen ebenso wie
Unternehmen. Anregungen zu praxisna-
hen Ausbildungen oder dem Gap Year
gibt es dort ebenfalls. Auch Oberstufen-
schüler, die erst im folgenden Jahr das
Abitur machen werden, können auf den
Messen eine Schnuppertour unterneh-
men. Die nächsten Termine sind der
- und 9. Mai in Frankfurt am Main, der
- und 29. August in Dortmund, der
6./7. November in Berlin und der
27./28. November in München. Nähere
Informationen zu den Messen unter
dem Link http://www.einstieg.com. ssc
26 SZ SPEZIAL – LERNEN Freitag, 13. Oktober 2020, Nr. 61 DEFGH
Technik-Studium in vielen Varianten
Mehr Frauen als
Männer machen Abi
Zwischen zehn und 20 Prozent
beträgt der Frauenanteil in
dualen Mint-Studiengängen
Messen für
Schulabgänger
Auf dem
Prüfstand
Auch für Freiwilligendienste
gibt es Gütesiegel
80 Prozent der Absolventen
werden von ihrem
Unternehmen übernommen
Abitur,
was
dann?
Business is global –
so are our programmes!
Rund 120 Partnerhochschulen in 40 Ländern: So international
ist die ESB Business School für Betriebswirtschaftslehre und
Wirtschaftsingenieurwesen aufgestellt.
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Das Duale Studium
an der FOM Hochschule
Mit dem Dualen Studium sammelst du Berufserfahrung und kannst gleichzeitig noch ein Bachelor-
Studium erfolgreich abschließen. Kein Wunder, dass dieser kombinierte Berufseinstieg mit der FOM
auch bei Arbeitgebern bei der Suche nach neuen Mitarbeitern immer beliebter wird. Denn Bewerber
mit einem Dualen Studium haben bereits eindrucksvoll gezeigt, dass sie doppelt belastbar sind und
dass sie wissen, wie es im Unternehmen so läuft. Diesen Vorteil bei der späteren Jobsuche kannst du
auch erreichen, indem du dein Bachelor-Studium mit einer Ausbildung, einem Praktikum oder einem
Traineeship kombinierst – und dein Duales Studium startest. Alles, was du dazu wissen musst, findest
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