Handelsblatt - 07.04.2020

(Elle) #1
Christian Wermke Berlin, Münster, Düsseldorf

D


as Dentalreich von Jürgen Öztan, das
ihm gar nicht mehr so ganz gehört, ist
gut 700 Quadratmeter groß: Zehn Be-
handlungsräume ziehen sich den lan-
gen weißen Gang entlang, Berlin-Fo-
tos an der Wand, ein Zimmer am nächsten, im Dop-
pelschichtbetrieb gefahren. Dazu kommen Räume
für Zahnreinigungen, Operationssäle, Übernach-
tungszimmer, Röntgen, die Kieferchirurgie. Öztan,
weinrotes Arzthemd, weiße Clogs an den Füßen,
führt durch den Nieselregen zum nächsten Gebäude,
wo er erst vor Kurzem eine weitere Praxis eröffnet
hat: Gesichtschirurgie, noch mal 150 Quadratmeter.
Dazu betreibt Öztan hier in Marzahn, tief im Osten
Berlins, auch noch eins seiner zwei Labors.
Der 45-Jährige hat die „Zahnklinik Ost“ vor zehn
Jahren als Gemeinschaftspraxis aufgebaut, sie im-
mer weiter vergrößert, ist heute Chef von 100 Mit-
arbeitern. Und doch gehört dem Zahnarzt nur
noch ein Bruchteil: Im vergangenen Jahr machte er
aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Medi-
zinisches Versorgungszentrum (MVZ). Kurze Zeit
später verkaufte er die Mehrheit an einen Finanz -
investor aus Münster: Colosseum Dental.
Öztan kommt aus Berlin, hat hier studiert, fühlte
sich schon immer wohler in „großen Konstrukten“,
mag die Teamarbeit. 2004 machte er sich selbst-
ständig, setzte seitdem immer auf Wachstum – bis
dato finanziert über Eigenkapital und Kredite. „Es
ist für mich ein angenehmes Gefühl, nun einen
starken Partner mit Kapital im Rücken zu wissen“,
erklärt Öztan. Colosseum, das zur Schweizer Ja-
cobs Holding gehört, unterstütze ihn bei Qualitäts-
management, Hygiene und Geräten. Am meisten
gewinne an der Kooperation der Patient: „Ich ar-
beite genauso weiter wie vorher, kann das aber
kostengünstiger tun als bisher.“
Die Jacobs-Familie, früher vor allem für ihre Kaf-
feekrönung bekannt, ist nur einer von vielen Groß-
investoren, die derzeit den deutschen Dentalmarkt
fluten. Die Zahl der Zahnarztketten in Hand von
Private Equity und Family Offices wächst seit nun-
mehr fünf Jahren. Kein Wunder: Der Markt hierzu-
lande ist gut 25 Milliarden Euro schwer. Obendrein
steht die gesamte Branche vor einem Generatio-
nenwechsel: Tausende Zahnmediziner gehen dem-
nächst in den Ruhestand. Anders als früher finden
die scheidenden Ärzte immer öfter keinen Abneh-
mer für ihre Praxen. Absolventen gäbe es genug.
Doch der Beruf ist zuletzt viel weiblicher gewor-
den. Unijahrgänge mit 80 Prozent Frauenquote
oder mehr sind keine Seltenheit. Job und Familie
zu vereinen wird aber auch für männliche Dentis-
ten immer wichtiger. Viele junge Zahnärzte wollen
nicht die Last der eigenen Praxis, deren Übernah-
me oder Neuaufbau gut und gern eine halbe Milli-
on Euro kosten kann. Sie lassen sich lieber anstel-
len – immer mehr tun das bei einer der MVZ-Ket-
ten. Schon heute sind mehr als 4 300 der rund
72 600 Zahnärzte bei den Zentren beschäftigt.

Coronakrise trifft kleine Praxen hart
Hinzu kommt nun noch eine Krise, die auch vor
den Zahnärzten nicht haltmacht: Corona. „Nach
wenigen Wochen droht vielen kleineren Zahnarzt-
praxen in Deutschland die Insolvenz“, mahnt Kai
Fortelka, Sprecher der Kassenzahnärztlichen Bun-
desvereinigung (KZBV). Viele Praxen haben Kurz -
arbeit beantragt, nehmen nur noch Notfälle an, ha-
ben Routineeingriffe verlegt. Für Covid-19-Patien-
ten werden Schwerpunktpraxen eingerichtet.
Gerade Zahnärzte sind gefährdet: Sie greifen di-
rekt in den Rachen, beim Bohren entsteht Sprüh-
nebel, die potenziell kontaminierten Aerosole flie-
gen nur so durchs Behandlungszimmer. Im Kran-
kenhausentlastungsgesetz der Bundesregierung
tauchten die Zahnärzte trotzdem nicht auf. „Es
herrscht eine große Unsicherheit unter den Kolle-
gen“, erklärt Dietmar Oesterreich, Vizepräsident
der Bundeszahnärztekammer (BZÄK). „Wir sehen
gerade bundesweit eine deutliche Reduktion der
Patientenzahlen und des Leistungsspektrums der
Behandlungen.“ Auch, weil es an Handschuhen
fehle, an einfachem Mund-Nasen-Schutz, Personal
unter Quarantäne stehe. In Bayern seien schon
fünf Prozent der Praxen nicht mehr im Dienst.
Ärzte, die kurz vor dem Ruhestand stehen, zäh-
len obendrein zur Risikogruppe – das Coronavirus
könnte für sie gefährlich werden. „Es gibt Hinwei-
se, dass jetzt ältere Kollegen schon früher ihren Be-
ruf aufgeben, ohne dass die Praxis bereits an einen
Nachfolger übergeben wurde“, beobachtet Oester-
reich. „Punktuell sehe ich die Gefahr, dass sich da-

durch auch Versorgungslücken auftun, primär auf
dem Land.“ Die Krise treffe die ganze Zahnärzte-
schaft. „Aber gerade junge Zahnärzte, die im Auf-
bau ihrer Praxen sind oder vor Kurzem eine Praxis
übernommen haben, leiden derzeit besonders.“
Ausgerechnet die Finanzinvestoren könnten nun
von der Krise profitieren. Dass überhaupt so viel
branchenfremdes Kapital in den Markt fließen
kann, ist schuld des Gesetzgebers: Im Juli 2015 trat
das GKV-VSG in Kraft, ein deutsches Kürzel-Unge-
tüm, das für „Gesetz zur Stärkung der Versorgung
in der gesetzlichen Krankenversicherung“ steht.
Der Bundestag strich darin die Vorgabe, dass Medi-
zinische Versorgungszentren fachübergreifend auf-
gestellt sein müssen. Zahnmedizinische MVZs kön-
nen seitdem nicht nur von Zahnärzten oder ande-
ren Medizinern gegründet werden, sondern auch
durch zugelassene Krankenhäuser – egal ob diese
eine zahnmedizinische Abteilung haben oder
nicht. Investoren nutzen dieses Schlupfloch, indem
sie sich einfach ein Krankenhaus kaufen.
Zehn Private-Equity-Gesellschaften und zwei Fami-
ly Offices hat die Kassenzahnärztliche Bundesvereini-
gung Ende 2019 im deutschen Dentalmarkt identifi-
ziert. Es sind finanzstarke Player, zusammen verwal-
ten sie ein Investitionsvolumen von gut 94 Milliarden
Euro, schreibt die KZBV in ihrem jüngsten Statistik-
bericht, der dem Handelsblatt vorliegt. Bereits 186
der rund 950 MVZs lassen sich einem der Finanzin-
vestoren zuordnen – das entspricht einem Anteil von
rund 20 Prozent aller Versorgungszentren. Die Kurve
zeigt steil nach oben: Im dritten Quartal 2018 lag die

Zahl der Investoren-MVZs noch bei 75. Der Rest der
MVZs ist größtenteils in zahnärztlicher Trägerschaft.
Die KZBV hat sich Anfang 2019 in einer Analyse
auch das Abrechnungsverhalten der investoren -
getragenen MVZs angeschaut. Man erkenne Anzei-
chen für eine „renditeorientierte Leistungserbrin-
gung“, heißt es darin. Im Vergleich zu anderen Pra-
xisformen sei der Anteil kostenintensiver
Versorgungen höher, genauso wie der privatzahn-
ärztliche Honoraranteil. Es lasse sich eine „Fokus-
sierung auf die Erbringung von kostenintensiveren
Neuversorgungen mit Zahnersatz“ erkennen.
Egal wo, das Ziel von Finanzinvestoren ist immer
das gleiche: den Markt erobern, Zahlen optimieren,
am Ende gewinnbringend weiterverkaufen.

Drei Besitzer in vier Jahren
Bei Zahneins ist genau das ziemlich schnell passiert.
Die 2016 von Daniel Wichels gegründete Gruppe, die
heute mehr als 150 Zahnärzte an 35 Standorten be-
schäftigt, wurde 2017 von der US-amerikanischen Be-
teiligungsgesellschaft Summit Partners übernom-
men. Knapp drei Jahre später wechselte der Besitzer
erneut: Zahneins gehört seit Dezember 2019 der
französischen Private-Equity-Gesellschaft PAI Part-
ners – über den Kaufpreis wurde Stillschweigen ver-
einbart. Ein persönliches Interview mit Gründer Wi-
chels ist nicht möglich, heißt es bei Zahneins. Statt-
dessen beantwortet der Zahnarzt Fragen schriftlich.
Wichels macht klar, dass sich die Strategie von
Zahneins auch mit dem neuen Investor nicht ände-
re. Gemeinsam mit den Partner-Zahnärzten sei es

Zahnärztin: Bei
den Jüngeren
wächst die
Zahl derer, die
sich gegen eine
eigene Praxis
entscheiden.

DigitalVision/Getty Images

Colosseum Dental Deutschland GmbH

Privat-


investoren


werden in


Zukunft mehr


gebraucht


denn je, um


die Grund-


versorgung


zu sichern.


Thomas Bäumer
CEO Colosseum Dental

Rendite


mit Biss


Finanzinvestoren drängen auf den Dentalmarkt, immer mehr


Großpraxen entstehen. Den Trend könnte Corona nun noch


verschärfen: Vor allem kleine Zahnärzte sind derzeit bedroht.


Report
DIENSTAG, 7. APRIL 2020, NR. 69
20

weiterhin das Ziel des Hamburger Unternehmens,
„Patienten qualitativ hochwertige Zahnmedizin an-
zubieten“ und einen nachhaltigen Versorgungsbei-
trag zu leisten. Mit PAI wolle man nun verstärkt die
Digitalisierung und Modernisierung der Praxen vo-
rantreiben. Auf die Frage, ob Wichels überrascht
war von der Verkaufsentscheidung der Amerikaner,
heißt es nur: „Wir danken Summit Partners für die
vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit.“
Der deutsche Markt für Investoren ist noch jung.
Andere europäische Länder sind schon viel weiter:
In Finnland etwa haben große Dentalketten bereits
einen Marktanteil von 35 Prozent, in Spanien sind
es 25 Prozent, Großbritannien kommt auf 24 Pro-
zent. Auch in andere Länder wird massiv inves-
tiert, etwa Italien, Frankreich und Belgien.
Nicht immer bürgen die neuen Giganten für Se-
riosität und Qualität, wie das Beispiel der spani-
schen Firma iDental zeigt. Sie betrieb 26 Zentren
mit rund 2 500 Mitarbeitern, 2017 übernahm der
Investmentfonds Weston Hill die Kette, 2018 wurde
sie von den spanischen Behörden geschlossen. Der
Vorwurf: iDental soll massiv gegen zahnmedizini-
sche Mindeststandards verstoßen und Patienten zu
schnellen Behandlungsentscheidungen gedrängt
haben. In Frankreich bot die Kette Dentexia ab
2012 Implantate zur Hälfte des üblichen Preises an.
Patienten mussten im Voraus bezahlen oder einen
Kredit aufnehmen, den Dentexia selbst vermittelte.
2016 hat ein Gericht die Auflösung der Firma ange-
kündigt, der Schuldenstand soll damals bei 22 Mil-
lionen Euro gelegen haben. Mehr als 2 500 Patien-

ten blieben mit unvollendeten Behandlungen oder
Folgen von Behandlungsfehlern zurück.
Bei der KZBV in Deutschland ist man alarmiert,
sieht „die Gefahr einer versorgungsschädlichen Kom-
merzialisierung des Gesundheitswesens“. Wie das
Handelsblatt erfuhr, lehnten die „Zahnärztlichen Mit-
teilungen“, das KZBV und BZÄK als Branchenblatt
herausgeben, vergangene Woche die Anzeige eines
Investoren-MVZ ab. Begründung des Chefredak-
teurs: die „politische Positionierung der beiden Orga-
nisationen“. Der Dachverband der europäischen
Zahnärzte warnte schon 2018 vor der Ausbreitung
von Investorenketten, sah darin „eine massive Ge-
fahr in Form von mangelndem Patientenschutz“.
Jörn Thiemer kann über all diese Vorwürfe nur
den Kopf schütteln. „Das ist doch in erster Linie eine
ideologisch geführte Diskussion“, sagt der Chef der
MVZ-Kette KonfiDents, die ihre Zentrale in Düssel-
dorf hat. „Natürlich machen wir als MVZ mehr Um-
satz als eine kleine Einzelpraxis.“ Wegen des hohen
Spezialisierungsgrads der Ärzte könnten sie auch
kompliziertere Eingriffe wie Implantate oder High-
End-Ästhetik anbieten. „Und natürlich ist ein Implan-
tat teurer als eine Füllung.“ Der große Vorteil: Konfi-
Dents könne die Leistungen auf dem Markt eher
günstiger anbieten, weil in der Gruppe Synergien ge-
schaffen werden. „Beim Einkauf, beim Steuerbera-
ter, vieles wird zentralisiert“, erklärt Thiemer.
Elf Praxen an 16 Standorten gehören zu seinem
Portfolio, etwa 70 Zahnärzte sind dort beschäftigt.
Auch seine eigene Bochumer Praxis, die er vor 25
Jahren gegründet hat, ist mittlerweile Teil der Ket-

te. Der Investor hinter allem: Altor Equity Partners
aus Schweden. Dass Altor auf die Zahlen schaue,
sei ganz normal. „Auch die Bank will Zahlen sehen,
sonst gibt es keinen Kredit“, meint Thiemer. Natür-
lich habe man das Ziel, eine Rendite zu erwirt-
schaften – „aber keine medizinischen Vorgaben,
wie wir dahin kommen.“ Er sieht Altor als Partner
auf Augenhöhe, fühlt sich wohl in dem Konstrukt,
das sich noch immer wie ein Start-up anfühle.
In der Coronakrise hat KonfiDents alle Praxen auf
Notbetrieb heruntergefahren – um Mitarbeiter und
Patienten zu schützen. „Dadurch haben wir freiwil-
lig gewählte enorme Umsatzverluste“, berichtet
Thiemer. Trotzdem bot er Ende März gemeinsam
mit anderen Investorengruppen der KZBV an, in
mehr als 30 Landkreisen im Notdienst auszuhelfen.
Eine Antwort habe er bislang nicht erhalten. Das of-
fenbar geltende Anzeigenverbot in den „Zahnärztli-
chen Mitteilungen“ findet Thiemer „unhaltbar“: Al-
le Zahnärzte seien Zwangsmitglieder der Kammer.
„Dennoch wird versucht, uns den Zugang zum offi-
ziellen Organ des Verbands zu verbieten.“
Thiemer glaubt, dass sich der Markt nach der
Krise verändern wird. Junge Zahnärzte würden ge-
rade sehen, wie hoch das wirtschaftliche Risiko sei.
Eine Anstellung in einer großen Gruppe biete
„mehr wirtschaftliche Sicherheit“. Größere
und länger bestehende Konstrukte könnten sol-
che schwierigen Phasen besser überstehen.

Helfer bei der Grundversorgung?
Auch Thomas Bäumer glaubt, dass sein Praxen-Netz-
werk weiterhin schnell wachsen wird. Der 56-Jähri-
ge führt seit Anfang 2018 die Colosseum Dental
Deutschland, zu der auch die große Berliner Klinik
von Zahnarzt Öztan gehört. „Privatinvestoren wer-
den in Zukunft mehr gebraucht denn je, um die
Grundversorgung der Menschen zu sichern“,
glaubt Bäumer. Mittlerweile umfasst Colosseum
fast 30 MVZs mit mehr als 50 Standorten. Auch
wenn Bäumer die Auswirkungen der Coronakrise
derzeit enorm spürt: Im Verbund könne man mehr
erreichen als ein Einzelkämpfer. So versuchten sie
derzeit, über den zentralen Einkauf dringend be-
nötigte Schutzmaterialien zu beschaffen.
Viele Jahre war Bäumer Chef des Personaldienst-
leisters Adecco, der damals auch zur Jacobs Holding
gehörte. Als der erneute Ruf aus Zürich kam, war der
Manager angefixt. Fast alle Firmen im Jacobs-Imperi-
um sind irgendwann an die Börse gegangen oder
Weltmarktführer geworden. Das will Bäumer nun
auch bei den Zahnärzten versuchen. Mindestens 80
Prozent übernimmt Colosseum an den Praxen.
„Zahnmedizinisch sind unsere Ärzte absolut unab-
hängig und frei in der Therapie und Diagnose“, sagt
Bäumer. Zahnärzte seien sensible Künstler, man kön-
ne sie nicht kaufen wie einen Industriebetrieb.
Bäumer sieht sein Unternehmen, das die Umsatz-
marke von 100 Millionen Euro schon hinter sich ge-
lassen hat, eher als Dienstleister für die Praxen,
hilft bei Organisation und Verwaltung, bei Einkauf
und Marketing. „Schon jetzt werden große Syner-
gieeffekte deutlich“, erklärt Bäumer. Markenpro-
dukte wie Implantate bekämen sie zu besseren
Konditionen als eine Einzelpraxis. Das spürt auch
der Patient: „Bei Kronen, Implantaten und Fremd-
laborarbeiten müssen wir unsere Preisvorteile zu
100 Prozent an die Patienten weitergeben.“
Beim Einkauf von Tupfern, Bohrern oder Be-
handlungsstühlen könne man hingegen sparen. Co-
losseum steht zudem ein noch größerer Hebel zur
Verfügung: Die Jacobs Holding ist mit der Kette
schon in mehreren Ländern Europas aktiv, vor Kur-
zem kamen die USA hinzu. Nimmt man alle Län-
dergesellschaften zusammen, kratzt der Umsatz
von Colosseum an der Milliarden-Euro-Grenze.
Den Vorwurf der Profitgier weist Bäumer zurück.
„Natürlich haben auch wir Gewinnabsichten“, sagt
er. Allerdings seien die Investments der Jacobs Hol-
ding meist mit mehr als zwei Dekaden sehr langfris-
tig orientiert. Über die Jacobs Foundation kämen
die Erträge der Holding zudem auch Kindern und
Jugendlichen in aller Welt zugute. Bäumer glaubt
sogar, dass die MVZ-Struktur langfristig ein Modell
sein könnte, um die flächendeckende Grundversor-
gung zu gewährleisten. Kaum ein junger Zahnarzt
wollte heute noch auf dem Land leben. In Colosse-
ums Praxisverbund könnte die Lücke aber langfris-
tig durch Rotation der Zahnärzte abgedeckt wer-
den. Und Patienten, die in kleinen Satellitenpraxen
lediglich die Standardversorgung erhalten, will Bäu-
mer künftig gratis per Shuttle zu größeren Partner-
praxen bringen. Die viel gescholtenen Investoren:
Sie könnten am Ende vielleicht sogar ein Teil der
Lösung sein – und nicht mehr das Problem.

Praxis von Colosseum
Dental in Oslo: Die Gruppe ist
in mehreren Ländern aufgestellt.
Colosseum Dental Deutschland GmbH

Lukrative Zahnpflege: Der deutsche Dentalmarkt ist rund
25 Milliarden Euro schwer.

Freedomz - stock.adobe.com
Berliner Klinikchef Jürgen Öztan: „Ich arbeite genauso
wie vorher, kann das aber kostengünstiger tun.“

Christian Wermke für Handelsblatt

Colosseum Dental
Hinter der Kette aus
Münster steht die
Schweizer Jacobs Hol-
ding. In Deutschland
betreibt Colosseum
knapp 30 MVZs mit
mehr als 50 Standorten.

KonfiDents Der Inves-
tor im Hintergrund ist
Altor Equity Partners
aus Schweden. Die
Gruppe mit Sitz in

Düsseldorf betreibt der-
zeit elf Praxen mit 16
Standorten.

Zahneins Ursprünglich
war die US-Beteili-
gungsgesellschaft Sum-
mit Partners der Geld-
geber für die Hambur-
ger MVZ-Kette, die 35
Standorte betreibt.
Ende 2019 übernahm
PAI Partners aus Frank-
reich.

Die größten Investoren

20


PROZENT
aller zahnmedizini-
schen Versorgungs-
zentren (MVZ) in
Deutschland sind in
Hand von Private-
Equity-Gesellschaften
und Family Offices.

Quelle: KZBV

Report
DIENSTAG, 7. APRIL 2020, NR. 69
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