Die Zeit Wissen - 01.2020 - 02.2020

(Barry) #1


Wa s h a b e n S i e f r ü h e r g e r n g e g e s s e n?
Ich habe das gern gegessen, was die Jugend-
lichen gern essen, zum Beispiel Pommes
und Bratwurst, aber bitte mit Ketchup.
Halt! Das ist Fast Food. Heute esse ich lieber
rustikal, ich bevorzuge die heimische Küche
wie Käsespätzle. Mutter ist nämlich aus
Süddeutschland und beherrscht die große
Kunst der süddeutschen Küche, was be-
deutet: Kochrezepte wie Spätzle und bayeri-
sche Knödel und Küchle.
Am nächsten Tag treffe ich Gerhard Stoll wie-
der in Kleingladenbach. Ich habe ihm einen
kleinen Stoff elch mitgebracht. Die diensthaben-
de Pflegerin Sigrid Achenbach berührt mit
dem weichen Fell seine Wange. Wir sind in
seinem Zimmer und stehen am Bett.
Können Sie den Elch fühlen?
Wie Bast. Das ist gute basale Stimulation.
Basale Stimulation empfinde ich als das
Wichtigste, was man einem Patienten ange-
deihen lassen kann.
Sigrid Achenbach arbeitet seit 26 Jahren als
Pflegerin bei Gerhard Stoll und wohnt nur


eine Straße weiter. »Einmal hat er mich belei-
digt«, sagt sie. »Ich brauchte etwas Zeit, um
ihm zu verzeihen, aber seine Pflege gehört zu
meinem Leben – das ist eine Berufung.«
Würden Sie mir jetzt zeigen, wie Sie mit
Ihrem Computer arbeiten, Herr Stoll?
Hatten Sie Unterricht?
Nein.
Sigrid Achenbach schiebt den Computer auf
einem Gestell zum Bett und stellt ihn an. Zwei
große weiße Punkte erscheinen und skalieren
Gerhard Stolls Blick. Das dauert eine Weile.
Dann klickt er ein Symbol mit Steckdosen an,
indem er es kurz fixiert. Sigrid Achenbach er-
klärt: »Auf diese Weise kann Gerhard das
Licht an- oder ausmachen, den Lüfter und
auch die Fernbedienung des Fernsehers.« Er
könne sogar selber durchs Programm zappen.
Gerhard Stoll probiert ein wenig herum. Eine
Computerstimme sagt: Nein. Ja. Nein. Nach
ein paar Minuten erkennt die Pflegerin, dass
ihn das Üben anstrengt, und sagt: »Ich mach
das jetzt mal weg, ist das in Ordnung?« Die
Computerstimme antwortet: Ja.

Warum haben Sie an der Tür ein Schild
mit der Aufschrift »Brucellosefreier Rin-
derbestand« hängen?
Das war an der Stalltür von Bauer Seibe.
Der Hof von dem Freund, den Sie besucht
hatten, als die Kopfschmerzen anfingen?
Ja.
Im Flur hängen zwei Tuschezeichnungen
von Ihnen von der Dorfkirche. Gehen Sie
regelmäßig in die Kirche?
Ja.
Beten Sie?
Ja.
Glauben Sie an Gott?
Ja.
Wissen Sie schon, was Sie heute Abend
machen wollen?
Fernsehen. Ta g e s s c h a u. —

Hella Kemper möchte Gerhard Stoll einen
lebenslangen Wunsch erfüllen: ein Besuch des
Hamburger Hafens. Darum sucht sie jetzt ein
barrierefreies Hotel mit mobilem Lifter, in dem er
und seine Pflegerinnen Ferien machen können.

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