Süddeutsche Zeitung - 07.04.2020

(やまだぃちぅ) #1
Köln –Im ersten Moment sieht es nach ei-
nem wahren Glücksgriff aus. Ein Shop im
Internet verkauft noch Schutzmasken und
Desinfektionsmittel, die Bewertungen se-
hen gut aus, es gibt Links zur vermeintli-
chen Twitter- oder Facebookseite. Sogar
die Gütesiegel von Firmen wie dem TÜV
finden sich auf der Seite. Doch so schön
das alles aussieht, die böse Überraschung
für die Kunden folgt spätestens dann,
wenn sie bestellt und bezahlt haben. Denn
das ersehnte Produkt wird nie geliefert,
die Hotline für Rückfragen funktioniert
plötzlich nicht mehr und auch die Websei-
te ist im Internet nicht mehr zu finden.
Klar ist nur: Das Geld ist weg. Die Hinter-
männer, die oft im Ausland sitzen, schi-
cken es rasant auf Konten, die für die deut-
sche Justiz kaum mehr greifbar sind, und
tauchen selbst unter.
In den vergangenen Jahren gab es sol-
che Shops für Schuhe, Kleidung, Kaffee,
Spielzeug und für allerlei teure elektroni-
sche Geräte. Mehrere Millionen deutsche
Verbraucher sind einer Umfrage der Ver-
brauchzentrale zufolge bereits auf solche
Fake-Shops reingefallen, die Dunkelziffer
dürfte groß sein. In Zeiten der Angst und
Verunsicherung haben die Betreiber auf
Corona-Produkte wie Atemschutzmasken
oder Desinfektionsmittel umgerüstet, ver-
suchen den Menschen, die sich schützen
wollen, noch ein paar Euro aus der Tasche
zu ziehen. Wer aufpasst, kann sich und sei-
nen Geldbeutel schützen.

Worauf sollten Kunden zuerst achten?
Der erste Hinweis auf einen Fake-Shop fin-
det sich bereits in der Domain, also der
Adresse, die im Browser oben eingegeben
ist. Meist enden die Adressen nicht auf der
Abkürzung .de für Deutschland, sondern
auf Varianten wie .com.de oder haben ei-
nen Schreibfehler oder einen Bindestrich
in der Adresse, der da nicht sein dürfte.
Das bedeutet nicht, dass jeder Shop, bei
dem es Auffälligkeiten in der Adresszeile
gibt, auch dubios, windig oder gar betrüge-
risch ist. Es ist aber, zusammen mit ande-
ren Indizien, ein wichtiger Hinweis für Ver-
braucher. Auch wenn der Shop eine Do-
main besitzt, die nicht zum Produkt passt


  • beispielsweise in der Adresszeile etwas
    mit Schuhen steht, aber teure Elektronik-
    produkte oder Atemschutzmasken angebo-
    ten werden – sollten Kunden zumindest
    vorsichtig sein.


Was sind weitere Indizien für einen Fake-
Shop?
Ist die Seite nur schnell hochgezogen wor-
den, um Kunden an der Nase herum zu füh-
ren, lassen sich schnell kleine und große
Fehler finden. Mal ist der Name der Firma
falsch geschrieben, mal ist die Seite ein-
fach schlecht aus dem Englischen ins Deut-
sche übersetzt worden, die Bilder passen

nicht zu den Produkten oder es fehlen gan-
ze Teile der Webseite. All das kann auch bei
seriösen Seiten auftreten, ist aber eben-
falls ein Indiz, bei dem Verbraucher vor-
sichtig sein sollten. Tritt all das nicht auf,
muss das kein zwingender Grund sein,
dass die Webseite seriös ist. Professionelle
Fake-Shops sind verblüffend gut gemacht.

Die Bewertungen des Shops sind sehr gut.
Soll ich bestellen?
Generell ist es sinnvoll, sich an Bewertun-
gen im Internet zu orientieren. Im ersten
Schritt können Verbraucher schauen, wie
die Produkte auf der jeweiligen Webseite
abschneiden. Doch Achtung, nicht alle Be-
wertungen sind echt, nur weil ein Name
darunter steht. Typisch bei Fake-Shops ist

der durchweg positive Tenor: Das Lob ist
überschwänglich, das Produkt quasi per-
fekt, der Shop sowieso. Potenzielle Kun-
den sollten sich deshalb auch auf externen
Plattformen wie Trustpilot umschauen.
Dort sind Tausende Unternehmen gelistet
und bewertet. Schreiben dort bereits viele
Nutzer oder Ex-Kunden von Betrug, da-
von, dass ihr Produkt nie ankam, oder von
extrem langen Wartezeiten, sollten Ver-
braucher davon die Finger lassen.

Auf der Seite stehen Gütesiegel. Zählen
die denn gar nichts?
Theoretisch sind Siegel für Shops im Inter-
net eine gute Idee. Einige von ihnen, bei-
spielsweise Trusted Shop, haben sich in
den vergangenen Jahren auch etabliert
und bieten eine gute Orientierung, wenn
man sich nicht sicher ist, ob der Online-
Händler vertrauenswürdig ist. Ein hundert-
prozentiger Schutz vor Betrügern sind sie
aber nicht. Denn auch auf vielen Websei-
ten von Fake-Shops finden sich solche Sie-
gel, etwa vom TÜV oder von Trusted Shop.

Sie sollen den Besuchern der Shops sugge-
rieren, dass sie in besten Händen sind und
alles mit rechten Dingen zugeht. In Wahr-
heit sind die Siegel aber zumeist gefälscht,
meist nur als Foto auf die Webseite ko-
piert, was dem Laien im ersten Moment
nicht auffällt. Ob die Siegel echt sind, lässt
sich aber auf der Seite des Siegelanbieters
relativ einfach prüfen. Dort kann man die
Domain oder den Namen des Shops im
Suchfeld eingeben. Taucht der Händler in
dem Verzeichnis nicht auf, ist das Gütesie-
gel auf der Webseite auch nicht echt. Fin-
den Kunden einen Shop, der mit falschen
Siegeln wirbt, sollten sie das unbedingt
auch dem Siegelanbieter melden.

Gibt es auch Warnsignale, die nicht so of-
fensichtlich sind?
Bevor Verbraucher ein Produkt tatsächlich
bestellen, sollten sie noch einen Blick ins
Impressum werfen. Bei vielen Fake-Shops
fehlt es komplett, bei anderen zumindest
wichtige Informationen. Eine Adresse, ei-
ne E-Mail-Adresse und ein Vertretungsbe-
rechtigter sollten zu finden sein, auch eine
Handelsregisternummer. Auch die Tele-
fonnummer, die im Impressum hinterlegt
ist, kann aufschlussreich sein. Oft handelt
es sich dabei um eine 0800-Nummer, bei
der am anderen Ende ein Callcenter oder
niemand rangeht – oder es lässt sich keine
Nummer finden.

Der Shop will Vorkasse. Und nun?
Grundsätzlich gibt es heutzutage Dutzen-
de Möglichkeiten, im Internet zu bezahlen.
Dazu gehören Kreditkarten, EC-Karten,
der Bezahldienst Paypal, Zahlung über
Lastschrift oder auch auf Rechnung. Die
meisten Webseiten bieten mehrere Bezahl-
arten an. Wird in einem Shop explizit nur
Vorkasse gewünscht, ist Vorsicht geboten.
Denn kommt das Produkt nicht, gibt es
kaum eine Möglichkeit, das Geld zurückzu-
holen. Besser fahren die Verbraucher,
wenn erst die Ware kommt und sie im An-
schluss bezahlen.

Was kann ich tun, wenn ich schon bestellt
habe?
Wer bereits eine neue Atemschutzmaske
bestellt hat und nun glaubt, er sei Betrü-
gern oder windigen Anbietern aufgeses-
sen, sollte zuerst bei der Bank anrufen.
Manchmal kann sie die Zahlung noch stop-
pen oder das Geld zurückholen. Unabhän-
gig davon sollten Betroffene die Polizei ein-
schalten. Das geht bei der Dienststelle vor
Ort oder online. nils wischmeyer

von jan willmroth
und nils wischmeyer

A


m Rande des bayerischen Waldes
scheint es noch ausreichend Atem-
schutzmasken zu geben. Sie sind teu-
er, knapp 100 Euro für zehn Stück vom Typ
FFP2, aber immerhin soll es Ware eines
deutschen Markenherstellers sein. Schutz-
Shopping24 GmbH heißt die Firma hinter
dem Angebot, sie residiert angeblich im
Stadtteil Reinhausen nördlich der Donau,
so steht es im Impressum ihres Online-
shops. Ein Blick ins Handelsregister aller-
dings zeigt: Eine Firma mit diesem Namen
existiert nicht, weder in Regensburg noch
sonstwo in Deutschland. Die Hotline, die
auf der Webseite angegeben ist, gibt es
ebenso wenig wie die angeblichen Team-
mitarbeiter, die für Live-Chats zur Verfü-
gung stehen sollen.


Bei diesem Fake-Shop, der stellvertre-
tend steht für eine beliebte Form des On-
line-Betrugs, gibt es keinerlei Ware. Weder
die angebotenen Schutzmasken, noch das
Desinfektionsmittel oder die Corona-
Schnelltests. Die Betreiber verdienen trotz-
dem, weil sie Kunden um Vorkasse auf ein
vermutlich gekapertes Konto bitten. Ist
das Geld einmal dort, ist es quasi weg.
Während sich also viele Menschen vor
der Pandemie fürchten, sehen andere vor
allem gute Gelegenheiten für Geschäfte:
Windige Anbieter verkaufen Masken, Des-
infektionsmittel oder Fieberthermometer
zu absurd überhöhten Preisen oder bewer-
ben mit irreführenden Online-Anzeigen
wirkungslose Medizin als Mittel gegen das
Virus. Telefonbetrüger machen Kasse, der
Enkeltrick erfährt eine Renaissance. „Be-
trug im Zusammenhang mit der gegenwär-
tigen Pandemie ist wahrscheinlich hoch


profitabel“, warnt die europäische Polizei-
behörde Europol. „Kriminelle versuchen,
die Sorgen und Ängste der Menschen wäh-
rend der Krisenzeit zu Geld zu machen.“ Ih-
re Mittel: Phishing und Computerviren, At-
tacken auf schlecht geschützte Rechner –
oder eben Shops, die abkassieren, aber nie-
mals Ware versenden.
Leicht zu erkennen sind solche Fake-
Shops nicht. Der Versandhändler, der an-
geblich noch Schutzmasken vorrätig hat,
wirkt zunächst seriös. Erst auf den zweiten
Blick wird klar: Es handelt sich um einen
Fake-Shop, der schon länger bekannt ist
und der bisher mit Kaffeevollautomaten
lockte. Seit etwa zwei Jahren taucht er mit
immer neuen Namen und Internetadres-
sen auf. Vor gut zwei Wochen hat ihn je-
mand eilig zum Corona-Shop umgemo-
delt. Allerdings nicht sehr sorgfältig. Auf
der Startseite sieht man das frühere Logo,
eine kleine dampfende Kaffeetasse, und
an anderer Stelle heißt es: „Ihr Spezialist
für Kaffee- und Espressomaschinen“.
Carola Elbrecht beobachtet das Treiben
der mutmaßlichen Betrüger für die Ver-
braucherzentrale Bundesverband schon
länger. Bei ihr landen jede Menge E-Mails
von Verbrauchern, die sich melden, weil je-
mand vermeintlich Wucherpreise verlangt
oder weil sie Betrügern aufgesessen sind.
In vielen neueren Beschwerden geht es um
Fake-Shops, die nie liefern, um Werbung
für falsche Heilmittel oder um mutmaßli-
che Betrüger, die älteren Menschen an der
Haustür falsche Schnelltests gegen das Vi-
rus empfehlen. „Die Betrugsmaschen sind
die Gleichen, nur jetzt im neuen Gewand.
Da wird jetzt alles auf das Coronavirus ge-
münzt”, sagt Elbrecht.
Online-Schwindel ist ein Massenge-
schäft: Es reicht, wenn nur ein kleiner
Bruchteil der Nutzer auf die unseriösen An-
gebote hereinfällt, und schon kommen
Tausende Euro zusammen. Durch die Coro-
nakrise ist die Zahl der potenziellen Opfer
gestiegen: Viele haben ihren Job verloren
oder arbeiten in Kurzarbeit, fast überall in

Deutschland sind Menschen nun zu Hause
und kaufen online ein, was sie derzeit nicht
mehr in Geschäften kaufen können. Das er-
höht die Zahl der Unbedarften, die emp-
fänglich sind für allerlei Tricks und Be-
trugsmaschen im Internet.

Bei den Onlineshops mimty.de und
evenlife.de ist wenigstens der Inhaber zu
finden, ein 31-jähriger Mann. Wenig tröst-
lich für Kunden wie Roman Engelbarts,
der Schutzmasken bestellte, aber bis heute
nicht bekam. „Man erwartet natürlich,
dass die Masken innerhalb von zwei, drei
Tagen aus einem deutschen Lager geliefert
werden, weil sie ja auch gegebenenfalls
akut benötigt werden“, sagt Engelbarts. Ei-
ne Erwartung, die offenbar viele Kunden
hatten, die sich anschließend enttäuscht
und wütend auf Bewertungsportalen wie
Trustpilot äußerten. Auf Nachfrage von
NDRundSZverteidigt sich der Shopbetrei-
ber mit Hinweisen aufs Kleingedruckte:
Bis zu sechs Wochen könne die Lieferung
dauern, weil die Masken aus China kämen.
Leider sei es „vereinzelt zu Ausfällen, Insol-
venzen oder anderen unvorhersehbaren
Lieferschwierigkeiten“ gekommen. Mim-
ty.de und Evenlife.de seien dennoch keine
Fake-Shops, entsprechende Behauptun-
gen seien „wahrheitswidrig“. Ob über-
haupt und wann er denn liefern könne,
wollte der Mann nicht sagen. Die beiden
Seiten sind seit dem Wochenende offline.
Bei offensichtlich gefälschten Shops
wie dem Versandhandel aus Regensburg
dagegen ist niemand zu erreichen. Unter
den jeweiligen Adressen sind solche Shops
meist nur einige Tage online. Die Hinter-
männer sind schwer bis gar nicht zu fas-
sen, weder für die Verbraucherzentralen,
noch für Betrogene oder die Polizei. Ge-
täuschten Kunden bleibt nur, Anzeige zu

erstatten oder einen Anwalt einzuschalten.
Die Verbraucherzentrale hilft mit Muster-
briefen und Beratung. Umso wichtiger sei
es, sagt Verbraucherschützerin Elbrecht,
sich vor dem Kauf zu informieren, woran
man Betrüger erkennen kann(siehe neben-
stehender Text).
Nun steht nicht jeder gleich unter Be-
trugsverdacht, wenn er in der Krise Kasse
macht. Manche sind einfach dreist. Bei der
Wettbewerbszentrale mit Sitz in Bad Hom-
burg ist die Rede von 50 Beschwerden, die
man in den vergangenen zehn Tagen erhal-
ten habe. Die meisten beziehen sich auf
Verkäufer, die mit Heilmitteln oder dem
präventiven Schutz vor Covid-19 gewor-
ben haben oder es immer noch tun. Einige
suggerieren, angeblich könnten bestimm-
te Pilze helfen, bei anderen sind es Lutsch-
pastillen oder Gurgelwasser gegen Corona-
viren. „Wer mit so etwas wirbt und damit
Geld macht, macht sich selbst zum Profi-
teur der Krise, indem er mit der Angst der
Leute arbeitet”, sagt Christiane Köber, Mit-
glied in der Geschäftsführung der Wettbe-
werbszentrale. Dutzende Händler hat der
Verein bereits abgemahnt.
Auf ihre Werbung und Versprechen an-
gesprochen, reden sich die Händler her-
aus: Sie würden gar nicht mit einer Wirk-
samkeit gegen das Coronavirus werben. Es
gehe vielmehr um die Stärkung des Im-
munsystems oder mehr um Viren im Allge-
meinen, heißt es auf Nachfrage. Lediglich
eine Firma behauptet in einer langen Ant-
wort, ihr Mittel würde vor dem Coronavi-
rus schützen. Studien zur tatsächlichen
Wirkung gebe es aber nicht, dazu sei das Vi-
rus noch zu neu. Inwiefern so etwas justi-
ziabel wäre, ist nicht leicht zu beantwor-
ten. Jedenfalls nicht so leicht wie bei Fake-
Shops. Ein paar Tage noch, dann wird die
Seite mit der dampfenden Kaffeetasse im
Logo wahrscheinlich für eine Weile ver-
schwinden. Sobald die Betreiber eine neue
Bankverbindung haben, wird die Seite wie-
der auftauchen. Produkte wird sie mut-
maßlich nie verschicken.

Daran erkennen


Verbraucher Fake-Shops


Welche Indizien und Warnsignale Kunden kennen sollten


Geschäft mit der Angst

Windige Geschäftemacher und mutmaßliche Betrüger nutzen die Corona-Pandemie aus: Mit zweifelhaften
Medizin-Empfehlungen oder gefälschten Online-Shops versuchen sie, aus der Unsicherheit Profit zu schlagen

Eli Defes, 57, Vorsitzender des Verwal-
tungsrats der größten israelischen Flugli-
nie El Al, bezeichnet es als wahrschein-
lich, dass das Unternehmen Konkurs an-
melden muss. Vor dem Knesset-Aus-
schuss, der sich mit den Folgen der Coro-
na-Krise beschäftigt, bezifferte Defes am
Montag den akuten Finanzbedarf auf
350 Millionen US-Dollar. „Wenn wir nicht
sofort Hilfe bekommen, dann wird El Al in
den nächsten Tagen schließen müssen.“
El Al erwirtschaftete zuletzt Einnahmen
von rund 200 Millionen US-Dollar. Seit
dem 10. März ist der Flugbetrieb ausge-
setzt – voraussichtlich bis zum 2. Mai. Die
Fluglinie verhandelt über einen vom Staat
garantierten Kredit in Höhe von bis zu
300 Millionen Euro. Nach Ansicht von
Defes ist El Al in der Lage, binnen zwei
Jahren wieder profitabel zu werden.
Größte Anteilseigner an der 1948 gegrün-
deten Fluglinie sind Knafaim Holdings
(39,33 Prozent) und Pinchas Ginzburg
(6,85 Prozent), die eigenen Mitarbeiter
halten 6,26 Prozent und der Staat Israel
1,1 Prozent. Defes kritisierte auch das
Verhalten der israelischen Regierung. In
Europa hätten die Regierungen rasch
Unterstützungspakete für Flugunterneh-
men geschnürt. Auch die zwei anderen
israelischen Fluglinien Israir und Arkia
wollen Staatshilfen. afs


Samih Sawiris, 63, Ägypter und Touristik-
Unternehmer, plant offenbar seinen
nächsten Coup in Deutschland. Der Milli-
ardär, der bereits einen Minderheitsanteil
an FTI hält, will den Münchner Reisever-
anstalter nun komplett übernehmen.
Beim Bundeskartellamt wurde das Vorha-
ben bereits angemeldet. Es gehe um „die
Übernahme einer Mehrheitsbeteiligung
und der alleinigen Kontrolle über die FTI
Finanzholding“, wie aus der Liste der
laufenden Fusionskontrollverfahren her-
vorgeht. Die Luxemburger Gesellschaft
SOSTNT, die dies dem Eintrag zufolge
anstrebt, wird von Sawiris kontrolliert.
FTI erklärte dazu: „Zum gegenwärtigen
Zeitpunkt ist keine Übernahme durch den
Gesellschafter Sawiris vollzogen.“ Zuerst
berichtete dieWeltdarüber.
Sawiris(FOTO: DPA), der in Berlin geboren
ist und fließend deutsch spricht, hat als
Unternehmer nicht nur eine ganze Reihe
von Hotels und Ferienresorts aufgebaut,
sondern auch ganze Retortenstädte in
Ländern wie Ägypten oder Oman. Beson-
ders bekannt ist der vor mehr als 30 Jah-
ren errichtete Touristenort El Gouna am
Roten Meer, der auch als Vorbild für ande-
re Projekte von Sawiris gilt. Seine in der
Schweiz ansässige Holding betreibt nach
eigenen Angaben 33 Hotels mit mehr als
7200 Zimmern. FTI ist mit rund 12 000

Beschäftigten eines der größten Touristik-
unternehmen in Deutschland und, wie die
gesamte Reisebranche, stark von den
Auswirkungen der Corona-Krise betrof-
fen. Vergangene Woche hatte das Unter-
nehmen mitgeteilt, mit Hilfe staatlicher
Bürgschaften des Bundes sowie der Län-
der Bayern, Thüringen und Berlin seine
Finanzierung für die kommenden zwölf
Monate gesichert zu haben. Zudem gebe
es Sparmaßnahmen und Kurzarbeit. Zur
Höhe der Bürgschaften wurde nichts be-
kannt. sz

Edgar Berger, 53, Multitalent, wird Chef
der neuen Autoscout24 Gruppe. Dazu
gehören seit Anfang April die Portale Auto-
scout24, Finanzcheck sowie Finance-
scout24. Diese Firmen hatte der Finanzin-
vestor Hellman & Friedman der
Scout24 AG abgekauft. Berger hat davor
das Geschäft von Sony Music außerhalb
der USA geleitet, er war leitender Mana-
ger bei Bertelsmann und privater Investor
im Technologie-Sektor. Blake Kleinman,
Partner bei Hellman & Friedman, attes-
tiert Berger „unternehmerischen Geist,
ein ausgezeichnetes strategisches Know-
how sowie eine starke Führungsexperti-
se“. Seine vornehmliche Aufgabe wird es
sein, das digitale Geschäft voranzubrin-
gen, er wolle mit seinem Team „innovati-
ve Produkte für Nutzer und Autohändler
entwickeln“. Berger(FOTO: PICTURE ALLIANCE)hat
auch Erfahrung als Journalist: Nach zwei
Jahren bei der Beratungsfirma Roland
Berger arbeitete er
sieben Jahre lang als
TV-Journalist, unter
anderem als politi-
scher Korrespondent.
Er ist Maschinenbau-
Ingenieur, hat dazu
noch Wirtschaftswis-
senschaften und Philo-
sophie studiert. ma

Hartmut Jenner, 54, Chef des schwäbi-
schen Reinigungsgeräte Herstellers Kär-
cher, macht die Küche nicht mehr nur
sauber. Er macht quasi gleich die ganze
Küche, und zwar mobil. Von der Bundes-
wehr hat Kärcher den Auftrag erhalten, in
den kommenden 16 Jahren insgesamt
400neue Feldküchen, vulgo: Gulaschka-
nonen, zu entwickeln und zu liefern. Die
Order bei der auf solcherlei Aufträge spezi-
alisierten Tochter Futuretech habe einen
Wert im dreistelligen Millionenbereich
und sei damit „der bislang größte Einzel-
auftrag in der Geschichte unseres Unter-
nehmens“, sagte Jenner(FOTO: DPA).
Erfahrung mit solcherlei Bestellungen
im Flecktarn-Muster haben die Schwa-
ben: Schon die bisherige Gulaschkanone
der Bundeswehr stammt aus dem Hause
Kärcher. Entwickelt in den Achtzigern
und seit 1990 gebaut, wurde das Modell
TFK 250 nach Angaben des Unterneh-
mens nicht nur an die Bundeswehr gelie-
fert, sondern in alle Welt – bisher mehr
als 4000 Mal. Ein Verkaufsschlager, mon-
tiert auf einem geländegängigen Einachs-
Anhänger.
So kompakt wird die „Feldküche der
Zukunft“ nicht mehr sein. Sie soll, heißt
es, in zwei 20-Fuß-Containern verbaut
werden, die dann vor Ort aufgestellt und
verbunden werden. Dafür soll sie aber

auch viel mehr können, als nur 250 hung-
rige Soldaten mit schnöder Gulasch- oder
Erbsensuppe zu versorgen. Die neuen
Feldküchen sollen überall auf der Welt
einsetzbar sein, egal in welcher Klimazo-
ne. Außerdem sollen sie eine integrierte
Trinkwasserversorgung an Bord haben,
dazu Waschbecken fürs Personal, sie sol-
len den Abfall sammeln und das Abwasser
aufbereiten können. Ob Jenner damit
dann auch die Kärcher-Kantine auf Con-
tainer-Betrieb umstellen lässt, dazu ist
derweil nichts bekannt. sry

(^16) WIRTSCHAFT Dienstag, 7. April 2020, Nr. 82 DEFGH
Begehrte Schutzmasken: Nicht alle Angebote im Netz sind seriös, gelegentlich kommt die schon bezahlte Ware nicht an. FOTO: CHRISTOPH SOEDER/DPA
Online-HandelMutmaßliche Betrüger nutzen die Sorgen der Menschen für ihre Zwecke – worauf Käufer achten sollten
Vor dem Konkurs Urlaubsprofi Das Digitale stärken
PERSONALIEN
Essen auf Rädern
Wer glaubt, dass er in einem
gefälschten Shop bestellt hat,
sollte die Polizei einschalten
Gütesiegel auf den
Webseiten dubioser Betreiber
sind oft gefälscht
Leicht zu erkennen
sind diese Fake-Shops
nicht
Manche Angebote
sind nicht betrügerisch,
sondern nur dreist

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