Das Megaprojekt sollte die
Freundschaft zwischen China und
Kasachstan bekräftigen, aber das
Gegenteil trat ein. Es ließ träumen
und enttäuschte. Es macht die Elite
in Kasachstan noch reicher, aber
den meisten Kasachen bloß Angst.
Und wenn das Projekt den Hass
gegen China auch nicht auslöste, so
hat es ihm zumindest nichts ent-
gegenzusetzen, es verstärkte ihn wie
ein Brennglas.
Dabei begann alles mit Hoffnung.
*
Die Grenze zwischen China und
Kasachstan zieht sich durch kar-
ge Steppe, nur die Ausläufer des
Gebirges Tianschan durchbrechen
die Einöde des Graslandes. Mitten
in dieser Wüste liegt Chorgos, ein
Dry-Port für Güterzüge, der wie ein
Hafen aussieht, nur ohne Wasser.
Vielleicht symbolisiert kaum ein
anderer Ort die Neue Seidenstraße
so wie dieser: aus der Erde gestampft
im Nichts, aber mit der Erwartung
behaftet, das neue Dubai zu werden.
Der Transitverkehr sei wie ein neuer
Rohstoff, den der Nachbar ins Land
pumpt, wie Öl, nur unendlich, hieß
es von nun an: Alle Bahnen in den
Westen halten hier, zum Beispiel
die Güterwaggons von Chongqing
nach Duisburg, die fast täglich im
Dry-Port einlaufen, die Verbindung
ist zwei Wochen schneller als ein
Schiff. Chorgos gilt als Schnittstelle
zwischen den Welten, das Tor aus
China hinaus.
„Die Züge halten hier sowieso“,
erklärte Nursultan Nasarbajew, der
damalige Präsident Kasachstans.
„Also machen wir etwas daraus.“
Die kasachische Staatsholding 4
DAS PROJE
96 8.4.2020