Frankfurter Allgemeine Zeitung - 19.02.2020

(ff) #1

Sie stehenmit RB Leipzigzum ersten
Mal in Ihrer Karriere in derK.-o.-Run-
de der Champions League. Wer unter
den europäischenTopteams ist Ihr Favo-
rit –und rechnen Sie sich da überhaupt
etwas aus?
Es sind dieFavorit, die eigentlichimmer
Favoritsind. Liverpoolsteht alsTitelver-
teidiger und durch seine herausragenden
Leistungen in der Premier League sehr
hochimKurs, dazu wie seit vielen Jahren
Real Madrid und Barcelona.Aber in fast
jedem Jahr gibt es aucheine Überra-
schungsmannschaft, dieweit kommt.Im
letztenJahrwarenes mitHalbfinalist
Ajax und mitFinalistTottenh am sogar
zwei.Vielleichtkönnen wir ja in diesem
Jahr sogar derUnderdog sein, der die an-
deren überrascht .Mit zwei super Spielen
gegenTottenha mund ein bisschen Los-
glückkönnen auchwir es ins Halbfinale
schaf fen, aber das istjetzt nochsehr fern.
So weit wollen undkönnen wir nochgar
nicht vorausschauen.


Was machtLiverpool derzeit so stark?
Liverpool spielt einen ähnlichenFußball
wie wir,vielleicht mit nochmehr Power
und mit mehr Einzelqualität.Wir haben
sehr guteSpieler,aber Liverpool hatWelt-
klassespieler.Das is tder Unterschied.
Auch Liverpool istsehr aggressiv im Ge-
genpressing, sie wollen auchden Ball
sehr hochgewinnen, um dann einenkur-
zen Wegzum Torzuh aben.


Real und Barca spielen aber einen ande-
ren Fußballals Liverpool.
Auch Madrid und Barcelona haben sich
in den Aspekten, die Liverpool auszeich-
nen, verbessert. Beide schalten viel
schneller um als nochvor zwei, drei Jah-
ren, sie spielen deutlichzielstrebiger.Vor
allem Barcelona hat das ja langeanders
gemacht, sie haben das Spielverschleppt
und sind durch Passspiel vors Torgekom-
men. Aber jetzt sieht man, wie Messi die
Bälle ganz schnellindie Tiefespielt.
Oder wie er schnell in derTiefeange-
spielt wird. Da istDampf drin. DerTop-
fußball entwickelt sic hganz allgemein in
diese Richtung, in diesePower-Richtung.
Wenn dann nochgroße Passsicherheit da-
zukommt–eine Stärke,die Barca,Real
und Liverpool haben –, dann istman
schwer zustoppen. Mankann heutesein
Spiel nicht mehr nur auf Gegenpressing
und schnelles Umschalten ausrichten.
Das reicht nicht mehr.Und daswarja
auchimmer nochunser Arbeitsfeld in
Leipzig, der Spielaufbau.Aber das hat
sichbei uns in diesem Jahr durch den In-
put desTrainersgeändert. Man sieht ja,
wie wir in diesem Punkt besserwerden.
Aber gerade bei diesen dreigroßen Mann-
schaften, die dasPassspiel wirklichbe-
herrschen, sieht man eben, wie diese bei-
den Stärkenperfekt harmonieren. Das
machtWeltklasseteams aus ihnen.


Mit einemguten Angriffgewinnt man
Spiele, miteiner guten Abwehr Titel –
gilt dieser alteGrundsatznoch?
Das istimmer nochder Schlüssel.Wenn
andereMannschaftenhinten ein bisschen
wackeln, auchTopmannschaften, gewin-
nen sie ihreSpiele nicht mehr immer sou-
verän, falls überhaupt. Die bekommen
maximal ein Gegentor proSpiel –und
wenn du dann einestarke Angriffsmaschi-
nerie davorneamLaufen hast, die immer
mindestens ein oder zweiTore schießt,
dann wirdesfür jeden Gegner schwer.
Das sieht man ja auchinder Bundesliga:
Dortmund schießt vieleTore,indieser
Saison mehr als wir,mehr als Bayern.
Aber sie sind letztes Jahr nicht Meisterge-
worden undstehen auchjetzt nichtganz
oben,weil sie imVerhältnis mehr Gegen-
tore bekommen.


Mit welchenErwartungengehen Siein
das Achtelfinalegegen Tottenham, den
Vorjahresfinalisten?
AndereMannschaften aus anderen Ligen
sind immer ein bisschen unbekannt –
auchwenn sie jederkennt.Das gilt für
Liverpool,Real, ManchesterCity oderTot-
tenham, das sind für uns immer nochUn-
bekannte,weil wir im täglichen Geschäft
mitihnen nichts zu tun haben. Jeder in un-
serer Mannschafthat sic hauf Ba yern oder
Dortmund schon sechs-, siebenmal in sei-
ner Karrierevorbereitet.Auf Tottenham
nochniemand.Wirwissen zwar,dasssie
sehr gute Einzelspieler haben, wie alle
Topmannschaften in England.Undviele
vonuns haben auchschon gegenviele
SpielervonTottenham in denNational-
mannschaftengespielt. Aber wir wissen
trotzdem nicht wirklich, wie es ist,gegen
sie auf dem Platz zu stehen.Wirhaben es
am eigenen Leib nochnie erlebt.Die Vor-
bereitung auf dieses Spiel wirddie Basis
für den Erfolg sein, unsereAuffassungsga-
be. Aber klar ist: Mit Heung-min Son,Lu-
cas Mouraund Dele Alli haben sie auch
ohnedenverletzten HarryKane eine enor-
me PowerimSturm.Unddann kommt
nochdas neue, imposanteStadion dazu.
Aber klar istauch: Wirhattenals Gruppen-
erster den Ausblick, auf einen Gruppen-
zweiten zu treffen. Wirfahren jetzt zwar
nicht nachTottenham und sagen:Wirmüs-
sen sie deshalbschlagen.Aber wirkönnen
mit einerrichtig starkenLeistunggegen
Tottenham bestehen.


DreideutscheMannschaftenstehenim
Achtelfinale.Ist der deutsche Fußball
trotzdem chancenlos gegendie Top-
teams aus derPremier Leagueund der
spanischen La Liga?
In den letzten Jahren hatten wir nicht
mehrdie Erfolge, wie wir sie nochvor eini-
genJahren hatten. Das hat aber auchmit
Losglückzutun. Bayern bekam im letzten
Jahr Liverpool im Achtelfinale, diesmal
hat derBVBmit Paris imAchtelfinale


aucheinen Hammer-Gegner.Aber ic hbin
davonüberzeugt, dasszweiSpiele auf die-
sem Niveauvorallem vonder Tagesform
abhängen. Mankann nicht sagen, dassdie
englische und die spanische Ligabesser
wärenals die Bundesliga,weilsi esichviel-
leic ht in diesen Spielen durchsetzen.Wir
haben in Deutschland mit Bayern,Dort-
mund und jetzt RB drei Super-Mannschaf-
ten, dakann jeder,wenn’s gut läuft, ins
Halbfinale oder insFinale kommen. Der
Fußball in Deutschland istbessergewor-
den, der Tiefpunkt istmeiner Meinung
nachüberwunden.Aber das musssichin

dieser Saison in der Champions League
dann auchzeigen. Alle drei deutschen
MannschaftenkönnengegenTottenham,
Chelseaund selbstgegen Parisdas Viertel-
finale erreichen.Wirhaben Mannschaf-
ten, die international mithaltenwollen.
Es fehlt manchmal nur ein kleinerTick
und ein bisschen Glück. Wenn man sieht,
wie weit Ajax undTottenham im letzten
Jahr gekommen sind, dannkönnen wir

das auch.Undselbstwenn man minimal
schlechter istals der Gegner,warum soll
man dann nicht dasFinale an einem guten
Taggewinnenkönnen?Wirhaben in Mün-
chen auch0:0 gespielt, obwohl die Bayern
nochmehr Qualität und Erfahrung mit-
bringen.UndinDortmund 3:3, da gilt das-
selbe.Aufsoeine Weise kann man auch
bis insFinale kommen: auswärts 1:1, zu
Hause 0:0.

SindSie, was den deutschen Fußball an-
geht, auchso optimistisch fürdie Euro-
pameisterschaft in diesemSommer?
Die EM istetwas anderes. Länder wie
Frankreich, die Niederlande oder Eng-
land, die aktuell besser eingeschätztwer-
den als Deutschland und alsTopfavorit
gelten, sind auchnicht alleglatt durch-
marschiert. Die haben in einigen Spielen
auchgewackelt.Ich glaube, dassesganz
entscheidend sein wird, wie man in eine
EM startet, das swir das ersteSpiel gegen
Frankreich gewinnenoder zumindest
nicht verlieren.Unser WM-Start vorzwei
JahrengegenMexikowar sehr schwach,
schon mit einemUnentschiedenwäre die
Situation eine anderegewesen. Wirha-
ben jetzt eine wirklichschwere Gruppe,
aber wir haben auchalle drei Spiele zu
Hause. Das istein Riesenvorteil. Wirkön-
nen uns nicht alsTitelanwärter ausrufen,
dafür haben wir in den letzten Jahren ein-
fach nicht die entsprechende Leistungge-
bracht.Ich bin zwarrealistisch, aber klar
istfür mich auch: Als deutscheNational-
mannschaftfährtman nicht zu einer EM,
um am Ende nicht auchgewinnen zuwol-
len. Undgenau sogehen wir es an–und
dafürwerden wir allesgeben.

Wie sehen Sie Ihre Rolle in der National-
elf? Nach der WM schienen Sie als Stür-
mer gesetzt, dann kamen der jetzt noch

immerverletzteSané undGnabryins
Team, und Sie spieltendort keine Haupt-
rolle mehr.
Ichgehe nicht mit der Erwartung insTur-
nier,dassich die EM zerschieße und ein
Tornachdem anderen mache.Undauch
nicht, dassich St ammspielervonder ers-
tenbis zur letzten Sekunde sein muss
oder sicher seinwerde. In derNational-
mannschafthabe ich, außer zu Beginn,
nochnicht sogespielt, wie ichesbei RB
getanhabe.

Warum?
In Leipzig spiele ichanderePositionen
als in derNationalmannschaft. Aber so
ganz genau weiß ic hauchnicht, woranes
liegt.Vielleicht liegt’sanmir,vielleicht
mussich michnoch besser an die spezifi-
schen Anforderungen anpassen.Aber ich
bin guten Mutes, dasssichbis zur EM
eine Positionfinden lässt,inder ic hmich
gut einbringenkann.

Ihre Leistungen waren in der National-
elf tatsächlich nichtsoüberzeugend wie
in Leipzig.
Dasstimmt, anderehaben die Leistungge-
bracht und ichnicht. Das mussich auchso
anerkennen. Ichwill michnatürlichdurch
die Leistungen in Leipzig auchfür die
Startelf in derNationalmannschaftemp-
fehlen. Einen anderenWeggibt es ja auch
nicht,wenn man so selten zusammen-
kommt, wie das derzeit bei derNational-
mannschaftder Fall ist. Dasversuche ich.
Unddas hat bisher auchganz gutge-
klappt. Am Ende mussder Bundestrainer
die Entscheidung treffen, nicht nur auf
meinerPosition. Wirhaben nicht nur
Sané, Gnabryund mich, wir haben so vie-
legut eSpieler,Stürmer und Mittelfeldspie-
ler,auchimMittelfeld istes eng. Julian
Brandt spielt klasse in Dortmund und hat

auchkeine festePosition, ebensoKaiHa-
vertz. Unddann haben wir nochMarco
Reus, Toni Kroos, Ilkay Gündogan, Joshua
Kimmich, Emre Can und Leon Goretzka.
Jeder will spielen, und jeder gibt alles da-
für.Aber wir haben angesichts der WM-Er-
fahrungen dabei alle den Gedanken ans
Große und Ganzeganz genau imKopf.

Könnten SieIhreveränderte Spielweise
in Leipzig ohne Fußballfachspracheer-
klären, damit auch jeder Laie ohne Fuß-
balllehrerlizenz dieUnterschiede ver-
steht?
Ichmag dieseFußballlehrersprache ohne-
hin nicht sogern.Man kann alles imFuß-
ball auchrelativ einfacherklären, auch
meineRolle. Früher haben wir ein Sys-
temgespielt, dasstarkauf langeBälle in
die Spitzeausgelegtwar, auf die Erobe-
rung vonzweiten Bällen, um dann
schnell in dieTiefezugehen. Ichwar der
Spieler,der die langen BällevonYussuf
Poulsen eingesammelt hat und dann mit
dem Ball losdribbelt.Oder der darauf lau-
ert, dassder Ball in dieTiefedurchge-
steckt wird, und dannvonhinten mitTem-
po kommt.Mittlerweile bin ichkein Stür-
mer mehr.Ich bin gewissermaßenauch
ein Mittelfeldspieler,der aber auchim
Sturmeingesetzt wird. DerTrainer hat
mich,grob gesagt, um eine halbePosition
nachhintenverschoben. Das heißt:Ich
spiele jetzt im Halbraum auf der linken
und rechten Seite, auchauf derZehner-
Position.Diese Veränderung, dieseRück-
nahme ausvorderster Front um eine hal-
be Position ermöglicht mir,viel mehr am
Spielteilzunehmen und einengrößeren
Raum zu nutzen. DieseVeränderung be-
deutet zwangsläufig aber auch, dassin
dem Moment, in dem ichden Ball im Mit-
telfeld bekomme, derRaum für mich en-
gergeworden ist. Aber sobald ichden Ball
dann unterKontrolle habe, habe ichdeut-
lichmehr Raum vormir,den ic hmit mei-
ner Schnelligkeit und meinem Dribbling,
das sichdeutlichverbesserthat, nutzen
kann. Ichkann aus dieserPosition neue
Momenteund Möglichkeiten für mich
oder für meine Mitspieler schaffen.

Sie kommen neben Ihren20Toren auch
auf sechs Assists.
Genau, deswegen. Ichbin stärkerindas
Spiel integriert, ichhabe viel mehr Ball-
kontakte, ichkann viel mehr Chancen für
meine Mitspieler,aber auchfür mich
selbstkreieren.Um meinePositionfür
den Laien auf den Punkt zu bringen: Ich
spiele eineStürmerposition, die aber wie
eine Zehner-Positiongespielt wird. Ich
bin froh, dassmir derTrainer das beige-
bracht hat, dassich nicht mehr nur der
starre Stürmer bin. Ichspiele jetzt eher
eine Position wie MarcoReus und nicht
mehr wie mein früheresVorbild Mario
Gomez. Diese Mischung macht mich so
torgefährlicher ,weilder Gegnernicht
weiß, ob ichaufsTor gehe oder meine Mit-
spieler suche. Die neueRolle tut mir wirk-
lich gut, aber ichhabe darin trotzdem
nochgroßes Verbesserungspotential.

Was wardas Schwierigste für Sie beider
Verwandlung von einem Vollblutstür-
mer zu einem Mittelfeldangreifer?
Das Schönste daranwar:Esgab nichts
Schwieriges. Ic hhabe vomerstenMoment
an gemerkt, dassesfunktioniert. Es hat auf
Anhieb Spaßgemacht, ma nhat so fort den
Nutzengesehen.Undich habegleichge-
merkt, wie ichindieser Rolleaufgehe. Ich
mussmichjetzt zwar aufengeremRaum
bewegen ,weilder G egner tiefersteht. Das
wardann die größteUmstellung.Aber mit
dieser Situation muss man auch alsMittel-
stürme rleben.In dieserRolle sind fürmich
auchdie Spiele einTraining. Mankann das
eigentlichnur auf höchstemNiveau in der
Bundesliga undder Champions League
wirklichtesten,wie man sich aufengem
Raum dieBäll eholt, wieman si ch in die
Bäll ereind reht un dChancen kreiert.Im
normalenTraininggehtdas nicht so gut,
weil die GegnerimTrainingnicht ganz so
aggressiv sind wie im Spiel.

Hat Julian Nagelsmann Sie zu dem Spie-
ler gemacht, von dem Sie garnicht wuss-
ten, dass Sie es sein wollen?
Er hat ja schon sehr frühzeitig Gespräche
mit mirgeführt. Da hat er mir schon unge-
fähr diePosition aufgezeigt, in der ich
spielen soll. Da habe ichgedacht:Ich bin
dochStürmer,kein Linksaußen,auch
kein Zehner.Dakam ichersteinmal
schon ins Grübeln.

Sie schauen jetzt nochskeptisch, wäh-
rend Sie das erzählen.
Ja, ic hhabe michgefragt :Wieso das? Am
Endewerdeich sowieso wiederStürmer
spielen.Aber tatsächlichhat mir derTrai-
ner dannvonAnfang anLösungen in der
neuenPosition an die Hand gegeben,
aber auchSpielzügemit der Mannschaft
entwickelt, durch die ichindie Räume
kommenkan n, in denen ichnoch gefährli-
cher werden kann. Das hat dieRolle ganz
schnell für michnoch begehrtergemacht,
als weiter nurganz vornedrinzustehen.
Er hat mirgesagt und darangeglaubt,
dassich michverändernkann: „Du
kannstdas. Du bistkeiner,der nurstur
rennenkann. Dukannstdribbeln. Du
kannstgut passen. Du bistzwarkein Spiel-
macher,aber dukannstsehr gut das Spiel
vorantreiben.“ Mankann zwar nicht sa-
gen, dassder Trainer mich zu dem Spieler
gemacht hat, der ichjetzt bin. Das muss
ichauf dem Platz schon selbstmachen.
Aber JulianNagelsmann hat diesePositi-
on für michgeöffnet–und dafür bin ich
ihm dankbar.Erhat dengrößten Sprung,
den ichinmeiner Karrieregemacht habe,
mit diesem neuen Ansatz erst möglichge-
macht.Und daswarnicht nur ein Sprung,
das warein Riesensprung.

Das GesprächführteMichael Horeni.

D

as Deutsche Fußb allmu-
seum waramDienstagfest
in französischer Hand.Viele
Fans vonParis Saint-Germain nutz-
tendie Gelegenheit des Champions-
League-Spiels in Dortmund, um ei-
nen Blickindie ruhmreicheVergan-
genheit des deutschenFußballszu
werfen. Im Obergeschosshatten sich
zur selbenZeit Führungsspitzen des
DeutschenFußball-Bundes (DFB)ver-
sammelt, um ein bisschen in dieZu-
kunftzuschauen.Unddie sieht,wenn
manOliver Bierhoffund seinenKolle-
genaus der DirektionNatio nalmann-
schaf tenfolgte,nicht soglänzend aus.
Genau genommenwaresgleich
eineganze Reihe vonGewinnwarnun-
gen, die nachund nachausgesendet
wurden. Das aktuelle, verjüngte
Team? Sei auf einem gutenWeg, sag-
te Bierhoff, aber ebenauchnoch
nicht soweit wie jenes,das 2010 in
Südafrika fürFurore sorgte; alsFavo-
ritgehe Joachim Löws Auswahlge-
wissnicht in die bevorstehende EM.
Die Talentefür die nächstenTurnie-
re?Kommen aus einerallmählichver-
siegenden Quelle.Für die nächsten
drei bis fünf Jahre, alsoetwa bis zur
Heim-EM 2024, sei der DFB „gutauf-
gestellt“, sagteBierhoff, danachaber
sei eine „Delle“ zu erwarten. Die
Benchmarks,was dieFörderung des
Nachwuchses angeht?Werdenwoan-
dersgesetzt, wie Joti Chatzialexiou
sagte ,der Sportliche Leiterder Natio-
nalmannschaften, in Spanienetwa
oderauchinPortugal.
Der Ausbildungsnotstand im einsti-
genFußballwunderland,erist längst
auchinder Bundesligaangekommen.
Als die DeutscheFußball Ligavor
zwei Wochen ihren jährlichen „Sport-
report“veröffentlichte,wardie Nach-
richtmit der Jubelmeldung aufge-
macht, dassdie Bundesligadie tor-
reichs te der fünfTop-LigeninEuropa
ist. Tiefer im Datenmaterialverbarg
sichaber auchnochanderes: dassder
Anteil der deutschen Spieler im
U-21-Alter in der Ligaseit demVor-
jahrvon sechs auf drei Prozentgesun-
kensei. DieRealität der Sportdirekto-
rensieht so aus, dasssie beinahege-
zwungen sind,sichbei ausländischen
Talenten zu bedienen,weil der heimi-
sche Markt die entsprechende Quali-
tätnicht hervorbringt.Chatzialexiou
nanntedie Zahlen „alarmierend“.
Neusind all diese Erkenntnisse
nicht, Bierhoffund Co. haben sie
schon imvergangenen Jahr adres-
siert. Er und seine Direktion arbeiten
mit einer Mischung aus deutscher
Gründlichkeit, amerikanischerStart-
up-Mentalitätund au ch ein wenig glo-
balisierterBeratungswindmacherei
an einer besserenZukunftdes deut-
schenFußb alls mit der inFrankfurt
neu entstehenden Akademie alsNu-
kleus.Vieles davon, wasamDienstag
präsentiertwurde, schien Hand und
Fußzuhaben. Ob irgendwann auch
wiedervongoldenen Jahren dieRede
sein kann und nicht nurvon„golde-
nenZonen“, in denen lauteinem brei-
terangelegten „Stürmerprojekt“ die
meistenTreffer erzieltwerden, liegt
jedochnicht nur in der Macht des
DFB.
Die große Herausforderung bleibt
zum einen, dieVereine mitzuneh-
men, die zuerst ihreeigenen Interes-
sen verfolgen, zum anderen, in die
Köpfeder Spielervorzudringen, die
sichauf ihremKarriereweg of tgenug
gegenjede Vernunftverführen las-
sen. „Spielminuten müssen Gehalt er-
setzen“, sagteStefanKuntz, derTrai-
ner der deutschenU21. Eine an sich
simple Erkenntnis, für die man je-
dochinder Praxis mitunter dicke
Bretterbohren muss.

Alsdeutsches


Nationalteam


fährtman nicht zu


einer EM,um am


Ende nicht auch


gewinnen zuwollen.


Bierhoff und


die dicken Bretter


VonChristianKamp

Champions League,Achtelfinale,Hinspie-
le:TottenhamHotspur–RBLeipzig,Atalan-
taBergamo–FCValencia (beide 21 Uhr).

ARD:14.03 Uhr:Biathlon, WM in Antholz/
Italien, Männer,20km.
EUROSPORT1:14 Uhr:Biathlon,WMinAnt-
holz. 17.55 Uhr:Volleyball, Champions Lea-
gue:Kedzierzyn-Kozle/Polen–VfBFried-
richshafen. 20 Uhr:Leichtathletik,Hallen-
meeting in Liévin/Frankreich.
SPORT1:18.25 Uhr:Volleyball, Bundesliga:
HeliosGrizzlysGiesen–NetzhoppersKW-
Bestensee.

„Ichbingewissermaßen auchein Mittelfeldspieler, der aber auchimSturmeingesetzt wird“:Timo Werner Foto Schatz

„DerTiefpunkt


im deutschen Fußball


istüberw unden“


’’


Halbfinale?Finale?Timo Werner überdie Aussichten in der


Champions League,seineLiverpool-Begeisterung und wieihm


JulianNagelsmannden größten Karrieresprungermöglichte.


Fußball am Mittwoch

SportliveimFernsehen

SEITE 28·MITTWOCH,19. FEBRUAR2020·NR.42 Sport FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG

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