Die Welt - 04.04.2020

(Barry) #1
WWWürttembergs Ministerpräsident Win-ürttembergs Ministerpräsident Win-
fffried Kretschmann (Grüne) warf denried Kretschmann (Grüne) warf den
USA „Wildwest-Methoden“ vor.
AAAuch dem Land Berlin kamen aufuch dem Land Berlin kamen auf
diese Weise Vorbestellungen abhan-
den. Der Innensenator von Berlin be-
stätigte am Freitagnachmittag einen
Bericht des „Tagesspiegel“, wonach ei-
ne Lieferung im Ausland gestoppt wor-
den sei. Demnach sei eine von der Poli-
zei Berlin bei einem US-Hersteller
„bestellte und bezahlte“ Lieferung von
2 00.000 Masken des Standards FFP-
in Bangkok „konfisziert“ worden. Der
Senat gehe derzeit davon aus, dass dies
im Zusammenhang mit dem Ausfuhr-
verbot für Masken der US-Regierung
stehe. Geisel kritisierte dies mit deut-
lichen Worten: „Wir betrachten das als
AAAkt moderner Piraterie.“ So gehe mankt moderner Piraterie.“ So gehe man
nicht mit „transatlantischen Part-
nern“ um. „Auch in globalen Krisen-
zeiten sollten keine Wildwest-Metho-
den herrschen.“ Geisel forderte die
Bundesregierung auf, in Washington
auf Einhaltung internationaler Regeln
zu drängen.
Das Gesundheitsministerium rea-
giert bislang zurückhaltend: Auf
WELT-Anfrage hieß es, der nationale
wie der internationale Markt seien
durch eine „extreme Konkurrenzsitua-
tion im Bereich Schutzausrüstung/in-
tensivmedizinische Infrastruktur“ ge-
kennzeichnet. Die Liefersicherheit sei
„trotz vertraglicher Bindung häufig
nicht sehr hoch“. Daher seien Progno-
sen künftiger Lieferungen „immer mit
einer gewissen Unsicherheit verbun-
den“.
AAAuch eine der größten Einkaufsge-uch eine der größten Einkaufsge-
sellschaften für deutsche Kliniken, die
Ulmer Firma Prospitalia, berichtet:
Seinen Lieferanten zufolge hätten in
den vergangenen Wochen mehrfach
kaufkräftige US-Kunden Lieferungen
aufgekauft, die eigentlich längst für
den deutschen Markt bestimmt gewe-
sen seien. WELT hatte vergangene
WWWoche bereits in einem großen Reportoche bereits in einem großen Report
berichtet, wie Schutzmaterial zum
heiß begehrten Gut wurde – und wa-
rum es in Ländern wie Deutschland zu
Engpässen kommt.
Deutsche Gesundheitspolitiker be-
obachten die wachsende Einkaufs-
macht aus Amerika mit Sorge. Der Ge-
sundheitsexperte der SPD im Bundes-
tag, Karl Lauterbach, warnte bereits
vor einer Woche davor, dass die USA
derzeit „auf eine Kriegswirtschaft um-
stellen“ und „deutlich drastischer als
bisher in den Einkauf einsteigen“ wür-
den. Sie seien finanziell in der Lage, al-
le anderen Länder auszustechen.
Unter chinesischen Herstellern geht
man offenbar davon aus, dass die USA
dort innerhalb der nächsten zwei Wo-
chen Aufträge für Schutzmaterialien
im Wert von rund zwei Milliarden Euro
platzieren werden. Das berichtet einer
der größten deutschen Importeure von
AAAtemschutzmasken im Auftrag dertemschutzmasken im Auftrag der
Bundesregierung, der in regelmäßigem
Kontakt mit einem der wichtigsten chi-

nesischen Hersteller steht. Demnach
tauschen sich die Betreiber der 30
größten chinesischen Atemmaskenfa-
briken zurzeit täglich über die Nach-
fffrage aus anderen Staaten aus. Nochrage aus anderen Staaten aus. Noch
wichtiger als die Preise, die unter-
schiedliche Nationen zu zahlen bereit
sind, seien dabei die Konditionen: Ein-
käufer aus jenen Ländern würden be-
vorzugt behandelt, die bereit seien, in
VVVorkasse zu zahlen oder zumindest dieorkasse zu zahlen oder zumindest die
Hälfte des Kaufpreises anzuzahlen.
VVVorbestellte Ware, die noch nicht ange-orbestellte Ware, die noch nicht ange-
zahlt sei, stehe bis zum Abflug faktisch
zur Disposition.
Die zentralen Beschaffungsämter
Deutschlands bringen diese Anforde-
rungen der chinesischen Hersteller of-
fffenbar in Nöte. Sie zahlen zumindestenbar in Nöte. Sie zahlen zumindest
bislang – im Gegensatz zu den USA –
keine Vorkasse für Bestellungen von
AAAtemmasken oder anderer Schutzma-temmasken oder anderer Schutzma-
terialien. Mehr noch: Deutschland soll
bis vor Kurzem bei Verhandlungen mit
chinesischen Herstellern an seinen
herkömmlichen Einkaufskonditionen
aus Vor-Corona-Zeiten festgehalten
haben: keine Anzahlung, Zahlung erst
3 0 Tage nach Erhalt der Ware – und für
den Transport muss der Lieferant in
VVVorleistung gehen. Seit dem Beginn derorleistung gehen. Seit dem Beginn der
Krise habe Deutschland sein Zahlungs-
ziel auf zehn Tage heruntergesetzt,
sagt ein hochrangiger Einkäufer bei der
Generaldirektion des Zolls. Im Ver-
gleich zu übermächtiger Konkurrenz
wie den USA erscheint dies als zaghaft.
Nicht nur um Atemschutzmasken
kämpfen die USA derzeit offenbar mit
harten Bandagen, sondern auch um
Arzneimittel. Dies gilt vor allem für
Hydroxychloroquin, jenen Wirkstoff,
der normalerweise zur Behandlung
von Malaria und rheumatischen Er-
krankungen eingesetzt wird und auf
den Hoffnungen bei der Behandlung
von Covid-19 gesetzt werden. „Die
Hersteller haben angesichts des welt-
weiten Runs auf den Wirkstoff große
Schwierigkeiten, ausreichend Nach-
schub zu bekommen, zumal es welt-
weit ohnehin nur wenige Hersteller
gibt“, sagt Bork Bretthauer vom Her-
stellerverband Pro Generika.
Die USA sollen sich nach Informa-
tionen aus der Branche vor allem in
Indien derzeit sehr intensiv darum be-
mühen, die begehrten Warenbestände
zu sichern. „Es kursiert das Gerücht,
Trump sei bereit, notfalls das Militär
zu schicken, um die Ware abzuholen,
fffalls die Transportwege in Indien we-alls die Transportwege in Indien we-
gen des Shutdowns weiter geschlossen
bleiben“, heißt es in der Branche.
„Hauptsache, die begehrten Wirkstof-
fffe erreichen ihr Ziel – die USA.“ e erreichen ihr Ziel – die USA.“
AAAuch in Deutschland ist die drohen-uch in Deutschland ist die drohen-
de Knappheit durch den Ausfuhrstopp
längst zur Chefsache geworden: Nach
WELT-Informationen griff Kanzlerin
Angela Merkel in dieser Woche
höchstpersönlich zum Telefon, um
mit Indiens Premier Narendra Modi
zu verhandeln.
MITARBEIT: MICHAEL BEHRENDT, ANJA ETTEL

D


ie Meldungen häuften
sich in den vergangenen
drei Tagen: Erst klagte
am Mittwoch der Präsi-
dent der französischen
Region Grand-Est, Jean Rottner, die
USA hätten Frankreich Atemmasken
abgejagt, „vom Rollfeld“ eines chinesi-
schen Flughafens einfach weggekauft.
„Sie zückten Bargeld und zahlten drei-
oder viermal so viel wie unseren Be-
stellpreis“, sagte Rottner.

VON ANETTE DOWIDEIT

Am Donnerstag berichtete Kanadas
Premierminister Justin Trudeau von
einem Fall, in dem es ebenso gelaufen
sei: Die USA hätten ihren Nachbarn
Schutzausrüstung vor der Nase wegge-
schnappt. Und am Freitag zog Brasilien
nach. Gesundheitsminister Luiz Man-
detta gab an, chinesische Hersteller
hätten bestehende Verträge über die
Lieferung von 200 Millionen Schutz-
masken gekündigt – weil die USA deut-
lich mehr bezahlen würden.
Die USA gehen im weltweiten Be-
schaffungskampf um Atemmasken und
andere Schutzmaterialien, die vor ei-
ner Ansteckung mit dem Coronavirus
bewahren sollen, offenbar rigoros vor.
Zwar wies ein US-Regierungssprecher
gegenüber der Nachrichtenagentur
AFP zumindest die Vorwürfe aus
Frankreich als „komplett falsch“ zu-
rück. Tatsächlich aber häufen sich ver-
gleichbare Fälle – und zwar auch in
Deutschland.
Beim zentralen Einkauf des Bundes-
regierung kam es nach Informationen
von WELT bereits zu kurzfristigen US-
AAAufkäufen von Atemmasken, für dieufkäufen von Atemmasken, für die
längst Lieferverträge geschlossen wa-
ren. Die „eine oder andere vorbestellte
Lieferung“ sei nicht angekommen, weil
die USA kurzfristig bessere Konditio-
nen geboten habe, ist aus der für die
Maskenkäufe zuständigen Generaldi-
rektion des Zolls zu vernehmen. Und
Bundesgesundheitsminister Jens
Spahn (CDU) ließ am Freitag bei einer
Pressekonferenz durchblicken, es sei
bei der zentralen Beschaffung des Bun-
des schon vorgekommen, dass Waren,
die bereits auf dem Rollfeld waren,
nicht Richtung Deutschland starteten.
Zwar müssen Lieferanten Vertragsstra-
fffen zahlen, wenn sie fest vorbestellteen zahlen, wenn sie fest vorbestellte
WWWaren nicht liefern. Übersteigen aberaren nicht liefern. Übersteigen aber
kurzfristige Konkurrenzangebote den
zuvor festgelegten Preis deutlich, kann
es sich für die Lieferanten lohnen, die
Strafen in Kauf zu nehmen.
AAAuch mehrere Bundesländer mach-uch mehrere Bundesländer mach-
ten diese Erfahrung bei ihren Einkaufs-
bemühungen in China. In Baden-Würt-
temberg berichtete Gesundheitsminis-
ter Manne Lucha (Grüne) Anfang der
WWWoche, Händler, bei denen das Bundes-oche, Händler, bei denen das Bundes-
land Schutzmaterial bestellt habe, hät-
ten Vertragsbruch begangen. Fest zu-
gesagte Lieferungen seien stattdessen
nach Amerika gegangen, weil das Land
höhere Summen geboten habe. Baden-

WWWie die USA die Schutzmasken ie die USA die Schutzmasken


vor der Nase WEGSCHNAPPEN


Frankreich, Kanada


und Brasilien


erheben Vorwürfe


gegen die USA.


Sie sollen ihnen


Atemmasken


abgejagt haben.


WELT-Recherchen


zeigen:


In Deutschland


gab es mehrere


vergleichbare Fälle


6


04.04.20 Samstag, 4. April 2020DWBE-HP


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    Belichter: Farbe:Belichter: Farbe:Belichter:


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04.04.2004.04.2004.04.20/1/1/1/1/Pol3/Pol3 JSCHWARZ 5% 25% 50% 75% 95%

6 POLITIK DIE WELT SAMSTAG,4.APRIL


zung: „Die Verbreitung falscher oder
verzerrter Behauptungen über die Tä-
tigkeit der Regierung“ kann mit Ge-
fffängnis bestraft werden. Was aber ei-ängnis bestraft werden. Was aber ei-
ne verzerrende Berichterstattung
über die Regierung ist, entscheidet die
Regierung selbst. Ist das nicht ein kla-
rer Angriff auf die Pressefreiheit?
Darüber entscheidet nicht die Regie-
rung, sondern die Gerichte, in letzter In-
stanz das Verfassungsgericht. Die Justiz
bleibt mit all ihren Vollmächten beste-
hen. Im Gesetz geht es um Fakenews, die
dazu führen, dass Panik ausbricht oder
Menschenleben gefährdet werden. Ich
empfehle Ihnen und allen Kritikern, die
ungarischen Zeitungen und Webseiten
zu lesen. Denn dort hat sich überhaupt
nichts geändert in den letzten Tagen.

Nachdem es im ungarischen Mohács
Corona-Fälle gab, sagte der Bürger-
meister, seine Stadt sei ein „Epizen-
trum der Epidemie“. Gegen diesen
Mann läuft eine Anzeige wegen Fake-
news. Ist das nicht ein Beispiel dafür,
wie Meinungsfreiheit eingeschränkt
wird?
Eine Anzeige ist ja noch kein Urteil. Und
auch deutsche Politiker haben gefor-
dert, Fakenews zu bekämpfen.

WWWenn ich einen kritischen Artikelenn ich einen kritischen Artikel
schreibe über die deutsche Regierung,
dann gibt es vielleicht auch Leute, die
sagen, das sei eine verzerrte Darstel-
lung. Dafür lande ich aber nicht hinter
Gittern. Das ungarische Fakenews-
Gesetz besagt: Fünf Jahre Gefängnis
fffür verzerrte Berichterstattung.ür verzerrte Berichterstattung.
Sofern die Berichterstattung konkreten
Schaden anrichtet oder Leben gefähr-
det. Niemand hat aufgehört, die Regie-
rung in Ungarn zu kritisieren. Und das
ist gut so.

Die Kritiker in Ungarn sprechen sogar
von einem „Ermächtigungsgesetz“.
Ich möchte mir den Begriff als Deut-
scher nicht zu eigen machen, aber
muss man sich angesichts dessen
nicht Sorgen machen als Europäer?
Sorgen kann man sich gern machen. Die
Frage ist, wie man mit diesen Sorgen um-
geht. Für mich ist die größte Sorge, wenn
man diese Debatte nicht auf Grundlage
von Fakten, Objektivität und des gelten-
den Rechts führt. Eine deutsche Zeitung
hat schon dieses Parallel mit Hitlers Er-
mächtigungsgesetz benutzt, was mich –
und uns – total empört hat.

Bevor Sie Botschafter in Berlin wur-
den, waren Sie Botschafter in Brüssel.
Es hat viele überrascht, dass Ursula
von der Leyen über Ungarn gespro-
chen, aber das Land zunächst nicht
namentlich genannt hat. Hat das et-
was damit zu tun, dass die CDU-Poli-
tikerin mit ungarischen Stimmen zur
Kommissionspräsidentin gewählt
wwwurde? urde?
Jetzt sind wir wieder an dem Punkt, wo
man mit Fakten und Menschen unfair
umgeht. Frau von der Leyens Statement
war identisch mit dem des zuständigen
Kommissars für Justiz und Rechtsstaat-
lichkeit, Didier Reynders. Und der ist
ein liberaler belgischer Politiker.

Müssen wir uns langfristig Sorgen ma-
chen, dass Ungarn irgendwann den
WWWeg von Großbritannien geht und dieeg von Großbritannien geht und die
EU verlässt?
Dass Ungarn EU-Mitglied ist, ist neben
Geografie und Geschichte eine Ent-
scheidung nicht nur des Parlaments,
sondern des Volkes. Und das ungarische
VVVolk ist zu über 80 Prozent für die Zu-olk ist zu über 80 Prozent für die Zu-
gehörigkeit zur Europäischen Union.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal
appellieren, dass die Würde der ungari-
schen Menschen respektiert und die De-
batte respektvoll geführt wird. Die Un-
garn nützliche Idioten, die ungarischen
AAAbgeordneten „dümmste Kälber“ zubgeordneten „dümmste Kälber“ zu
nennen, ist nicht europäische Art.

Herr Botschafter, vielen Dank für das
Gespräch. Ich halte fest – Sie haben
versprochen, dass nach der Corona-
Epidemie alle Notstandsmaßnahmen
wieder aufgehoben werden. Ich werde
Sie dazu noch einmal anrufen.
Ich freue mich darauf.

TDieses Interview wurde vom
stellvertretenden WELT-Chefredakteur
Robin Alexander geführt. Hierbei
handelt es sich um eine gekürzte
Version. Es erschien ebenfalls in
Auszügen in Gabor Steingarts
werktäglichem Newsletter
„Morning Briefing“ und als Gespräch
in „Morning Briefing: Der Podcast“.

I


m Kampf gegen die Corona-Pande-
mie hat das ungarische Parlament am
Montag umfassende Sondervoll-
machten für den rechtsnationalen Mi-
nisterpräsidenten Viktor Orbán be-
schlossen.

VON ROBIN ALEXANDER

Er kann nun ohne zeitliche Befristung
auf dem Verordnungsweg regieren. Zu-
dem dürfen während des Notstands we-
der Wahlen noch Referenden stattfin-
den.

WELT: Herr Botschafter, wird gerade
in Ungarn wegen Corona die Demo-
kratie abgeschafft?
PÉTER GYÖRKÖS: Nein, im Gegenteil.

WWWas steht in diesem Notstandsgesetz,as steht in diesem Notstandsgesetz,
das in Europa für Aufregung sorgt?
Dieses Notstandsgesetz ist absolut ver-
fffassungskonform. Die Maßnahmen sindassungskonform. Die Maßnahmen sind
nötig, um das Virus zu besiegen. Sie sind
zeitlich begrenzt, nämlich so lange, wie
die Corona-Krise andauert. Und das
Parlament ist nicht außer Kraft gesetzt,
es tritt sehr wohl zusammen.

Ministerpräsident Viktor Orbán kann
jetzt per Dekret Gesetze beschließen,
ohne das Parlament fragen zu müssen.
Nein.

Nein?
In vielen EU-Mitgliedsstaaten gelten
solche Gesetze, in Frankreich, Schwe-
den... Auch dort ist es nötig, verhältnis-
mäßig, gezielt und zeitlich begrenzt das
Virus zu bekämpfen. Ich nenne Ihnen
konkrete Beispiele: Veranstaltungsver-
bote, Schulschließungen, Grenzschlie-
ßungen, Ausgangsbeschränkungen.

AAAuch in Deutschland gelten Ein-uch in Deutschland gelten Ein-
schränkungen. Aber dafür musste
Kanzlerin Angela Merkel weder den
Bundestag umgehen noch per Dekret
regieren. Wieso können solche Ent-
scheidungen nicht im ungarischen
Parlament getroffen werden, wo die
Regierungspartei Fidesz ohnehin eine
Zweidrittelmehrheit hat?
Das Parlament wurde überhaupt nicht
umgangen. Im Gegenteil, es hat über das
Notstandsgesetz entschieden. Die Par-
teien, die im Parlament sitzen, werden
üüüber alle Maßnahmen informiert.ber alle Maßnahmen informiert.

Sie sagen, das Gesetz ist auf die Zeit
der Corona-Krise begrenzt.
Ja.

Die ersten Notstandsmaßnahmen
wwwurden aber schon Anfang März ein-urden aber schon Anfang März ein-
geführt und waren auf zwei Wochen
befristet. Nun sind sie verlängert wor-
den – auf unbestimmte Zeit, bis die
Regierung sagt, sie werden nicht mehr
benötigt. Ist das nicht ein klares Zei-
chen dafür, dass die Pandemie nur ein
VVVorwand ist? orwand ist?
Es ist nicht von der Regierung abhängig,
wie lange es in Kraft bleibt. Das Recht,
den Notstand zu beenden, liegt beim
Parlament. Wann die Krise vorbei ist,
werden in erster Linie Gesundheitsex-
perten sagen.

Schon 2015 sind in Ungarn Notstands-
maßnahmen erlassen worden, im Zu-
ge der Flüchtlingskrise. Sind die wie-
der abgeschafft worden?
Nein – weil der Ansturm an die Grenze
weiterhin besteht. Die Situation ist ähn-
lich wie im Falle der Notstandsgesetze
vom selben Jahr in Frankreich.

Dann werden Sie mir zugestehen, dass
ich daher skeptisch bin, ob die neuen
Notstandsmaßnahmen in ein paar
WWWochen oder Monaten aufgehobenochen oder Monaten aufgehoben
werden.
Das kann ich gewissermaßen nachvoll-
ziehen. Aber das ist eine hypothetische
Diskussion. Dass wir in Ungarn die Maß-
nahmen nach dem Sieg über das Virus
beibehalten, ist eine Unterstellung, die
ich nicht bestätigen kann.

Es gibt im Notstandsgesetz eine Klau-
sel gegen sogenannte Fakenews. Ich
zitiere aus der deutschen Überset-

el gegen sogenannte Fakenews. Ich
itiere aus der deutschen Überset-

el gegen sogenannte Fakenews. Ich

Notstandsgesetz „so lange,


wwwie die Corona-Krise dauert“ie die Corona-Krise dauert“


Der ungarische Botschafter in Berlin, Péter Györkös,


zu den umstrittenen Corona-Maßnahmen in Ungarn


Péter Györkös

PA/EVENTPRESS

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GETTY IMAGES (2); MONTAGE: DIE WELT

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