Handelsblatt - 18.03.2020

(Sean Pound) #1

B


ei der Bilanzpressekonferenz am
Dienstag waren die Vorstände des
Volkswagen-Konzerns sichtbar be-
müht, Abstand voneinander zu halten


  • ganz so, wie es die Experten in Zei-
    ten der globalen Coronapandemie empfehlen. Et-
    wa zwei Meter trennten VW-Chef Herbert Diess
    von seinen Kollegen, als der einen vorübergehen-
    den Produktionsstopp für die meisten Werke des
    Konzerns in Europa ankündigte. Die Journalisten
    waren ohnehin nur per Internet zugeschaltet.
    „Angesichts der sich aktuell deutlich verschlech-
    terten Absatzlage und der sich abzeichnenden Un-
    sicherheit bei der Teileversorgung unserer Werke
    wird es an den Standorten unserer Marken unmit-
    telbar auch zu Produktionsunterbrechungen kom-
    men“, erklärte Diess den Journalisten. Ob bei VW
    in Wolfsburg, bei Audi in Ingolstadt oder Porsche
    in Zuffenhausen: Ab Donnerstagabend stehen alle
    Räder voraussichtlich für zwei bis drei Wochen
    still. Damit hat das Coronavirus das Herz der deut-
    schen Industrieproduktion erreicht.
    Nur wenig später zog Daimler nach. Wegen der
    sich zuspitzenden Krise will der Autobauer den
    Großteil seiner Produktion sowie die Arbeit in aus-
    gewählten Verwaltungsbereichen in Europa für zu-
    nächst zwei Wochen unterbrechen, teilte Daimler
    am späten Dienstagnachmittag mit. Die Unterbre-
    chung betreffe die europäischen Pkw-, Transpor-
    ter- und Nutzfahrzeug-Werke des Unternehmens
    und beginne noch in dieser Woche. Gegebenenfalls
    werde die Maßnahme auch verlängert.
    So wie VW und Daimler stellen sich derzeit viele
    Unternehmen die Frage, wie lange sie den Betrieb
    angesichts der zunehmenden Einschränkungen
    des öffentlichen Lebens noch aufrechterhalten
    können. Denn es sind nicht nur die zu erwarten-
    den Störungen in den Lieferketten, nachdem die
    Produktion in vielen anderen Ländern wie Italien
    und China zeitweise zum Erliegen gekommen ist.
    Auch die Mitarbeiter protestieren immer heftiger:
    Denn während die Kollegen im Büro oft schon seit
    Tagen im Homeoffice sind, ist die Belegschaft in
    der Produktion weiter einem Risiko ausgesetzt.
    Bei VW wollte Betriebsratschef Bernd Osterloh
    diese Ungerechtigkeit offenbar nicht mehr hinneh-
    men – und machte seinem Ärger in einem Schrei-
    ben Luft. „Die Kolleginnen und Kollegen sehen
    nicht mehr ein, warum sie ohne eine klare Ansage
    und ohne klare Worte aus dem Management für
    ein paar Hundert Autos mehr eine Ansteckung ris-
    kieren sollen, die sie dann womöglich früher oder
    später nach Hause in ihre Familien tragen“, heißt
    es in dem Brief, der dem Handelsblatt vorliegt.
    „Wir Betriebsräte teilen diese Auffassung und ha-
    ben dem Vorstand daher unmissverständlich klar-
    gemacht, was die Mannschaft von dieser Zweiklas-
    sengesellschaft hält.“
    Neben den gestörten Lieferketten bereiten offen-
    bar auch die immer strenger werdenden Hygiene-
    vorschriften in der Produktion vielen Unterneh-
    men Probleme. Denn teilweise müssen die Mitar-
    beiter etwa bei der Montage auf engem Raum
    zusammenarbeiten. Die Schutzempfehlungen des
    Robert-Koch-Instituts, das die Gefahr für die deut-
    sche Bevölkerung am Dienstag auf „hoch“ herauf-
    gestuft hatte, ließen sich so nicht einhalten, be-
    mängelte auch Osterloh in seinem Brief.
    Für die Mitarbeiter des Konzerns könnte der
    Produktionsstopp Kurzarbeit bedeuten. Zwar gebe
    es noch keinen Plan, inwieweit staatliche Unter-
    stützung in Anspruch genommen werden kann,
    sagte Vorstandschef Diess. Aktuell gehe es jetzt da-
    rum, die Werke in Deutschland und Europa geord-
    net herunterzufahren. Das geschehe „in enger Ab-
    stimmung mit dem Betriebsrat“. Besonders wichtig
    ist für Volkswagen derzeit das Werk in Zwickau, wo
    die ersten Exemplare des neuen Elektroautos ID.
    produziert werden. Diess gab sich überzeugt, dass
    die Autos wie angekündigt im Sommer fertig wer-
    den. „Die Produktion ist gut geplant“, sagte er.


Alle rechnen mit Einschränkungen
VW und Daimler sind nicht die einzigen Autobauer,
die so auf die Coronakrise reagieren: Auch Opel

stellt den Betrieb von Dienstag an vorübergehend
ein. In Rüsselsheim wurde wegen der schwachen
Nachfrage nach der Limousine Insignia bereits seit
Monaten im Einschichtbetrieb gearbeitet, nun ru-
hen die Bänder vorerst bis 27. März. Das Gleiche
gilt für das Komponentenwerk in Kaiserslautern
und die SUV-Produktion in Eisenach.
Parallel zum Montagestopp will Opel Tausende
Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. „Wir haben be-
gonnen, mit den Sozialpartnern und der Arbeits-
agentur Gespräche über Kurzarbeit aufzunehmen“,
heißt es in einem internen Rundschreiben der
Opel-Geschäftsführung an die Belegschaft. „Die Co-
ronakrise verschärft sich“, begründet das Manage-
ment den Schritt. Dauer, Umfang und Kopfzahl der
avisierten Kurzarbeitsregelung sind noch offen.
BMW will vorerst weiter produzieren. Doch auch
andere Industriezweige rechnen bereits mit größe-
ren Produktionsausfällen infolge des Virus. So er-
klärten knapp 60 Prozent der deutschen Maschi-
nenbauer in einer Blitzumfrage des Branchenver-
bands VDMA unter mehr als 1 000 Unternehmen
vom Dienstag, sie würden wegen der Pandemie
schon jetzt nennenswerte Beeinträchtigungen im
Betriebsablauf spüren. Für die anderen ist es bloß
eine Frage der Zeit: Von denen, die noch nicht be-
troffen sind, rechnen drei Viertel damit, dass sich
das in den nächsten drei Monaten ändert.

Mit Desinfektionsstationen und Abstandsgeboten
versuchen im Moment noch viele Firmen, ihre Mit-
arbeiter vor einer Infektion mit Covid-19 zu schüt-
zen – und damit den GAU, also die Schließung des
Betriebs durch die Behörden, zu verhindern. So ar-
beiten beispielsweise beim Maschinenbauer DMG
Mori seit einiger Zeit die verschiedenen Schichten
in den Fabriken getrennt. Überschneidungen wer-
den vermieden – und notwendige Meetings finden
nur per Video- und Telefonkonferenz statt. Die bei-
den DMG-Mori-Werke in Italien sind geschlossen.
Das Bielefelder Unternehmen hat den Ernstfall
bereits hinter sich. Ein Mitarbeiter der Tochterfir-
ma Deckel Maho im bayerischen Pfronten hatte
sich mit dem Coronavirus infiziert. Der Standort
wurde daraufhin geschlossen. Rund 1 600 Mitarbei-
ter blieben zu Hause. Wer mit dem Erkrankten in
Kontakt war, musste sich zweimal testen lassen –
und dazwischen zwei Wochen in Quarantäne. Erst
als der zweite Test negativ ausfiel, durften sie zur
Arbeit zurückkehren. „Wir können die Produkti-
onsrückstände, die durch die Schließung entstan-
den sind, nur dank des zusätzlichen Engagements
unserer Mitarbeiter einholen“, sagte DMG-Mori-
Chef Christian Thönes dem Handelsblatt.
Auch ohne anhaltende Produktionsstopps wie in
der Autoindustrie bedeutet der Corona-Ausbruch für
viele deutsche Maschinenbauer einen schweren

Der große


Stillstand


Nach den Büros bleiben wegen der Coronakrise nun auch erste


Fabriken geschlossen. VW und Opel stoppen ihre Produktion.


Wie lange dieser Ausnahmezustand anhält, weiß niemand.


40


PROZENT
der deutschen
Maschinenbauer
rechnen mit
Einschränkungen
durch die
Coronakrise.

Quelle: VDMA

Unternehmen


& Märkte


MITTWOCH, 18. MÄRZ 2020, NR. 55
14

Rückschlag. Die Branche steckte schon vor der Pan-
demie in einer Krise und stellte sich für 2020 auf ei-
nen Produktionsrückgang von zwei Prozent ein.
Nach Corona sollen es nun minus fünf Prozent wer-
den. „Die Störungen der Lieferketten machen sich
immer deutlicher bemerkbar, wobei hier bislang die
Lieferländer Italien und China die größten Sorgen be-
reiten“, sagte VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers.

Infektionsherd Kantine
Auch die Kölner Lanxess AG musste ihre Chemie-
Produktion am norditalienischen Standort Filago
für drei Tage stilllegen, als dort eine Corona-Infek-
tion bei einem Arbeiter festgestellt wurde. Die Be-
schäftigten, die mit ihm in Kontakt waren, wurden
untersucht, die Anlage wurde desinfiziert. Mittler-
weile läuft das Werk ebenso wie der DMG-Mori-
Standort in Pfronten wieder stabil.
Der Spezialchemiekonzern hat eine Steuerungs-
gruppe eingesetzt. Sie soll die Gesundheit der Mit-
arbeiter schützen und gleichzeitig die Produktion
so weit wie möglich arbeits- und handlungsfä-
hig halten. Lanxess grenzt die Arbeitsteams so weit
wie möglich voneinander ab und schränkt physi-
sche Kontakte und Begegnungen zwischen einzel-
nen Arbeitseinheiten ein.
So sollen etwa physische Besprechungen mög-
lichst vermieden oder in Dauer und Teilnehmer-
zahl reduziert werden. In den Betrieben erfolgen
etwa Schichtübergaben mit möglichst wenig per-
sönlichem Kontakt zwischen den Teams und in
möglichst kurzer Zeit. Der Empfang von externen
Besuchern wurde auf ein Mindestmaß reduziert.
Beim Leverkusener Pharma- und Chemiekon-
zern Bayer hat die aktuelle Situation nach eigenen
Angaben noch nicht zu Problemen in der Produk-
tion geführt. An den Standorten in Leverkusen,
Wuppertal und Bitterfeld stellt das Unternehmen
zahlreiche Wirkstoffe für Medikamente her.
Die Fertigung ist hochautomatisiert, dennoch
hat Bayer den Schutz der Mitarbeiter dort ver-
stärkt. So müssen sie etwa bei Schichtübergaben
größtmöglichen Abstand halten. Gemeinschaftlich
genutzte Arbeitsmittel werden beim Schichtwech-
sel gründlich desinfiziert. Dazu zählen etwa Tasta-
turen oder Steuerungsanlagen in einem Leitstand.
Eine ähnliche Strategie verfolgt der Kunststoff-
hersteller Covestro. „Neben dem Bewahren unse-
rer Gesundheit muss es natürlich auch das große

Ziel sein, unsere Anlagen trotz der sich verschär-
fenden Situation zuverlässig und sicher weiterzu-
betreiben“, sagt Daniel Koch, Produktionsleiter bei
Covestro an den NRW-Standorten.
Im Fokus vieler Maßnahmen in den Unterneh-
men steht dabei die Kantine. Denn dort, wo sich
zur Mittagspause normalerweise Hunderte Mitar-
beiter gleichzeitig dicht an dicht an der Essensaus-
gabe drängen, findet das Virus ideale Bedingun-
gen, um sich weiter zu verbreiten. Bayer hat seine
Mitarbeiter daher angewiesen, deutlich mehr Ab-
stand als üblich voneinander zu halten. Die Sitzge-
legenheiten wurden vorsorglich entzerrt.
Bei VW bleiben die Kantinen an den deutschen
Standorten von Dienstag an geschlossen. „Unsere
Mitarbeiter müssen sich jetzt etwas von zu Hause
mitbringen“, sagte ein VW-Sprecher. Zusätzlich ge-
be es in den Fabriken auch Automaten, an denen
sich Beschäftigte bedienen könnten.
Bei Porsche in Zuffenhausen haben die Mitarbei-
ter den Stillstand am Dienstag bereits geprobt: Der
Sportwagenbauer unterbrach die Produktion am
Stammsitz, um den baden-württembergischen Mit-
arbeitern die Gelegenheit zu geben, nach den
plötzlichen Schulschließungen eine Betreuung für
ihre Kinder zu organisieren. Am Mittwoch macht
auch das Leipziger Werk für einen Tag zu, wie ein
Sprecher auf Anfrage bestätigte. In Sachsen war
erst am Dienstag der letzte Schultag vor den außer-
planmäßigen Coronaferien. Eine Ausweitung des
eintägigen Produktionsstopps ist bei Porsche wohl
in der Diskussion, aber noch nicht beschlossen.

China kehrt zur Normalität zurück
Während der Stillstand in den europäischen Fabri-
ken immer näher rückt, kehren die Unternehmen
in China langsam wieder zur Normalität zurück. So
erklärte VW-Chef Diess parallel zur Verkündung
des weitgehenden Produktionsstopps in Europa,
im wichtigsten Markt des Konzerns stabilisiere sich
die Situation wieder. „Mittlerweile haben unsere
Fertigungsstätten mit wenigen Ausnahmen die Pro-
duktion wieder aufgenommen“, so der Manager.
„Die Auslieferungszahlen steigen im März wieder
und beginnen, sich langsam zu normalisieren.“
Auch der schwäbische Maschinenbauer Trumpf
teilte zuletzt mit, wieder 90 Prozent der üblichen
Produktionskapazität in seinen chinesischen Wer-
ken erreicht zu haben. Dennoch rechnet das Fami-
lienunternehmen mit Störungen in den Lieferket-
ten infolge des Produktionsausfalls in vielen ande-
ren Ländern. „Der Zentraleinkauf von Trumpf
evaluiert laufend die weltweiten Lieferketten, um
gegebenenfalls Engpässe rechtzeitig identifizieren
zu können“, heißt es bei dem Unternehmen.
Erschwerend hinzu kommen dürfte die ausblei-
bende Nachfrage, die durch den Produktionsstopp
in der Automobilindustrie entsteht. Zwar erklärte
der Automobilzulieferer Continental, die vorüber-
gehende Schließung von Werken sei eine Ultima
Ratio und erfolge nur in Extremfällen sowie auf be-
hördlichen Entschluss. Doch schon jetzt rechnen
Ökonomen damit, dass sich die Coronakrise zu ei-
ner Rezession entwickelt. Und schon jetzt nutzen
viele Unternehmen das Instrument der Kurzarbeit,
um so die Auswirkungen der Krise abzufedern.
Bereits vor drei Monaten lag der Anteil der Un-
ternehmen, die das Instrument nutzten, in der ge-
samten Industrie mit 8,4 Prozent so hoch wie zu-
letzt im Nachgang der Finanzkrise 2010. Der Anteil
dürfte seither noch deutlich gewachsen sein –
auch, weil durch den Ausbruch des Coronavirus
viel mehr Branchen betroffen sind als von der
schon länger anhaltenden Industrierezession.
Branchenverbände wie der VDMA drängen da-
rauf, die Regeln für die Vergabe der Hilfen zu lo-
ckern. Auch Personalabbau werde „in der mittel-
ständischen Maschinenbauindustrie zunehmend
zum Thema“, warnte VDMA-Chefvolkswirt Wie-
chers. So rechnen rund 70 Prozent der Maschinen-
bauer für 2020 mit Umsatzeinbußen, davon knapp
die Hälfte mit Umsatzrückgängen von mehr als
zehn Prozent. M. Buchenau, M. Fasse, B. Fröndhoff,
F. Hubik, K. Knitterscheidt, S. Menzel, M. Murphy,
Roman Tyborski

Die Fabriken leeren sich, bei
VW (l.) und im Maschinenbau:
Produktionsstopp
wegen Coronakrise.

Paul Langrock/laif, DEEPOL by plainpicture/Daniel Ingold

Volkswagen

China wird zum


Hoffnungsträger


S


o ganz will Volkswagen das Jahr 2020 trotz
der Corona-bedingten Einschränkungen
nicht verloren geben. „Wir werden dieses
Jahr nicht völlig abschreiben“, sagte Finanzvor-
stand Frank Witter am Donnerstag in der im Inter-
net übertragenen Bilanzpressekonferenz des
Wolfsburger Autokonzerns. Niemand wisse heute
allerdings genau, wie lange die Beschränkungen
im öffentlichen Leben und in der Wirtschaft an-
halten würden. „Deshalb ist eine verlässliche Prog-
nose heute nicht möglich“, ergänzte Witter.
Trotz aller Ungewissheiten ließ Witter einen An-
satz für eine Ertragsprognose des ersten Quartals
durchblicken. Vor einem Jahr hatte der VW-Kon-
zern in den ersten drei Monaten beim operativen
Ergebnis (Ebit) einen Betrag von 4,8 Milliarden
Euro und eine operative Rendite von 8,1 Prozent
erreicht. „Auf Ebit-Basis werden wir mindestens
eine Halbierung sehen“, rechnete Witter vor.
Volkswagen zieht trotz allem aus einem Markt
eine gewisse Hoffnung: aus China. Dass der VW-
Konzern stark in China engagiert ist und dort 40
Prozent seiner Autos verkauft, könnte sich in den
kommenden Wochen aus Sicht von Vorstandschef
Herbert Diess als Vorteil erweisen. „Mit einer ge-
lungenen Kooperation von Staat und Unterneh-
men ist es in China gelungen, eine solch schwere
Krise zu bewältigen“, sagte Diess. Die Volksrepu-
blik könnte Vorbild für Europa werden.
China ist Europa beim Coronavirus in der zeitli-
chen Entwicklung vielleicht etwa acht Wochen vo-
raus. In 31 von 33 Werken des Konzerns wird wie-
der gearbeitet, wenn auch noch nicht mit voller
Auslastung. Die Zurückhaltung der Chinesen beim
Autokauf hat schon wieder nachgelassen. Volks-
wagen kalkuliert nach den Worten von Finanzvor-
stand Witter damit, dass in diesem Monat in China
wieder eine Million Pkws auf dem gesamten Auto-
markt verkauft werden könnten. Üblich wäre in
China aber etwa das Doppelte.

Liquiditätshilfen für die Händler
Eine Wiederbelebung des Markts in China könnte
Volkswagen dabei helfen, auch eine längere Durst-
strecke in Europa ohne gewaltige Schäden zu
überstehen. Niemand wagt in Wolfsburg derzeit
allerdings eine Einschätzung, wie lange die Werke
in Deutschland und Europa stillstehen werden.
Derzeit herrscht die Hoffnung bei Volkswagen vor,
dass es in zwei bis drei Wochen wieder losgehen
könnte. „Einen Produktionsausfall von zwei Wo-
chen könnten wir in diesem Jahr wieder aufho-
len“, sagte Konzernchef Diess am Nachmittag in
einer Analystenkonferenz. Bei einem Monat sei
das schon nicht mehr garantiert.
Händler in Deutschland und in Europa machen
dieselbe Erfahrung wie ihre chinesischen Kollegen
vor kurzem – sie verkaufen kaum noch Autos, die
meisten haben ihre Betriebe geschlossen. Volks-
wagen werde versuchen, seine Händler mit kurz-
fristigen Liquiditätshilfen zu unterstützen, kündig-
te VW-Vertriebschef Christian Dahlheim an.
Für Finanzvorstand Witter steht unwiderruflich
fest, dass Volkswagen in den kommenden Wochen
auch den eigenen Cashflow und die hauseigene Li-
quidität im Blick haben muss. „Cash ist King“, das
gilt besonders in Krisenzeiten. „Wir haben die ge-
samte interne Organisation dazu aufgefordert,
sich nach liquiditätsschonenden Maßnahmen um-
zusehen“, betonte Witter. Mit einer Netto-Liquidi-
tät von mehr als 21 Milliarden Euro zu Jahresbe-
ginn sei Volkswagen zudem finanziell vergleichs-
weise robust ausgestattet.
Frank Schwope, Autoanalyst der NordLB, kalku-
liert damit, dass der VW-Konzern in diesem Jahr
wegen der Coronakrise weniger als zehn Millionen
Fahrzeuge verkaufen wird. 2019 waren es fast elf
Millionen. Stefan Menzel

Wir haben


dem Vorstand


unmissver -


ständlich klar -


gemacht, was


wir von


dieser


Zweiklas -


sengesell -


schaft halten.


Bernd Osterloh
VW-Betriebsratschef

Unternehmen & Märkte


MITTWOCH, 18. MÄRZ 2020, NR. 55
15
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