Die Welt - 04.04.2020

(Barry) #1
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utzende moosbewachsene
Stufen führen zum Ackers
Point Lighthouse. Niesel-
regen und Wind erschwe-
ren den Aufstieg. Von der
AAAussichtsplattform im Osten von Ste-ussichtsplattform im Osten von Ste-
wart Island soll man bei Dämmerung die
beste Chance haben, die bläulichen
Zwergpinguine zu sehen. Eine Einheimi-
sche hatte mir am Vorabend im Hostel
den Tipp gegeben. Oben angekommen,
habe ich zwar einen schönen Blick aufs
Meer, doch von den Zwergpinguinen
fffehlt jede Spur.ehlt jede Spur.
Minute um Minute vergehen. Der
Wind wird stärker und mit ihm auch die
WWWellen. Ich warte.ellen. Ich warte.
Die kleinsten Pinguine der Welt wer-
den nur etwa 35 Zentimeter groß. Den
ganzen Tag schwimmen und tauchen sie
auf der Suche nach Fischen an der Küste.
Sie sind zwar klein, aber perfekte
Schwimmer mit bis zu sieben Stundenki-
lometern. Sie kommen normalerweise
bei Einbruch der Dunkelheit aus dem
Meer zurück. Doch man muss Geduld
bei der Vogelbeobachtung haben. Das
hatte auch Ian Miller auf einer kurzen
Tour erzählt. Der Guide führte mich di-
rekt nach der Ankunft über die Insel, auf
der seit 2002 gut 97 Prozent der Fläche
unter Naturschutz stehen.
Stewart Island, die Maori nennen sie
Rakiura, ist kaum bewohnt. Die einzige
Ansiedlung ist Oban mit gerade mal gut
6 00 Einwohnern. Neuseelands dritt-
größte Insel ist gebirgig und dicht
bewachsen. Hier leben Vögel, die
es sonst nirgends sonst auf der
WWWelt gibt, fast überall steht Pri-elt gibt, fast überall steht Pri-
märwald. Das ist ursprüngli-
cher Wald, der von menschli-
cher Einflussnahme verschont
blieb: eine Wildnis.
AAAuch wenn die Touristenzahlen vonuch wenn die Touristenzahlen von
Jahr zu Jahr auf gut 55.000 gestiegen
sind, gilt diese Insel noch als Geheim-
tipp. Ganz im Süden der Südinsel Neu-
seelands gelegen, finden hier Naturlieb-
haber jede Menge Möglichkeiten, quasi
in die Natur abzutauchen. Abtauchen,
das ist es. Vielleicht schwimmen die
Zwergpinguine bei diesem Wellengang
nicht an der Oberfläche? Aber irgend-
wann müssen sie ja auftauchen?

Während meine Augen die Felsen ab-
suchen, entdecke ich einen Neuseelän-
dischen Seebären. Auf einem Felsvor-
sprung hat er sich ganz in der Nähe zur
Ruhe gelegt. Ich hatte ihn die ganze Zeit
nicht gesehen. Stolz weise ich einen an-
deren Wanderer auf das pummelige Säu-
getier hin. Idealer Einstieg in ein Ge-
spräch. Zum Dank für meine Entde-
ckung verrät er, wo ich an diesem Abend
viele Zwergpinguine sehen kann: Am
Hafen von Oban. Sie sind wenig scheu,
pragmatisch, brüten manchmal sogar
unter Wohnhäusern und nehmen Nist-
kästen an.
Ich haste zurück in die Stadt. Obwohl
ich so schnell durch den Wald laufe, sehe
ich unterwegs einen Waldpapagei und
mehrere Tui-Vögel: Diese schwarzbläu-
lich gefiederten Honigfresser haben ei-
nen weißen Federbüschel am Hals.
Nur 25 Minuten brauche ich für die
fffast drei Kilometer. Am Hafenast drei Kilometer. Am Hafen
angekommen, sehe ich so-
fffort zwei große Diesel-ort zwei große Diesel-
tanks, die der Wande-
rer beschrieben hatte.
Direkt dahinter sollen
sie sein. Sehr unidyllisch.
Und tatsächlich: Ein dunkelblauer
Zwergpinguin trifft gerade ein, tapst aus
dem Wasser und watschelt einen Felsen
hinauf. Sein Gefieder schimmert im
Licht der Hafenbeleuchtung. Er ver-
schwindet in einem Felsspalt. Doch zwei
weitere sind schon in Sicht und kommen
angewatschelt. Nach einem ganzen Tag
auf der Jagd im Meer, steht für die etwa
4 0 Zentimeter kleinen Vögel die Fütte-
rung der Jungtiere und dann die Nacht-
ruhe an. In engen Erdlöchern und Fels-
spalten haben sie nichts zu befürchten.
Ihre natürlichen Feinde sind Neusee-
ländische Seelöwen und Seebären. Der
Seebär vorhin am Ackers Point und ich
teilten wohl die gleiche Sehnsucht. Gut,
dass wir enttäuscht wurden.
AAAber auch Weiße Haie gelten als na-ber auch Weiße Haie gelten als na-
türliche Feinde der Zwergpinguine. Von
denen soll es rund um Stewart Island ei-
nige Exemplare geben. Doch die Zahlen
sind gesunken, nachdem das Cage Di-
ving und somit auch das Anfüttern der
Meerestiere vor Stewart Island abge-
schafft wurde.

Inzwischen ist es stockfinster. Es reg-
net noch immer. Gerade mal wieder et-
was stärker und auch der Wind hat nicht
nachgelassen. Auf der Main Road treffe
ich den Naturguide Ian Herbert und ei-
ne kleine Gruppe anderer Nachtschwär-
mer. Sie sind auf Kiwi-Suche. Natürliche
Feinde hatte das Nationaltier Neusee-
lands viele Jahrhunderte nicht zu be-
fürchten – bis der Mensch kam. Nach-
dem die ersten Maori von Australien aus
Neuseeland erreichten, wurden Kiwis
vor allem als Nahrung gejagt. Die ersten
europäischen Siedler verstärkten das
Problem. Sie brachten – oft unfreiwillig


  • Ratten, Marder, Hunde und Katzen ins
    Land, die für einen drastischen Rück-
    gang der Kiwi-Populationen sorgten.
    Heute sind Kiwis an vielen Stellen Neu-
    see1lands ausgestorben.


Etwa 15.000 der flugunfähigen Vögel
sind noch auf Stewart Island zu Hause.
Das ist etwa ein Viertel der Gesamtpo-
pulation. Daher hat man bei einer Nacht-
wanderung gute Chancen die Tiere zu
sehen. Und dorthin führt mich mein
WWWeg, nachdem ich bei den Zwergpingui-eg, nachdem ich bei den Zwergpingui-
nen fast die Zeit vergessen hätte.
Kaum jemand kennt die Kiwis auf Ste-
wart Island so gut wie Ian Herbert. Der
Neuseeländer ist seit mehr als 20 Jahren
Nacht für Nacht auf Vogelpirsch. Tags-
üüüber betreut er gerade eine Doktorandin,ber betreut er gerade eine Doktorandin,
die den Südlichen Streifenkiwi auf Ste-
wart Island erforscht. Denn diese Kiwi-
Art ist ganz besonders. Wegen der südli-
chen Lage sind die Nächte im Sommer
kurz. Das nachtaktive Tier hätte also
nicht genug Zeit für die Nahrungsauf-
nahme. Deshalb sind die Streifenkiwis
der Insel auch am Tage aktiv.
„In der Nacht sind die Chancen je-
doch größer, die Tiere anzutreffen“, sagt

Ian. Doch heute scheint alles anders.
„Der starke Wind verhindert, dass wir
die Kiwis hören“, erklärt er. Weder das
Rascheln im Dickicht, noch ihre Rufe,
pfeifendes „Ke-weee, Ke-weee“, mit de-
nen sie die Grenzen der Reviere markie-
ren, werden wir wahrnehmen können.
Die Suche nach den Kiwis beginnt. Mit
nur 15 Kilometern pro Stunde fährt er
mit seinem Bus durch die Gegend. Die
AAAugen hat er dabei kaum auf der Straße.ugen hat er dabei kaum auf der Straße.
Sie schweifen nach links und rechts auf
der Suche nach Neuseelands Nationalvo-
gel. Vor der Lee Bay parkt Ian das Auto.
Dort startet auch der dreitägige Rakiura
Track, ein Wanderweg, der zu den beein-
druckendsten Wanderwegen Neusee-
lands zählt und durch das riesige Natur-
schutzgebiet führt.
Hunderte Meter laufen wir über
fffeuchte Wiesen, vorbei an Büschen undeuchte Wiesen, vorbei an Büschen und
Bäumen. Kein Vogel in Sicht. Im Wald
sollen wir Taschenlampen nutzen. Sie
sind mit roter Folie beklebt. „Denn Kiwis
hassen drei Dinge: Handyklingeltöne,
Kameras und blaues Licht“, erklärt er.
Die rote Folie auf meiner Taschenlampe
erzeugt ein sanftes rotes Licht. Das kön-
nen die Kiwis nicht sehen. Für sie ist es
weiterhin stockfinster, und für uns wird
es sicherer auf dem Waldboden.
Fast eine Stunde vergeht, ehe wir den
WWWald wieder verlassen. Ich habe dieald wieder verlassen. Ich habe die
Hoffnung schon aufgegeben, als Ian uns
plötzlich bittet, unsere Lampen auszu-
schalten und ganz still zu stehen.
AAAuf einer Lichtung sehen wir endlichuf einer Lichtung sehen wir endlich
einen Kiwi. Das Weibchen bewegt sich
wie ein Huhn, pickt permanent auf dem
Boden. Fünf bis sechs Minuten haben
wir die Möglichkeit, es zu beobachten.
Dann dreht der Wind, es wittert uns und
verschwindet rasch im Gebüsch zu sei-
nen Artgenossen.

TSteven Hille ist für seinen Blog
Funkloch.meweltweit unterwegs.

Die Recherche auf Stewart Island wurde
unterstützt von der neuseeländischen
Southland Regional Development Agen-
cy. Unsere Standards der Transparenz
und journalistischen Unabhängigkeit
finden Sie unter axelspringer.de/
unabhaengigkeit.

BLOGGERWELT

Auf der Insel


ddder Zwergpinguineer Zwergpinguine


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04.04.20 Samstag, 4. April 2020DWBE-VP1


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38 REISEN DIE WELT SAMSTAG, 4. APRIL 2020


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