Neue Zürcher Zeitung - 03.04.2020

(Tina Meador) #1

16 ZÜRICH UND REGION Freitag, 3. April 2020


Zürich deckt den Streit um Kita-Gebühr mit Geld zu


Bis zu 20 Millionen Franken stellt die Stadt ind irekt Eltern zu r Verfügung, die ihre Kinder zu Hause betreuen


MICHAELVON LEDEBUR


Die Zeiten sind vorbei, da Eltern ihren
Nachwuchs morgens sorglosin einer
Kita abgeben und ihremTagwerk nach-
gehenkonnten.Wer keinen «systemrele-
vanten» Beruf wie Krankenpfleger oder
Polizistin ausübt,istangehalten, die Kin-
der im Haus zu behalten.Das nagt nicht
nur an den Nerven mancher Eltern, die,
an den heimischen Schreibtisch gefes-
selt, denLaunen des Nachwuchses aus-
gesetzt sind. Es hat auch gewichtigere
Folgen und führt zuÄrger, der leicht zur
Gerichtssache werdenkönnte. Strittig
ist, ob Eltern zahlungspflichtig sind für
eine Betreuungsleistung, die sie auf Ge-
heissdes Staates nicht beziehen. Bereits
verweigern Eltern Kitas trotz laufendem
Vertrag die Zahlung. Umgekehrt erzäh-
len Eltern, das Kita-Verantwortliche nur
schon auf dieFrage nach der Zahlungs-
pflicht gereiztreagierten.
Die Stadt Zürich will den sich anbah-
nenden Zank imKeim ersticken, ja ihn
mit Geld zudecken. Sie lässt den Kitas
in der Stadt beträchtliche Mittel zuflies-
sen.Mit dem Geldkönnen die Kitas jene
Eltern entschädigen, die ihre Kinder seit
MitteMärzzuHausebetreuen.DieStadt
nimmt dafür zwischen zehn und zwanzig
MillionenFranken in die Hand. In letz-
teremFall würde sich der Stadtrat ge-
rade noch innerhalb derFinanzkompe-
tenz des Stadtparlaments bewegen,die
ihm der Notstandsartikel zuweist.


Der genaue Betrag, den die Stadt
auszahlen wird,ist unbekannt, weil nie-
mand die genaueAuslastung der Kitas
kennt. Sie dürfte insgesamt deutlich
un ter fünfzig Prozent liegen.Je tiefer
aber dieAuslastung, je höher die Zahl
der Eltern mit Entschädigungsansprü-
chen. In den Genuss der Mittelkom-
men alle 350 Kitas und knapp 90Ta-
gesfamilien, die eineKontraktvereinba-
rung mit der Stadt haben. Kitas ohne
Kontraktkönnten dies «unkompliziert
und schnell nachholen», schreibt das
Sozialdepartement.
Die Stadt hofft,dieses Geld von Kan-
ton und Bund zurückzuerhalten. Am
FreitagdürftederBundesrateineFinanz-
spritzefürKitasankündigen.Laut«Tages-
Anzeiger» wird der Bund 300 Millionen
Franken einschiessen und die Kantone
dazu verpflichten, insgesamt weitere 30 0
Millionenaufzuwerfen.Branchenkenner
halten diese Zahlen fürrealistisch. Der
Plan des Bundes dürfte jenem der Stadt
Zürich ähneln: Mit dem Geld soll Streit
zwischen Eltern und Kita-Verantwort-
lichen verhindert werden.

Die Kostenfrage ausgeklammert
Der Konflikt geht zurück auf denTag
Mitte März, als der Bund die Schulen
landesweitschliessen liess, die Kitas
aber als systemrelevant einstufte und
die Kantone anwies, sie offenzuhalten.
Damals erging der Appell an die Eltern,

die Kinder möglichst nicht in die Kita zu
bringen.Dass diese Massnahme etwas
kosten würde, war zwar absehbar – un-
klar blieb, wer sie bezahlen würde.
«Nicht allen Eltern war klar, dass
dies einAufruf zur Solidarität war», sagt
EstelleThomet,Regionalleiterin Zürich
beimBranchenverbandKibesuisse.Man-
cheElternhättendenAppellwieeinVer-
bot interpretiert, das Kita-Angebot zu
nutzen. Nun empfänden sie es als unge-
recht, dass sie dieKosten tragen müssten.
Kibesuisse habe sowohl für diePosition

der Kitas wie jene der ElternVerständ-
nis. Ob die Eltern wirklich in der Pflicht
sind,lässtsichgegenwärtigrechtlichnicht
kl ären. Die Kitas haben aber so oder so
ein Problem, wenn immer mehr Eltern
die Zahlungen verweigern.
Thomet sagt, einen Streit zwischen
Betreuungseinrichtung und Eltern
könne man sich nicht leisten. Sonst
drohe für die Zeit nach der Corona-
Krise erstens eine Betreuungskrise, weil
viele Betreuungseinrichtungen schlicht
nicht mehr da seinkönnten. Und zwei-

tens eine gestörte Erziehungspartner-
schaft zwischen Eltern und Betreuungs-
institutionen.«Die Kinder befinden sich
momentan in einer angespannten Si-
tuation. Die Eltern sind gestresst. Ihre
Grosseltern dürfen sie nicht sehen. Es
wäre gut, wenn sie nach der Krise ihre
gewohnte Kita oderTagesfamilie wieder
besuchenkönnten und wennkeine Kon-
flikte die Beziehung belasteten.»

Anderewarten auf denBund
Weshalb die Stadt Zürich tätig wird, un-
mittelbar bevor ein massives Hilfspaket
von Bund und Kantonen zuerwarten ist,
erklärt SozialvorsteherRaphael Golta
(s p.) mit der Liquidität,die man den
Kitas jetzt zurVerfügung stellen wolle.
Es könne dauern, bis die Mittel bei
den Kitas ankämen. Es sei der «letzte
Moment» gewesen, zu dem die Zahlun-
gen noch im April hätten ausgelöst wer-
den können. DieRegelung der Stadt
deckt die Monate März und April ab.
Mit ihremVorgehen erfüllt die Stadt
Zürich die Empfehlung des Gemeinde-
präsidentenverbandes (GPV). Doch sie
ist fast die einzige Ge meinde, die diese
umsetzt.EineweitereAusnahme ist die
Gemeinde Gossau, welcher freilich der
Präsident des GPV, Jörg Kündig (fdp.),
vorsteht.InanderenLandgemeindenlau-
tet das Motto:Wir helfen Kitas in Not-
lagen, um die Strukturen zu erhalten–
und warten auf Bund und Kanton.

Viele sterben lieber im


Pflegeheim als im Spital


Stadtzür cher Pflegezentren entlasten Krankenhäuser


ADI KÄLIN

Als dieFachleute des Universitätsspitals
Zürich (USZ) am Dienstag die Situation
in ihrer Institution schilderten,liess eine
Zahl aufhorchen: Der Leiter der Inten-
sivstation sagte, dass nur gerade zwei der
schwer erkranktenPersonen im USZ
über siebzigJahre alt gewesen seien.
Gleichzeitig weiss man aber, dass eine
grosse Zahl der Covid-19-Opfer über 80
Jahre alt ist.Auf Nachfrage wurde die
Vermutung geäussert,dass wohl manche
Corona-Patientinnen und -Patienten in
den Heimen sterben.
Tatsächlichkommt vor allem den
Stadtzürcher Pflegezentren eine sehr
wichtigeFunktion bei derBehandlung
der an Covid-19 Erkrankten zu,wie man
einer Mitteilung des städtischen Ge-
su ndheits- und Umweltdepartements
(GUD) entnehmen kann. Wer in einem
der achtstädtischenPflegezentren von
Zürich erkrankt, bleibt im Heim, wenn
keine Verlegung ins Spital nötig wird–
oder wenn sich diePerson für eine pal-
liative Behandlung entschieden hat,also
lieber im Heim sterben möchte.
Im Moment befindensich 37 Patien-
tinnen undPatienten mit Covid-19-Di-
agnose oder mitVerdacht auf eine Infek-
tion in den städtischen Pflegezentren in
Isolation. 9Personen sind in den städti-
schen Pflegezentren bereits an Covid-1 9
gestorben. Die Zahl relativiert sich
etwas, wenn man weiss, dass die Pflege-
zentren gesamthaft rund1600 Plätze
haben und die Bewohner der höchsten
Risikogruppe angehören (Vorerkran-
kungen, hohes Alter).Auch in norma-
len Zeiten sterben lautAuskunft des
GUD 60 bis 70Personen pro Monat in
den städtischen Pflegezentren.
Die Zahl der Pflegebetten wurde
schon vor Beginn derPandemie um 60
erhöht. Zudem wurden in zwei der acht
Pflegezentren Covid-19-Abteilungen
geschaffen, in denen diePatienten iso-
liert werdenkönnen. Eines der beiden
Zentren ist speziell auf demenzkranke
Patienten ausgerichtet. In den zwei spe-
zialisierten Pflegezentren werden nicht
nur Bewohner der Heime aufgenom-
men.Auch Spitäler, Notfallstationen

und Alterszentren weisen ihnenPatien-
ten zu, die entwederkeine Intensiv-
pflege brauchen oder aber bewusst dar-
auf verzichten möchten.
Um die Kapazität weiter zu erhöhen,
wird demnächst auch das stillgelegte
Pflegezentrum Irchelpark wieder in Be-
trieb genommen.Auch die kantonale
Führungsorganisation nutzt übrigens ein
ehemaliges Pflegezentrum in Zürich um;
es handelt sich um das Zentrum Erlen-
hof an derLagerstrasse im Kreis 4. In
diesem Gebäude entsteht ein Notspital;
auf einer Etage wird zusätzlich eine
separate Station mit Krankenzimmern
für Personen aus dem Asylbereich ein-
gerichtet, wie die Sicherheitsdirektion
am Donnerstag mitgeteilt hat.
In der Zwischenzeit haben auch die
beiden Stadtspitäler ihre Kapazität aus-
gebaut und den Betrieb zumTeil umge-
stellt.Alle stationären Covid-19-Patien-
ten werden standardmässig imTriemli-
spital behandelt – unter anderem wegen
des hohen Durchschnittsalters der
Patienten imWaidspital. Allerdings tes-
tetauchdasNotfallzentrumWaidPatien-
ten auf das Coronavirus und betreibt
eine Isolierzone fürVerdachtsfälle.
Im Triemli ist die Zahl der Plätze für
Intensivbehandlungen von18 auf 34 auf-
gestockt worden,wovon 22 für Covid-19-
Patienten vorgesehen sind. Zusätzliche
PlätzemitBeatmungsgerätenkönntenin
einigenTageninBetriebgenommenwer-
den, falls es nötig werde, heisst es inder
Mitteilung des Gesundheits- und Um-
weltdepartements. Derzeit wird der für
den Betrieb dieser Plätze nötigePerso-
nalpool aufgebaut.Dafür will man vor
allem auf ehemaligeFachpersonen zu-
rückgreifen – aber nicht auf Leute aus
den Risikogruppen. Im Moment befin-
densich17 PatientenmitCovid-19aufder
Intensivpflegestation desTriemlispitals,
35 mit bestätigter oder noch nicht bestä-
tigter Infektion liegen in der Isolations-
abteilung. In dieser Isolationsabteilung,
diefürPatientengedachtist,diezwarSpi-
talpflege brauchen, aber nicht künstlich
beatmet werden müssen, gibt es mittler-
weile 100 Plätze. Bis Donnerstagmorgen
konnten 43 Covid-19-Patienten wieder
aus dem Spital entlassen werden.

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Lob, Rat und


Ermahnungen


Regierungsrat will Corona-Regeln
mit Augenmass um setzen

amü.· Der ZürcherRegierungsrat will
sich während der Corona-Krise flexibler
aufstellen.Wie Regierungspräsidentin
CarmenWalker Späh am Donnerstag
an einer Medienkonferenz mitteilte, hat
er dafür einenAusschussgebildet, der
die KantonaleFührungsorganisation als
«chambre deréflexion»rasch unterstüt-
zen soll. Einsitz nehmen werden darin
Walker Späh selbst, Sicherheitsdirektor
MarioFehr sowieFinanzdirektor Ernst
Stocker.ManerwarteindennächstenTa-
gen undWochen eine Phase noch höhe-
rerIntensität.DerwöchentlicheSitzungs-
rhythmus desRegierungsratsreiche da-
für nicht aus. Der Ausschuss würde aber
bloss unterstützendeFunktion haben.
Darüber hinaus lobteWalker Späh
die Zusammenarbeit der Direktionen
und Sicherheitsdirektor MarioFehr die
Arbeit der KantonalenFührungsorgani-
sation(KFO). Diese hatte die Zürcher
Regierung aktiviert,um die Krise besser
bewältigen zukönnen.ThomasWürgler,
Kommandant der Kantonspolizei, leitet
die KFO und schilderte noch einmal,
wo sie mitunter zum Einsatzkommt:
Sie koordiniert die Einsätze der Zivil-
schutzleistenden oder wird aktiv, wenn
Schutzmaterial imAusland blockiert
ist. In den letztenTagen lieferte man
Schutzausrüstung an Asylunterkünfte
oder Behindertenheime.
Ein wenig Manöverkritik kam an
der Medienkonferenz doch auch vor.
«DieVerwaltung stellte fest, dass in der
IT Aufholbedarf besteht», sagte Car-
men Walker Späh und verliehder Hoff-
nungAusdruck,dass die Krise hiereinen
Schritt vorwärts möglich macht.
MarioFehr sagte, dass diePolizei-
kräfte in denkommenden schönenTa-
gen präsent sein, dieRegeln allerdings
mit Augenmass umsetzen würden.Ähn-
liches betonte er in einem Schreiben an
die Polizeivorsteher des Kantons. «Wo
sich Leuterenitent zeigen, intervenie-
ren wir natürlich», sagte der Sicherheits-
direktor nun. Auch er appellierte an die
Bevölkerung: «Die nächsten zehnTage
bis zu den Ostern werden entscheidend
sein.» Spaziergänge seien sinnvoll, Wan-
derausflüge ins Appenzellerland nicht.
AuchdieVeloausfahrtsollenichtinsTes-
sin oder ins Bündnerland führen.

Ein Betreuereiner GFZ-Tagesstätte desinfiziert einenTürknauf. CHRISTIANBEUTLER /KEYSTONE


  1. April um 10 h
    aus der Kirche St.Peter
    Gottesdienst zumPalmsonntag
    «Einzugvon JesusinJ erusalem»


Pfr.Ueli Greminger

Margrit Fluor,Orgel und Klavier


  1. April um 19 h
    aus der Predigerkirche
    Ökumenischer Gottesdienst
    Pfrn. Renate von Ballmoos
    Thomas Münch, kath. Seelsorger
    Motet«De Profundis»von N. Bruhns
    mit Ismael Arróniz, Bass
    EnsembleElsewhere
    u.L.v.Els Biesemans


Während der Live-Überrttragung sind die Kirchen geschlossen.
Unsere Pfarrpersonen sind immer für Sie da:
044 250 66 99

Die Altstadtkirchen laden Sie herzlich ein:


Live-Übertragung im Internet
während der Osterzeit

http://www.altstadtkirchen-live.ch



  1. April um 10haus
    aus demFraumünster
    Gottesdienst am Ostersonntag


Pfr.NiklausPeter

mit demFraumünster-Bläserconsort
Basil Hubatka und BernhardDiehl, Trompeten
Niki Wüthrich,Posaune
und HeinerWanner,Horn
Jörg Ulrich Busch,Orgel


  1. April um 10 h
    aus dem Grossmünster
    Gottesdienst am Karfreitag
    «SchweigenundStaunen»
    Pfr.Gottfried Locher,Liturgie
    Pfr.Christoph Sigrist, Predigt
    Vokalmusik von J.S. Bach
    aus BWVWV3,6,
    Vokalsolisten,
    Collegium Musicum Grossmünster
    Kantor Daniel Schmid,
    musikalische Leitung


Osterkollektkte2020:
IBAN CH40 0079 0016 5902 331 11
oder PC30-106-9 der Bank BEKB
EKS Bern; «Osterkollekte 2020 Nothilfe»
http://www.evref.ch/osterhilfe
Free download pdf