Berliner Zeitung - 17.02.2020

(coco) #1

Kai-HinrichRennerüberdieungewisseZukunftdesSpringer-Verlags– Seite 3


http://www.berliner-zeitung.de

Montag,17. Februar 2020 Nr.40HA-76. Jahrgang
Auswärts/D*: 1.70€–Berlin/Brandenburg: 1.60 €

Bedeckter Himmel
Wetter Seite 2

7°/12°


Unionliefertseinbestes


Spiel–undverliert


Sport Seite 19


ImmermehrEltern


klagenaufKita-Plätze


Kommentar Seite 6, Berlin Seite 9


DieneuenBerlinale-Chefs


überdieStadtunddieStars


Feuilleton Seite 13


Waffenembargo


fürLibyen


„istein Witz“


UN-Beauftragtekritisiert
erfolgloseBemühungen

V


ierWochennachdemBerliner
Libyen-Gipfel haben sich die
Teilnehmerstaaten trotz massiver
VerstößegegenihreBeschlüssenoch
einmaldazubekannt, die Einmi-
schungindenKonfliktbeendenzu
wollen.BeieinemAußenminister-
treffenamRandederMünchnerSi-
cherheitskonferenz betonten die
zwölfvertretenenLänderunddrei
internationalenOrganisationendas
Ziel, das seit 2011 bestehende UN-
Waffenembargovollständig umzu-
setzen.
Dies ist bisher nicht gelungen:
DieVereintenNationen beklagten
am Sonntag, dass mehrereTeilneh-
merstaatenmitderEntsendungvon
Kämpfernund der Lieferungvon
WaffengegendasBerlinerGipfeldo-
kumentverstoßen hätten.General-
sekretär AntžnioGuterres hattevor
kurzemausdrücklichdieVereinigten
ArabischenEmirate (VAE),Ägypten,
Russland und die Türkei genannt
undvoneinemSkandalgesprochen.
StephanieWilliams,einederstell-
vertretenden UN-Sonderbeauftrag-
ten, die ebenfalls an demTreffen in
München teilnahm, erklärte,dass
die Situation vorOrt„zutiefst beun-
ruhigend bleibt“. DerWaffenstill-
stand„hängt nur an einemFaden“.
Es seien „HundertevonVerstößen
gemeldet“worden:„DasWaffenem-
bargo ist zu einemWitz geworden“,
sagte Williams auf einerPressekon-
ferenzlautBloomber g.
Bundesaußenminister Heiko
Maas (SPD) will allerdings den in
Berlin eingeschlagenenWegtrotz-
demfortsetzen.Maassagtelautdpa,
dass dies kein einfacherWegwerde.
Er ve rwies aber auch darauf, dass
sich vorwenigen Tagen der UN-Si-
cherheitsrat hinter die Beschlüsse
gestellt habe: „Das ist ein großer
Fortschrittgewesen,denwirinNew
:orkerzielthaben.“
DieEUh atunteranderemwegen
der Flüchtlingsbewegungen von
AfrikaüberdasMittelmeernachEu-
ropaein InteresseanderLösungdes
KonfliktsinLibyen,dasalswichtigs-
tesTransferlandgilt.Derzeitwerden
FlüchtlingeingroßerZahlinLagern
in Lib yenfestgehalten, meist unter
menschenunwürdigen Bedingun-
gen und unter extremen Risiken für
die persönlicheSicherhe it derB e-
troffenen. (BLZ)TagesthemaSeite

Investor


zwischen den


Welten


VonMichaelMaier

D


er deutsch-amerikanischeIn-
vestorPeterThielgibtseltenIn-
terviews,schongarnichtzuseinen
geschäftlichenPlänen.Ersprichtal-
lenfallsallgemeinüberTrendsund
manchmal über seine politischen
Vorlieben.SosorgteThielimUS-
WahlkampffürFurore,alsersichals
AnhängervonDonaldTrumpzuer-
kennengab.DerAuftrittgeschahzu
einemZeitpunkt,
alsdie Technolo-
gie-Szene inSili-
conValley geeint
war in ihrerAb-
lehnung von
Trump.
Thiels Wette
ging allerdings
auf.Undsok ann
sich seineTech-
nologie-Firma
Palantir darüber
freuen, imWettstreit mit Google,
Apple und Amazon um die lukrati-
venGroßaufträgedesPentagonund
alleranderenUS-Ministerienmitzu-
bieten. Thiels früheUnterstützung
für den Präsidenten wirdihm nicht
geschadethaben.
AberauchindasLandseinerVor-
fahren,nachDeutschland,unterhält
Thiel vielfältigeBeziehungen.Erst
dieser Tage hat die Plattform
heise.de enthüllt, dass die schwarz-
grüne Landesregierung inHessen
das höchst fragwürdige 5berwa-
chungsinstrument desStaatstroja-
nerseinführenmöchte.Beidermas-
senhaftenAuswertungderDatender
Bürger kommt mit der Analysesoft-
ware„Hessendata“aucheinProdukt
vonPalantirzumEinsatz.Thielhatte
immerschoneinensicherenInstinkt
fürInternet-Unternehmen.AnFace-
book und PayPal glaubte der in
FrankfurtamM ain geborene Thiel
bereitszueinemZeitpunkt,datradi-
tionelle Risiko-Kapitalgeber noch
nicht einmal dieNamen der späte-
renMilliarden-Konzernekannten.
ThielwarsiebenJahrealt,alssein
VaterindieUSAauswanderte.Thiel
studiertePhilosophie undJura,un-
teranderemanderElite-Universität
Stanford. NacheinerkurzenZeitbei
derbekanntenAnwaltskanzleiSulli-
vanFCromwell LLP wurde erDeri-
vate-Händler bei derCredit Suisse.
Seither mischt er mit seinerInvest-
ment-Firma ThielCapital Manage-
mentauchdieBankenauf.Gemein-
sammitdemHongkongerMilliardär
Li Ka-shing und dem chinesischen
Technologieriesen Tencent finan-
zierte Thiel die deutscheOnline-
Bank N26, die in kürzester Zeit fünf
MillionenNutzerangezogenhat.
MitN26 muss Thiel nunzeigen,
dass seine jungen Unternehmen
auchimpolitischenSturmbestehen
können. N26 hat nach demBrexit
keine Lizenz mehr,uminG roßbri-
tannienzuoperieren.DieBritenha-
ben ihrenMarktfür ausländische
Konkurrenten dichtgemacht–eine
protektionistischeMaßnahme ganz
imSinnedesThiel-FreundesDonald
Trumpist.AuchwennesThieldies-
malnichtgefallendürfte.


Digital-Stratege


Peter Thiel,
geschickterTaktiker und
Trump-Unterstützer.


VonChristine Dankbar

N


ach elf Tagen Stillstand
beginnen an diesem
Montag in Erfurterste
Gespräche,uma uszulo-
ten,wieThüringenausseinerRegie-
rungskrise herausfindet.Dazu tref-
fensichamNachmittagVertreterder
Linken,derSPDundderGrünenmit
CDU-AbgeordnetenineinerArbeits-
gruppe .Dabei wirdesv or allem
darumgehen,obsichzumindestei-
nige der CDU-Abgeordneten dazu
bereiterklären, denKandidaten der
Linken und bisherigenMinisterprä-
sidentenBodo Ramelowime rsten
Wahlgangmitzuwählen.
AmSonntagwarendieBeteiligten
sichtlich umSignale derDeeskala-
tion bemüht.So erklärteBodo Ra-
melow,dassesbeidemTreffennicht
darum gehe,wer als Gewinner oder
alsVerlierer vomPlatzgehe.Erh offe,
„dass es gelingt,Verabredungen mit
der CDU zu treffen, so dass die be-
ginnendeStaatskrise möglichst ab-
gewendet wird“. Thüringens CDU-
GeneralsekretärRaymondWalkwie-
derum bestätigte,dass es bei dem
Termin am Montag bleibe–unge-
achtet der personellenTurbulenzen
inseinerPartei.
DerEklatvonErfurthatvorallem
dieCDUineineKrisegestürzt.Seit-
demam5.FebruarderFDP-Politiker
ThomasKemmerich mit denStim-
men vonAfD und CDU zumMinis-
terpräsidenten gewählt wurde,
kommtdieParteinichtzurRuhe.Die
CDU-Bundesvorsitzende Annegret
Kramp-Karrenbauer und –zuvor
nochdeutlicher–derGeneralsekre-
tär Paul Ziemiak hatten scharfe Kri-
tikanderCDU-Landtagsfraktionge-
übt. In der Partei gibt es einenBe-
schluss,der die Zusammenarbeit
mitderAfDundauchmitderLinken

kategorischausschließt.Kramp-Kar-
renbauerwarnachErfurtgereist,um
ihreParteikollegen dazu zu bewe-
gen,Neuwahlenzuzustimmen.Dort
zeigtemansichaberauchnachstun-
denlangenGesprächen mit derPar-
teichefinwenigbereit,denVorgaben
ausder Zentralezufolgen.IhrMiss-
erfolg in Erfurtbewog Annegret
Kramp-Karrenbauer amverg ange-
nen Montag zum Rückzug.Siegab
ihren Anspruch auf,Kanzlerkandi-
datin zuwerden, und erklärte den
VerzichtaufdenParteivorsitz.

Am Sonntag wollte aus derBun-
desparteiniemandzudenanstehen-
den Gesprächen inErfurtStellung
beziehen.Eine Parteisprecherin er-
klärte ,dass die Haltung der CDU-
Spitzezud iesemThemabekanntsei.
„Es muss nun darum gehen, eine
vernünftigeLösungfürThüringenzu
finden“,sagtesie.
Wiediese vernünftige Lösung
konkret aussehen könnte,ist noch
unklar.Wahrscheinlich scheint,
dass es im Thüringer Landtag zu-
nächst darum gehen wird, eine
5bergangsregierungzuwählen,die
dieGeschäfteführt,bisNeuwahlen
stattfindenkönnen.DadieAmtszeit
aller Minister mit derNeuwahl des
Ministerpräsidenten endete,regie-
reninThüringendefactodieStaats-

sekretär edervorangegangenenrot-
rot-grünen Landesregierung. Der
FDP-Politiker ThomasKemmerich,
hatte nachDruck aus derBundes-
partei seinen Rücktritt angekün-
digt.Ursprünglichwollteerwenigs-
tensbiszuNeuwahlenimAmtblei-
ben, hatte dann aber eine sofortige
Rücktrittserklärung nachgescho-
ben und war schließlich abge-
taucht.AmvergangenenFreitagwa-
rendie PlätzeThüringens imBun-
desratleergeblieben.
Wann diesesZwischenspiel en-

det,istnochunklar.Dienächstetur-
nusmäßigeSitzungdes Landtags ist
erst für Anfang Märzangesetzt. Am
kommendenDienstagtagtderÄltes-
tenrat. DasGremium könnte sich
unterUmständenfüreineSondersit-
zung aussprechen, die früher statt-
finden könnte und auf der nach ei-
nemMisstrauensvotumgegenKem-
merich ein neuerMinisterpräsident
gewähltwird.
Ob dies eintritt, hängtvomVer-
lauf desGespräches zwischen den
Fraktionen an diesemMontag ab.
Ramelowsagte bereits zu, er sei be-
reit,sichmitderCDUaufAufgaben
wiedenLandesetatfür2021oderein
Investitionsprogramm für dieKom-
munen zuverständigen. „Ich wün-
sche mir,dass wir so vielVertrauen

„Ich wünsche mir,dass wir so viel


Vertrauen herstellen, dass derZustand einer


Ein-Personen-Regierung inThüringen nicht


noch ein halbesJahr andauert.“


Bodo Ramelow,Linken-Politiker und Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten,vor
den Verhandlungen mit der CDU über ein Ende der Regierungskrise in Thüringen

herstellen, dass derZustand einer
Ein-Personen-Regierung in Thürin-
gen nicht noch ein halbesJahr an-
dauert“,sagteer.
Nach der Thüringer Landesver-
fassunggibtesverschiedeneWegezu
Neuwahlen,fürdieunterschiedliche
Mehrheiten notwendig sind. So
könnteKemmerich–derverpflichtet
ist,dieAmtsgeschäftezuführen,bis
es einen Amtsnachfolger gibt–die
Vertrauensfrage stellen.Um ihn so
abzuwählen, reicht die einfache
Mehrheit derStimmen im Landtag.
Wollten dieFraktionenvonsich aus
den Landtag auflösen, müssten sie
dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit
aufbringen.DieLinkeverfügtaktuell
über29 Stimmen,dieAfDhat22,die
CDU 21, die SPD8und Grüne und
FDP jeweils 5. Eine vorgez ogene
Neuwahlmussinnerhalbvon70Ta-
genstattfinden.
SowohlCDUalsauchFDPmüss-
ten nach derzeitigen Prognosen mit
Stimmeneinbußen rechnen. Die
CDUwürdemehralssechsProz ent-
punkteverlieren,dieFDPwärekünf-
tignichtmehrimLandtagvertreten.
BeideParteienverzeichneteninden
letztenTagenauchzahlreichePartei-
austritte .DeutlicheZuwächsekönn-
tenLinkeundAfDerwarten.
Tausen de Menschen hatten am
SonnabendinErfurtgegendieWahl
eines Ministerpräsidenten mit den
Stimmen der AfD protestiert.Red-
ner kritisierten während einer
KundgebungaufdemDomplatzdas
VorgehenvonCDUundFDPscharf.
DieVeranstalter–der DGB und die
Initiative„Unteilbar“ –sprachen
von18000 Teilnehmernüber den
Tagverteilt. DiePolizeizählte 6000
MenschenbeiderKundgebungund
bis zu 9000 Menschen bei einem
anschließenden Demonstrations-
zugdurchdieInnenstadt. (mit dpa)^4194050501603

11008

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Entgelt bezahlt

Bodo Ramelow,ehemaliger und vermutlich künftiger Ministerpräsident von Thüringen IMAGO

AndiesemMontagwirdin


ErfurtüberAuswegeausder


Regierungskrisegesprochen.


BodoRamelowversucht,


StimmenausderCDUfüreine


Wiederwahlals


Ministerpräsidentzu


bekommen.Dochdanachsoll


esNeuwahlengeben


Neustart in

Thüringen
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