Frankfurter Allgemeine Zeitung - 20.03.2020

(Nandana) #1

E


sgiebt Grade derBegeisterung“,
hat Hölderlin in seinenwohl 1799
entstandenen poetologischen
„Maximen“festgestellt:„Vonder
Lustigkeit an, diewohl der untersteist,bis
zur Begeisterung desFeldherrn der mitten
in der Schlacht unter Besonderheit den
Geniusmächtig erhält,giebteseine un-
endlicheStufenleiter. Aufdieser auf- und
abzusteigen istBeruf undWonne des Dich-
ters.“ Er selbsthielt sichinseinerLyrikin-
des lieber am oberen Endeauf, und die
dortgepflegte Ernsthaftigkeit undgerade-
zu strategischeÜbersicht gibt auchdas
Mustervor für die Beschäftigung des
Films mit Hölderlin.Über Hitler haben
wir längstimKino lachengelernt, auf die
ersteHölderlin-Komödie warten wir
noch. Obwohl HellmuthKarasek sie 1987
ex negativogefundenglaubte:inJean-Ma-
rieStraubs und DanièleHuilletsVerfil-
mungvon„Der Toddes Empedokles“, Höl-
derlins berühmtem Dramenfragment.
„‚Empedokles‘ istkein Film, den man ir-
gend jemandem empfehlenkann“,schrieb
er seinerzeit im „Spiegel“.„Aber wersich
ihm aussetzt, wirdsichihm nicht entzie-
hen können. Es sei denn, manversucht es
mit Lachen.“
Karasekpasstegar nichts an demFilm,
auchnicht die beiStraub/Huilletüblichen
Laienschauspieler. Da hättenesandere
Hölderlin-Verfilmungen bei ihm leichter
gehabt.Was für Besetzungslisten! Die
Schauspielstars UlrichMühe,Walter
Schmidinger,Udo Samel,dazu MartinFei-
felund Thorsten Hierse–sie allewaren
scho neinmalHölderlin auf der Leinwand.
Undneben ihnen agierten deutscheStars
wie Nina Hossund JennyGröllmann, Otto
Sander,Tobias Langhoff, Anna Thalbach,

Ralf Hoppe,MichaelGwisdek, Ulrich Mat-
thesoder Margit Carstensen. Ja, selbst
Martin Heidegger istschon zu Hölderlin-
Filmehrengekommen,wenn auchnur mit
seinerStimme, die in Martin Bergmanns
essayistischemWerk„Hölderlin Comics“
erklang, das derRegisseur1994 für die Ber-
linerVolksbühne drehteund dannverein-
zeltauchinProgrammkinosgezeigt wur-
de. Heuteist das neunzigminütigeWerker-
freulicherweiseals DVDgreifbar.
Das giltfür „DenToddes Empedokles“
nicht.Undauchnicht für „Hälfte des Le-
bens“, den ersten Spielfilm über Hölderlin
überhaupt; er is tnur alsStreaming erhält-
lich. Eswardie ostdeutsche Defa, die sich
1985 an den Lebensstoffdes Dichtersstatt
an seine Dichtungwagte. Mit Hermann
Zschoche beauftragtesie einen der besten
Filmregisseureder DDR,der auchdas
Drehbuchschrieb –und sichdamitrehabi-
litierte,nachdem erinden späten siebzi-
gerJahren inUngnadegefallenwarund
nur nochJugendfilmedrehen durfte. Ul-
rich Mühe, damals in den frühen Dreißi-
gern,spielte für Zschoche das jungeGenie
Hölderlin mit soviel Hypersensibilität,
dassder Absturzinden Wahnsinngerade-
zu konsequent wirkte.
Unausgesprochen hat der Film eine
ideologischeBotschaft, denn er zeigt eine
individuelle Tragödievordem Hinter-
grund desUmschlagsder Französischen
Revolution in die Epoche derRestaurati-
on. Das Jahrzehntvon1796 bis 1806, also
vomFrankfurter AufenthaltHölderlins
und seiner Liebe zur Bankiersgattin Suset-
te Gontardbis zurRückke hr vonder Haus-
lehrerstelle in Bordeaux und demgeisti-
genVerfall, gibt denRahmen für die Hand-
lungvon„Hälfte des Lebens“ ab, undge-
nauso–nun diesmal politischvöllig an-
dersverstanden–ist es auchbei „Feuerrei-
ter“, dem dreizehnJahrespäter entstande-
nen SpielfilmvonNina Grosse, in dem Ul-
rich Mühewie als Hommageanden Defa-
Vorgänger wieder mitspielt,diesmal aber
als Jakob Gontard, also als Ehemann Su-
settes.Undauchwenn MartinFeifel in der
Hauptrolle sichredlich –nun ja–Mühe
gibt,Mühes Leistungvon1985 zu errei-
chen, bleibt derTiteldochdas Feurigste
an diesemRemake. Interessant dagegen

ist, dassNina Grosse und ihreDrehbuch-
autorinSusanne Schneiderdie Liebe als
Emanzipationsinstrument inszenieren.
Auch „Feuerreiter“ gibt es derzeit nicht
auf DVDoder inStreamingdiensten. Das
istseltsam angesichts des heutigen Jubilä-
umstages, der immerhin denFernsehsen-
der Arte dazugebracht hat, eine eigene
neue Dokumentation in Auftrag zugeben:
Am 25. Märzläuftum22.10 Uhr–was
man fürKultursendungen als Prime Time
bezeichnenkönnte–„FriedrichHölderlin
–Dichter sein.Unbedingt!“. Das inter-
punktionsreichbetitelt eWerkvon Hed-
wig Schmutteund Rolf Lambertsetzt in
seinen sechzig Minuten neben der Experti-

se vonSchriftsteller nwie DanielaDanz
oder DursGrünbein auchauf szenische
Rekonstruktionen, in denen Thorsten
Hierse den Dichter spielt. Als Sprecherin
hat man Anna Thalbachgewonnen.Aber
ein Themenabend für Hölderlin bei Arte,
etwa mit einem dervorgenanntenFilme?
Fehlanzeige. Am heutigen Geburtstag
selbstläufteine Dokumentation über ei-
nen anderen Jubilar:den vor75Jahrenge-
borenenReggaesänger Bob Marley, und
dem Dokumentarfilm fünfTagespäter ist
der Spielfilm „Fräulein SmillasGespür für
Schnee“voranges tellt.Was bleibetaber,
stiften auchimKulturfernsehen nicht die
Dichter. ANDREASPLATTHAUS

Eine Beilageder Feuilletonredaktion der
FrankfurterAllgemeinen Zeitung
Zuständiger Herausgeber:Jürgen Kaube
Verantwortlich:Tilman Spreckelsen
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Feuille tonlive


1806
HölderlinsMutter beantragt und er-
hält vomwürttembergischenKönig
eine jährlicheUnterstützung für ih-
renSohn. Sinclair schreibtihr am


  1. August, dasserfür die Sicherheit
    Hölderlinsnicht mehrgarantieren


könne, da dieKrankheit zuweit
fortgeschritten sei und Hölderlin
Mitbürgergegen sichaufgebracht
habe.Am11. September wirdermit
Gewalt nachTübingengebracht, in
die Anstalt desArztesJohann
Heinrich FerdinandAutenrieth
unweit desTübingerStifts, wo sich
unter anderem der zwanzigjährige
Medizinstudent JustinusKerner um
ihn kümmert.Im„Musenalmanach“
von1807 erscheinen drei Gedichte
Hölderlins, darunter derBeginnvon
„Brod undWein“ unterdem Titel
„DieNacht“.

1807
Der Kreis der Hölderlin-Verehrer
wirdgrößer, Autorenwie Friedrich
Schlegel, Tieck,Brentano oder
Achim vonArnim treten fürseine
Werkeein. Ein„Hyperion“-Leser,
der Tübinger Schreinermeister
ErnstZimmer,besucht Hölderlin in
AutenriethsAnstalt und erklärtsich
bereit,denKrankenbeisichaufzu-
nehmen, da ihmin der Einrichtung
nicht mehrgeholfenwerden könne.
Hölderlin bezieht ein Zimmer bei
ihm in einemTurm,von demaus er
das Neckar talüberblickenkann. Er
kann sichfrei im Haus bewegenund
Besuch empfangen. Seinem Haus-
wirtwidmeterGedichte. Eskommt
zur PublikationweitererTextedes
Kranken, darunter die Gedichte
„Rhein“ und „Patmos“.

H


ölderlinwarstets ein aus der
Zeit Gefallener.Derartige
Unzeitigkeit machtKünstler
postum oftzeitlos.Auch sei-
ne eigene höchste Verehrung
galt nicht derKunstseiner eigenenZeit,
sondernder Antike, aber auchindieser
nur der einstigenAvantgarde. Im Gegen-
satz zu seinemetwasälterenZeitgenossen
Johann JoachimWinckelmann erfreute
ihn nicht diePerfektion dergriechischen
Klassik in ihrervorgeblichmakelloswei-
ßen Form,sonderndas bunte und imper-
fekte, gern auchrömischdekadenteAlter-
tum, dierohe archaischeKunstoder der
Hellenismus als überbordende Spätblüte –
ambivalente, mit einfachen Kategorien
kaumeinzufangendeZwitterformen. Wäh-
rend Winckelmann nochdekretiert, der
Künstlerkönne „unnachahmlichwerden“
nur durchdie „Nachahmung der Alten“,
stellt Hölderlin das herausforderndwett-
streitendeAgon-Spielvorallem mit den
„jungen“, vitalen Altertumsbeständen da-
gegen, wie es sichim„Hyperion“ zeigt.Es
bleibt ihm jedochstets bewusst, dasssein
Dialog mit der Antikeeiner mit demFrem-
den, nievöllig Verstehbaren ist, „daß das
Altertumganz unserem ursprünglichen
Triebe entgegenzuseyn scheint“, wie er in
seinem hellsichtigen theoretischen Essay-
entwurf„Der Gesichtspunct aus dem wir
das Altertum anzusehen haben“ schreibt.
Dabei sieht Hölderlin dasKopistentum
in derrömischenKunstkeineswegs grund-
sätzlichals ehrenrührig an,wenn eretwa
gegenden täuschendenTraum „von Origi-
nalität und Selbstständigkeit“ polemisiert
–von der Antikekann und soll man sich
nicht lösen.Wieein späterTreppenwitz
der Geschichte mutet an, dassausgerech-
netder PhilosophWalter Benjamin als
maßgeblicher Apologet eines angeblichen
Auraverlustesdurch kopierendeReproduk-
tion seineDissertation über den „Begriff
der Kunstkritik in der deutschenRoman-
tik“vorrangig an Hölderlin abarbeiten
sollte. Eine „Ruinenromantik“ der Antike
wiederholt sichbeständig imWerk Hölder-
lins, der um 1800 selbstauf den rauchen-
den Ruinen alter Systeme saß.
JederKünstler,der nachHölderlin le-
bendigeMythologie aufgreifen wollte,
kaminsofernanihm kaum vorbei. Der
1938 inKönigsberggeborene undvergan-
genes JahrgestorbeneKünstler MaxKa-
minski beispielsweise setztedessen „Em-
pedokles“, im Spätsommer 1797 inFrank-
furtamMain entstanden, inexpressivster
und apokalyptischsterWeise um. Der
„BrennendeTempel“ gerätKaminski im
Jahr 2000 zu einemflammend „kriegeri-
schen“ Bild in derTradition eines Otto
Dix oderLudwig Meidner,bei dem die
übergroße Hauptfigur über denUmrissen
des Tempels bereitsvoneinem äußeren
wie innerenFeuer verzehrtwird.
Grundsätzlichgilt:Die gutenKünstler
illustrieren Hölderlin nicht, sie lassen sich
vomsonderbaren Klang eines ins Hinter-
tref fengeratenenWortes anregen,vonei-
ner seltenenFarbkombination inden von
einem wahren Vademecum merksamer
Nuancen durchschillerten Gedichten Höl-
derlins.Wenig verwunderlich, dassHöl-
derlin als sisyphosartiger Wortmeißler,

der sichstetsbewusst ist, dassdas Wesent-
liche niegesagt undgeschriebenwerden
kann, nur in Annäherungen zu erreichen
ist, dassman beim Einfangenvon Natur in
Worten nur scheiternkann, der es aber
nichtsdestotrotzinimmer neuen Anläufen
unternimmt, dassalso genau dieserhe-
roische Scheiterer bei Bildhauernbesonde-
re Achtunggenossund genießt.Esbesteht

eben eingewaltigerUnterschied, ob der
Maler ein misslungenes Bildkurzerhand
wegwirft oder ob ein Bildhauer nachmo-
natelanger Arbeit einen sündteuren Mar-
morblockverschlägt oder sein Scheitern
daran einsehen muss.VonAuguste Rodin
–durch die Vermittlung seinesSekretärs
Rilke–bis zu dem 1967 selbstinTübingen
geborenenRalf Ehmann sind dahergera-

de jene Meißelkünstler diegrößten Höl-
derlinverehrer ,die ihreSkulpturen be-
wusst nichtvollenden,weil sie wissen,
dassder vollendeteAbschlussnicht mehr
möglichist.Michelangelowärewohl eben-
falls ein Hölderlinfreundgewesen.
Hochangesehen isterallerdings auch
bis heutebei jenenKünstlern, die einege-
wisse Dissidenz pflegen. Sein berühmter
Satzgegenüber dem Bruder,„Ichbin mit
dem gegenwärtig herrschenden Ge-
schmacksoziemlichinOpposition, aber
ichlasse auchkünftigwenig vonmeinem
Eigensinne nach...“, steht über der Ate-
liertür vieler moderner Künstler.Dieses
Eigensinnigestrei ft bei Hölderlin biswei-
len das Surreale, und so nimmt es nicht
Wunder,dassder Rheinländer und Da-
daistMax Ernstein großer Bewunderer
Hölderlinswar. Ernsts wild collagiertes
Selbstporträt aus dem Jahr 1920 trägt den
sprachpanscherischen Titel „The pun-
ching ball ou l’immortalitédeBuonarot-
ti“, und Buonarotti warindiesemFall kei-
ne Anspielung auf Michelangelo, viel-
mehr auf denKünstlernamen Hölderlins,
der wiederum eine der frühen Bezugnah-
men auf die „terribilità“ darstellt, Michel-
angelos eigentlicherNomdeGuerre.Des-
sen „terribilità“ bedeutete, dassdie furcht-
einflößenden architektonischen und
kunstkanonischenRegelverletzungen so-
wie sein syste matisches Brechen auchmo-
ralischerNormen paradoxerweise jene Er-
habenheit erzeugten, die derZeit Hölder-
lins und ihm selbstals hohes Gutgalten.
Dassesbei Max Ernsts Surrealismus im-
mer aucheine romantische Grundierung
gibt, zeigt die 1967 entstandeneschwarz-
blaue und spiralförmigeRadierung IV „En
bleu adorable/In lieblicher Bläue“, die di-
rekt auf Hölderlin und diekollektiveSu-
cheder deutschenRomantiknachder
Blauen Blume in unerreichbarerFernere-
kurriert. Es isteinesvonsieben Bildern
Ernsts in der französischenÜbersetzung
vonHölderlins Gedichten, die sichinfrei-
er Assoziation mit dem poetischen Gehalt
dieserMeisterwerkeeiner Farb- undStim-
mungslyrik auseinandersetzen. Andere
Radierungenveranschaulichen in ähnli-
chen Spiralformen wie die „Liebliche
Bläue“–aus derkonsequent zweckver-
fremdeten„Feder“ einesWeckers,nicht ei-
nesDichtersentstanden–,wieprozess-
haftdie LyrikHölderlins ist, indem Ernst
eben die dynamischste Form der Natur,
die Nautilusschneckenspirale, dafür nutzt.
Eine der schönstenDefinitionen des-
sen, wasKunstsein kann oder sein sollte,
stammt ebenfallsvonHölderlin: „Kunst“,
schreibt er,sei der „Übergang aus derNa-
tur zur Bildung“. Das istdeswegen luzide,
weil es den Hang des neunzehntenJahr-
hunderts zu einem platten „naturalisti-
schen“ oder „realistischen“ 1:1-Abbildver-
hältnis, das eher einem klischierendenAb-
druc kgedanken ähnelt,weit vorausschau-
end alsverfehlteKunstbemühung in die
Schranken weist. Hölderlins treffende
Kunstformelgeht allerdings nochweiter:
„. ..und aus der Bildung zurNatur“, in-
dem diese schillerischfreispielende
Kunst, die ihmvorschwebt, dann (wieder)
das gerütteltrichtigeMaß anNaturnähe
aufweist,umauf- und anregend und adora-
bel zu sein. STEFANTRINKS

1806–1807


D


ie experimentellen deut-
schen Bands der siebziger
Jahrelegten zunächstkei-
nen Wert darauf, als
„Krauts“ abgestempelt zuwerden. Je
mehrWertschätzung aus demAus-
land damit verbundenwar,desto
mehr begannen sie allerdings, damit
zu kokettieren. Die BandFaustnann-
te sogar eine ihrerKollektivimprovisa-
tionen „Krautrock“.WiedieseHam-
burgerFormation, die sichnach ei-
nem der bekanntestenWerke der deut-
schen Literaturgeschichte nannte,
warauchfür andere ihreHerkunft
durchaus identitätsstiftend. MitNova-
lis und Hoelderlin (zunächst Hölder-
lin)wählten nochzweiweitereBands
dieser Epoche literarischeVorbilder
als Gruppennamen.
Wenn man das Genregrobinzwei
Stränge(elektronischund akustisch)
unterteilenwill, zähltHoelderlinein-
deutig zum zweiten.Eine Reihe von
Musikern,die si ch zunächstvon 1964
auf den sechsFolkfestivals auf der
BurgWaldeckimHunsrück trafen,be-
mühtesichunter dem EindruckBob
Dylanseine neueTradition deutscher
Volkslieder zu begründen. Schnell wur-
den politische Barden wieHannesWa-
der, Franz Josef DegenhardtundRein-
hardMey berühmt.Für dieexperimen-
tellen Musiker, zumTeil etw as jünger,
dauerteesnochbis Anfang dersiebzi-
gerJahre, bis sie mitihrenetwaspro-
gressiveren Ideenzur Geltungkamen.
Der JournalistRolf-UlrichKaiser
brachtenachdem letzten, schon viel
experimentelleremFestival zahlrei-
cheseiner dortgeknüpften Bekannt-
schaften zunächst auf dem Label
„Ohr“inEssen zusammen.Mit dem
später legendärenProduzentenDieter
Dier ks (Scorpions) nahmen sie 1972
ihrDebüt „Hölderlins Traum“ auf. Es
wurdeein Glücksfall des progressiven
deutschenPop. Der Geistvon Burg
Waldeckverbandsichmit dem träu-
merisch-elegischen Sound der briti-
sche nFolkrockbands wie The Incredi-
ble String Band oder JethroTull. Stü-
ckewie „Wette rbericht“ oder„Traum“
hätten auchPlatzauf den Meisterwer-
keninternationalerKünstler gefun-
den. DieTextewaren nachAngaben
ihrerAutoren inspiriertvon Namens-
geber FriedrichHölderlin,wasmit Be-
griffenwie Melancholie,Einsamkeit,
Innerlichkeit und Naturfaszination
auchgut beschriebensein mag. Dage-
genspielt diegöttlich-religiöseKom-
ponente, diefür denLyriker so bestim-
mendwar, keine hörbareRolle.
Nach der ersten Plattestieg die nie-
derländische SängerinNannydeRuig
aus,die 1968 als Gaststudentin aus
FrankreichnachWuppertalgekom-
menwar. Bei Hoelderlin wurden die
Brüder Christian und Joachimvon
Grumbkow für einigeJahredie be-
stimmendenFiguren und führten die
BandstärkerinRichtung des interna-
tionalenProgressivrock. Textlichwur-
den Schriftsteller wie Bertolt Brecht,
Eric hFried und H. C. Artmann wichti-
ger. Aufden folgenden Alben „Hoel-
derlin“ (von der anderendeutschen
Produzentenlegende ConnyPlank pro-
duziert), „Clowns and Clouds“ und
mitAbstrichen „RareBirds“gelang ih-
nen eine aufregende Mischung: lange,
virtuoseStücke mit einem Spannungs-
bogen, ungewöhnlichen Instrumen-
tenwie Geigeund Querflöte, zum
Teil jazzig. Oftklingenbritische
Bands wie Genesis, KingCrimson
oderGentle Giant durch.Dochder
Rückgriff auf Vorbilder,die ihnen in
manchem einige Jahrevoraus sind,
zeigt auch, dassdieseAufnahmenes
nicht mit dem Unikat „Hölderlins
Traum“aufnehmenkönnen.Fans und
Kritikeraber sind begeistert.
Schon in dieserZeit schied Band-
gründerChristian vonGrumbkow
aus.Der Rest der Gruppe brachte
nochzweiweitereAlbenheraus, die
weitgehend vernachlässigenswert
sind. Punk undNeue DeutscheWelle
rollten über die ältergewordenen Hip-
pies hinweg. Es dauerte bis zum Jahr
2005, bis die Bandmitglieder Hans
Bäärund Michael Bruchmann ein
Comebackstarteten.Ihr neu einge-
spieltes Album „8“ knüpfte an,wo sie
vorder Li veplatte„Traumstadt“ aufge-
hörthatten: bei kreativem, knacki-
gemProgrock. PHILIPPKROHN

Hypersensibel in den

Wahnsinngeraten

Dichters

Traum

Unbedingt Dichter sein:

Hölderlins Leben istfür

den Film ein dankbares

Sujet. UndUlric hMühe

gab1985 denLyriker

mit großerKonsequenz.


 

  






      

 


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kranken Hölderlin. Foto Mauritius

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vonHölderlin inspirieren lassenwollen,gilt:


Werihn wörtlichnimmt,verpasst ihn.


Foto Barbar

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Deutscher Progrock
vomFeinsten: Die Band
Hoelderlin und ihre
wechselvolle Geschichte

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