Süddeutsche Zeitung - 19.03.2020

(Nancy Kaufman) #1

Seite 2 | 19. März 2020 | ANZEIGE FORUM ZAHNGESUNDHEIT


Fluorid – ja, aber in Maßen


Eine Überdosierung des Spurenelements kann schwerwiegende Folgen haben


D


ie Gesundheit der Kinder vom ersten Tag an zu fördern und zu
schützen – das wollen sicher alle Eltern. Dazu gehört auch die
Unterstützung einer gesunden kindlichen Zahnentwicklung durch
Fluoridgaben. Dennoch ist Vorsicht geboten: Zuviel Fluorid im Kindesal-
ter kann zu dentaler Fluorose, weißen Flecken insbesondre im Schneide-
zahnbereich, führen.
Fluorid härtet den Zahnschmelz und gehört deshalb zur Kariespro-
phylaxe. Das Spurenelement macht den Zahnschmelz widerstandsfähi-
ger gegen Mikroorganismen und Säuren und hemmt das Wachstum von
Bakterien. Angegriffener Zahnschmelz kann repariert werden, indem
Mineralien wieder ins Zahngitter eingebaut werden. Der Zahnschmelz
bekommt eine intakte Oberfläche, das Kariesrisiko sinkt. Dazu sagt die
Zahnärztin Arzu Tuna, die sich auf minimal- und noninvasive Zahnme-
dizin spezialisiert hat: „Dass Fluoridgaben die Kariesrate signifikant
senken, ist wissenschaftlich nachgewiesen. Ein Zuviel an Fluorid kann
jedoch auch schädlich sein.“
Kommt es nämlich bei Kindern zu einer Überdosierung von Fluorid, kön-
nen Dentalfluorosen auftreten. Arzu Tuna sagt dazu: „Folgenreich ist die Flu-
orid-Überversorgung besonders in der Entwicklungsphase der bleibenden
Dentition, das heißt der zweiten Zähne. Sie liegt zwischen dem 15. bis 30.
Lebensmonat. Wenn der Mensch dann zu viel Fluorid zu sich nimmt, kommt

es später zur chronischen Erscheinungsform, die als weiße Flecken auf den
Oberflächen der bleibenden Zähne sichtbar wird.“ Die weißen oder gelb-
braunen Verfärbungen zeigen sich insbesondere auf den Schneidezähnen.
Das ist in den meisten Fällen ein kosmetisches Problem, kann sich aber
auch auf die Widerstandsfähigkeit des Zahnschmelzes gegenüber Karies
negativ auswirken.

Fluorid ist in vielen


Lebensmitteln vorhanden


Der Bedarf an Fluorid ist bei allen Menschen unterschiedlich. Fluorid
ist zum Beispiel in Fisch, Getreide, Milchprodukten und Nüssen enthalten,
ebenso in schwarzem Tee und Mineralwasser. Haushaltssalz wird vielfach
nicht nur mit Jod, sondern auch mit Fluorid angereichert. Und schließlich ist
das Spurenelement auch in den meisten Zahncremes und Mundwassern
enthalten. Werden vom Kinderarzt dazu medikamentöse Fluoridgaben ver-
ordnet, sollte dies nur in Ausnahmefällen, etwa bei Mangelerscheinungen,
erfolgen. So hat auch das Bundesinstitut für Risikobewertung dazu geraten,
nur eine Form der Prophylaxe anzuwenden: entweder ein Medikament oder
eine Zahncreme.

Eltern sollte den Zahncreme-Konsum ihrer Kinder aufmerksam im Auge
behalten. Eine US-amerikanische Studie des Center for Disease Control
and Prevention fand heraus, dass die Kleinen gerne weit mehr als nötig
der wohlschmeckenden und oft bunt schäumenden Paste verwenden.
Dr. Tuna empfiehlt, sich an die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft
für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) zu halten. Diese kommt
zu dem Ergebnis, dass Fluoride „in erster Linie durch direkten Kontakt mit
Zahnsubstanzen (lokal) karieshemmend wirken“. Laut dem Fluoridierungs-
schema der DGZMK soll ab dem Durchbruch der ersten Milchzähne mit
einer erbsengroßen Gabe an Kinderzahncreme (Fluoridgehalt von 500 ppm)
geputzt werden. Ausspucken genügt. Vom zweiten Lebensjahr an kann
zweimal täglich geputzt werden. Verzichten sollte man auf Zahncremes mit
Frucht- oder Bonbongeschmack, damit die Kleinen sie nicht herunterschlu-
cken, sondern ausspucken. Kinder von sechs Jahren an putzen zweimal
täglich mit Erwachsenenzahncreme. „Weitere Maßnahmen bedürfen der
Rücksprache mit dem Hauszahnarzt und hängen von dem individuellen Ka-
riesrisiko ab, da Karies ja ein multifaktorielles Geschehen ist“, so Dr. Tuna.
Für Betroffene, die die weißen Flecken auf den Zähnen stören, gibt es
verschiedene Möglichkeiten, diese zu entfernen. In der Vergangenheit wa-
ren Bleaching beziehungsweise Veneers, dünne Keramikhüllen, die über
den Zahn gestülpt werden, die Mittel der Wahl. Inzwischen werden die wei-

ßen Flecken häufig durch Infiltration neutralisiert. Dabei wird ein flüssiger
Kunststoff auf den Zahn aufgetragen. Er zieht tief in den Zahnschmelz ein
und härtet dort unter Licht aus. Weil der Infiltrant das Licht ähnlich reflektiert
wie der natürliche Zahnschmelz, passt sich die behandelte Stelle optisch
dem gesunden Zahn an. Dr. Tuna erzielt mit diesem verhältnismäßig kos-
tengünstigen Verfahren, bei dem – anders als bei Veneers – keine gesunde
Zahnsubstanz abgetragen werden muss, positive Ergebnisse. „Nur in selte-
nen Fällen kommt es bei Fluorosepatienten zu Einbrüchen, die dann gefüllt
werden müssen“, ergänzt die Spezialistin.
Späte Stadien der Zahnfluorose sind durch flächige, kreidig-weiße Ver-
färbungen charakterisiert. Die Zähne werden zunehmend porös und können
sich zersetzen. Auch eine langjährige, chronisch überhöhte Fluoridaufnah-
me zieht schwerwiegende Folgen nach sich. Gefährdet sind Arbeiter in Alu-
minium-, Stahl- oder Keramikfabriken sowie Personen (und übrigens auch
Tiere), die über Jahrzehnte hinweg Trinkwasser mit einem außerordentlich
hohen Fluoridgehalt von mehr als 8 ppm verwendet haben. Das Resultat
kann eine Skelettfluorose sein, die mit einem Anstieg der Knochendichte
und damit erhöhter Brüchigkeit, Muskelschwund und neurologischen Stö-
rungen einhergeht. Bei einer bewussten und maßvollen Dosierung von Flu-
orid zur Kariesprophylaxe sind derart gravierende Folgen jedoch nicht zu
befürchten. Sona Haehnel

Fluorid härtet den Zahnschmelz und ist deshalb für die Kariesprophylaxe unerlässlich. Deshalb ist Zähneputzen schon im Kleinkindalter so wichtig. Einer
Überversorgung mit Fluorid können Eltern dabei ganz leicht vorbeugen. Eine Möglichkeit ist, die Zahncreme ihres Nachwuchses entsprechend zu dosie-
ren (oben). Hässliche, kreidig-weiße oder braune Flecken auf den Zähnen sind ein Symptom der Fluorose und oft mehr als ein kosmetisches Problem,
das sich mit diversen Methoden beim Zahnarzt beheben lässt. Im Spätstadium der Fluorose können die Zähne zunehmend porös werden und sich sogar
zersetzen. Wer beispielsweise durch das Trinkwasser über viele Jahre hinweg extrem viel Fluorid aufnimmt, muss zudem mit schweren körperlichen
Schäden rechnen. Fotos: Initiative proDente

Hightech in der Zahnmedizin


Modernste Verfahren ermöglichen immer schneller immer besseren Zahnersatz


K


ronen, Brücken oder die gute, alte Zahnspange – viele Menschen
kommen im Laufe ihres Lebens mit Zahntechnik in Kontakt. Und der
Zahntechniker? Er hat währenddessen paradoxerweise immer weni-
ger direkten Kontakt zum Patienten und seinen Zähnen. Für einen guten
Zahnersatz ist das auch nicht mehr unbedingt nötig. Hightech-Methoden
sind im Vormarsch, auch in der Zahntechnik. Der Zahnersatz von heute wird
überweigend nicht mehr per Hand, sondern von Maschinen hergestellt.
Wer sich also heute in einem fortschrittlichen Dentallabor umschaut,
entdeckt neben dem Zahntechniker, der in aufwändiger Detailarbeit ein
Gipsmodell formt, immer öfter auch seine Kollegin, die am Lasergerät eine
Brücke herstellt. Das Laserverfahren ist eine von mehreren Hightech-Me-
thoden, die Zahntechnikerinnen und Zahntechniker in ihrem Berufsalltag
nutzen.
„Wir Zahntechniker müssen Probleme viel zu oft unter dem Deckmantel
der Lotrolle beheben“, schrieb der Zahntechnikermeister Andreas Hoffmann
im Fachmagazin Zahntechnik Wirtschaft Labor (ZWL) vor ein paar Jahren.
Damals war das Zusammenlöten mehrerer Metalle, zum Beispiel für eine
Zahnspange oder ein Implantat, noch gang und gäbe. Durch den Zusatz
der Lotlegierung kam es aber oft vor, dass sich das Material verfärbte oder
gar veränderte. Denn beim Löten hatten sich die unedlen Bestandteile eben

dieses Lotes mit dem Metall des Implantats oder der Spange vermischt, das
der Zahntechniker bearbeiten wollte. Diese Methode wurde deshalb irgend-
wann zum Auslaufmodell, an ihre Stelle trat der Laser.

Unverzichtbar: Laser, Cad und Cam


Heute ist er aus der Zahntechnik kaum noch wegzudenken. Er arbeitet
millimetergenau, ist nur für einen Bruchteil von Sekunden im Einsatz, um
zum Beispiel mehrere Metallplatten miteinander zu verschmelzen. Auch
dabei werden Metalllegierungen als Zusätze verwendet, diese aber sind
hochwertiger und verbinden sich durch die genaue Arbeit mit dem Laser
und ihre andere Zusammensetzung nicht so sehr mit der Prothese wie beim
Löten. Mit dieser Technik können etwa Kronen oder Zahnspangen repariert
und neue Kronen an alten Prothesen angebracht werden.
Der Laser hat sogar noch einen weiteren positiven Aspekt: die Biover-
träglichkeit. Je weniger verschiedene Metalle der Patient im Mund hat,
desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Wechselwirkungen mit dem
Gewebe ausgelöst werden. Die Lasertechnik ist aber nur eine der Hightech-
Methoden, die Einzug in die heutige Zahntechnik gefunden haben. Was nach
anspruchsvollen Programmiersprachen oder Einstellungen einer Spiegelre-

flexkamera klingen könnte, bezeichnet eine weitere Methode: Computer
Aided Design (CAD) und Computer Aided Manufacturing (CAM). Oder einfach
ausgedrückt: Mit diesen Computerprogrammen können Kronen und Brü-
cken aus Keramik entstehen. Zuvor war es unumgänglich, Prothesen aller
Art vor allem aus Metall zu fertigen. Um den gestiegenen ästhetischen An-
sprüchen von Zahnärzten und deren Patienten gerecht zu werden, fertigen
viele Dentallabore ihre Kronen und Brücken mittlerweile auch vollständig
aus Keramik. Bisher hatten Keramikprothesen immer noch ein Metallgerüst,
um eine größere Stabilität des Zahnersatzes zu gewährleisten. An und für
sich also nichts Schlechtes, aber: Das Metallgerüst scheint oft durch die
Prothese hindurch, viele Patienten empfinden das als unästhetisch. Denn
die Brücke oder Krone kann dann im Licht nicht leicht transparent schim-
mern, wie es ein echter Zahn tut – und fällt damit auf.

„Weißer Stahl“


Das Problem mit Keramikprothesen: Das Zirkoniumoxid, das hart und
stabil genug wäre, um als Gerüst zu halten, ist zu hart, um es in den zuvor
üblichen technischen Verfahren verarbeiten zu können. Mittlerweile aber ist
das anders. Durch den Einsatz von CAD/CAM-Systemen kann der Stoff, der

auch als „weißer Stahl“ bezeichnet wird, in der Zahntechnik auch für klein-
teiligere Arbeiten genutzt werden. Dafür wird ein in Handarbeit hergestelltes
Gipsmodel eingescannt und danach am Computer bearbeitet. Dieser Teil
des Verfahrens, die Konstruktion und Planung des Produkts, ist das schon
genannte Computer Aided Design, kurz CAD. Jetzt kommt der zweite Part
des Verfahrens ins Spiel, das CAM. Das am Rechner entstandene Modell
wird per Datentransfer an eine Fräsmaschine weitergeleitet. An der Fräsma-
schine wird nach Vorbild dieses Modells dann innerhalb weniger Stunden
aus dem Zirkoniumoxid eine Unterkonstruktion geschliffen.
Sie ist das Gerüst der Prothese, das vorher metallisch war. Der Voll-
keramik-Zahnersatz zeichnet sich durch Belastbarkeit und Verträglichkeit
aus. Und: Er schimmert nicht metallisch, sondern viel natürlicher. Fast wie
ein echter Zahn. Das CAD/CAM-System ist deshalb aus vielen Dentallabo-
ren und Zahnarztpraxen nicht mehr wegzudenken. Viele Brücken, Kronen
und Zahnspangen entstehen heute also nicht mehr in kleinteiliger und oft
langwieriger Handarbeit, sondern zum Großteil an Computerbildschirmen
und unter Lasermaschinen – und das innerhalb weniger Stunden. Zwischen
Lasern und CAM/CAD-Systemen ist die Zahntechnik aber dennoch weiter in
Entwicklung, es wird an weiteren Methoden, höherer Präzision und besserer
Qualität der Prothesen gearbeitet. Laura Dahmer

Im Dentallabor regiert heute Kollege Computer mit ausgefuchster Technolo-
gie. Fotos: Adobe Stock
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