Frankfurter Allgemeine Zeitung - 20.03.2020

(Nandana) #1

ZEITUNGFÜR DEUTSCHLAND


Freitag, 20. März2020·Nr.68/12 R0 HERAUSGEGEBENVONGERALD BRAUNBERGER,WERNER D’INKA, JÜRGENKAUBE,BERTHOLDKOHLER 3,00 €D295 5A F.A.Z. im In ternet:faz.net


DeutscheStädtegehen


verschiedene Wege gegenden


immerstärkerwerdenden


Mangel an Baugrundstücken.


Immobilien, SeiteI


Das deutscheRentensystem


mussstabilisiertwerden.Wie


könnteeine Reform aussehen,


die denSteuerzahler schont?


Wirtschaft, Seite 16


IOC-Präsident Thomas Bach


zögerteine Entscheidung über


Tokio 2020 hinaus. Ergerät


immer heftiger unter Beschuss.


Sport, Seite


Die ersteSitzung der Knesset


endetnachwenigen Minuten.


Netanjahu-Kritiker sprechen


vonVerfassungskrise.


Zeitgeschehen,Seite


Die dreiRechtsfachleute


HinnerkWißmann, Florian


Meinel und Christoph Möllers


zur akutenAusnahmelage.


Feuilleton, Seit e


D


ie Bundesländer sind uneins
über die Abiturprüfungen.
Bayern und Mecklenburg-
Vorpommernverschieben sie. Berlin
überlässt es den Schulen, jetzt oder
Ende April zu prüfen. DieTermine
sind dabei Symbole der Hoffnung, bis
dahin habe sichdie Lageentspannt.
Hessen und Rheinland-Pfalz hinge-
genhaben schon begonnen. Dagegen
protestieren Schüler wie Lehrer:Ist,
werüber Sinus und Cosinus hustet,
dann sofortherauszuwinken? Einer-
seits sollen die Lehrer zu Hause blei-
ben, andererseits als Aufsicht ver-
stärkt eingesetztwerden. Wasauf die
Fragehinausläuft, ob dieAbiturprü-
fung ein absolut notwendiger Sozial-
kontakt ist.
Immerhin sind die unterschiedli-
chen Leistungsstände der Schüler
längsterhoben.Wasalso wäre falsch
daran,wenn der Krisenjahrgang gar
keinePunktemehrdurchdenletzten
Stresstesterlangenkönnte? Man muss
die Fragenur stellen, um einen dop-
peltenAufschreizuhören. Den einen
wäre die Vorstellung eines nicht end-
geprüftenJahrganges unerträglich,
weil sie mit demAbitur,jawas eigent-

lichverbinden? Die Wahrheit über
zwölf bis dreizehn Jahre? Die anderen
würden sichüber Ungerechtigkeit em-
pören. DochElter nund Schüler,die
den Verlustder letzten Chance auf
jene Einsvordem Komma befürchte-
ten, diewomöglichzum gewünschten
Studium berechtigt, ließen sichviel-
leicht beruhigen. Die Absolventen
könnten universitären Eingangsprü-
fungen unterzogenwerden. Das besei-
tigteauchdie Unwucht der bislangge-
währtengleichen Zugangschancen
bei ungleicherworbenenNoten.
Sinnvoll wärenEingangsprüfungen
auch,weil sichlängstherumgespro-
chen hat, dassAbiturnotennur be-
grenzt informativ sind. Überall an
den Hochschulen wirdschon seit Jahr-
zehnten immer mehr Schulstoff der
Klassen8bis 13 nachgeholt.Die Ab-
schlussnote signalisiertzumeistFleiß
und einen Sinn fürsVerlangte. Das ist
nicht nichts, aberetwas, das schon lan-
ge vorder letzten Prüfung dokumen-
tiertist. Man solltedie Fähigkeit, un-
terZeitdruck den Zitronensäurezy-
klusrichtig wiederzugeben und Gret-
chen vonHelena zu unterscheiden, so
schön sie ist, nicht überbewerten.

F.A.Z. FRANKFURT. Die Europäische
Zentralbank wirdals Reaktion auf die Co-
rona-Krise eingewaltiges neues Hilfspro-
gramm mit demNamen PEPP („Pande-
mic Emergency Purchase Programme“)
auflegen. Das 750 Milliarden Euroschwe-
re Anleihekaufprogramm konntedie Ak-
tienmärkteamDonnerstag vorüberge-
hendetwasberuhigen. Der deutsche Ak-
tienindexDax ging am Donnerstag mit ei-
nem PlusvonzweiProzent aus dem Han-
del. Auch andereeuropäische Börsen leg-
tenzu. Die Anleihemärkte beruhigten
sichebenfalls wieder.Das wurde alsZei-
chen gewertet,dassdie Angstvor einerFi-
nanzkrise alsFolgeder Wirtschaftskrise
abnehme. Die monatlichen Anleihekäufe
können durch das Programm der EZB
nun nochdiejenigen aus der Euro-Krise
übertreffen.
Nach Einschätzung führender Wirt-
schaftsforschungsinstitutekönntedie Co-
rona-Krise die deutscheWirtschafthärter
tref fenals die Finanzkrise 2008/2009.Ab-
hängig davon, wie langedie Produktions-
einschränkungen anhalten, erwarten die
Ökonomen einen Rückgang der Wirt-
schaftsleistung um bis zu neun Prozent in
diesem Jahr.2009 wardie Wirtschaftum
rund sechs Prozentgeschrumpft. Die Zahl
der Arbeitnehmer inKurzarbeit wirdin
der gegenwärtigen Corona-Krise ihren bis-
herigen Höchststand aus derFinanz- und
Wirtschaftskrisevon2009 deutlichüber-
tref fen. Das erwartet das Bundesarbeits-
ministerium, wie sichdessen neuemVer-
ordnungsentwurffür einen leichterenZu-
gang zu Kurzarbeitergeld entnehmen
lässt. Insgesamtrechne man nun mit 2,
Millionen Arbeitnehmern, diewegenAr-
beitsausfall in ihrem BetriebKurzarbeiter-
geld beziehen würden. DerLufthansa-
Konzernstellt wegender Corona-Krise
700 Flugzeugeab, erreduziertdas Flugan-
gebotum95Prozent.Lufthansakonzen-
trier tsichnun weitgehend aufRückholflü-
ge für Deutsche undFrachtbeförderung.
Ministerpräsidenten in mehreren Bun-
desländerndrohen derweil mitAusgangs-
sperren, falls die Bürgerkeinestärkeren
Vorkehrungengegendie Ausbreitung des
Coronavirus treffen. „Jeder Einzelne hat
es in derHand,zuverhindern, dass esAus-
gangssperrengibt“, sagteder nordrhein-
westfälische Ministerpräsident Armin La-
sche t(CDU) am Donnerstag. Der bayeri-
sche Ministerpräsident MarkusSöder
(CSU) drohteebenfalls mit dieser Maß-
nahme; in Bayern gibt es schon die ersten
Ausgehbeschränkungen. Kritik übteer
vorallem an den sogenannten Corona-
Partys.Wenn sich die Menschen nicht frei-
willig beschränkten, „bleibt nur eine bay-


ernweiteAusgangssperre“, sagteSöder in
einerRegierungserklärung im Landtag.
„Wir können nicht endlos zuschauen.“ Sö-
der appellierte an alle Bürger: „Seien Sie
vernünftig undkonsequent.“Nordrhein-
Westfalen will derweil über einenNach-
tragshaushalt 25 Milliarden Euroneue
Schulden machen. Ministerpräsident Ar-
min Laschetbezeichnete den „NRW-Ret-
tungsschirm“, als das „größteHilfspro-
gramm seit Gründung des Landes“.
Der EU-Chefunterhändler in denVer-
handlungen mit demVereinigtenKönig-
reichMichel Barnierteiltederweil über
Twitter mit, er sei positiv auf das neuarti-
ge Coronavirusgetestet worden. Esgehe
ihm gut, er befinde sichinQuarantäne.
Die Erkrankung hatweitreichendeFol-
gen. Barnier traf Anfang Märzden briti-
schenUnterhändler DavidFrostund des-
senfasthundertPersonenstarke Delegati-
on in Brüssel. Barnierseigenes Team,
etwa fünfzigPersonen, begab sichinQua-
rantäne.KommissionspräsidentinUrsula
vonder Leyenließ sichamDonnerstag
testen, Ratspräsident Charles Michel zog
sichins Heimbürozurück. Beide hatten
vorzweiWochen zuletztKontakt mit Bar-
nier.
Nach Angaben der EU-Kommission
sind mindestens 80 000 EU-Bürgeraußer-
halb derUnion gestrandet. Es werdedar-
an gearbeitet, diesePersonen zurückzuho-
len, teilteeine Sprecherin mit.Wie die
Kommission außerdem bekanntgab, legt
sie nun eine strategischeReserve für
Schutzkleidung und Beatmungsgerätean,
um Staaten inNothelfen zukönnen. Die
Europäische Arzneimittelbehörde zer-
streute dievonvon der Leyengeschürte
Hoffnung, dassein Impfstoffgegen das
Coronavirus schon bis Herbstverfügbar
sein werde. Mit allennotwendigenEinfüh-
rungstestswerde ein Impfstofffrühestens
in zwölf bis 18 Monaten auf dem Markt
sein,teiltedie Behörde mit.Der Sprecher
vonder Leyens sagte, siewolle den büro-
kratischenZulassungsprozessbeschleuni-
gen, nicht aber die medizinischenStan-
dards senken.
Italien hat imZuge der Coronavirus-
Pandemie mehrTodesfälle als Chinage-
meldetund istdamit das Land mit den
meistenoffiziellgemeldetenToten. Bis-
her seien 3405 Menschengestorben,teilte
der italienische Zivilschutz am Donners-
taginRom mit.Die Regierung erwägt
eineVerschärfung der bereits am 11.
Märzverhängten nationalenAusgangs-
sperre.AmMittwochhatte der Zivil-
schutzweiter e475 Tote gemeldet, so viele
wie nochnie an einemTagseit Ausbruch
der Pandemie. Ministerpräsident Giusep-
pe ContedeuteteamDonnerstag in ei-

nemZeitungsgesprächan, dassaucheine
landesweiteVerschärfung derAusgangs-
sperre erwogenwerde.Zudem ließ Conte
erkennen, dassdie drastischen Einschrän-
kungen des öffentlichen Lebens auch
über die bishergesetzt eFrist bis zum 3.
April in Kraftbleiben dürften.
ZumerstenMal seit zwei Monaten wur-
de in der zentralchinesischenStadt Wu-
han am Donnerstag keine Neuinfektion

gemeldet. Die offizielleZahl der dortInfi-
ziertenblieb konstant bei 50 005. Diechi-
nesischen Behördenteilten mit, es habe
im ganzen Land 34 neueFälle gegeben,
bei denen es sichausschließlichumPerso-
nen handle, die aus demAusland nach
China eingereistseien.(Siehe Seiten2bis
5, 8, Deutschland und dieWelt, Feuilleton,
Seite9,Wirtschaft, Seiten 15 bis 23, sowie
Sport.)

Kampfgegen das Coronavirus:In denStraßen vonNeapel wirddesinfiziert. FotoEPA

T.G. BRÜSSEL. AlsKonsequenz aus der
mangelndenSolidarität der Mitgliedstaa-
tenwill die EU-Kommission einenstrate-
gischen Vorrat an Beatmungsgeräten,
Schutzkleidung,Virentestsund Antibioti-
ka anlegen, umStaaten inNotzuhelfen.
Das kündigteder für Krisenmanagement
zuständigeKommissar Janez Lenarčičin
Brüssel an. Bisher haben Italien und Spa-
nien zwar den sogenannten Zivilschutzme-
chanismus der EU aktiviertund die ande-
renStaaten um Hilfegebeten. Dochliefer-
te lediglichDeutschland eine Million
Schutzmasken an Italien.„Nationale Ex-
portbeschränkungen untergraben die So-
lidarität, auf der die EU beruhensollte,
und denZivilschutzmechanismus“, sagte
Lenarčič.(Siehe Seite5.)

D


as Martialische sucht man in
Merkels Reden in allerRegel
vergebens.Auch in ihrer An-
sprachevomMittwochabendverzich-
tete sie, andersals etwa Macron, auf
Kriegsrhetorik, abgesehenvon der
„vordersten Linie“,inder die Angehö-
rigendes Gesundheitswesenskämpf-
ten. Umihren Landsleuten treffend
die Dimension der Herausforderung
zu beschreiben, die in allerWelt den
Namen Corona trägt, mussteaber
auchdie Kanzlerin bis zum Zweiten
Weltkrieg zurückgehen.
Das war, ohnehin nicht Merkels
Schwäche,keine Übertreibung.Das
Coronavirus wird,wenn es im Zuge
der wirtschaftlichen Schockwellen,
die es um dieWelt jagt, nicht auch
nochzumassivenUnruhen und militä-
rischenKonfliktenkommt,keine zer-
bombtenStädte und verbrannten
Landschaftenhinterlassen. Dochum
die verheerenden Schäden einzudäm-
men, die es im wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Leben anrichtet
und nochanzurichten droht, istinder
Tatein „gemeinsames solidarisches
Handeln“ nötig, dasvonden Deut-
schen in diesemAusmaß und in die-
ser Dringlichkeit schon langenicht
mehrverlangtworden is t.
Konfrontiertmit der Corona-Krise,
müssen die Deutschen aus der seit
Jahrzehnten haussierenden Ich-AG in
die Wir-GmuH, die Gesellschaftmit
unbeschränkter Haftung, wechseln.
Das scheint inZeiten, in derkompro-
misslose Selbstverwirklichung und
grenzenloser Mallorca-Hedonismus
erst durch die Fridays-for-Future-Be-
wegung lautstark hinterfragt wurden,
nochnicht jederverstanden zu haben.
WieaktuelleUmfragen und Beobach-
tungen zeigen, haben sogarvieleBür-
gerden Ernstder Lagenicht begrif-
fen. Ihnen hättedie Kanzleringanz
ausdrücklichsagen sollen, wasals
Nächsteskommt,wenn die schongel-
tenden Regeln und Empfehlungen
nicht diszipliniertbefolgt werden:
eineAusgangssperre mit unbekann-
terDauer.Dann istnicht nur Schluss
mit dem geselligen Sonnenbaden
nachdem Homeoffice; dann
schrumpftauchdas Wirtschaftsleben
nochweiter zusammen, mit all den
Folgen, die das hat, in Deutschland
wie in allerWelt.
Dochist politischeKrisenkommuni-
kation in der Demokratie eine diffizi-
le Angelegenheit:Was die einen im-
mer nochnicht aus ihrem Egoismus
zu wecken vermag, versetzt andere so-
gleichinPanik.Die Kanzlerinfand,
nachanfänglichem Zögern, bei dieser
Gratwanderung wieder zu derTrittsi-
cherheit, die sie in derFinanzkrise
von2008 auszeichnete.Von sogenann-
ten„starkenMännern“ wie Trump
oder Johnsonwollteman in denZei-
tenvon Corona nichtregiertwerden.
Das Verhalten des amerikanischen
Präsidenten, der auchals Krisenmana-
gerein erbärmliches Bild abgibt,stellt
allerdings nicht nur für sein eigenes

Land einen zusätzlichen Risikofaktor
dar,der dasUnheil vergrößernkann.
Aber auchMerkels Krisenpolitik ist
darauf angewiesen, dassdie Bürger
ihreAppelle an Vernunft, Disziplin
und Solidarität nicht nur hören, son-
dernauchbeherzigen. Distanz is tnun
nicht nur die neue Nähe, sondern
aucherste Bürgerpflicht.
Dennwenn es nicht gelingt, die
Ausbreitung der Seuche zuverlangsa-
men, dann werden sichauchin
Deutschland dieFragen vonLeben
oderTodineiner Brutalitätstellen,
die man hierzulandetatsächlichzu-
letzt im ZweitenWeltkrieg erlebte.
Wiewürde die Republikreagieren,
wenn in ihren Krankenhäusern, in de-
nen bislang mit maximalem Einsatz
um jedes Lebengekämpft wurde,we-

genBetten-, Geräte- undPersonalnot
„selektiert“ werden müsste–nach
Menschen, die eine guteÜberlebens-
chance haben, und nachsolchen, die
schlechter dran sind,weil älter und
kränker als die anderen?
UndwäreDeutschland auf die De-
batte, nein:den Streit darübervorbe-
reitet,was schlimmer sei–Tausende
Virus-Tote oder eine Pleitewelle, die
unzähligeArbeitsplätzeund Existen-
zen vernicht et?Auchder Absturzin
eineRezessionkönnteTotefordern,
nicht nur in Deutschland. Schon jetzt
zeichnetsichein astronomischhoher
Schaden ab. Einweitgehendervolks-
wirtschaftlicher „Shutdown“ wäre
nicht langedurchzuhalten, wie auch
das chinesische Beispiel zeigt.Peking
fährtdie Produktion wieder hoch, ob-
wohl damit die Gefahr für eine zweite
Corona-Welle verbunden ist.
Im „worst case“wirdaus dieserPan-
demie eineWeltwirtschaftskrise, wie
die Menschheit sie seit dem dreißig-
jährigen Krieg desvergangenen Jahr-
hunderts nicht mehr erlebt hat. Die
Abermilliarden,welche dieRegierun-
genund Notenbankenweltweit in die
Waagschalewerfen, belegen, dassdie
Fachleute in einenAbgrund blicken.
Die Krisenspirale istnicht wähle-
risch, wenund wassie hineinreißt.
Ökonomische Verwerfungen dieser
Größenordnung haben, wie die Ge-
schichtevielfachzeigt, auchpoliti-
schesZerstörungspotential, das man
kaum überschätzen kann. Selbst
wenn Deutschland, weil vergleichs-
weise stabil undreich, die Effektedie-
ser Weltkrise nochnicht in ihrergan-
zen Wucht spürt, wirdesvon ihrge-
trof fenwerden. Jetzt–jetzt! –kann je-
der einzelne Deutsche nochseinen
Beitrag dazu leisten, dassesnicht so
schlimmkommt, wie man es befürch-
tenmuss.

pca./reb.BERLIN/DÜSSELDORF.Bun-
desinnenministerHorst Seehofer (CSU)
hat erstmals eine Reichsbürgervereini-
gung verboten. Die Gruppe „Geeinte
deutscheVölker undStämme“ sowie ihre
Teilorganisation „OsnabrückerLand-
mark“ wurden aufgelöst. Bei Razzien
durchsuchten mehr als 400 Einsatzkräfte
gleichzeitig dieWohnungenvon21füh-
rendenVereinsmitgliederninBerlin, Ba-
den-Württemberg, Bayern,Brandenburg,
Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein,
Sachsen und Thüringen.NachAngaben
des Bundesinnenministeriums wurden
bei denRazzien Schusswaffen, Baseball-
schläger,Propagandamaterial sowiegerin-
ge Mengen Betäubungsmittel sicherge-
stellt.
„Wir haben es mit einerVereinigungzu
tun, dierass istische und antisemitische

Schriftenverbreitet und damit unserefrei-
heitliche Gesellschaftsystematischvergif-
tet“, sagteSeehofer.„Wirsetzen den
Kampfgegen den Rechtsextremismus
auchinKrisenzeitenunerbittlichfort.“
Die insgesamt 19 000Reichsbürger, die
es nachErkenntnissen des Bundesamts
für Verfassungsschutz gibt,weiger nsich,
die bundesdeutscheRechtsordnung anzu-
erkennen. Rund tausendwerden als
rechtsextrem undgewaltbereit eingestuft,
darunter der nunverbotene Verein. Bun-
desjustizministerinChristine Lambrecht
(SPD) nanntedas Verboteinen „wichti-
genSchlag“. Zugleichwarnt esie, die
Reichsbürger-Szene seigroß undverfüge
über „vielzu vieleWaffen“. DieWaffenbe-
hörden und diePolizei müssten das jüngst
verschärfteWaffenrecht entschieden
durchsetzen „undReichsbürgern konse-
quent dieWaffen entziehen“,forderte sie.

Gesteuertwurde dernun aufgelöste
Verein, zu demetwa 120 Anhängerge-
zähltwerden, vonBerlin aus. In der
Hauptstadt wurden drei Objektedurch-
sucht, darunter dieVereinsräumeund
die Wohnung derVereinsvorsitzenden,
wieInnensenatorAndreas Geisel(SPD)
mitteilte. Dernordrhein-westfälische In-
nenministerHerbert Reul (CDU) erklär-
te:„Gerade jetzt, inZeiten der Corona-
Krise, müssenwir gegenLeutevorgehen,
die Verschwörungstheorien verbreiten
undsoden Staat unterhöhlenwollen.“
Derbaden-württembergischeInnenmi-
nisterThomasStr obl (CDU) sagte: „Ge-
meinsamgehen wir konsequent gegen
verfassungsfeindliche Organisationen
vor, die die Existenzund Legitimität der
Bundesrepublik bestreitenund ihreInsti-
tutionen und Amtsträger bedrohen.“(Sie-
he Seite5.)

AFP.MOSKAU. Der russische Oppositi-
onsführer AlexejNawalnyhat seine An-
hänger zum Boykottder Volksabstim-
mung über dievonPräsident Wladimir Pu-
tin angestrebteVerfassungsreformaufge-
rufen. DieAbstimmungwerde„komplett
gefälscht“werden, schriebNawalnyam
Donnerstag in seinem Blog.„Wirnehmen
an Wahlenteil, aber nicht anFälschun-
gen“,schrieb er.Die geplan te weitrei chen-
de Verfassungsreformwürde Putin die
Möglichkeitgeben, nachdem Ende seiner
laufenden Amtszeit im Jahr 2024 für zwei
weitereAmtszeitenzukandidieren,dasei-
ne bisherigenMandatenicht gezählt wür-
den. Putin wies unterdessen denTitelei-
nes „Zaren“ für sichab. „Icharbeitejeden
Tag, ic hherrschenicht“, sagtePutin.

F.A.Z. FRANKFURT. Die 42. Oberam-
mergauer Passionsspiele sind aufgrund
der aktuellen Situation durch die Corona-
Pandemieverschobenworden. Wieder
Veranstalter am Donnerstag mitteilte, hat
das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen
die zwischen Mai und Oktobergeplanten
Aufführungen untersagt.Die für den


  1. MaigeplantePremieresoll nun am

  2. Mai 2022stattfinden. EineVerschie-
    bung um lediglichein paar Monateer-
    schien allen Beteiligten als nicht tragbar,
    hieß es. Die KielerWoche, diewie jedes
    Jahr Ende Junistattfinden sollte, isteben-
    falls auf einen späterenZeitpunktverscho-
    benworden.Wiedie Stadt Kiel mitteilte,
    istdas Segelfestival nun zwischen dem

  3. und 13. Septembergeplant.


Rechtund Staat


in der Krise


Nawalnyruft zu Boykott


bei Verfassungsreformauf


Passionsspieleund Kieler


Wocheverschoben


Erstmals „Reichsbürger“-Gruppeverboten


Seehofer:Wir setzenKampfgegenRechtsextremismus auchinKrisenzeitenfort


EU-Kommission legt


stra tegischeReserve an


Brief eandie Herausgeber,Seite


Rentenreform, radikal


Mehr Tote in Italien als in China


750 Milliarden EuroAnleihekaufprogramm der EZB/Bundesländerdrohen mitAusgangssperren


WarumAbitur?


VonJürgenKaube

Jetzt!


VonBerthold Kohler

ErsteBürgerpflicht in der
Weltkrise: derWechsel
aus der Ich-AG in die
Wir-Gesellschaft.

Verfassungskrise in Israel?


„Sagen Sie es ab“


Den Städten fehlt Bauland


FrankfurterAllgemeine Zeitung GmbH;Kundenservice: (069) 75 91-1000, Telefax: (069) 75 91-21 80 oder http://www.faz.net/meinabo. Briefeandie Herausgeber:[email protected]

4<BUACUQ=fadaag>:v;V;l;m;n Belgien,Frankreich, Italien,Luxemburg, Österreich,Portugal (Cont.), Slowakei, Slowenien, Spanien 3,80€/Griechenland,Kanaren, Malta, Niederlande,Zypern3,90 €/Dänemark29dkr /Großbritannien 3,70£/Schweiz 5,10 sfrs/Ungarn1050Ft

Free download pdf