Frankfurter Allgemeine Zeitung - 19.02.2020

(ff) #1

I


hn in einer Mengevon Washingtoner
Politikernzuerkennen,ist keine
Kunst. Alle anderen befolgen den
Dresscode für den öffentlichenAuftri tt
und tragen Anzug. Jim Jordan hingegen
tanzt aus derReihe: Er tritt–egalobinof-
fiziellen Ausschusssitzungen oder bei
Fernseh-Interviews in den Wandelgän-
gendes Kongresses –nur im Oberhemd
auf. Diese Angewohnheithatder 56-jähri-
ge Abgeordnete aus Ohio nochnie auf
einenachvollziehbareWeiseerklären kön-
nen, denn dieRäume in den öffentlichen
Gebäuden der amerikanischen Haupt-
stadt sind nicht übermäßig beheizt.
SelbstDonaldTrump musssichschon
gefragt haben,weshalb Jordan, einer sei-
ner lautstärksten Verteidiger während
des Amtsenthebungsverfahrens, so viel
Wert darauf legt, aus demRahmen zufal-
len. „Schaut euchdiesenTypen an“, frot-
zelteerbei einer Ansprachevorseinen
ParteigängernimWeißen Hausvorein
paar Tagen, als Jordan ausnahmsweise im
JackettimPublikum saß. „Er istganz of-
fensichtlichstolz auf seinenKörper.“ Re-
sultat einerKarriereals Ringer und einer
anhaltendenVorliebe fürFitnesstraining.
Ein Mann nachdem Geschmackvon
Trump: „SeinKampfrekordwar beeindru-
ckend. Keiner konnte ihn schlagen.“
Die Zielstrebigkeit, die er in den Duel-
len auf der Mattekultivierthat, und der
bärbeißigeStil imUmgang mitWidersa-
chernhaben Jordan denKarriereweg am
rechtenRand derRepublikanischenPar-
teigeebnet. Aber das Echo aus derVergan-
genheit klingt zunehmend alarmierender.
So wie am DienstagvergangenerWoche
bei einer Anhörung imAbgeordneten-
haus seines Heimatstaats, wo seineRolle
im Skandal um einenSportarztander


OhioStateUniversity zur Sprachekam.
Der soll zwischen 1979 und 1998 in 177
dokumentierten FällenjungeRinger sexu-
ell missbraucht haben.
Jordanwarwährend einesTeils dieser
Zeit Assistenztrainer der Ringer-Mann-
schaf tund soll nicht nurvondem Verhal-
tendes Medizinersgewusst,sondernzur
Vertuschung beigetragenhaben. DieAuf-
arbeitung der Affäre nachsovielen Jah-
renerweistsichallerdings als mühsam.
Jordan bestreitet,inder fraglichenZeit ir-
gendwelcheKenntnisvonden Übergrif-
fenund Beschwerden derStudentenge-
habt oderZeugen eingeschüchtertund sie
bedrängt zu haben, ihreBeschwerden zu-
rückzuziehen. Der Arzt imZentrum der
Anschuldigungen hat sich2005 das Le-
ben genommen.
Es is tnicht der erste Fall, in dem ein
prominenter amerikanischerPolitiker in
Fälle vonsexuellem Missbrauchverwi-
ckelt ist. In dem bislang markantesten Bei-
spiel warder Republikaner Dennis Has-
tert betroffen, der 2016wegenZahlung
vonSchweigegeld in Millionenhöhe zu
fünfzehn Monaten Gefängnisverurteilt
wurde. Mit denÜberweisungen hatteder
einstigeSprecher desRepräsentantenhau-
ses inWashington versucht zuverhin-
dern, dassInformationen darüber an die
Öffentlichkeitgeraten, dasserals Trainer
in den 1960er und 1970er Jahren mindes-
tens vier Schüler seiner Ringermann-
schaf tsexuell missbraucht hatte. DieseTa-

tenwaren längstverjährt,wasdazu bei-
trägt, das Thema an denRand zu drän-
gen. Andersetwaals in solchspektakulä-
renSkandalen wie dem im amerikani-
schenFrauenturnen, der mit demNamen
Larry Nassar verbunden ist. Zu mal sich
zeigt, dassimmer dann,wenn die Betrof-
fenen jungeMänner sind, dieAufklärung
sogar nochmühsamer ist. Der Werteko-
dex, der solcheAttitüden wie Mut,Ag-
gressivität undStoizismus propagiertund
nicht nur einen Gemeinschaftsgeistpre-
digt, sondernauchnoch das Gesetz des
Schweigens, istimSportder jungen Män-
ner besondersausgeprägt.Und er wird
durch die Idealisierung derUmkleidekabi-
ne alsRück zugsortverstärkt, aus dessen
Innerem möglichstnichts nachaußen

dringen soll. Oftgenug rutschen die
Schlagzeilen über schockierende Erfah-
rungsberichtewie die des amerikani-
schen Boxers SugarRayLeonardoder des
kanadischen Eishockey-Profis Theo Fleu-
ry wieder in den Hintergrund. Unddas,
obwohl Studien ergeben haben, dassbis
zu sechzehn Prozent aller Jungenvorih-
rem18. Geburtstagungewolltesexuelle
Avancen Erwachsener erleben, die oftge-
nug vonder AndrohungvonGewalt be-
gleitet werden. Im Sportbereichkönnten
die Zahlen sogar nochhöher sein. Sofan-
den australischeForscher vorein paar
Jahren heraus, dasswohl 31 Prozent der
weiblichen und 21 Prozent der männli-
chen Sportler schon einmal belästigt wur-
den, aberweniger als die Hälfte diese Fäl-
le gemeldethatten.
Zu denPraktiken des Arztes an der
OhioStateUniversity in Columbusge-
hörteesoffensichtlich, die Genitalien
der Studenten zu betaste n, die ihnkonsul-
tier ten. Selbst wenn siewegen Hals-
schmerzengekommenwaren .Das betraf
Athletenaus un terschiedlichstenSportar-
ten. Amstärkstenhatteeresjedoc hauf
die Mitglieder der Ringer-Mannschaftab-
gesehen. Jordan bleibtallerdings beharr-
lich bei seinerAussage, dass er,obwohl
mitverantwortlicher Trainer ,von al ldem
nichtsgewusst haben will. Nichtmal da-
von, da ss der Missbrauchunter seinen
Schützlingen Gesprächsthemawar. „Die
Vorstellung,dassich nichtunsereAthle-

tenverteidige, sobald ichglaube ,dass
man ihnen Schaden zufügt, istlächer-
lich“, sagte er,als dieVorwürfe publik
wurden. Die Anschuldigungen seien of-
fensichtlichpolitischmotivier t. Jordan
hattesichschon vorseiner Allianz mit
Trumpals Vertreterder sogenannten
„Tea Party“-Bewegungprofiliert und die
rechte nRepublikanerinWashingtonzu
einer Unte rfraktion zusammengeschmie-
det–dem sogenannten „FreedomCau-
cus“ .Seine Methodenwaren langeselbst
in den eigenenReihen umstritten. Socha-
rakterisierte ihn JohnBoehner,der ehe-
malig eSprecher desRepräsentantenhau-
ses undParteikollege, als„parlamentari-
schenTerroris ten“. Welche Konsequen-
zen sichfür ihnaus demaktuellen Skan-
dal ergeben, istnicht klar.Jordan wurde
unter anderem in einer Schadenersatzkla-
ge ge nannt,die ehemaligeRinger Ende
letzten Jahresgegendie Universität ange-
strengt haben. DerVorwurf: Er habemit
seiner Haltung „die tiefsitzendeKultur
institutioneller Indifferenz“ gege nüber
dem Missbrauchsproblemverstärkt. Der
Rechtsstreit is tTeil einerganze nLawine
vonProzessen, diemittlerweilevon Hun-
dertenvon ehemaligenStudentenvoran-
getriebenwerden.Wanndie Gerichte
dieFälleverhandeln,steht nochnicht
fest.
Große Sympathienfür die beschuldig-
tenInstitutionen gibt es in denVereinig-
tenStaaten nicht. Inder CausaNassar wur-
de in dervergangenenWocheeine Turn-
trainerin der MichiganState University
schuldiggesprochen. Sie hatteden Arzt,
derhauptberuflich für die Bildungseinrich-
tung arbeiteteund nur nebenbei für den
Turnverband, jahrelanggedeckt und die
Polizei über ihreRolle während der Er-
mittlungen angelogen. JÜRGENKALWA

S

ie lies tamliebsten Psychothriller.
Da mögen ihr zwar manchmal die
HaarezuBerge stehen, abervergli-
chen mit dem,was Vanessa Hinz
am Dienstagimrealen Biathlonleben an
Spannungaushalten musste, is tihreLektü-
re eher harmlos. Da istdie 27 Jahrealte
Bayerinbei denWeltmeisterschaften in
Antholzim15-Kilometer-Einzel quasi
über sichhinausgewachsen, hat sicherst
beim19.von20Schüssen die einzigeStraf-
minuteerlaubt und hat dann unter dem
Höllenlärmder vorwiegend deutschen Zu-
schauer alles aus ihremKörper herausge-
holt.Und als sie über den Zielstrichflitzte,
blinktedie „Eins“ hinterihremNamen
auf. Aber wermit derStartnummer 25 ins
Rennengeht und noch75Starterinnen
hinter sichweiß, für den beginnt dann der
nervenaufreibendsteTeil desTages. Das
bangeWarten, vorallem auf Dorothea
Wierer,den Biathlonstar aus dem Anthol-
zertal, begann.Unddie29 JahrealteSkijä-
gerinaus Rasen nutzte trotzzweier Straf-
minutenden Zeit- und Heimvorteil. In ei-
nem Herzschlagfinale, beidem am Ende
2,2 Sekunden den Ausschlaggaben .Da
sagenocheiner,der Einzel-Wettbewerb,
bei dem die Norwegerin Marte Olsbu
Røiseland Drittewurde, sei der Langwei-
ler im Biathlon-Programm.
Dorothea Wierer hat ihr zweites WM-
Gold, und die deutschenFrauen haben
ihrezweiteSilbermedaille. „Ich habe eher
gezittert, dassesüberhaupt für eine Me-
daillereicht“, sagteVanessa Hinz später.
Sie wäre auchmit Bronzeglücklichgewe-

sen. So oder so: Ihreerste individuelle Me-
daillebei einer WM„fühlt sichgroßartig
an“.
Die Frau is tein sehr emotionalerTyp,
die ihren Gemütszustand seltenverbirgt.
Im Negativen wie imPositiven. „Ich habe
michlangezusammenreißen können,
aber alsich dann meine SchwesterimPu-
blikumgesehen habe,waresdamit vor-
bei“, sagtesie. DannflossenFreudenträ-
nen. FürVanessa Hinzstehtdie Familie
über allem, auchüber dem Sport, und sie
weiß eben, „wie die zu Hause mitfiebern
und mitleiden“.Wobei sie bislang meis-
tens leiden mussten. „Aber die haben im-
mer zu mirgestanden, und deswegen ist
die Medaille auchfür meineFamilie.“Was
sie späternochaufsganzeTeam ausweite-
te.Aber einesgenoss die Bayerin, die mit
der Staffelschon drei WM-Titelgewonnen
hat, ganz besonders: „Ichhabe das heute
ganz alleinegeschaf ft.“ AmTagzuvor hat-
te Vanessa Hinz ihreChancen eigentlich
ganz realistischeingeschätzt: „Ichbin das
ganze Jahr nochnicht auf demPodiumge-
standen. Eswäre jetz tvermessen zu sa-
gen, ic hwill hier eine Medaille holen.“
Sie hat in ihrergesamtenKarriereerst
zweimal als Einzelkämpferin auf demPo-
dium gestanden. 2019 inKontiolahti sogar
auf der obersten Stufe. Aber die Saison
warbislang schwierig, erst in Ruhpolding
istdie Formallmählich zurückgekommen.
Unddas Gefühl, wiederrichtigkonkur-
renzfähigzusein. Schon der fünfte Platz
in derVerfolgung „war für michein sehr
großer Gewinn, auchwenn man immer

nur an Medaillengemessen wird.Aber dar-
an habe ichmichmittlerweile gewöhnt,
dassich das für michmache.“
Sie hat ja immerimSchattenandererge-
standen.Erst Laura Dahlmeier, dann De-
nise Herrmann oderFranziskaPreuß, die
am Dienstag Zwölfte undFünfte wurden.
„Die Vanessa isteben einWettkampftyp“,
sagteFrauentrainer Kristian Mehringer
freudestrahlend. Aber alles andereals
eineTrainingsweltmeisterin. Vorallem
das stumpfeKilometerfressen is tihreSa-
chenicht. „Ichkann schon den Berghoch-
fahren, wenn man mir sagt, ichkrieg oben
einenKuchen“, sagt sie.Und es kann auch
vorkommen, dasssie denTrainingsplan
mal linksliegenlässtund nachGefühl trai-
niert.
VanessaHinzistdiegroßeIndividualis-
tin im deutschenTeam. Eine, die mal aus-
scheren mussaus demTrott, die ihreFrei-
heitenbraucht .ImKleinen,wenn sie zwi-
schendurch mal auf Shopping-Tour geht,
oderimGroßen, wenn sie denRucksack
schul tert und alleininferne Länderreist.
Es is tihreArt,sichzubelohnen. Sie hat
sichüber die JahreihreNische im Biath-
lonzirkusgeschaffen, aus der sie am Diens-
tag mit einem Schlagins Rampenlicht be-
fördertwurde. Jetztkann sie endlichdas
selbsterleben,wassie bei der Siegereh-
rung für Denise Herrmann auf der Medal
Plaza nochaus der Distanz beobachten
musste: selbstdaoben zustehen ,sichfei-
ernzulassen, dasvolle Programm:„Vize-
Weltmeisterin: Allein,wenn man es aus-
spricht, istestolles Gefühl. EinWahn-
sinnstag für mich.“

Schwerverletzt
Ein schwererUnfall hat dasNascar-
Rennen in Daytona Beachüberschat-
tet. Das Auto des amerikanischen
RennfahrersRyanNewman über-
schlug sichamMontag (Ortszeit) bei
den Daytona 500 mehrfach und wur-
de über dieFahrbahngeschleudert.
Wiesein Team mitteilte, wurde der
42 JahrealteNewman nachAngaben
der behandelnden Ärzteschwer, aber
wohl nicht lebensgefährlichverletzt.
Kurz vordem SiegvonDennyHam-
lin hatteder letztlichzweitplazierte
Ryan BlaneyNewmansAuto berührt,
als Newman inFührung gegangen
war. DessenFord Mustang raste in
die Begrenzungsmauer,überschlug
sichund wurde auf derFahrerseite
voneinem anderenAuto getrof fen.
Erst nacheinigen Minutenkonntees
wieder auf dieRädergestellt werden.
dpa

Doping-Fall im Baseball
Wegeneines positiven Doping-Tests
istder Werfer Francis Martesvom
amerikanischenBaseball-TeamHous-
tonAstr os für diekomplett eSaison
2020 gesperrt worden. Marteswurde
positiv auf das leistungssteigernde
Steroid Boldenongetestet,wie die
Major League Baseball (MLB) am
Montag (Ortszeit) mitteilte.FürMar-
tesist es bereits das zweiteDoping-
Vergehen. Der Sportler aus der Domi-
nikanischenRepublik warerstim
Märzvergangenen Jahres positiv auf
Clomifengetestet und für 80 Spiele
gesperrt worden. dpa

Tottenhamlangeohne Son
Tottenham Hotspur,GegnervonRB
LeipzigimAchtelfinale derFußball-
Champions-League, mussfür mehre-
re Wochen aufStürmer Heung-min
Son verzichten. Der Südkoreaner er-
litt am vergangenen Wochenende
beim 3:2 bei AstonVilla einenArm-
bruch. dpa

Fucale nachMünchen
RedBull München hat vordem
Hauptrunden-Endspurtinder Deut-
schen EishockeyLigaauf derTorhü-
terposition mitZach Fucale nachge-
besse rt.Der 24 Jahre alteKanadier,
2013 in der zweiten Runde des
Drafts vonNHL-Rekordmeister
Montreal Canadiensrekrutiert,wech-
selt aus NordamerikanachMün-
chen. Fucale istzuletzt in der Ameri-
can Hockey League für Syracuse
Crunchsowie in der EastCoastHo-
ckey League für die Orlando Solar
Bearsaufgelaufen. sid

„Stolz au fden Körper“


In die Missbrauchsaffäre im amerikanischenRingen istein Politikerverwickelt


cld. ANTHOLZ.Als Kind hat Philipp
Hornoft „heulend untermTischgele-
gen“, wenn er beim „Menschärgere
Dichnicht“ mal wiederverloren hatte.
„Ja, ic hwar einrichtig schlechterVerlie-
rer“, sagt der 25 JahrealteBiathletaus
Frankenhain. Getriebenvombrennen-
den Ehrgeiz, immer der Beste zu sein.
Dieser Charakterzugwarihm oftim
Weg,aberohneihnstündeervermut-
lichjetzt nicht dort,wo er sic hindieser
Saisonfestgesetzt hat: an der Schwelle
zur Weltklasse, Platz 15 im Gesamt-
Weltcup. Es gibt nicht viele, die bei ih-
remWM-Debüt auf Platz acht landen,
wie Hornim Sprint vonAntholz.Und
es gibt nochviel wenigerAthleten, die
es schaffen, so schnell unterwegs zu
sein wie der norwegische Biathlonstar
Johannes Thingnes Bø, wie Hornim
Sprint.„Ichkonnte es erst ga rnicht
glauben“, sagt Horn. Leider hat es ihn
tags drauf in derVerfolgung auf Platz
18 zurückgeworfen: sechsStrafrunden!
Da warwieder Ärgern angesagt: „Ich
habe am Schießstand nicht dasgezeigt,
wasich mir vorgenommen habe“, sagt
er.Verlieren hat er mittlerweile halb-
wegs gelernt, „aber ärgern“, sagt Horn,
„mussman sich“. Im Gegensatz zu frü-
her indes nurkurz,dann gilt es, sofort
Lehren aus der Analysezuziehen. Eine
Sache desTimings sei esgewesen. „Ich
habe immer ein My zu früh oder zu spät
gedrückt.Aber ic hweiß, dasseskeine
grundlegenden Fehler waren.“ Trotz-
dem hat ihm der erfahrene Thüringer
KollegeErikLesser erst mal die Levi-
tengelesen: „Mensch, da läufst du so su-
per,und dann so vieleFehler.“Früher
hat Hornzum 31 Jahrealten Weltmeis-
tervon 2015 aufgeschaut;mittlerweile
hat er ihn aus derStaffelverdrängt.
Auch Olympiasieger ArndPeiffererin-
nertsichanTrainingseinheiten mit
Horn, „da habe ichganz schöngelit-
ten“. Underhat dem Thüringer in Ant-
holz so eine ArtAdelstitelverpasst:Jo-
hannes Thingnes Horn. „Dem Philipp
traue ichalles zu.“ Das gilt auchfür den
20-Kilometer-Einzelwettbewerb, der
an diesem Mittwoch in Antholz auf
dem WM-Programm steht.
Ein Format, das Hornschätzt, „weil
es nicht so hektisch zugeht“. Davonun-
abhängig traut er sichmittlerweile
selbsteine Mengezu: „Natürlichwill
ichmichinder Weltspitzeetablieren.
Aber da mussich erst mal hinkommen.
Ichsehe momentan aber auch, dasses
möglichist. Dassich mit einem soliden
Rennen Sechsterwerdenkann“, sagt er.
So wie beim Heimspiel in Oberhof.
„Was mir nochfehlt, is tdie Konstanz.“


Das klingt alles sehr klar,sehr nüchtern
und keineswegs nachjugendlichem
Übermut.
Hornist eben keiner dieser Hochbe-
gabten, die–sportlich betrachtet –mal
eben eine Klasse überspringen. Es ist
seltenglatt gelaufen in seinerKarriere,
die mehrmals am seidenenFaden hing.
Die Elternhaben ihn daheim inFran-
kenhainkurzerhand in den Biathlonver-
ein „gesteckt“, wieersagt.Dawar er
vier oder fünf. „Und da hatteich noch
kein Mitspracherecht.“Aber die vier
Jahreälter eSchwester warschon im
Klub, und an der hat er sichjahrelang
gemessen. „Diewarviel er folgreicher
als ich.“Aber der Ehrgeiz wargeweckt.
Der hat ihn über manche Durststrecke
hinweggetragen. Natürlic hwollteer,
wie die Schwester, aufsSportgymnasi-
um in Oberhof. „Das habe ichnicht ge-
schaf ft,weil ic himSchießen nicht gut
genug war“, sagt Horn. Also hat erZu-
satzschichten eingelegt und sichvorge-
nommen: „Ichgebe nochmal ein hal-
bes JahrVollgas,wenn es dann nicht
reicht, dann lasse iches.“ Esreicht eim
zweiten Anlauf. Dann ging esrichtig
los, und „Hörnchen“ bekam seinen un-
geliebten Spitznamenweg: „Weil wir
drei Philipps in der Klasse waren.“
Aber es gabnoch eine Phase, in der sich
alles hätteändernkönnen. Die Ent-
scheidung: „Studieren oder vielleicht
mein Hobbyzum Beruf machen?“
Hornhat auf dieKarteBiathlongesetzt
und istdann in der Trainingsgruppe
vonBundestrainer Mark Kirchner ge-
landet. Undermusstesichhochdienen:
seineRunden im IBU drehen, bis er
2018 seinWeltcup-Debütgeben durfte.
In dervergangenen Saisonreichtees,
sporadischeingesetzt, nur zu Platz 66
im Gesamt-Weltcup.
Woher dieser Qualitätssprung jetzt
kommt,weiß Hornselbstnicht soge-
nau. „Natürlichstellt sichdie Frage:
Washabe ic handersgemacht?Aber ich
habe nichts andersgemacht“, sagt er.
Aber im Grunde lässt die Summation
der Trainingsjahredas Fundament je-
des Jahr ein Stück wachsen. „Man
merktvonJahr zu Jahr,wie man auch
harte Trainingseinheitenbesser verkraf-
tet, sic hschneller erholt.Sokann man
immer mehr und härtertrainieren, das
istder Schlüssel“,vermutet Horn.Und
natürlichsein Ehrgeiz. „Läuferischist
er in der Weltklasse angekommen“,
sagt Bundestrainer Kirchner.Natürlich
brauche er nochdie „Jahredes Ler-
nens, aber mit so einem WM-Debüt ist
er auf einem gutenWeg, ein Großer zu
werden“.

Im zweiten Anlaufgeht esrichtig los:Biathle tPhilipp Horn(vorne) FotoWitters


chwb. FRANKFURT. Iran hat dem
internationalenFußballverbandFifa
zugesagt, dassvon Juni 2020 an bei al-
len Spielenvon Männer-Fußball-
mannschafteninder er ste nirani-
schen Liga, allenLänderspielen und
allenSpielen der asiatischen Cham-
pionsLeagueFrauen zuschauen dür-
fen. DieZusagehaben das Sportminis-
terium inTeheran sowie der iranische
Fußballverband bei einemTreffenmit
Fifa-Vertr eternam10. Dezemberin
Teherangegeben, erfuhr dieseZei-
tung aus sicherer Quelle.Frauen sol-
len demnachbereitsvonFrühjahr an
die Spieleder iranischen Klubs in der
asiatischen ChampionsLeagueverfol-
gendürfen. Diese wurden nachdem
Abschus sder ukrainischenPassagier-
maschineAnfang Januar durch Rake-
tender iranischenRevolutionsgarden
auf das Ende der Gruppenphaseim
Frühjahrverschoben.FürLigaspiele
der höchsteniranischen Spielklasse
liegt die Zusagefür dieZeit vonJuni
2020 anvor. Das bedeutet,dassFrau-
en vonder kommenden Saison an, die
Ende Augustbeginnen dürfte, zugelas-
sen würden.Fürdas nächste WM-
Qualifikationsspielgegen Hongkong
am 26. Märzwurde derFifa zugesagt,
dassmehr Frauen alsam10. Oktober
2019 gegenKambodscha das Spiel
werden besuchen dürfen. Damalswar
circa 3500FrauenZuga ng gewährt
worden. Am Montaghattedie vonder
TeheranerStadtverwaltungherausge-
gebne Zeitung „Hamschahri“ berich-
tet, dieFifa habe in einem Brief ent-
sprechendeZusagengeford ert. Nach
Information dieserZeitungist der
Brief lediglichdie Bestätigungder Zu-
sagedurch die iranischen Behörden.
Ob Frauen tatsächlichwie zugesagt
Zutritt erhalten, istoffen. AmFreitag
wirdinder Islamischen Republik ein
neuesParlamentgewählt, wobei kein
Kandidat derReformkräfte zugelas-
sen wurde. Ob Ajatollah Ali Chame-
nei, der oberstegeistli cheFührer des
Landes, dieUmsetzung der Zusagen
des Sportministeriums und desVer-
bandesnacheiner weiteren Machtver-
schiebung zuungunsten des modera-
tenPräsidenten Hassan Rohani zu-
lässt,ist offen.

InKürze


JimJordan FotoAP

Silberner Moment:Vanessa Hinz widmetihreMedaille derganzen Familie. FotoAFP

Endlichallein da oben


Der geadelte Debütant


An der Schwelle zurWeltklasse: Philipp Horn


istsogar so schnellwie Johannes Thingnes Bø


Iranisches


Versprechen


Zusageandie Fifa:

Verbotfür Frauen fällt

VanessaHinztritt be ider Biathlon-Weltmeisterschaftaus de mSchattenund


wird Zweit eimEinzel- Wettbe werb.VonClaus Dieterle, Antholz


FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Sport MITTWOCH,19. FEBRUAR2020·NR.42·SEITE 27

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