Frankfurter Allgemeine Zeitung - 19.02.2020

(ff) #1
EinFrachtschiff, dasvorfasteineinhalb
Jahrenvonseiner Besatzung aufgegeben
wurde, istand er irischenKüstegestran-
det. Es wurde in Ballycotto nimSüden
der Insel entdeckt, wie die irischeKüs-
tenwache mitteilte. Das Schiffist un-
gesichertmehr als 5000 Kilometerüber
den Atlantikgetrieben. ZumZeitpunkt
seiner Evakuierung im September 2018
befand sichdas unter tansanischer Flag-
ge fahrende Schiffgut 2000 Kilometer

südöstlichvon Bermuda. Eswarauf
dem Wegvon Griechenland nachHaiti
wegentechnischer Probleme manövrier-
unfähiggeworden. Die zehn Besatzungs-
mitglieder wurden damalsvonder ameri-
kanischenKüstenwachegerettet. Die
77 MeterlangeMVAltawurde am Sonn-
tag gegenMittag voneinem Joggerge-
sicht et.Die Küstenwachegeht davon
aus, dassdas Schiffvom Sturm„Dennis“
an dieKüstegetrieben wurde. dpa

GeisterschiffanKüste getrieben


Am19.Februa r2019is tKarlLager feldge-
storben, am 7.Februar 2016starb Roger
Willemsen. Begegnetsind sich der Mode-
macher und der Moderator bei einem
legendärenAuftritt anlässlichder lit.Co-
logne am 16. März2012. Willemsen, der
Literaturwissenschaftler,trieb den Leser
Lager feld mit seinenFragen voneiner
Sentenz zur nächsten. Wirhaben die alten
Bänder abgehört–und einigeWeisheiten
Lager felds, der mehr als 300000 Bücher
besessen hat, aufgelesen. Das Literatur-
festival lit.Cologne, dasvom10. bis zum
21.Mär zinKöln stattfindet,feiertindie-
semJahrzwanzigjährigesBestehen.
„MeineElter nhatten eine sehr gute
Idee.Ich habevonAnfang an Deutsch,
Englischund Französisch gelernt.Ich
habe dasnie als Erwachsener lernen
brauchen. Dasrate ichallenEltern: ih-
renKinder ndas vonAnfang an beizu-
bringen.Undkomischerweise:Mein ers-
tesfranzösisches Buchist wirklichLitera-
tur, und zwarwardas ,Béatrix‘vonBal-
zac. Das habe ichmit sechsgelesen. Es
hataber gedauert, bis ichachtwar.“
„Wir hattenkeine französischen Kin-
derbücher.Soetwas gabesinNord-
deutschland nachdem Krieg nicht.“
„Ich lese sehr vielTriviales. Man muss
Triviales lesen, um die guten Sachen bes-
ser beurteilen zukönnen. Sonstkann man
auchinder langenWeile derKultur ver-
sinken, und das istsehr,sehr ungesund.“
„Ichhatteeinen Patenonkel, den ich
toll fand, und der lebteinMünster.Der
hieß ProfessorRamstedt.(...) Undjeden
Tagnachdem Mittagessen machte er eine
langePromenade. (...)Dagibt es eine
Straße, die heißtFreiligrathstraße.Und
da hab ichmir erlaubt, meinen Onkel zu
fragen:Werwar Freiligrath? Da hat der
Mann mir eine Ohrfeigegegeben und
nicht mit mirgesprochen, und ichwar
vielleicht elf, zwölf. Da sind wir zu denen
nachHause gekommen, und meine Mut-

terstand da in der Halle, und da sagt er zu
ihr: ,Elisabeth, dein Sohn istsooberfläch-
lichund so unkultiviert wie du. Derweiß
nicht,werFreiligrath is t.‘“
„Freiligrath, da hab ich, offengestan-
den, nicht viel davongelesen, da istmir
Eichendorfflieber.“
„Ichhasstees, Kind zu sein, ichwollte
erns tgenommenwerden. Heuteist mir
das egal, aber früherwarmir das nicht
egal. Ichkonnteauchnicht wie Kinder
reden. Meine Mutter sagte: ,Du bistsechs,
ichbin’s nicht .Willstdumit mir spre-
chen, gib dir Mühe, oder halt den Mund.“
„Ichbin bei ,Am Rio de la Plata‘ nie
über Seite30weggekommen.“
„Ja, ichfinde nichts schlimmer als
zweitrangigePoesie. Das istdas
Schlimmste,was es gibt.“
„Ichhabe nieAbitur gemacht.Aber ich
habe das Einjährigegemacht.Undda
habe ichinLiteratur über den ,Tod des
Tizian‘vonHofmannsthal geschrieben.
Das Tolle war, dassdie Lehrer das nicht
kannten. (...)Und nachdem Examen
kamder Direktorvonder Privatschule
und sagte:Wissen Sie, Sie wissen nichts,
Sie können nur schwadronieren.“
„Beim ,Zauberberg‘ habe ichmich
immergelangweilt. Ichwar dafürzueinge-
bildet, um zu denken, dassich Bücher
nicht verstehen könnte.“
„Marcel Proust–ichfinde denStil toll,
aber den Inhaltfinde ichnicht sotoll. Es
gibt ander eSchriftsteller aus derPeriode,
die ic hvorziehe.Aber im Bezugauf Worte,
Satzstellung und so istdas schongenial.
Das Thema interessiertmichnicht, aber
die Art, wie esgeschriebenist,ist genial.“
„Ichschreibe nicht, ichmache nurVor-
worte. Das istmeine Spezialität.“
„Maupassant, Flaubert, die haben alle
Syphilis. Die ganze Belle Époque von
1900, für michist das eineWelt vonSyphi-
lis. Da bin ichder prüdeNorddeutsche.“

„Mein Lieblingsroman in Deutschland
sind die ,Wahlverwandtschaften‘.“
„Das Interessanteinder Literatur ist
die Sprache.Worumesdarin geht, spielt
keine Rolle.“
„Meiner Meinung nach istdas Wichtigs-
te an einem Schriftsteller,dasserseine
eigene Sprachefindet.“
„Das Papier hat einen Geruch, den
kein Schirmersetzen kann. Es tut mir
leid, ichliebe iPads, aber Bücher sind bes-
ser.“
„Ichbenutze iPads,umzuzeichnen,
und zwar habe icheine Technik entdeckt,
die genau wieKupfer stichist.Das dauert
lange, aber es isttoll, und es istnicht so
langweilig wieKupferstich,wassehr,sehr
ermüdend ist. Man kann diegleicheTech-
nik für iPadsfinden.Aber für die Lektüre,
tut mir leid: Ichwill umblättern und das
Papier anfassen undriechen.“
„Ichliebeillustrierte Bücher als hübsche
Objekte,aber im Grunde guckt man den
Text an, und dieIllustrationen sind eine
Visualisierungvonjemandem, der nicht
unbedingtdie gleicheVisualisierung hat
wie der Leser.Ich bin dafür,mir dasinmei-
nemKopf selbstauszumalen,etwas zu se-
hen, wasmeistens keine Beziehungdazu
undBegrenzun genhat. Esgeht auchohne
Illustrationen, auchwenn ichillustri erte
Bücher liebe.Ich illustrieregerne.Aber
schön eTexte,dabrauche ichkeine Bilder.“
„300000 Bücher,das sind nicht nur Le-
sebücher.Das is tauchalles, wasimBezug
auf Kunst, Malerei, Bildhauerei, Architek-
tur,Mode in den letzten 30, 40 Jahren er-
schienen ist. Das Literarische daran, das
sind wahrscheinlichwenige.“
„Ichhabe sogar—das habe ichaber
leiderverkauft, weil ic hnichts damit an-
fangen konnte—,ich habe sogar das
Schlossbesessen, das derFamilie Volland
gehörte,der FreundinvonDiderot,wo
Diderot viele seiner Büchergeschrieben

hat.Das lag in einer Gegend, die un-
möglichist,inder Nähe vonÉperna y, die
gefährlichste Gegend Frankreichs. Da
kamen Diebe nachts, die dem Hauswart
die Autoreifen abmontierten. Mankonn-
te nachts nicht mit offenen Fenst ernschla-
fen.IchhabedaszehnJahrelanggehabt,
und ichbin zweimal dagewesen zum
Schlafen.“
„Ichhasse das Wort ,Sachliteratur‘.
Das Wort ,Belletristik‘ gibt es auchnur in
Deutschland. Im Grunde legeich auf
Geschichten keinen großen Wert.Ich
liebe Analysen und Essays.“
„Ichgehe oftanall meinen Bücher-
bordenvorbei und lerne visuell auswen-
dig, wo die Sachen sind.Undwenn ich
etwa sbrauche,kann ic hanrufen und be-
schreiben: in dem Bord, fünftesRegal und
so weiter .Somussdas sein.“
„Ichwill hier nicht als alter Lehrerste-
hen. Ichwill oberflächlichwirken.“
„Es freut mich,wenn die Leutelesen –
aber ichbin kein Apostel. Ic hschlagevor,
aber die Leutemachen,wassie wollen.
Es kommt darauf an, wie man das sagt.
Man darfdas nicht wie so einPauker
sagen. Eskommt darauf an, mitwemSie
sprechen. Man muss sichindie Leuterein-
versetzen und ihnen dann einenKomplex
geben, dasssie automatischsagen:
,Irgendwasfehlt mir doch.‘ Das istgesun-
de Perversität.Irgendwie zufinden, dass
die jungen Leuteselbstsagen: ,Ichmuss
vielleicht dochmal lesen.‘“
„Wenn man mir sagt:,Das mussman
lesen‘, dann lese ichesbestimmt nicht.“
Über Marquis de Sade: „InFrankreich
heuteist allesverboten. Nurdas gil tals
intellektuelle Lektüre.Würden die Leute
machen,wasdaimBuchsteht, siewären
alle im Gefängnis.Das is tnicht meine
Lieblingsliteratur.Ich bin nicht sehr auf
betont er otische Literatur eingestellt.Die
,Venus imPelz‘, diekönnenSie behalten.“

AufgezeichnetvonJohannaChristner.

Ende einer Irrfahrt:Das Wrackder MV Altaliegt nunvorBallycotton. Fotodpa

ceh. LOSANGE LES.Nach Hunderten
Zivilklagen wegenKindesmissbrauchs
hat die Pfadfinderorganisation Boy
Scouts of America (BSA) die Eröffnung
eines Insolvenzverfahrens beantragt.
Wieder Verein am Dienstagvor einem
Gericht inTexasmitteilte, soll diegeplan-
te Umorganisation denFortbestand der
BSAsicher nund Schadenersatz-
zahlungenanOpfer vonÜbergriffen
garantieren. „Die Pfadfinderorganisation
nutzt das Insolvenzver fahren, um einen
Hilfsfonds einzurichten, aus dem Opfer
entschädigtwerden“, sagteder BS A-Vor-
sitzendeRogerMosby.
In denvergangenen Jahrenwarenim-
mer wiedersexuelle Übergriffe auf Kin-
der und Jugendliche durchehrenamt-
liche Betreuer bekanntgeworden.Recher-
chen der „Los AngelesTimes“ brachten
2015 zudem sogenanntePerversion Files
zutage, in denen die im Jahr 1910gegrün-
dete Organisation den Missbrauchdoku-
mentierthatte.Wie die Akten belegten,
wurden in denvergangenen 75 Jahren
mehr als 12 000 Mitgliederder größten
Jugendorganisation derVereinigten Staa-
tensexuell missbraucht.
Nach Schätzungen sollenfast 8000Er-
wachsene ihreRolle als Betreuerausge-
nutzt haben, um Minderjährigezu verge-

waltigen oder sexuell zu belästigen. Nach
KlagenvonElter nhatten Gerichte in
mehreren Bundesstaatenwie Oregon
und Kalifornien einzelne Ortsverbände
aufgefordert, die „Perversionsakten“ ih-
rerBetreuer offenzulegen. Gegen eine
Auswertungaller Unterlagen hattesich
die Pfadfinderorganisation abergewehrt.
Der Anwalt MichaelPfau, dermehr als
300 mutmaßliche Opfer inetwa 30 Bun-
desstaatenvertritt, verglichden Fall mit
Missbrauchsfällen in der katholischen
Kirche. Während in denVereinigtenStaa-
teninder Vergangenheit einzelne Diöze-
sen wegenSchadenersatzklagen Insol-
venz angemeldethatten, habe das Insol-
venzverfahren der BSAeine andereDi-
mension. „Hiergeht es um Opfer aus al-
len 50 Bundesstaaten. DasVerfahren ist
weit größer als die einzelnen Insolvenz-
verfahrengegendie katholische Kirche“,
sagteder Juristdem Sender NBC.
Fürdie mutmaßlichen Opfer habe die
Eröffnung des Insolvenzverfahrens aber
zwei Seiten. DasVerfahrenvoreinem
Insolvenzgericht werdeinder Regel
schneller abgeschlossen als ein Zivil-
proze ss.Gleichzeitig entgehe den Op-
fern aber die Möglichkeit,die mutmaß-
lichenTätervor einem Zivilgericht zur
Verantwortungzuziehen.

„Man muss Tri viales lesen“


Karl Lag erfeld, de rvor einemJahrgestorbenist,warein großer Leser–wie ein Protokoll zeigt


„Ichwill umblättern“:RogerWillemsen sprach2012 mitKarl Lager feld auf dem Literaturfestival lit.Cologne über einegemeinsame Leidenschaft–Bücher. FotoUllstein

Gzuzwirdverhaftet
Der Rapper Gzuz, Mitglied der Ham-
burgerHiphop-Gruppe 187Strassen-
bande, istamDienstagverhafte twor-
den. Das Amtsgericht Hamburghatte
Haftbefehlgegenden 31 Jahrealten
Musiker erlassen, nachdem er am
Morgennicht zu seiner Gerichts-
verhandlung erschienenwar. Polizis-
tenhatten Gzuz,der bürgerlich
Kris toffer Jonas Klauß heißt, inkei-
ner seiner beidenWohnungen ange-
trof fen. Als ergegenMittag dannim
Gerichtsgebäude auftauchte,verhafte-
tenihn Polizeibeamte.Nach Angaben
des Gerichts wurde der Haftbefehl am
Nachmittagaußer Vollzug gesetzt.
Voraussetzung sei jedoch, dassder
Rapper alsKaution 100 000 Eurohin-
terlegeund sic hdann dreimalpro Wo-
chebei derPolizei melde.Bis das
Geld eingegangen sei, bleibe Gzuz in
Untersuchungshaft.Der Rapperist
schon mehrfachstrafrechtlichinEr-
scheinunggetreten, unter anderem
wegenKörper verletzung, Sach-
beschädigung und Beleidigung. Im ak-
tuellenFall wirft ihm dieStaatsan-
waltschaftVerstößegegendas Betäu-
bungsmittelgesetz, das Sprengstoff-
und dasWaffengesetzvor. Bei einer
Hausdurchsuchung 2018 wurden in
seinerWohnung 17 Gramm Marihua-
na, 2,5 Gramm Crystal Meth und Böl-
ler gefunden. dpa

Laliberté verkauftZirkus
Guy Laliberté, Gründer des Cirquedu
Soleil,hat seineletzten Anteile an
dem Unternehmenverkauft. Wieam
Montag bekannt wurde, überließ der
frühereFeuerschluckerund Stelzen-
läufer den Investorender kanadi-
schen Caisse de dépôtetplacement
du Québec (CDPQ) zehn Prozent des
artistischausgerichteten Zirkus. Vor
fünf JahrenhattesichLaliberté, der in
Québecgeboren wurde, schonvon
der Mehrheit seiner Anteilegetrennt.
Das UnternehmengehörtheuteInves-
toreninDubai, Chinaund den
VereinigtenStaaten. „Ichwerde mich
aber weiterhin am kreativen Prozess
der Shows beteiligen und Québecs
Unterhaltungsbranche unterstützen“,
teilteder 60 Jahre alteMilliardär mit.
Lalibertéhatteden CirqueduSoleil
1984 gegründet. ceh.

LONDON.Als zweiter Sohn von
Elisabeth II.genießt SeineKönigliche
Hoheit, der HerzogvonYork, Privile-
gien. Prinz Andrew,wie er meistens
genannt wird, dienteaber auch–wie
es sic hfür einenWindsorgehört–in
der RoyalAir Force. Er nahm sogar
am Falklandkriegteil und führtseit
fünf Jahren den Ehrentitel„Vice Ad-
miral“.Aber dengrößtenTeil seines
Lebensverbrachte Andrew mit den
eher angenehmenTätigkeiten, die er
seiner Herkunftzuverdanken hat:mit
Prominentenpartys, Golf, Skifahren
und Wohltätigkeitsauftritten. Manche
zählen auchden Job Handelssonder-
beauftragter dazu, der ihn zehn Jahre
lang für dasVereinigteKönigreichum
die Welt reisen ließ.
Dorttraf er,den Umständen ent-
sprechend, nicht nur auf Saubermän-
ner,was ihn aber nicht davonabhielt,
mit einigen vonihnen persönliche
Bande zu knüpfen. Als sichGroß-
britannien an Militärschlägengegen
Libyenbeteiligte, nannteihn derAb-
geordnete Chris Bryant im Unte rhaus
nicht nur „einenFreund desverurteil-
tenlibyschen WaffenhändlersTarek
Kaituni“, sondernaucheinen Freund
des SohnsvonMuammar al Gaddafi.
In denvonWikileaksveröf fentlichten
Depeschen desState Department be-
richtete die amerikanische Botschafte-
rininKirgis tan, das sAndrew rechtun-
befangen über Bestechungsgelderge-
sprochen und sichabfällig über Jour-
nalistengeäußerthabe. Schlagzeilen
machte der Herzog auch, als bekannt
wurde, dassder Schwiegersohndes ka-
sachischen Präsidenten Andrews
Landsitz in Surreyüber eine Off-
shore-Firma für 15 Millionen Pfund
gekaufthatte–drei Millionen Pfund
über demverlangten Preis.
Aber am Ende holten den Prinzen
nicht die Geschäfte ein, die er inKa-
sachstan, Usbekistan, Lib yenoder Tu-
nesien einfädelte, sondernseine
Freundschaftmit dem amerikani-
schen Millionär JeffreyEpstein, der
als Sexualstraftäterverurteilt wurde,
bevorertot in seinerZelle aufgefun-
den wurde. Schonquälend langste-
hen Vorwürfe im Raum, dassaucher,
der Prinz, sichanMinderjährigenver-
gangen habe, die ihm Epstein vermit-
telt haben soll. ImvergangenenNo-
vember trat Andrew die Flucht nach
vornan undgewährte einer prominen-
tenBBC-Journalistin ein Interview
im Buckingham-Palast. Es wurde ein
medialer Super-GAU.

Andrew konntesichnicht erin-
nern, dieFrau, die ihn beschuldigt
(und die er schwitzend umarmte, wie
auf einemFoto zu sehenwar), jemals
gesehen zu haben, undgabzuseiner
Entlastung Erklärungen ab, mit de-
nen er sichzum Gespött machte.We-
geneiner „Überdosis Adrenalin“ aus
Zeiten desFalklandkriegskönne er
garnicht schwitzen, sagteer, worauf
mehrereFotos imNetz hochgeladen
wurden, auf denen er schwitzend auf
Partys zu sehen ist. Danachsprangen
mehrereUnternehmen als Geldgeber
für AndrewsCharity-Projekteab.
In denVereinigten Staaten wird
weiter ermittelt und mitwachsendem
Befremden zurKenntnisgenommen,
dasssichAndrew –entgegen seinen
Versicherungen in dem BBC-Inter-
view–nochnicht zu denVorwürfen
hat befragen lassen.Vonseinen offi-
ziellenroyalen Pflichten ließ sichder
HerzogvonYorkinzwischen entbin-
den, aber ausgestanden istdie Affäre
nochnicht .Auchnicht an diesem Mitt-
woch,wenn er seinen60. Geburtstag
feiert. JOCHEN BUCHSTEINER

KurzeMeldungen


BoyScoutssind insolvent


Reaktion auf den Missbrauchsskandal in Amerika


ktr.MÜNCHEN. In München ste-
hen achtPolizeibeamte des Polizei-
präsidiums unterVerdacht, gegendas
Betäubungsmittelgesetzverstoßen zu
haben. DieStaatsanwaltschaftMün-
chen Iund das bayerische Landes-
kriminalamt (LKA)haben am Diens-
tagdie Ermittlungengegendie Beam-
tenbestätigt, die fünfverschiedenen
Dienststellenangehören. De tails wur-
den nichtgenannt,vorgeworfenwer-
den ihnen„verschiedeneVerstöße“.
Am Dienstagsowie im Januar und im
Dezember 2018 wurden demnach
Wohnungen und Arbeitsplätze der
Verdächtigen durchsucht .Die Ermitt-
lungen laufen seit 2018, nachdem ein
mutmaßlicherRauschgifthändler in
den Fokusder Kriminalpolizeigera-
tenwar.Als dieVerdachtsmomente
gegendie Polizistenaufkamen, wur-
den dieweiteren Ermittlungen „aus
Neutralitätsgründen“ an die internen
Ermittler des LKA abgegeben. Die
Polizistensind inzwischen vom
Dienstsuspendiert, Disziplinarver-
fahren wurden eingeleitet.

dpa. KÖLN.Bedienstete der Justiz-
vollzugsanstalt (JVA) inKöln sollen
in einer Chatgruppe heimlichauf-
genommeneFotosvon Inhaftierten
geteilt und beleidigend kommentiert
haben. DieVorwürfe richten sich
derzeitgegendrei Bedienstete, wie
JVA-Leiterin Angela Wotzlawam
Dienstag sagte. Die Bilder sollen die
Beschäftigten mit herabwürdigen-
den Kommentarenversehen haben.
„Das istanMenschenverachtung
kaum zu überbieten“, sagteWotzlaw.
Derzeitwerdeder 60 Gigabyteum-
fassende Chat ausgewerte t. Einem
Beschäftigten seigekündigt worden,
die beiden anderen hätten Auf-
hebungsverträgeunterzeichnet.

dpa. PALERMO.Die italienischePo-
lizei hat bei einem Schlaggegendie
Mafia in Sizilien mehrereMitglieder
einer bekannten Kriminellen-Fami-
lie festgenommen. Laut Medienbe-
richten vomDienstagwurden drei
Scotto-Brüder bei einerRazzia inPa-
lermo in Gewahrsamgenommen. Ei-
ner davonsei Gaetano Scotto, der im
Zusammenhang mit dem Attent at
auf den Mafiajäger und JuristenPao-
lo Borsellino im Jahr 1992 inVer-
dachtgeratenwar.Ersaß schon ein-
mal im Gefängnis, nunwerfen ihm
die Ermittlervor, weiter als Mafia-
boss tätig gewesen zu sein.Unteran-
derem wirderverdächtigt, am Mord
an einemPolizistenund dessenFrau
im August1989 in Carini beteiligt ge-
wesen zu sein. Er hatteeine Beteili-
gung stets bestritten, hieß es.
Die Ermittler nahmen den Berich-
tenzufolg eaußerdem Pietround
FrancescoPaolo Scottofest. Pietro
ScottowarwegendesAnschlagsauf
den Richter Borsellino zu einer le-
benslangen Haftverur teilt worden.
1999 sprachihn ein Berufungsgericht
in Palermo wieder frei. Ein Belas-
tungszeugehatteseine Aussagen ge-
ändertund warals unglaubwürdig
eingestuftworden. Insgesamthabe
die sizilianische Polizei bei ihrerRaz-
zia gegendie CosaNostra achtVer-
dächtigegefas st,hieß es.

Andrew wird


60 –und hat


wenig zufeiern


Medialer Super-GAU:Prinz Andrew
im BBC-Interview Fotodpa

Polizisten


unterVerdacht


Gefangene


verunglimpft


Mafia-Brüder


in Sizilien


verhaftet


NR.42·SEITE 7

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Deutschland und die Welt MITTWOCH,19. FEBRUAR

Free download pdf