Berliner Zeitung - 18.03.2020

(Axel Boer) #1
Berliner Zeitung·Nummer 66·Mittwoch, 18. März 2020–Seite 10*
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S p ort


GeändertesProgramm


NachdemsiediesenSchrittlangescheute,hatdieUefadiepaneuropäischeFußball-EuropameisterschaftnundochumeinJahrverschoben


D

ie Hilferufe der Klubs
und Ligen wurden er-
hört: Nach langem Zö-
gernhatdie Europäische
Fußball-Union (Uefa) die für dieses
Jahr geplante EM-Endrundewegen
der Coronavirus-Pandemie auf den
kommendenSommer verschoben.
Nach einem Krisengipfel amDiens-
tag beschloss die Uefa die histori-
sche Verlegung des paneuropäi-
schenMega-Turniers,dasursprüng-
lich vom12. Juni bis zum 12.Juli in
zwölf Ländernausgetragenwerden
sollte.AlsneuenTerminfürdieEnd-
rundeschlugdieUEFAdenZeitraum
vom11.Junibis11.Juli2021 vor.
„Eswarwichtig,dassdieUEFAals
Dachverband des europäischen
Fußballs denProz ess anführte und
das größteOpfer brachte“, wurde
Uefa-Präsident AleksanderCeferin
in einer Mitteilung desVerbands zi-
tiert: „DieVerschiebung der EURO
2020 ist für die Uefa mit enormen


Kosten verbunden, aber wirwerden
unser Bestes tun, um sicherzustel-
len, dass die lebenswichtigeFinan-
zierungdesBreiten-undFrauenfuß-
ballsunddieEntwicklungdesSpiels
in unseren 55 Ländernnicht beein-
trächtigtwird.“
Damit haben die nationalen Li-
gen nun den dringend benötigten
Puffer,umd ieSaisonnochimSom-
merzu Endespielenzukönnen.Die
zuvorschonvonvielenSeitengefor-
derte Entscheidung fällte das Uefa-
ExekutivkomiteenachmehrerenVi-
deokonferenzen, an denenVertreter
aller 55 Mitgliedsverbände,der na-
tionalen Ligen sowie derEuropäi-
schenClubvereinigungECAteilnah-
men.
Beim Deutschen Fußball-Bund
(DFB) stieß dieEntscheidung auf
breite Zustimmung. „Wir alle müs-
sen die Gesundheit und das Leben
vonMenschen schützen, das gilt
selbstverständlichauchfürdenFuß-

ball.Deshalbistesvölligrichtigund
alternativlos,dieEUR Ozuv erschie-
ben“, sagteBundestrainerJoachim
Löw.DFB-Präsident Fritz Keller
lobtedieUefa,dasssie„ihrerVerant-
wortunggerechtgeworden“ist.

FifaverschiebtKlub-WM
DerSpielbetrieb in Champions und
EuropaLeaguewerdenweiterausge-
setzt.DiefürEndeMär zangesetzten
Länderspiele sollen ebenso wie die
Play-offszurEMAnfangJuniausge-
tragen werden,sofer nesd ieCorona-
Pandemie zulässt.DasLänderspiel
der deutschenMannschaft inSpa-
nien am 26. Märzwurde abgesagt.
DieUefahattezuvorMedienberich-
ten widersprochen, wonach sievon
den Vereinen und Ligen umgerech-
netrund300 MillionenEurofüreine
Verschiebung der Europameister-
schaftverlange.
Neben denOlympischenSpielen
in Tokio (24. Juli bis 9. August), von

deren Austragung die japanischen
Organisatorenweiterausgehen,war
dieEUR OdasbedeutendsteSporter-
eignis dieses Jahres ,die deutsche
Nationalmannschaft sollte ihreVor-
rundenspiele in München gegen
WeltmeisterFrankreich,Titelvertei-
digerPortugalsowiedenSiegereines
Play-off-Turniers bestreiten.Der17.
MärzgehtnunalshistorischerTagin
die Geschichte der Uefa ein, noch
nie wurde seit derGründung 1954
zuvoreineEMverschoben.
DieEndrunde2021kollidierteur-
sprünglichmitderinChinageplan-
tenFifa-Klub-WM,dieauf24Mann-
schaften aufgestockt worden war.
Acht europäischeTeams sind bei
demmillionenschwerenTurnierein-
geplant –die Uefa könnte derFifa
entgegenkommen,indemsieimGe-
genzugfüreineVerlegungderKlub-
WM mehr europäische Spitzen-
teams entsendet.Dasist aber noch
Spekulation,genauwiederneueTer-

min für dieverlegte Klub-WM.Man
braucheerst„KlarheitüberdieSitua-
tion“, wieFifa-PräsidentGianni In-
fantinowissenließ.Auchdie Frauen-
EMin England(7.Julibis1. August)
ist fürs kommendeJahr angesetzt.
Allerdings wirdesinKürze auch für
diese Veranstaltung einen neuen
Termingeben.
Angesichts derraschen Verbrei-
tungdesCoronavirus ruhtder zeitin
fast allen europäischen Ligen der
Spielbetrieb.Die Mitgliederver-
sammlung derDeutschenFußball
Liga (DFL) hatte am Montag be-
schlossen, dass in der Bundesliga
und Zweiten Liga bis mindestens 2.
Aprilnicht gespielt wird.Biszuletzt
hatte die Uefa trotzdem noch strikt
am Terminkalender für die EURO
festgehalten-dass dieser aufgrund
der Verzögerungen in den nationa-
len Ligen nicht haltbar sein würde,
hattesichaberschonseiteinigenTa-
genabgezeichnet.

„Die Wahrscheinlichkeit,dasswir
im Sommer eine perfekte EM spie-
len, die istvermutlich keine Zahl
mehr vordem Komma“, hatte DFL-
GeschäftsführerChristianSeifertam
Vortag des Krisengipfels gesagt.
Auch die Vertreter der Bundesliga-
Klubshattenzuvorschondieseradi-
kaleLösungderVerschiebungbefür-
wortet. „KeinMensch kann aktuell
seriös voraussagen, wie lange uns
das ThemaCoronavirus noch be-
schäftigen wird“, meinte etwaBay-
ernMünchensmächtigerVorstands-
chefKarl-HeinzRummenigge.
Zu einer Gesinnungsänderung
beiderUefadürfteauchgeführtha-
ben, dass dieWeltgesundheitsorga-
nisation WHO dasCoronavirus am
vergangenenMittwoch erstmals als
Pandemieeingestufthatte.Zehntau-
sende Fans,die wegen der EM quer
durch Europa reisen, wurdenvor
diesem Hintergrund zu einerHor-
rorvorstellung. (dpa, sid)

Die Uefa hat es nun eingesehen:Kein Wegführtzur EURO2020. AFP/FABRICE COFFRINI


ZweiWochenruhtderBall


HerthaBSChatdenerstenCorona-FallunterseinenProfis.DieMannschaftbefindetsichnuninhäuslicherQuarantäne,derTrainingsbetriebruhtbisaufWeiteres


VonSebastian Schmitt

E


swarnureineFrageder Zeit.Das
sich weiter ausbreitendeCoro-
navirusmachtauchvorHerthaBSC
nichthalt.DieBerlinermeldetenam
Dienstagvormittag den ersten posi-
tiv auf Covid-19 getestetenSpieler.
DerProfi, dessenNamen dieBlau-
Weißen aus Datenschutzgründen
nicht nannten, habe über die„übli-
chenSymptomegeklagtundwirha-
ben ihn dann umgehendvonder
Gruppe getrennt“, sagte Mann-
schaftsarztDr.UlrichSchleicher.Der
Spieler habe bereitsEnde der ver-
gangenenWocheersteAnzeichenei-
ner Erkrankung gezeigt und wurde
sofortvon den Kollegen ferngehal-
ten.AlleKontaktpersonendesProfis
seienermitteltundkontaktiertwor-
den.DemSpielergeheesgut.
Dasfür den Vormittag geplante
ersteMannschaftstrainingnachdrei
Tagen mit individuellenTrainings-
plänen wurde kurzfristig abgesagt.


„AlleSpielerunseresKadersmüssen
nun die nächsten zweiWochen zu
Hausebleiben,wasaucheinenindi-
viduellenTrainingsplan außerHaus
ausschließt“, erläuterte Schleicher
die Konsequenzen.Manwerde jetzt
genaubeobachten,„obnochweitere
Fälle dazukommen, denn davon ist
derWiedereinstieginsMannschafts-
trainingabhängig“.

FinanzielleEinbußen
MichaelPreetz,derdieverg angenen
zwei Wochen regelmäßig dieTrai-
ningseinheiten besuchte und gene-
rell ein engesVerhältnis zurMann-
schaft pflegt,zeigte sich aufgrund
der täglichweltweit steigenden An-
zahl an festgestellten Virus-Fällen
wenig überrascht: „Bei einer solch
rasantenEntwicklungderFallzahlen
waresabzusehen,dassdasVirusfrü-
her oder später auch im Mann-
schaftskreis ankommt“, sagte der
Manager.Das Wichtigste sei nun,
sichandievomStaatvorg egebenen

neueCorona-Virusgetestetworden.
DieErgebnisse stehen noch aus.
Sollten weitereFälle dazukommen,
wirdsich die Wiederaufnahme des
Mannschaftstrainings weiter ver-
schieben.

Regelnzuhalten.„WirmüssendieSi-
tuation jetzt so annehmen, wie sie
ist.Wanndie Mannschaftwiederge-
meinsamaufdemPlatzstehenkann,
ist der zeit noch offen“, meinte
Preetz. AlleSpieler seien auf das

Auch finanziell stellen dieCo-
rona-Krise und der dadurch ru-
hendeSpielbetriebHerthavorgroße
Herausforderungen. „Wie allewer-
denauchwirrechtempfindlichvon
Ausfällen getroffen und natürlich
müssen wir beantworten, was das
für Mitarbeiter undSpieler bedeu-
tet“,sagtePreetzdemrbb.
In der Bundesligaruht der Spiel-
betrieb bis mindestens 2.April, in
Berlin kann gemäß einesSenatsbe-
schlussesbiszum19.AprilkeinFuß-
ball gespieltwerden. Sollte das ur-
sprünglich für den 21. Märzange-
setzte Stadtderbymit dem 1. FC
Unionausfallen,würdederEinnah-
meausfall dieserPartie den Verein
„natürlich so harttreffen wie kein
vergleichbaresSpiel in derSaison“,
sagtePreetz.Nochhofft Hertha,dass
dasbereitsseitWochenausverkaufte
Derbyzue inem späterenZeitpunkt
stattfindet.
DieBlau-Weißen informierten
alle Karteninhaber,dass die Tickets

fürdie Partiegegenden1.FCUnion
weiterhin ihreGültigkeit behalten.
Solle es zu einemGeisterspiel oder
gar einerAbsage kommen, drohe
Hertha „ein Einnahmeverlust, der
aufjedenFallimsiebenstelligenBe-
reichliegt“,sagtePreetz.„Daszweite
ThemaistderWegfallder TV-Gelder.
DaswürdedieVereinenochvielgrö-
ßertreffen.“
ChristianSeifert, Geschäftsführer
der DeutschenFußball Liga (DFL),
prognostizierte amDienstag nach
derTagung der DFL mit denVertre-
ternder36 Profiklubs,zud erHerthas
Finanz-Chef Ingo Schiller nach
Frankfurtgereistwar,dassdie Saison
–wenn überhaupt–nur ohneZu-
schauer zuEnde gespielt werden
könnte.SeifertmaltefürdenFallei-
ner längerenAussetzung desSpiel-
betriebseindüsteresBild.„Die Frage
ist: Werhält wie lange durch?“, er-
klärteerundfordertedeswegenalle
Klubsauf,fürjedeserdenklicheSze-
narioeinenKassensturzzum achen.

Ein Stopp für denTrainingsbetrieb: die Hertha-Profis müssen pausieren. IMAGO IMAGES
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