Die Welt - 18.03.2020

(Jeff_L) #1

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18.03.20 Mittwoch,18.März2020DWBE-HP


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DWBE-HP


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14 WIRTSCHAFT DIE WELT MITTWOCH,18.MÄRZ


L


isa Huber sitzt in Marokko
fest. Die Studentin aus Ba-
den-Württemberg reist der-
zeit mit ihrem Freund durch
das nordafrikanische Land.
„Unser Rückflug am Sonntag wurde an-
nulliert“, erzählt Huber am Telefon:
„Zu uns dringen gar keine Informatio-
nen durch, wir sind nun etwas ratlos.“
Die Studentin gehört zu den mehreren
Tausend Deutschen, die derzeit in Län-
dern mit Ein- und Ausreiseverboten
festsitzen. Die großen Airlines und Ver-
anstalter holen zwar ihre Kunden aus
allen Ländern raus, in denen noch ein
regulärer Flugbetrieb möglich ist.

VON GERHARD HEGMANN, JAN KLAUTH
UND DANIEL WETZEL

Doch es gibt auch Staaten, in denen
aktuell gar nichts mehr geht. Hier will
die Bundesregierung jetzt mit eigenen
Charterfliegern rein. 50 Millionen Euro
stellt die Bundesregierung für die „ko-
ordinierte Rückholaktion“ bereit, kün-
digte Bundesaußenminister Heiko Maas
am Dienstag an. Anfang Februar hatte
eine Bundeswehrmaschine schon ein-
mal rund 100 Deutsche aus der chinesi-
schen Provinz Wuhan nach Hause ge-
flogen. Doch eine Rückholaktion von
Tausenden Reisenden weltweit musste
bislang noch keine Bundesregierung or-
ganisieren. Es ist eine Operation mit hi-
storischem Ausmaß.
Über die Größenordnungen der jetzt
geplanten Operation Luftbrücke, wie
man sie nennen könnte, weiß man noch
wenig. Es sind wohl „nicht Hunderttau-
sende“, aber zumindest „mehrere Tau-
send“ Betroffene, heißt es beim Deut-
sche Reiseverband (DRV). Er koordi-
niert die Aktion gemeinsam mit der
Bundesregierung. Zunächst beschafft

der Verband die Zahlen über die ge-
strandeten Pauschalurlauber in den be-
troffenen Staaten, mit denen kein regu-
lärer Flugbetrieb mehr stattfindet. Die
Organisatoren nennen neben Marokko
die Türkei, Indonesien, Philippinen, Do-
minikanische Republik, Ägypten, Male-
diven und Zypern. Die Liste könne aber
jederzeit noch länger werden, heißt es.
Die Bundesregierung bestellt dann
die dafür benötigten Flugzeugkapazitä-
ten und verhandelt die nötigen Über-
flugrechte. Bis das geklärt ist, hält die
Unsicherheit der Betroffenen an. Gesi-
cherte Informationen hat auch der Rei-
severband nur über die registrierten
Pauschalurlauber. Das Problem sind
eher Individualtouristen in den von
Flugverboten betroffenen Staaten. Ihre
beste Hoffnung besteht noch darin, sich
jetzt bei der Krisenstelledes Auswärti-
gen Amtes im Internet einzutragen.
Die Marokko-Reisende Huber hat
das bereits getan. Über diesen Online-
Kanal des Außenministeriums sollen
Urlauber auf dem Laufenden gehalten
werden. Bisher sind Informationen vor
Ort aber Mangelware. Einen Ansprech-
partner bei der Fluglinie Ryanair gibt es

nicht, sagt Huber. Am Montag sei die
Situation in Marokko „schlagartig um-
geschlagen“, auch dort komme es nun
zu Hamsterkäufen. Über die Ungewiss-
heit, wie es nun weiter geht, berichten
mehr als 200 Deutsche, die sich in
einem Gruppenchat des Messenger-
Dienstes Telegramzusammen gefun-
den haben. Der Name: „Deutsche ge-
strandet in Marokko.“
Die deutsche Botschaft in Rabat hat
auch einen Krisenstab eingerichtet, der
unter den Nummern +212 6 59 75 39 23
und +212 6 62 16 04 41erreichbar ist. Ein
Telefonpool wurde unter +49-30 5000-
3000 auch in Berlin eingerichtet, bei
dem es allerdings zu langen Wartezei-
ten kommt. Zur technischen Abwick-
lung der Rückholung gibt es von Seiten
der Bundesregierung bislang noch keine
Informationen.
Kunden großer Reiseveranstalter
werden nach den Erfahrungen der Ver-
gangenheit aber in der Regel gut infor-
miert. Diese Erfahrung macht gerade
auch Kilian Karger, der im ägyptischen
Hurghada auf gepackten Koffern fest-
sitzt. Der 24-Jährige steht auf dem Bal-
kon seines Hotels am Strand des Roten
Meers und genießt die Sonnenstrahlen.
„Viele Urlauber wurden von der Situati-
on überrannt. Als ich vergangene Wo-
che in den Flieger gestiegen bin, war die
Situation noch eine völlig andere.“ Bei
Karger wurde vor Ort mehrmals Fieber
gemessen, Tests auf das Corona-Virus
seien aber nicht möglich. „Viele Ägypter
nehmen das Virus bislang auch nicht
ernst. Nur das Hotelpersonal ist zuneh-
mend angespannt.“
Am Montag erreichte Karger ein
Schreiben seines Reiseveranstalters
FTI Touristik, in dem angekündigt
wurde, dass alle Flüge planmäßig
stattfinden würden. Daraufhin schick-

te FTI einen Ansprechpartner ins Ho-
tel, der über alles weitere informierte.
Updates erhalten die Gäste nun kon-
taktfrei per SMS.
Fluggesellschaften und Reiseveran-
stalter holen überall dort, wo noch re-
gulärer Flugverkehr möglich ist, bereits
seit Tagen ihre Kunden raus. Die Luft-
hansa hatte bereits am Wochenende 17
Sonderflüge durchgeführt und über
4000 Passagiere nach Deutschland zu-
rückgeflogen. Dabei setzt die Lufthansa
eigens Großraummodelle vom Typ
Jumbo-Jet Boeing 747 sowie Airbus
A350 ein, um möglichst viele Menschen
mit einem Transport zu befördern.
Auch andere Airlines, wie etwa TUIfly
vom Reisekonzern TUI, führen Evaku-
ierungsflüge durch.
„Jetzt geht es nicht mehr um wirt-
schaftliche Fragen, sondern um die Ver-
antwortung, die Fluggesellschaften als
Teil der kritischen Infrastruktur in ih-
ren Heimatländern tragen“, sagte Luft-
hansa-Chef Carsten Spohr.
Zu den Besonderheiten der jetzt noch
durchgeführten Flüge gehört allerdings,
dass die europäische Luftfahrtsicher-
heitsbehörde EASA soeben neue Desin-
fektionsregeln für Flugzeuge veröffent-
licht hat, die aus Risikogebieten in
Europa landen oder von dort abfliegen.
Danach müssen diese Flugzeuge nach
oder vor dem Einsatz eigens aufwendig
desinfiziert werden, selbst wenn kein
Passagier mit bereits erkannter Corona-
Virus-Infektion an Bord war. Allerdings
gelten die besonderen Regeln erst ab


  1. März. Dann dürfte wohl der Groß-
    teil der Passagiere aus dem Ausland zu-
    rückgeflogen sein. Eine Passagierab-
    standsregel bei der Sitzbelegung hat die
    EASA nicht festgelegt und lediglich die
    Empfehlung ausgesprochen, möglichst
    getrennt zu sitzen.


Lufthansa-Flugzeuge in Frankfurt am Main. Das Unternehmen hat bereits mehr als 4000 Fluggäste in die Heimat zurückgeholt


REUTERS

/KAI PFAFFENBACH

Operation


LUFTBRÜCKE


Viele Länder


unterbinden


den Flugverkehr.


Deshalb setzt


die Regierung


Charterflieger ein,


um Deutsche nach


Hause zu holen


D


ie Anstrengungen der letzten
Tage sind Stefan Kochems an-
zusehen. „Viel geschlafen habe
ich nicht“, sagt der Inhaber des Reise-
büros Aventuras im Kölner Stadtteil Eh-
renfeld. Seit einigen Tagen schon ver-
bringt der 55-Jährige Stunde um Stunde
vor dem Computer und am Telefon.

VON CARSTEN DIERIG

Denn es melden sich reihenweise
Kunden, die eigentlich in den Urlaub
wollten und jetzt nicht wissen, wie es in
Zeiten der Corona-Krise weitergeht.
Gleichzeitig sucht Kochems nach Lö-
sungen für Reisendein verschiedenen
Zeitzonen, die beispielsweise in Süd-
amerika, Afrika oder Asien festsitzen
und kurzfristig zurück in die Heimat
wollen oder müssen – weil Hotels
schließen oder von dort in absehbarer
Zeit kein Flieger mehr abhebt.
Vier Wissenschaftler aus Köln zum
Beispiel waren bei einem Projekt im Ur-
wald von Ecuador. „Die habe ich soeben
noch auf den letzten Direktflug nach
Deutschland buchen können“, berichtet
Kochems von einer seiner Nachtschich-
ten in den vergangenen Tagen. Das Er-

gebnis: „Alle Kunden, die zurückwoll-
ten, habe ich in die entsprechenden
Flugzeuge reinbekommen“, berichtet
der Reisemanager.
Hauptsächlich ist Kochems aber mit
Stornierungen beschäftigt. Wobei er
schon warnt und um Geduld bittet: „Bis
Geld fließt, kann es dauern.“ Immerhin
würden derzeit viele Millionen Reisen
gleichzeitig storniert. Aussicht auf Er-
folg gebe es, viele Länder seien schließ-
lich gar nicht mehr erreichbar. Und
dann seien Veranstalter und Fluggesell-
schaftenin der Pflicht. „Früher war ein
Reise-Storno aber vielleicht nach fünf
Tagen erledigt, derzeit wird es sicher-
lich Monate dauern.“ Probleme könn-
ten indes die absehbaren Insolvenzen,
etwa von Fluglinien, bereiten.
Die Kunden reagierten trotz Anspan-
nung verständnisvoll, berichtet Ko-
chems, dessen Reisebüro auf Fernreisen
nach Südamerika und Afrika speziali-
siert ist, aber auch klassische Pauschalr-
eisen anbietet. Er jedenfalls habe noch
keine Beschimpfungen erlebt. „Viele
sind sogar froh, dass sie mit mir einen
Ansprechpartner haben, den sie kennen
und der für sie greifbar ist, sei es per Te-
lefon oder per Mail.“ Das sei eben der

Unterschied zu den anonymen Call-
Centern der Internet-Reiseanbieter.
Kochems hofft nun, dass sich die Kun-
den diesen Service merken und in ihrem
Freundes- und Bekanntenkreis auch
weitererzählen. Damit das Geschäft
nach der Krise nicht nur wieder anläuft,
sondern größer wird als bislang.
Wobei es Aventuras bis dahin über-
haupt erst einmal schaffen muss – wie
etliche andere der insgesamt gut 9000
Reisebüros in Deutschland. Aktuell je-
denfalls kommt keine einzige Buchung
rein. „Und selbst wenn jemand fragt,
würde ich ihm derzeit weder einen Flug
noch eine Reise verkaufen.“ Das sei
schlicht unseriös in dieser Situation.
„Dann würde ich den Kunden bewusst
Schaden zufügen.“ Jeder müsse sich be-
wusst machen, dass in den kommenden
zwei bis drei Monaten gar nichts mehr
laufen werde in der Branche. Natürlich
habe er deswegen auch schon schlechte
Nächte gehabt. Immerhin stehen den
ausbleibenden Einnahmen monatliche
Betriebskosten in Höhe von rund 6000
Euro gegenüber. „Das geht für eine ge-
wisse Zeit“, beruhigt sich Kochems
selbst. „Dann aber muss ich zumachen.“
Nach mittlerweile 25 Jahren am Markt:

1995 hatte der gelernte Fernmeldehand-
werker sein Reisebürogemeinsam mit
einem Freund eröffnet. Nun muss an
der Kostenschraube gedreht werden.
Das bedeutet: Kurzarbeit für die ein-
zige festangestellte Kollegin, den Ver-
mieter anrufen wegen einer möglichen
Stundung oder gar Kürzung der Miete
für das Ladenlokal an einer viel befahre-
nen Straße im Nordwesten von Köln.
Zudem hat Kochems schweren Herzens
einem Auszubildenden abgesagt, der am


  1. April bei Aventuras hatte anfangen
    wollen. Auch die 450-Euro-Aushilfskraft
    darf vorerst nicht mehr kommen. Auf
    absehbare Zeit wird Kochems allein im
    Büro sitzen. Denn auch wenn sein La-
    den nach dem Erlass der Bundesregie-
    rung und der Länderminister für die
    Kundschaft geschlossen bleiben muss,
    will er weiterhin ins Büro gehen. „Es
    kommen ja Anrufe von Kunden, um die
    ich mich kümmern muss. Und denen
    will ich signalisieren, dass ich sie nicht
    alleine lasse.“ Und mit den staatlichen
    Nothilfen will er sich auch auseinander-
    setzen. Abgesehen davon bringe der
    Weg von und zur Arbeit Struktur in den
    Tag. „Das Schwätzchen mit den Kolle-
    gen werde ich aber vermissen.“


9 000 deutsche Reisebüros kämpfen um Existenz


Stornierungen und Rückholaktionen bestimmen den Alltag, fehlende Einnahmen gefährden die Zukunft


A


ngesichts der Corona-Krisegreift
das Auswärtige Amt zu einer ex-
tremen Maßnahme. Das Ministe-
rium von Heiko Maas (SPD) warnt vor
nicht notwendigen, touristischen Reisen
ins Ausland. Es sei mit weiteren drasti-
schen Einschränkungen im Luft- und
Reiseverkehr, mit weltweiten Einreise-
beschränkungen, Quarantänemaßnah-
men und der Beschränkung des öffentli-
chen Lebens in vielen Ländern zu rech-
nen: „Das Risiko, dass Sie Ihre Rückreise
aufgrund der zunehmenden Einschrän-
kungen nicht mehr antreten können, ist
in vielen Destinationen derzeit hoch.“

VON DANIEL ZWICK

Eine solche Reisewarnung spricht das
Amt normalerweise nur für Kriegs- und
Krisengebiete aus. An Urlaub ist vorerst
nicht mehr zu denken. Im Ausland ge-
strandete Touristen versucht die Bun-
desregierung zusammen mit Reiseveran-
staltern und Fluggesellschaften zurück-
zuholen. Dafür stellt sie zunächst bis zu
50 Millionen Euro bereit.

WELCHE FOLGEN HAT EINE


REISEWARNUNG DES AUSWÄRTIGEN


AMTES?


Für die Kunden ergibt sich durch die all-
gemeine Reisewarnung eine neue
Rechtslage. Zumindest galt sie vor der
Corona-Krise als eine wesentliche Vo-
raussetzung für die Absage einer Pau-
schalreise ohne Stornogebühren. Warnt
die Bundesregierung vor der Reise in ei-
ne bestimmte Region, dann müssen die
Reiseveranstalter den Preis für die ge-
samte Reise zurückerstatten. So haben
es die Gerichte bisher entschieden.
Die Warnung schafft damit Klarheit,
selbst wenn sie in der derzeitigen Aus-
nahmesituation allein nicht mehr ent-
scheidend ist. „Letztendlich ausschlag-
gebend ist nicht die Reisewarnung des
Auswärtigen Amts, sondern die juristi-
sche Frage, ob außergewöhnliche, unver-
meidbare Umstände vorliegen. Dies ist
im Einzelfall zu klären“, argumentiert
das Ministerium.

BEKOMME ICH MEIN GELD ZURÜCK,


WENN MEINE GEBUCHTE REISE


NICHT MEHR MÖGLICH IST?


Ja. Am einfachsten ist die Regelung bei
Pauschalreisen: Kann der Veranstalter
die vereinbarte Leistung nicht er-
bringen, dann bekommt der Kunde sein
Geld zurück. Auch wenn Teile der Reise
nicht mehr möglich sind, haben die Kun-
den einen Anspruch auf Erstattung. Das
gilt in der EU auch für einzelne Buchun-
gen, beispielsweise für Hotels. Auch wer
einen Flug gebucht hat, der nun nicht
mehr stattfinden kann, etwa wegen des
Einreiseverbots in die USA und in die
Türkei, hat einen Anspruch auf Rücker-
stattung des Reisepreises.
Viele Veranstalter haben in den ver-
gangenen Tagen Pauschalreisen stor-
niert, weil Einreiseverbote und Quaran-
täneauflagen in anderen Ländern sie un-
möglich gemacht haben. Deutschlands
größter Reisekonzern TUI beispielswei-
se hat bereits „den größten Teil aller Rei-
seaktivitäten, einschließlich Pauschalrei-
sen, Kreuzfahrten und Hotelbetrieb, bis
auf Weiteres ausgesetzt“. Die Kunden
sollen automatische Erstattungen erhal-
ten. Für viele nicht betroffene Reisen
bietet der Konzern kostenlose Umbu-
chungen an. Der Rest des Angebots wird
nun sicher folgen. Auch die anderen Ver-
anstalter werden wohl keine Urlauber
mehr aus dem Land bringen.

WER KÜMMERT SICH UM REISENDE,


WENN SIE IM AUSLAND FESTSITZEN?


Bei Pauschalreisen greift in so einem Fall
die Beistandspflicht des Reiseveranstal-
ters. Er muss ansprechbar sein für Kun-
den, die in ihrer Unterkunft unter Qua-
rantäne gestellt werden, und er muss
sich um ihren Rücktransport nach
Deutschland kümmern.
Ansprechbar sind auch immer die Ver-
tretungen der Bundesrepublik im jewei-
ligen Land, deren Kontaktdaten man auf
den Internetseiten des Auswärtigen Am-
tes findet. Die Bundesregierung und die
Unternehmen arbeiten nun daran, alle
deutschen Urlauber aus dem Ausland zu-
rückzuholen.

WAS PASSIERT, WENN MEINE


REISE ABGESAGT WIRD?


Bei den meisten Reisen ist zu erwarten,
dass Veranstalter ihren Kunden kosten-
lose Umbuchungen oder Stornierungen

anbieten werden. Wer aktuell gebucht
hat, sollte sich mit seinem Reiseveran-
stalter in Verbindung setzen. Umbu-
chungen müssen Pauschalreise-Kunden
nicht akzeptieren. „Man sollte sich aber
fragen, ob man das in der aktuellen Si-
tuation nicht doch tut“, sagt Julia Reh-
berg von der Verbraucherzentrale Ham-
burg. Für die Reiseveranstalter wird die
Lage wirtschaftlich nämlich zunehmend
riskant. „Die geltenden Stornoregelun-
gen im deutschen Reiserecht sind für ei-
ne derartige Großkrise nicht geeignet“,
sagt der Präsident des Deutschen Reise-
verbands, Norbert Fiebig.

BEKOMMEN AUCH INDIVIDUAL-


REISENDE GELD ZURÜCK?


AAAufgrund der Reisewarnung allein: Nein.ufgrund der Reisewarnung allein: Nein.
„„„Wenn ein Flug durchgeführt wird, kannWenn ein Flug durchgeführt wird, kann
ich nicht einfach davon zurücktreten“,
sagt Julia Rehberg von der Verbraucher-
zentrale Hamburg. Wenn allerdings ein
Einreiseverbot besteht oder der Flug ge-
strichen wird, haben Kunden einen An-
spruch auf Rückerstattung. Möglicher-
weise stehen den Kunden auch zusätzlich
Entschädigungszahlungen nach der EU-
Fluggastrechteverordnung zu. Das hängt
VVVerbraucherschützern zufolge auch da-erbraucherschützern zufolge auch da-
von ab, ob sich das Flugunternehmen bei
der Annullierung auf höhere Gewalt be-
rufen kann. „Es wird sicherlich zu ver-
mehrten Streitigkeiten kommen, ob auf-
grund des Coronavirus annullierte Flüge
einen berechtigten Anspruch auf Aus-
gleichszahlung darstellen“, sagt Heinz
Klewe, Geschäftsführer der Schlich-
tungsstelle für den öffentlichen Perso-
nenverkehr (SÖP) in Berlin.

HILFT DIE REISERÜCKTRITTS-


VERSICHERUNG?


Nein. Sie deckt nur individuelle Risiken
ab, erstattet also beispielsweise dann
den Reisepreis, wenn man selbst krank
oder arbeitslos wird. Die Angst vor dem
Coronavirus reicht da nicht als Rück-
trittsgrund aus. Und selbst eine Co-
vid-19-Erkrankung ist nicht immer von
der Versicherung abgedeckt. Nachdem
die WHO die Krankheit zur Pandemie
ausgerufen hat, erlischt bei manchen
Versicherern der Schutz.

WAS PASSIERT, WENN MEIN REISE-


VERANSTALTER PLEITEGEHT?


Laut europäischem Reiserecht müssen
sich Pauschalreiseveranstalter gegen In-
solvenzen versichern. Dazu erhält jeder
Kunde vor der Reise einen entsprechen-
den Sicherungsschein. Geht der Veran-
stalter pleite, erhalten die Kunden ihr
Geld vom Versicherer zurück.
Allerdings enthält das deutsche Ge-
setz eine Obergrenze für diese Absiche-
rung in Höhe von 110 Millionen Euro. Bei
sehr großen Insolvenzen reicht diese
Summe nicht aus. Das hat im vergange-
nen Jahr die Insolvenz von Thomas
Cook gezeigt. In diesem speziellen Fall
erhalten die Kunden bisher nur 17,5 Pro-
zent der gezahlten Summe vom Versi-
cherer zurück. Die Bundesregierung hat
zugesagt, für den Rest aufzukommen.
Für Fluggesellschaften gilt diese Rege-
lung nicht. Wer ein Ticket bezahlt hat,
muss seine Ansprüche nach einer Insol-
venz beim Insolvenzverwalter anmelden


  • und bekommt im schlimmsten Fall
    nichts zurück.


KANN ICH EINE GEBUCHTE


PAUSCHALREISE KOSTENLOS


STORNIEREN, WENN ICH ANGST


VOR DEM CORONAVIRUS HABE?


Solange die Reisewarnung gilt, werden
Pauschalreisen ohnehin abgesagt. Doch
wie lange die Beschränkungen auf-
rechterhalten werden, ist noch nicht
klar. Deswegen werden die Veranstalter
beispielsweise für geplante Sommerur-
laube die normalen Stornierungskosten
verlangen. Je nach Vertrag können die
bis zu 100 Prozent des Reisepreises be-
tragen. „Es ist momentan sicher besser,
zu warten und nicht vorschnell zu stor-
nieren. Möglicherweise muss der Ver-
anstalter die Reise ohnehin absagen,
dann bekommt man sein Geld zurück“,
sagt Rehberg.
Wie die Lage im Sommer sein wird,
lässt sich noch nicht absehen. „Allein die
Angst vor einer Reise begründet noch
keinen Erstattungsanspruch“, sagt Ma-
thias Hufländer, Reiserechtsexperte der
Verbraucherzentrale Bremen. Er rät
Kunden grundsätzlich, mit dem Reise-
veranstalter Kontakt aufzunehmen. Ak-
tuell bieten die meisten zumindest eine
Umbuchung an.

WWWeltweite Reisewarnung –eltweite Reisewarnung –


das müssen Urlauber wissen


Was sonst nur für Kriegs- und Krisengebiete gilt,


umfasst nun alle Länder. Die Folgen für Reisende


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