Süddeutsche Zeitung - 17.02.2020

(Marcin) #1
Den Haag –DieNiederländer schauen ge-
rade intensiv nach Deutschland. Die Thü-
ringer Turbulenzen, der Triumph der AfD,
die Krise der CDU: Man fragt besorgt, was
das wohl für die Stabilität des Landes und
Europas bedeuten könnte. Aber auch der
umgekehrte Blick lohnt sich. Die Lage in
Nordbrabant, einer großen Provinz im Sü-
den der Niederlande, liefert ein Spiegelbild
der deutschen Verhältnisse. Eine Konstella-
tion fast wie in Thüringen: Weil Christde-
mokraten (CDA) und Rechtsliberale (VVD)
nicht genug Stimmen haben zum Regie-
ren, erwägen sie ernsthaft, eine Koalition
mit dem ziemlich weit rechts stehenden Fo-
rum für Demokratie (FvD) einzugehen, das
man getrost mit der AfD vergleichen kann.
Das Forum ist keine fünf Jahre alt, doch
extrem erfolgreich; bei den Provinzwahlen
vor einem Jahr gelang ihm mit 16 Prozent
der Stimmen der Durchbruch, es hat inzwi-
schen mehr Mitglieder als alle anderen Par-
teien und könnte bei der landesweiten
Wahl 2021 auf Platz zwei oder drei landen.
Thierry Baudet, Gründer und Vorden-
ker des Forums, gilt als Shootingstar der
niederländischen Politik, an dessen Extra-
vaganz und Provokationen sich die Medien
abarbeiten. Als erklärter Nationalist hasst
er die EU und wettert gegen Migranten,
wünscht, dass Europa „überwiegend
weiß“ bleibt, pflegt Umgang mit Identitä-
ren und liefert immer wieder Anlässe, ihm
zumindest heimlichen Rassismus vorzu-
werfen. Der jüngste war ein Twitter-Un-
fall: Zwei „liebe Freundinnen“ von ihm sei-
en von vier „Marokkanern“ im Zug beläs-
tigt worden, schrieb er empört. Die „kind-
lich naiven“ Niederländer sollten für seine
Partei stimmen, um das Land zu retten.
Wie sich herausstellte, waren die „Marok-
kaner“ schlicht Zugkontrolleure, und Bau-
dets „Freundinnen“ hatten ihre Tickets
nicht zeigen wollen. Baudet musste sich
entschuldigen, er habe voreilig und über-
trieben reagiert.
Vor diesem Hintergrund führte die
Nachricht, dass in Brabant Koalitionsver-
handlungen mit dem FvD aufgenommen
wurden, zu Stirnrunzeln in den Parteizen-
tralen. Weniger bei den pragmatischen
Rechtsliberalen: Sie haben auf lokaler Ebe-
ne hin und wieder mit Rechtspopulisten ko-
operiert. Und landesweit war es ihr prag-
matischer Ministerpräsident Mark Rutte,
der 2010 seine Minderheitsregierung von
einer „Duldung“ durch den Islamfeind
Geert Wilders abhängig machte. Wilders

stieg nach zwei Jahren aus. Das Experi-
ment gilt heute als „Sündenfall“, der sich
nicht wiederholen solle.
Die Christdemokraten wären damals
fast zerbrochen an der Frage, ob man mit je-
mandem wie Wilders zusammenarbeiten
darf. Deshalb regt sich in ihren Reihen nun
Widerstand gegen eine Koalition mit dem
Forum. Man dürfe nicht „normalisieren“,

was Baudet sage und twittere, warnte der
frühere Brabanter CDA-Vorsitzende Wil
van der Kruijs. Dieser benutze eine „rassis-
tische Sprache“. Der ehemalige CDA-Abge-
ordnete Ad Koppejan, der sich 2010 schon
gegen Wilders gestemmt hatte, nennt es
„ziemlich schmerzhaft“, dass man aus dem
missglückten Flirt mit rechts so wenig ge-
lernt habe. Die Christdemokraten stünden
für eine Reihe von Werten, nicht zuletzt Re-
spekt füreinander. „Wie kann man dann
mit einer Partei (wie dem FvD) zusammen-
arbeiten, die Marokkaner ausgrenzt, die
Immigranten ausgrenzt, die ganze Teile
der Gesellschaft ausgrenzt?“
Aber es gibt auch andere Stimmen. Das
sei Sache der Brabanter, sagte ein hoher
CDA-Funktionär der ZeitungVolkskrant.
Nicht alle Wähler des Forums seien Rassis-

ten oder Baudet-Fans, man dürfe Protest-
parteien nicht von vornherein ausschlie-
ßen. Durch eine Einbindung des Forums
lasse sich womöglich zeigen, wie wenig es
zu bieten habe. Und irgendwie müsse die
Provinz ja regiert werden. Andere meinen,
man dürfe Baudets Twitterei nicht so ernst
nehmen.
Der CDA hat auch ein inhaltliches Motiv,
das Forum ins Boot zu holen. Nordbrabant
hat die höchste Schweinedichte Europas,
was zu stark überhöhten Stickstoffeinträ-
gen auf den Böden führt. Die Zahl der Tiere
müsste dringend gesenkt werden, was vie-
le Bauern nicht mitmachen wollen. Die
Christdemokraten, die sich als Vertreter
der Landwirte verstehen, hatten aus Pro-
test gegen geplante scharfe Umweltmaß-
nahmen im vergangenen Jahr eine Mitte-
links-Koalition in Brabant verlassen. Das
Forum wäre umweltpolitisch ein angeneh-
merer Partner für sie: Das Stickstoffpro-
blem, das die Niederlande seit Monaten
umtreibt und die Regierung zur Einfüh-
rung von Tempo 100 auf Autobahnen
zwang, ist nach Ansicht Baudets gar kein
Problem, sondern eine Erfindung der
Linksliberalen.
Während die CDA-Führung schweigt
und den Brabantern freien Lauf lässt,
bringt sich Baudet in Stellung: Das Forum
sei eine „ernsthafte Regierungspartei“, es
wolle zeigen, dass es bereit sei, Verantwor-
tung zu tragen. thomas kirchner

New York– DieZeiten, in denen Michael
Bloomberg belächelt wurde für sein Vorha-
ben, als demokratischer Präsidentschafts-
kandidat im November gegen Donald
Trump anzutreten, sind vorbei. In den
jüngsten Umfragen liegt er an dritter Stelle
unter den demokratischen Bewerbern, ob-
wohl er bisher an keiner Debatte teilge-
nommen hat und auf die Vorwahlen in Io-
wa und in New Hampshire verzichtete. In
Florida führt er die Umfragen sogar an.
Das liegt daran, dass der Milliardär
Bloomberg Unmengen an Geld in seine
Kampagne pumpt. Mehrere amerikani-
sche Medien gehen davon aus, dass er bis-
her 300 Millionen Dollar investiert hat. Da-
mit kauft er sich zum einen Werbung. Auf
Youtube, auf Facebook, im Fernsehen lau-
fen seine Spots rauf und runter. Zum ande-
ren heuert Bloomberg massenhaft erfahre-
nes Wahlkampfpersonal an – er zahlt bes-
ser als die Konkurrenten. Kürzlich hat er so-
gar im entlegenen Maine ein Büro eröff-
net, in dem 20 Festangestellte und Dutzen-
de Freiwillige arbeiten.
Die 300 Millionen Dollar, die er bisher
ausgegeben hat, sind dabei nur der An-
fang. Seine Ressourcen sind schier uner-
schöpflich. LautForbesbesitzt er mehr als
54 Milliarden Dollar, und er ist bereit, ei-
nen nennenswerten Teil dieses Vermögens
in den Kampf gegen Präsident Trump zu in-
vestieren. Als er seine Kandidatur im ver-
gangenen Jahr verkündete, schrieb er auf
Twitter: „Donald Trump zu besiegen – und
Amerika wieder aufzubauen – ist der dring-
lichste und wichtigste Kampf unseres Le-
bens. Und ich setze alles. Ich biete mich
selbst als Macher und Problemlöser an.“
Viele Demokraten waren sich zunächst
nicht sicher, ob sie mit dem 78 Jahre alten
New Yorker Milliardär Bloomberg in den
Wahlkampf gegen den 73 Jahre alten New
Yorker Milliardär Trump ziehen wollten.
Und die Mehrheit der Partei ist den Umfra-
gen zufolge immer noch skeptisch, ob das
so eine gute Idee ist. Doch Bloombergs
Kampagne gewinnt an Momentum. Jeden
Tag laufen seine Spots, jeden Tag wird er
bekannter im Land. Dazu kommt, dass er
mittlerweile die Aufmerksamkeit des Prä-
sidenten auf sich gezogen hat.
Trump verhöhnt Bloomberg auf Twitter
fortwährend als „Mini Mike“ und schreibt
wieder und wieder, sein potenzieller Geg-
ner sei lediglich 1,60 Meter groß. Bloom-
berg ist in der Tat kein Riese, aber er ist im-
merhin 1,70 Meter groß. Dass Trump nun

so viel über Bloomberg twittert und diesen
mit einem Spitznamen bedacht hat, bedeu-
tet, dass er ihn ernst nimmt. Er hat verstan-
den, dass dieser Kandidat ihm gefährlich
werden könnte.
In der vergangenen Woche beschrieb
Trump seinen Rivalen als „Masse an toter
Energie“. In der Regel antworten die Opfer
von Trumps Kanonaden nicht, weil sie sich
nicht auf das Niveau des Präsidenten bege-
ben wollen und weil unter den Demokra-
ten der Eindruck herrscht, dass man die-
ses Spiel gegen Trump nur verlieren kann.
Er rudert bekanntlich nie zurück und legt
immer noch mal nach. Bloomberg aber
nahm die Vorlage umgehend auf.

Ebenfalls auf Twitter verbreitete er,
dass er und Trump viele gemeinsame Be-
kannte in New York hätten, und dass diese
alle hinter dessen Rücken über ihn lachen
und ihn einen Clown nennen würden. Das
war keine subtile Attacke, aber eine
schlaue, denn dass die New Yorker Society
ihn nicht ernst nimmt, ärgert Trump seit je-
her. Bloomberg fuhr fort, indem er anmerk-
te, Trump habe ein Vermögen geerbt und
durch dumme Deals verschleudert. Ein
weiterer wunder Punkt des Präsidenten,
der sich gern als den größten Dealmaker
des Planeten präsentiert. Außerdem eine
Erinnerung daran, dass er, Bloomberg,
viel, viel reicher ist als der Präsident.
In den kommenden Wochen wird
Bloomberg weitaus mehr Aufmerksam-
keit zuteil werden als bisher. Dabei wird im-
mer wieder Thema sein, dass er sich in der
Vergangenheit herablassend gegenüber
Frauen geäußert hat und dass in seiner
Zeit als New Yorker Bürgermeister beson-
ders Angehörige von Minderheiten wahl-
los von der Polizei durchsucht wurden.
Nicht zuletzt werden viele Demokraten
sich fragen müssen, ob sie sich hinter ei-
nem Mann versammeln wollen, der vor
nicht allzu langer Zeit noch erklärter Repu-
blikaner war. christian zaschke

von nadia pantel

Paris –Je näher die Kommunalwahlen in
Frankreich rückten, desto geringer schie-
nen die Chancen für einen Triumph der Ma-
cron-Partei La République en Marche
(LREM) zu sein. Der Bewegung, die 2017
Emmanuel Macron ins Präsidentenamt
trug, gelingt es nicht, jenseits der Großstäd-
te Unterstützer oder gar Anhänger zu ge-
winnen. Die Gelbwestenbewegung und die
Proteste gegen die Rentenreform schwäch-
ten die Partei zusätzlich. Doch genau vier
Wochen bevor in ganz Frankreich neue Bür-
germeister gewählt werden, hat sich die Ah-
nung einer Krise in eine sichtbare Vollka-
tastrophe verwandelt: LREM steht in Paris
ein ganzes Wochenende lang ohne Kandi-
daten oder Kandidatin da. Ausgerechnet in
der Hauptstadt, wo Macron und sein Team
die solideste Wählerbasis hatten, hat sich
die Kampagne zum Fiasko entwickelt.
Am Freitag tritt Benjamin Griveaux als
Bürgermeisterkandidat zurück. Griveaux
gehört zu der kleinen Gruppe Männer, die
zu Macrons Vertrauten der ersten Stunde
zählen. Sein Scheitern ist größer als die Fra-
ge, wer ins Pariser Rathaus einzieht, es
trifft das Zentrum des Systems Macron.
Als Griveaux vor die Presse tritt, erstickt
ihm die Stimme. Nach den „schändlichen
Angriffen“ auf seine Person habe er „sich
entschieden, seine Kandidatur zurückzu-
ziehen“. Zwei Abende zuvor waren auf der
Webseiteporno politiqueprivate Textnach-
richten und ein Video veröffentlicht wor-
den, die angeblich von Griveaux an eine
junge Frau geschickt worden waren. Grive-
aux äußerte sich bisher nicht über die Echt-
heit des Videos, das einen Mann zeigt, der
sich selbst befriedigt. Am Samstag erstatte-
te der Politiker Anzeige wegen „Verletzung
der Intimsphäre“.

Der Urheber der Seiteporno politiqueist
der russische Künstler Pjotr Pawlenskij,
dem seit 2017 in Frankreich politisches
Asyl gewährt wird. Pawlenskij war in Russ-
land als Kritiker des Regimes von Wladi-
mir Putin bekannt geworden und hatte mit
spektakulären Aktionen auf sich aufmerk-
sam gemacht, bei denen er sich regelmä-
ßig selbst verletzte. So nähte er sich aus
Protest gegen die russische Politik den
Mund zu, wickelte sich nackt in Stachel-
draht ein und schnitt sich ein Ohrläppchen
ab. Zu seinen ersten Aktionen in Frank-
reich gehörte es, die Tür einer Bankfiliale
in Paris in Brand zu setzen. Er wurde dafür
zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
Seinen Eingriff in den Pariser Wahl-
kampf begründete Pawlenskij am Freitag
auf einer Pressekonferenz im Büro seines
Anwalts damit, dass er die „Heuchelei“ von
Griveaux anprangern wolle. Dieser habe
„seine Familie instrumentalisiert, um sich

als Ikone aller Väter und Ehemänner von
Paris zu präsentieren“. Griveaux mache
„Propaganda für die traditionellen Famili-
enwerte“, lebe aber selbst „das Gegenteil“.
Der 35 Jahre alte Künstler bezeichnetpor-
no politiqueals sein „französisches Pro-
jekt“, das gerade erst am Anfang stehe.
Am Samstag wurden Pawlenskij und
auch dessen Lebensgefährtin festgenom-
men. Gegen den Künstler wird seit Januar
ermittelt, da er auf einer Silvesterparty
zwei Menschen mit einem Messer verletzt
haben soll. Lokale Medien spekulieren zu-
dem, dass Pawlenskijs Lebensgefährtin, ei-
ne Pariser Jurastudentin, die Empfängerin
der mutmaßlich von Griveaux verschick-
ten Nachrichten sexuellen Inhalts sein soll.
Der Angriff auf Griveaux wurde von Poli-
tikern aller Parteien verurteilt. In der aktu-

ellen „Schlammschlacht“, so bezeichnete
Griveaux die Affäre, sehen viele auch ein
Symbol für eine neue Dimension der Feind-
seligkeit gegenüber Politikern. Tatsäch-
lich gab es in Frankreich über Jahrzehnte
eine große Toleranz für die privaten Eska-
paden von Politikern. Der frühere Präsi-
dent François Mitterrand ließ sogar auf
Staatskosten zwei Haushalte führen – ei-
nen für sich und seine Ehefrau, einen für
seine inoffizielle Zweitfamilie – ohne dass
daraus ein größerer Skandal wurde.
Nach Griveaux’ Rücktritt suchte LREM
das Wochenende über im Schnellverfah-
ren nach einem neuen Kandidaten für das
Pariser Rathaus. Am Sonntagabend steht
der Name schließlich fest: Gesundheitsmi-
nisterin Agnès Buzyn soll die Lücke füllen,
die Griveaux hinterlässt. Macron persön-

lich soll sie davon überzeugt haben, die Auf-
gabe zu übernehmen. „Ich trete an, um zu
gewinnen“, sagte Buzyn der Nachrichten-
agentur AFP. Doch ein LREM-Erfolg in Pa-
ris gilt als unwahrscheinlich.
Noch bevor er über Pawlenskijs Attacke
stolperte, rangierte Griveaux in Umfragen
auf Platz drei. Die besten Chancen werden
Bürgermeisterin Anne Hidalgo vorausge-
sagt, danach folgt die frühere Justizminis-
terin Rachida Dati. Griveaux’ geringer Er-
folg hängt auch mit dem Chaos innerhalb
der LREM-Fraktion zusammen. Der Partei
war es nicht gelungen, sich auf einen Kan-
didaten zu einigen. Der beliebte LREM-Ab-
geordnete und weltbekannte Mathemati-
ker Cédric Villani will ebenfalls Bürger-
meister werden – und weigerte sich, seine
Kandidatur zugunsten Griveaux’ aufzuge-

ben. Mit der Folge, dass die beiden Männer
einander die Kampagnen torpedierten.
In der panischen Kandidatensuche nä-
hert sich LREM nun wieder Villani an. Am
Samstag traf sich Parteichef Stanislas Gue-
rini mit ihm. Einfach dürfte eine Versöh-
nung nicht werden. Im Januar war Villani
aus der Partei ausgeschlossen worden. Teil
der LREM-Fraktion im Parlament bleibt er
aber. Zu groß ist die Angst, dass Villani eine
eigene Fraktion bilden und die Macron-Ab-
geordneten weiter schwächen könnte. Seit
ihrem Einzug ins Parlament ist aus der Par-
tei des Präsidenten alle zwei Monate ein
Mitglied ausgetreten. Gerade der linke Flü-
gel wird schwächer. Macron ist als Kandi-
dat der Mitte angetreten, doch für viele sei-
ner enttäuschten Ex-Anhänger verkörpert
er inzwischen eine konservative Politik.

So beschaulich wäre es in Nordbrabant, dächten dort nicht Christdemokraten und
Rechtsliberaleübereine Koalition mit dem Forum für Demokratie nach. FOTO: IMAGO

Flirt mit der Rechten


In Nordbrabant wollen die Christdemokraten gerne mit den Nationalisten paktieren


Bloombergs Aufstieg


Kandidatur desMilliardärs bei Demokraten nimmt Fahrt auf


Von der Krise in die Vollkatastrophe


Ein Vertrauter des französischen Präsidenten tritt wegen eines Sexvideos als Bürgermeisterkandidat für Paris zurück. Das Scheitern von
Benjamin Griveaux ist größer als die Frage, wer ins Rathaus der Hauptstadt einzieht – es trifft ins Zentrum des Systems Macron

Michael Bloomberg,
78, hat auf die bishe-
rigen Vorwahlen
verzichtet und liegt
trotzdem in Umfra-
gen auf Platz drei bei
den Demokraten. Mit
viel Geld will er
Trump schlagen.
FOTO: GO NAKAMURA/REUTERS

Die CDA-Führung schweigt
zu dem Ansinnen, doch es regt
sich Widerstand in der Partei

Brüssel –Wenige Tage vor einem Son-
dergipfel zum EU-Haushalt ist der lang
erwartete Kompromissvorschlag von
Ratspräsident Charles Michel auf breite
Kritik gestoßen. Ablehnung kam so-
wohl aus dem Europaparlament wie
von Diplomaten verschiedener Mitglied-
staaten. Am Donnerstag kommen die
Staats- und Regierungschefs der 27EU-
Staaten in Brüssel zusammen, um über
den Finanzrahmen der Jahre 2021 bis
2027 zu beraten. Frankreichs Präsident
Emmanuel Macron kritisierte, dass
einige Staaten den Haushalt auf ein
Prozent der Wirtschaftsleistung begren-
zen wollen. Ratspräsident Michel hatte
am Freitag einen mehrjährigen Finanz-
rahmen vorgelegt, der 1,0948 Billionen
Euro für 2021 bis 2027 vorsieht. Dafür
sollten die EU-Staaten 1,074 Prozent
ihrer Wirtschaftsleistung in die EU-Kas-
se einzahlen. Das Parlament hatte wie-
derholt 1,3 Prozent verlangt. dpa


Bagdad –Die irakische Hauptstadt
Bagdad ist in der Nacht auf Sonntag von
mehreren Explosionen erschüttert wor-
den. Nach Angaben des US-Militärs
schlugen mehrere Raketen in der soge-
nannten Grünen Zone ein, in der sich
das Regierungsviertel und zahlreiche
ausländische Botschaften befinden.
„Keine Opfer, Untersuchung dauert an“,
twitterte ein US-Militärsprecher. Iraki-
sche Sicherheitsbehörden teilten mit,
drei oder vier Raketen seien im Regie-
rungsviertel niedergegangen. Eine da-
von habe ein Gebäude der Volksmobili-
sierungseinheiten von Al-Hadsch al-
Schaabi getroffen und beschädigt. Zu-
nächst bekannte sich niemand zu dem
Angriff. Ende Januar war das Gelände
der US-Botschaft in der Grünen Zone
von Raketen getroffen worden. Dabei
wurden drei Menschen verletzt.dpa


Sanaa –Bei Luftangriffen in Nordje-
men sind nach UN-Angaben mehr als
30 Zivilisten getötet worden. Mindes-
tens zwölf seien am Samstag in der
Provinz Al-Dschauf verletzt worden.
Die Huthi-Rebellen warfen dem von
Saudi-Arabien geführten Militärbünd-
nis vor, für den Abschuss eines Kampf-
jets Vergeltung geübt und dabei Un-
schuldige getötet zu haben. Ein saudi-
scher Militärsprecher sagte, man prüfe
„mögliche Kollateralschäden“ bei einer
Rettungsoperation nach dem Abschuss
der Maschine. Der Jemen-Konflikt
begann 2014 mit der Einnahme Sanaas
durch die Huthi-Rebellen. Dabei wurde
die international anerkannte Regierung
von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi
vertrieben. Seit März 2015 bekämpft
eine von Saudi-Arabien befehligte Koali-
tion die Huthis, um der Hadi-Führung
wieder zur Macht zu verhelfen. Vor
allem Zivilisten leiden unter dem Kon-
flikt, Tausende Menschen starben. Be-
obachter sprechen von der größten
humanitären Krise der Welt. ap


München –Bei seiner alljährlichen
Rede zur Lage der Nation hat Ungarns
Premierminister Viktor Orbán(FOTO:
REUTERS)weitere Maßnahmen angekün-
digt, um die Geburtenrate im Land zu
steigern. Zugleich pries er die Erfolge
seiner Familienpolitik, die etwa dazu
geführt hätten, dass die Zahl der Ehe-
schließungen auf einem Rekordhoch sei
und es so wenige Scheidungen wie nie
zuvor gebe. Er kündigte zudem an,


gegen Umweltverschmutzung vorzuge-
hen. Eröffnet hatte er seine Rede mit
Verweisen auf den Vertrag von Trianon,
mit dem Ungarn vor 100 Jahren etwa
zwei Drittel seines Staatsgebiets verlor.
„Ich glaube an ein Heimatland“, sagte er
mit Blick auf die Ungarn, die heute in
Nachbarländern leben. Wie schon oft
zuvor attackierte er den Milliardär
George Soros und warf ihm vor, er habe
mehrmals versucht, das Land zu „plün-
dern“. Zudem griff Orbán die „erschöpf-
ten Brüsseler Eliten“ an und sagte: „Frü-
her dachten wir, Europa sei unsere Zu-
kunft. Heute wissen wir, dass wir Euro-
pas Zukunft sind.“ toz Seite 4


Kapstadt –Der Südafrikanische Kir-
chenrat hat Alt-Präsident Frederik Wil-
lem de Klerk aufgefordert, die Rassen-
trennung als „Verbrechen gegen die
Menschlichkeit“ anzuerkennen. Für
seine wiederholte Weigerung, die Apart-
heid im Einklang mit einer UN-Resoluti-
on als Verbrechen zu deklarieren, müs-
se sich der letzte Apartheid-Präsident
entschuldigen, sagte der Generalsekre-
tär des Kirchenrats, Bischof Malusi
Mpumlwana. Er bezeichnete die Rassen-
trennung als ernste Sünde, die die
schwarze Mehrheit als „Untermen-
schen“ behandelt und ihrer Grundrech-
te beraubt habe. Dies zu leugnen, sei
eine „Beleidigung von Millionen Süd-
afrikanern“. kna


Benjamin Griveaux, bisher Kandidat von La République en Marche für das Bürgermeisteramt in Paris, hat inzwischen Anzeige wegen der „Verletzung der Intimsphäre“
gestellt. FOTO: JOEL SAGET/AFP

Das kompromittierende Material
wurde von einem russischen
Künstler im Internet veröffentlicht

DEFGH Nr. 39, Montag, 17. Februar 2020 (^) POLITIK HMG 7
Kritik an EU-Haushaltsplan
Raketen auf Bagdad
Viele Tote nach Luftangriffen
Orbán attackiert Brüssel
Entschuldigung gefordert
AUSLAND

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