Süddeutsche Zeitung - 17.02.2020

(Marcin) #1
Würzburg– Angesichts zunehmender Tro-
ckenheit wünscht sich Frankens Weinbau-
präsident Artur Steinmann mehr Geld
vom Freistaat für digital gesteuerte Bewäs-
serungssysteme. „Wenn man bereit ist, in
München für einen Konzertsaal 100 Millio-
nen Euro auszugeben, warum soll man
nicht bereit sein, in eine Kulturlandschaft
auch mal 100 Millionen Euro zu investie-
ren“, sagte Steinmann. Unterstützung sei
nötig für Wasserspeicher in Weinbergen,
Schläuche an den Rebstöcken, aber auch
für Computersysteme, die über Drohnen-
messungen steuern könnten, welcher Ab-
schnitt im Weinberg Wasser brauche. Der
Klimaforscher Heiko Paeth von der Univer-
sität Würzburg arbeitet derzeit an Model-
len, die Prognosen über die Auswirkungen
des Klimawandels für kleine Bereiche wie
Weinberge erlauben sollen. Winzer und an-
dere Nutzer sollen auf ein entsprechendes
Webportal zugreifen und damit abschät-
zen können, wie sich Temperatur, Nieder-
schlag, UV-Belastung und vieles mehr bis
Ende des Jahrhunderts auf ihren Weinber-
gen entwickeln werden. So könnten sie
laut Paeth besser entscheiden, welche
Pflanzen sie anbauen. dpa

Winzer kämpfen gegen


steigende Trockenheit


München– DieZahl der gemeldeten anti-
semitischen Straftaten in Bayern ist im ver-
gangenen Jahr deutlich gestiegen. 2019
sind nach vorläufigen Daten des Landeskri-
minalamtes 307 Fälle registriert worden,
rund 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Dies
teilte das bayerische Innenministerium
auf Anfrage mit. Fast 300 der Taten rech-
nen die Behörden dem rechten politischen
Spektrum zu. Der Anstieg sei besorgniser-
regend, sagte ein Sprecher des Ministeri-
ums. „Der bestmögliche Schutz der hier le-
benden Jüdinnen und Juden ist uns außer-
ordentlich wichtig. Das ist ein Kernanlie-
gen bayerischer Sicherheitspolitik.“
Nach Angaben des Sprechers verfolgt
die Polizei antisemitische Vergehen mit ho-
her Priorität. „Wir bekämpfen antisemiti-
sche Straftaten mit allen rechtlich und tat-
sächlich möglichen präventiven und re-
pressiven Maßnahmen.“ Dabei sei es wich-
tig, „dass möglichst alle antisemitischen
Straftaten der Polizei gemeldet werden“.
Sobald valide Fallzahlen vorliegen, wolle
das Landeskriminalamt diese analysieren.
Bayerns Antisemitismusbeauftragter
Ludwig Spaenle (CSU) bezeichnete den An-
stieg als „erschreckend“. Angesichts der
neuen Zahlen seien „Solidarität gegenüber
Jüdinnen und Juden, Prävention gegen-
über antisemitischen Einstellungen und
Handlungen und staatliche Repression ge-
gen Straftäter gefragt“. Die Aggressivität
in der Gesellschaft nehme zu, nötig sei eine
„Kultur des Hinschauens“, sagte Spaenle
und verwies auf neue Präventionsprogram-
me, die etwa in Schulen über jüdisches Le-
ben informieren und mit denen Menschen
gegenüber antisemitischem Denken im-
mun gemacht werden sollen. dpa

Erlangen/Kempten– Vor 42 Jahren wur-
de Geschichte geschrieben in Erlangen.
1978, die Grünen waren auf Bundesebene
noch nicht mal gegründet, zogen sie in Er-
langen bereits in den Stadtrat ein. Wobei
sich die damaligen Erlanger Grünen – sie
nannten sich „Grüne Liste“ – erheblich un-
terschieden von der später gegründeten

Bundespartei. Aber renitent und ökolo-
gisch war diese Liste auch. Sogar eine Stadt-
ratsrotation führten sie ein, obwohl so et-
was kommunalrechtlich gar nicht vorgese-
hen war: Nach einem Jahr rotierte der erste
grüne Stadtrat zugunsten des zweiten grü-
nen Stadtrats aus dem Plenum. Alles in al-
lem kann man wohl sagen, dass Erlangens
Grüne Avantgarde waren – und so eben Ge-
schichte geschrieben haben. „Wir wollen,
dass sich Geschichte in Erlangen wieder-
holt“, sagt der Hochschullehrer Karim Abu-
Omar. Er tritt freilich nicht bei den Grünen
an. Sondern auf der „Klimaliste“.

Auf der Klimaliste in Erlangen – wie
auch beim Allgäuer Pendant „Future for
Kempten“ – haben sich Aktivisten von „Fri-
days for Future“ und Studenten zusam-
mengetan, um ihre Forderungen von der
Straße in den Stadtrat zu tragen. Dass sie
dabei nicht zuletzt den Grünen Konkur-
renz machen, liegt auf der Hand. Klar wer-
de er jetzt immer wieder angesprochen, ob
der Zusammenschluss nicht zu Lasten der
Grünen gehe, sagt Sebastian Hornschild,
der OB-Kandidat der Klimaliste. Das aber
wehre er gebetsmühlenartig ab. „Wozu“,
frage er immer zurück, „wollen die Grünen
noch mehr Stimmen haben?“ Was die Grü-
nen und die anderen für den Klimaschutz
in Erlangen bewegt hätten, „das reicht halt
nicht aus“, findet er.
Die Klimaliste will das Ziel festlegen, die
Treibhausgas-Emissionen der Stadt bis
2025 auf „Netto-Null“ zu senken – wie Ko-
penhagen. Sie fordert „schnellstmöglich“
einen „Masterplan Klimaschutz“ und will
bis 2025 ein Fahrverbot für alle Fahrzeuge
mit Verbrennungsmotor einführen, die
mit fossilen Brennstoffen betrieben wer-
den. Die Universitäts- und Siemensstadt
Erlangen habe die notwendigen finanziel-
len Kapazitäten, um die Kommune zur „kli-
mafreundlichsten Stadt in Deutschland zu
machen“, erklären die Rathaus-Aktivisten.
Wenn eine radikale Wende irgendwo funk-
tionieren könne, dann in Erlangen – wo
Geld und Geist hinreichend vorhanden
sind. Dass man bei der ersten Wahl wohl
nicht gleich den Oberbürgermeister stel-
len dürfte, ist ihnen klar. Man konzentriere
sich ja nicht umsonst auf ein Thema, ohne

die Breite aller politischen Felder abzude-
cken. Mindestens einen Stadtrat, idealer-
weise sogar drei, möchte man aber schon
ins Plenum schicken – und auch damit Ge-
schichte schreiben.
Die Erlanger Ur-Grünen von 1978 waren
anfangs reichlich veralbert und kaum
ernstgenommen worden. Sie schreiben
sich heute aber auf die Fahnen, ein Sie-
mens-Großprojekt und den Abriss von Alt-
stadthäusern verhindert zu haben. Susan-
ne Lender-Cassens, die Umweltreferentin
von Erlangen und grüne OB-Kandidatin,

nimmt die Konkurrenz sehr wohl ernst.
Sagt aber auch: „Das Original sind wir.“ Sie
hoffe einfach, dass „wir uns im Stadtrat
nicht zerfasern“. Und sie ist überzeugt da-
von, dass politische Gruppierungen „eine
Haltung zu allen Themen“ haben sollten.
Was die Klimaliste derzeit eben nicht biete.
So konkrete Ziele wie in Erlangen haben
die Kemptener Wahlkämpfer noch nicht,
die erste Hürde hatte Priorität: 340 Unter-
schriften mussten die Umweltaktivisten
von „Future for Kempten“ (FFK) sammeln,
damit ihre Liste zur Kommunalwahl zuge-
lassen wurde. Am Ende unterzeichneten
399 Bürger. Die drei Schwerpunkte der
Kemptener Schüler und Studenten über-
zeugten offenbar: Mehr Mitsprache für die
Jugend, effizienter Kampf gegen den Kli-
mawandel etwa über die Stadtwerke und ei-

ne Verkehrswende. Die FFK-Kandidaten
um Benjamin Gras, Julius Bernhardt und
Dominik Tartler wollen mit mehr Fahrrad-
straßen und besserem, günstigerem öffent-
lichen Nahverkehr weg von der „Autodomi-
nanz hin zur autofreien Mobilität“. Details
will der 18-jährige Gras nun in einem Work-
shop erarbeiten, an dem auch minderjähri-
ge Fridays-for-Future-Aktivisten mitwir-
ken sollen. „Die Jugend ist grad gar nicht
im Stadtrat repräsentiert“, sagt der ange-
hende Informatikstudent. Das müsse sich
dringend ändern. Die Konkurrenzliste der
Jungen Union ändere das nicht: „Die ha-
ben nur einen 18-Jährigen aufgestellt, alle
anderen sind über 30 – das ist nicht mehr
so jung, finde ich.“ Auf der FFK-Liste sind
dagegen elf von 17 Kandidaten zwischen 18
und 20 Jahre alt, die anderen – im Schnitt
Ü 50 – nennt Gras „Ratgeber“.
Bei etablierten Parteien mitzuarbeiten,
war keine Option. Auch die Grünen seien
„zu alt und zu eingesessen“, sagt Gras. „Wir
wären nur irgendwo Lückenfüller auf der
Liste gewesen.“ Die Jugendlichen wollen
die Grünen nun mitziehen – gemeinsam
würde man ohnehin mehr erreichen. Gras
hofft auf mindestens einen Sitz im Kempte-
ner Rathaus. Die Grünen stellen derzeit
sechs Stadträte. Auch sie versprechen ih-
ren Wählern Klimaschutz, besseren ÖPNV
und eine fahrradfreundliche Stadt. Als Kon-
kurrenz sieht Grünen-Stadträtin Erna-Ka-
threin Groll „Future for Kempten“ aber
nicht. Diese Liste spreche Nichtwähler und
junge Leute an, und alle anderen vertrau-
ten beim „Klimaschutz dem Original“.
anna günther, olaf przybilla

von maximilian gerl

München –„Ichhatte mir gewünscht,
dass es eine anschauliche Zahl wird“, sagt
Beatrix Zurek. Eine solche Zahl hat die Lan-
desvorsitzende des Mieterbunds bekom-
men, rund 50 000 Unterschriften hat das
von ihrem Verband mitinitiierte Volksbe-
gehren „Sechs Jahre Mietenstopp“ gesam-
melt. Phase Eins ist damit abgeschlossen.
Phase Zwei soll bald folgen: Diejenigen
zum Unterschreiben zu bewegen, die das
beim ersten Mal noch nicht gemacht ha-
ben. „Man muss erklären, dass das Leid
der einen nicht an der Stadtgrenze der an-
deren haltmacht“, sagt Zurek. Damit steht
allen Unterstützern des Volksbegehrens
der vielleicht schwierigste Teil noch bevor.

Für sechs Jahre sollen Altmieten einge-
froren und Mieter vor Erhöhungen ge-
schützt werden, so lautet ihr Vorschlag.
25 000 Unterschriften waren dazu im ers-
ten Schritt mindestens nötig. In den ver-
gangenen Tagen erhielten die Behörden
die Listen zur Überprüfung. Die meiste Ar-
beit dürfte das Münchner Kreisverwal-
tungsreferat haben, auf Fotos sind sieben
vollgepackte Kisten zu sehen. Nicht zu se-
hen ist das Fragezeichen, das über allem
schwebt: Interessiert das Volksbegehren
die Bayern genug, damit es auch für die
nächsten Hürden reicht?
Gemessen an den reinen Zahlen wirkten
zuletzt andere Volksbegehren erfolgrei-
cher. Zum Beispiel wollten mehr als
100 000 Menschen die Bienen retten. Ähn-
lich viele waren es beim später vom Verfas-
sungsgerichtshof kassierten Begehren ge-
gen den Pflegenotstand. So gesehen wäre

der Mietenstopp doppelt so erfolgreich wie
notwendig – und trotzdem halb so durch-
schlagend wie andere Themen. Die Initiato-
ren widersprechen. Man habe nur knapp
drei Monate lang gesammelt und damit
halb so lang wie das Bienen-Begehren,
sagt Zurek. „Im Grunde sind wir auf Augen-
höhe.“ Viele Stimmen seien im Privaten ge-
worben worden, etwa bei Stammtischen.
„Wenn man sieht, wie beschwerlich das ist,
bin ich mit dem Erreichten sehr zufrie-
den.“ Außerdem habe man nicht länger
warten und die Sache vorantreiben wollen.
Neben dem Mieterbund unterstützen
SPD, Grüne und ÖDP das Begehren, eben-
so Sozialverbände und Gewerkschaften.
Ein breites Bündnis, das viele Menschen er-
reichen kann. Für das Mobilisierungspo-

tenzial spricht auch, dass Wohnen alle an-
geht. 70 000 Wohnungen will die Staatsre-
gierung jährlich bauen, 2018 reichte es nur
für knapp 61 000. Gleichzeitig steigen die
Miet- und Kaufpreise. Laut dem Immobi-
lienportal Immowelt liegt die mittlere An-
gebotsmiete auch in Würzburg, Erlangen,
Regensburg und Ingolstadt inzwischen
über zehn Euro pro Quadratmeter.
Gegen das Mobilisierungspotenzial
spricht das Ergebnis der Landtagswahl


  1. Bei der stand Wohnen ganz oben auf
    der Agenda der SPD. Es folgte ein histori-
    scher Absturz. Ein Zeichen, dass das The-
    ma bei den Menschen nicht verfängt? Par-
    teichefin Natascha Kohnen verneint. Vor
    der Wahl habe sich auch medial viel auf das
    Thema Migration konzentriert. Umfragen


zeigten aber, dass das Thema Wohnen im-
mer wichtiger werde. „Die Hütte brennt“,
sagt Kohnen. Hinter vorgehaltener Hand
verweisen andere in der Partei auch dar-
auf, dass die Landtagswahl nur bedingt als
Gradmesser für das Thema tauge – und
die SPD selbst das Problem gewesen sei.
Mit Bienen kann jeder etwas anfangen.
Begriffe aus der Immobilienwirtschaft
sind da sperriger. Im Gegensatz zu vielen
anderen Begehren zielt der Mietenstopp
zudem auf eine recht spitze Gruppe. Bun-
desweit liegt die Eigentümerquote bei
50 Prozent. Im ländlichen Raum leben
deutlich mehr Menschen im eigenen Haus,
während in Städten bis zu 80 Prozent zur
Miete wohnen. Entsprechend „emotions-
los“ verfolgt der Bayerische Gemeindetag
das Volksbegehren. Die Diskussion um
Miethöhen konzentriere sich eher auf
Großstädte, sagt ein Sprecher. „Wer wirk-
lich Abhilfe schaffen will, muss für mehr
Wohnungsneubau sorgen“, heißt es dazu
vom Verband der Wohnungswirtschaft.
„Regulatorische Eingriffe bringen uns
nicht weiter.“ Gegen Ursachenbekämp-
fung hätten auch die Initiatoren des Volks-
begehrens nichts. Aus ihrer Sicht soll der
Mietenstopp vor allem dem Bund Zeit ver-
schaffen, um mit neuen Initiativen eine
dauerhafte Entspannung auf dem Woh-
nungsmarkt zu erreichen.
Sollten die bisher gesammelten Unter-
schriften reichen und dem Begehren statt-
gegeben werden, könnte es im Frühsom-
mer in die zweite Runde starten. Nötig wä-
ren dann mindestens zehn Prozent der
Wahlbevölkerung, die in die Rathäuser ge-
hen und dort unterschreiben. Zurek ist op-
timistisch. „Die Dinge verweben sich ja im-
mer mehr“, sagt sie und meint Stadt und
Land. Auch Kohnen widerspricht dem Ein-
druck, es handle sich nur um ein Großstadt-
thema: Jeder könne nachvollziehen, was
Wohnungsnot bedeute.

Marquartstein– Auf einen umstrittenen
Beschluss des Oberlandesgerichts Mün-
chen hin hatte im vergangenen November
ein fünfjähriges Mädchen aus dem ober-
bayerischen Marquartstein zu ihrem Vater
nach Hongkong ausreisen müssen. Seit die-
sem Samstag sind die kleine Malena und ih-
re Mutter zumindest vorübergehend wie-
der in Bayern. Ein Hongkonger Gericht,
vor dem der Sorgerechtsstreit zwischen
den Eltern mittlerweile weitergeführt
wird, hat ihnen die Ausreise ermöglicht.
Die Unterstützer der beiden, die per Online-
Petition mehr als 60 000 Unterschriften so-
wie Geld für die Gerichtskosten und für
den Lebensunterhalt in Hongkong gesam-
melt hatten, zeigten sich erleichtert. Das
Mädchen und seine Mutter schwebten nun
nicht mehr in akuter Gefahr, sich mit dem
grassierenden Coronavirus anzustecken,
welches das öffentliche Leben in Hong-
kong in weiten Teilen lahmgelegt hat.
Der Fall Malena hatte nicht nur viele
Menschen im Chiemgau und weit darüber
hinaus aufgewühlt. Denn der Beschluss
des OLG, wonach das Mädchen von ihrer
Mutter unrechtmäßig dem Vater vorenthal-
ten werde und deswegen nach Hongkong
ausreisen müsse, stand in schroffem Ge-
gensatz zur vorherigen Instanz. Er hatte
Ende Januar auch die Abgeordneten im So-
zialausschuss des Bayerischen Landtags
beschäftigt. Auch diese zeigten sich einhel-
lig irritiert, da die Fünfjährige weitaus die
meiste Zeit ihres Lebens in Marquartstein
und nicht in Hongkong verbracht hat. Sie
hat in dem Ort zuletzt auch den Kindergar-
ten besucht, ist dort voll integriert und
spricht sehr viel besser Deutsch als Eng-
lisch oder gar Chinesisch.
Eine Handhabe gegen einen Gerichtsbe-
schluss hatten freilich auch die Landtags-
abgeordneten nicht, zumal das Bundesver-
fassungsgericht eine entsprechende Be-
schwerde der Mutter nicht zur Entschei-
dung angenommen hat. Die Abgeordneten
haben die an sie gerichtete Petition der Un-
terstützer daher an den Bundestag weiter-
gereicht, weil die Parlamentarier dort wo-
möglich über das Auswärtige Amt mehr
Einfluss nehmen könnten. Gelöst ist der
Fall mit der vorübergehenden Rückkehr
von Tochter und Mutter nicht. Die Hong-
konger Justiz beschäftigt sich weiterhin
mit dem Streit und kann jederzeit eine neu-
erliche Ausreise nach Hongkong verlangen
und auch international durchsetzen. kpf


München– Bayern und Frankreich wollen
in den Bereichen Hightech und Künstliche
Intelligenz enger zusammenarbeiten. Da-
für sprachen sich am Samstag Frankreichs
Präsident Emmanuel Macron und Bayerns
Ministerpräsident Markus Söder bei ei-
nem Treffen am Rande der Münchner Si-
cherheitskonferenz aus. „Es war ein sehr
offenes und sehr herzliches Gespräch“, sag-
te Söder danach. Er und Macron seien sich
einig darin, dass neben dem Klimaschutz
auch die Entwicklung neuer Technologien
von besonderer Bedeutung sei. Dies gelte
etwa für den Ausbau bei der Künstlichen
Intelligenz und für den Bereich Cleantech.
Um den bayerisch-französischen Prozess
weiter zu konkretisieren, werde in einem
nächsten Schritt Staatskanzleichef Florian
Herrmann (CSU) nach Paris fahren. dpa

Würzburg– Mit interaktiven Schulungen
will die Polizei in Bayern bei ihren Anwär-
tern das Verständnis für Migranten aus
Afrika fördern. Bei einem „Tag der Inter-
kulturellen Kompetenz“ in Zusammenar-
beit mit dem Afrikazentrum der Universi-
tät Würzburg kommen die angehenden
Beamten der Bereitschaftspolizei in Rollen-
spielen und Diskussionen mit Flüchtlin-
gen und Studierenden aus Afrika zusam-
men, um über gegenseitige Vorbehalte zu
sprechen und Stereotypen zu hinterfra-
gen. Polizeieinsätze liefen mitunter aus
kulturellen Missverständnissen heraus
nicht zufriedenstellend ab, sagte der Leiter
der Ausbildung im Präsidium der Bereit-
schaftspolizei, Gerd Enkling. Interkulturel-
le Kompetenzen würden für angehende Po-
lizisten immer wichtiger. dpa

Den „Mietennotstand“ haben die Initiatoren des Volksbegehrens nicht nur in der
Landeshauptstadt ausgemacht, sondern in ganz Bayern. FOTO: JENNIFER WEESE/DPA

Auf der FFK-Liste sind
elf von 17 Kandidaten
nicht älter als 20 Jahre

Freie for Future


In Erlangen und Kempten treten zur Kommunalwahl neue Gruppen an, die vor allem mehr Klimaschutz im Programm haben


von matthias köpf

A

m Brandschutz gibt es mit Blick
auf einschlägige Unglücke wenig
zu deuteln, und doch sind seine
Vorschriften oft eine Plage. Ganz egal ob
etwa die Gemeinde Piding ihren Sitzungs-
saal im Rathaus zwischenzeitlich nicht
mehr für Ratssitzungen nutzen konnte
oder ob die Tegernseer ihre einstige Klos-
terkirche zugunsten der Schlosskonzerte
schon mit einem weiteren Ausgang
durch den Beichtstuhl versehen wollten:
Meist muss ein zweiter Fluchtweg her.
Wenn es schlecht läuft, und das tut es oft,
klebt bei öffentlichen Gebäuden dann
bald eine Metalltreppe an der Fassade.
Andererseits hätte so eine Treppe an
der rechten Stelle neulich in Weilheim ei-
nem jungen Mann aus Peißenberg einen
waghalsigen Sprung erspart. Das betref-
fende Gebäude war das Weilheimer Amts-
gericht, und man muss anerkennen, dass
die Richterin dort den richtigen Riecher
gehabt hat. Vielleicht war es aber auch
eher eine selbsterfüllende Prophezeiung,
dass sie bei dem Peißenberger eine
Fluchtgefahr erkannt hat, schon weil der
keinen festen Wohnsitz mehr hatte. Aus
diesem Grund verkündete sie dem Delin-
quenten nach ihrem Urteil – zwei Jahre
und zwei Monate wegen diverser Strafta-
ten – auch gleich noch den Haftbefehl
mit sofortiger Wirkung. Der Verurteilte
schien eher auf Bewährung oder zumin-
dest noch auf ein paar freie Tage bis zum
Haftantritt gehofft zu haben, weil in die-
ser gerichtlichen Liga oft erst die Rechts-
kraft des Urteils abgewartet wird. Jetzt je-
denfalls, als ihm der Haftbefehl wegen
Fluchtgefahr eröffnet wurde, machte der
Mann aus der abstrakten Gefahr eine kon-
krete Flucht, sprang aus dem ebenfalls
mit sofortiger Wirkung eröffneten Ge-
richtsfenster und verschwand.
Allerdings kam er nur bis ins drei Kilo-
meter entfernte Polling, wo ihn die Poli-
zei entdeckte. Wo er das blau-graue Trek-
kingrad her hatte, mit dem er unterwegs
war, wird er vielleicht irgendwann wieder
einem Richter erklären müssen, womög-
lich sogar in Weilheim. Dort wollen sie bei
Haftsachen künftig aber ihr Fenster zu-
sperren. Justizvollzugsanstalten wie Sta-
delheim, wo der Mann jetzt erst einmal
einsitzt, gehören baurechtlich übrigens
zu den Sonderbauten und brauchen da-
her ein eigenes Brandschutzkonzept.
Dort ist anstelle von Fluchtwegen aber lie-
ber von Rettungswegen die Rede.


Stadt, Land, Verdruss


Rund50 000 Menschen haben das Volksbegehren „Sechs Jahre Mietenstopp“ unterzeichnet. Das Interesse in den
Ballungsräumen ist groß genug für die erste Hürde. Ob es in ganz Bayern für die nächste Runde reicht, ist offen

Fünfjährige Malena


aus Hongkong zurück


Hightech-Kooperation


mit Frankreich


Polizei schult Anwärter


in Afrika-Kompetenz


Gemessen an den reinen Zahlen
wirkten zuletzt andere
Begehren viel erfolgreicher

FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAND/DPA

Antisemitismus


nimmt weiter zu


Behörden registrieren starken
Anstieg einschlägiger Straftaten

MITTEN IN BAYERN

Zum Fenster,


zur Freiheit!


K


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AHLEN

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DEFGH Nr. 39, Montag, 17. Februar 2020 R13


BAYERN

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