Der Stern - 08.04.2020

(Brent) #1
Wir leben aktuell in einer außergewöhnlichen,
sorgenvollen Zeit. Ein Virus hat das Leben, wie wir
es bisher kannten, völlig verändert. Das spüren
wir in unserem Alltag, im Privatleben wie auch im
Beruf. Gerade jetzt zu Ostern – draußen scheint
die Sonne, die Vögel zwitschern, das zarte Früh-
lingsgrün sprießt – möchte man raus. Wir wollen
Freunde und Familie treffen, einen Kaffee an der
frischen Luft trinken, ein Eis oder ein Stück
Kuchen essen und das Leben genießen. All das
geht gerade nicht, und wenn nur in stark einge-
schränkter Form. Denn weiterhin gilt: Bleiben Sie
zu Hause! Halten Sie sich an die wohlüberlegten
Leitlinien der Bundesregierung – so lange, wie es
erforderlich ist.
Sich eingesperrt zu fühlen, allein zu sein, der
persönlichen Freiheit beraubt – das alles ist nicht
leicht. Mit den Liebsten nur über ein Telefon oder
ein Videogespräch verbunden zu sein, wo man
doch so dringend eine Umarmung brauchte – das
schmerzt. Meine Eltern und ich verabreden uns
einmal die Woche zum Treppenplausch. Sie set-
zen sich zu zweit auf Hockern vor ihre Wohnungs-
tür, ich nehme mit meinem Mann auf den Stufen
in ihrem Hausflur Platz, und dann wird erzählt.
Es ist nicht das Gleiche, trotzdem fließen ab und
an Tränchen der Sehnsucht, weil man sich so ver-
misst. Aber es ist lebenswichtig. Das Coronavirus
breitet sich noch immer mit hoher Geschwindig-

W


keit aus. Täglich werden Tausende neue Infektio-
nen in Deutschland festgestellt. „Es ist noch zu
früh, um die strengen Regeln zu lockern“, sagt
Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrem Video-
podcast. Und dass sie uns allen unendlich dank-
bar für unsere Mithilfe ist. Die Mehrheit in
Deutschland zeigt sich von ihrer besten Seite.
Dieses Osterfest wird ganz anders, als wir es
gewohnt sind. Kein Osterfeuer, kein Kirchgang,
kein Kurzurlaub, kein Familienbesuch. Und trotz-
dem sollten wir feiern. Den Frühling, den unser
Autor Peter Wohlleben ab Seite 72 beschreibt. Dass
wir uns haben, dass wir zusammenhalten und
diese Krise gemeinsam überwinden werden.
Ostern ist für Christen das Fest der Auferste-
hung Jesu von den Toten. Wer nicht an die Bibel
glaubt oder mit religiösen Begriffen nichts anfan-
gen kann, ist trotzdem eingeladen, mit uns das
Leben zu feiern. Denn genau darum geht es bei
diesem Fest: das geschenkte Leben zu würdigen.
Wenn Sie sich das an diesem Wochenende vor
Augen führen, ist der Sinn von Ostern erfüllt.
Danke, dass Sie den stern lesen. Frohe Ostern,
und bleiben Sie gesund.

Viele Geschäfte und Unternehmen müssen geschlossen bleiben, viel mehr Menschen
als sonst arbeiten im Homeoffice, in Kurzarbeit oder bangen um ihren Job. Wie verändert
das unsere Wirtschaft und unser Zusammenleben? Mein Kollege Horst von Buttlar,
Chefredakteur von „Capital“ und Wirtschaftsjournalist des Jahres, beantwortet diese
Fragen zusammen mit Wissenschaftlern, Managern oder Philosophen in seinem neuen
Podcast „Die Stunde Null – Deutschlands Weg aus der Krise“. Überall zu hören, wo es
Podcasts gibt, auf Audio Now, Spotify, iTunes und stern.de

Wie steht es um die deutsche Wirtschaft?


8.4.2020 3

Anna-Beeke Gretemeier, Chefredakteurin

Liebe Leserin, lieber Leser!


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