SEITE 10·MONTAG,6.APRIL 2020 ·NR.82 Zeitgeschehen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
E
sist Bundestagspräsident
Wolfgang Schäuble nicht zu
verdenken, dasserinder Co-
rona-Krise auchdas Undenkbare
denkt und den Bundestagsfraktionen
Vorschlägeunterbreitet,wie die
Handlungsfähigkeit desParlamentes
im Extremfallgesichertwerdenkönn-
te.Das is ternicht nur seinem Amt
schuldig, sondernAusdruckseiner in-
nerenÜberzeugung, dassder Wille
und dieFähigkeit der Legislative, die
Exekutivezukontrollieren, ein unauf-
gebbarerTeil der freiheitlich-demo-
kratischen Grundordnung ist. In den
Parteien istdiese Überzeugung nicht
immer auf Gegenliebe gestoßen –
wie sein Vorgänger Lammertist
Schäublemit allenVersuchengeschei-
tert,die weiter eAufblähung der zu-
künftig zu wählenden Bundestage
mittels einerReform des Wahlrechts
zu verhindern.
Auch diesmal sieht es danachaus,
dassdie Fraktions- undParteiführun-
genSchäuble ins Leerelaufen lassen,
vielleicht mit besseren Gründen als
auf demFeld desWahlrechts. Doch
solltebei allemStreit in der Sache ei-
nes nicht übersehenwerden: Schäub-
les halblauteGedankenspielefinden
in Zeiten statt, in denen die Exekuti-
ve so dominant istwie zuletzt in der
Finanzkrise des Jahres 2008. Die
Volksvertretung an ihreRechte und
Pflichten zugemahnen istdaher aller
Ehrenwert –zumal in einem Europa,
in dem sichviele Parlamenteden Re-
gierungen ausgeliefert,wenn nicht
selbstabgeschafft haben. In Corona-
Deutschland dagegen scheint derPar-
lamentarismus gegendiese Versu-
chungen immun zu sein.
Immun
VonDaniel Deckers
M
an kann JörgMeuthen für ei-
nen Opportunistenhalten,
der sichmal so und mal an-
derspositioniert. Dochder
Bundessprecher,der seit bald fünf Jahren
an der Spitzeder „gärigen“ Alternative
für Deutschlandsteht, hat ein Gespür für
Machtpolitik.Dassder 58 JahrealteÖko-
nomieprofessor zweimal mitrund 70 Pro-
zent ,zuletztvorvierMonaten,zum Vorsit-
zendenwiedergewählt wurde, spricht da-
für.Nun aber hat Meuthen scheinbar ei-
nen schwerenFehlergemacht, indemer
die Spaltung derPartei ins Spiel brachte.
Der „Flügel“ um BjörnHöcke und Andre-
as Kalbitz,vomVerfassungsschutz nun
als Rechtsextremistenbezeichnet,könnte
sichals eigenePartei or ganisieren, schlug
MeuthenvorwenigenTagenineinem In-
terviewvor.Der Aufschreiwar vorauszu-
sehen.„Verrat!“ und „Spalter!“, halltees
ihm aus dem „Flügel“ entgegen. Und
nicht nur dort: Ko-Par teichefTino Chru-
palla zeigtesich„menschlichenttäuscht“
vonMeuthen, der Ehrenvorsitzende Alex-
ander Gauland nannteden Vorstoß„ex-
trem unpolitisch“.
Dochdas Gegenteil istder Fall. Es ist
kaum anzunehmen, dassMeuthen ein-
fach vorsichhinplapperte. Schließlich
hat er nicht in einem Salongesprächaller-
lei Überlegungen angestellt, sondernsei-
ne Botschaftin„Tich ys Einblick“, einem
rechtspopulistischen Internetportal, be-
wusst gesetzt .Umzuverstehen,waserda-
mit bezweckte, musssein Verhältnis zum
„Flügel“ beschriebenwerden. Meuthen
hat mit der in Ostdeutschlandstarken
Strömung aus machtpolitischen Erwägun-
genmehrfach Absprachengetrof fenund
„Deals“gemacht.Zugleichhat er selbst
fast permanent unter den Aktivitäten des
„Flügels“gelitten,vorallem in seinem
Heimatverband Baden-Württemberg.
Dortist es „Flügel“-Leuten imvergange-
nen Jahr sogargelungen, seineWahl als
Delegierterzum Bundesparteitag zuverei-
teln. Meuthenwartetealso auf eine Gele-
genheit, mitAussicht auf Erfolg gegen
den „Flügel“vorzugehen.
DassAlexander Gauland, der bisherige
Schutzpatronvon Höcke und Kalbitz,
nicht mehrVorsitzender ist,wareine Vor-
aussetzung dafür.Die Chance zurAttacke
gabMeuthen dann das Bundesamt für
Verfassungsschutz am 12. März, als es
den „Flügel“ zur rechtsextremistischen
Bestrebung erklärte.Gut eineWoche spä-
ternutzteMeuthen die daraus erwachse-
ne Stimmung in der AfD, um im Bundes-
vorstand dieAuflösung des „Flügels“ mit
großer Mehrheit beschließen zu lassen.
Für Meuthenwardas nur der Eröff-
nungszug in einem langen Schachspiel
um die Macht in der AfD. Er selbsthat
das BildvomKönigsspiel in einem Inter-
viewmit derrechtspopulistischen Zei-
tung „JungeFreiheit“ in dieserWochege-
wählt.Erversuche „die Dingeimmervom
Ende her zu denken“.Ausder Perspekti-
ve eines Schachspielers „kann der gute
Spieler einigeZügeinallen Alternativen
vorausdenken, aber niemals das Ende des
ganzen Spiels“. Meuthendeutet hier an,
dasssein aktuellerVorstoßeinfachder
nächste ZugimSpiel war. Aufder ande-
renSeitedes Schachbretts sitzt nämlich
Andreas Kalbitz, der Brandenburger
AfD-Vorsitzende. Er istder eigentliche
Organisator undStrategedes „Flügels“.
Kalbitz setzt sichseit langem dafür ein,
dassder „Flügel“ überall im Ostendomi-
niert, ja dassdas vonihm geschaffene
Netzwerkmit der AfD in Ostdeutschland
kongruent ist. In Brandenburg, in Thürin-
gen, wo Höcke Parteichef ist, und in Sach-
sen-Anhalt istdas weitgehendgelungen,
nur die AfD-Verbände Mecklenburg-Vor-
pommern und Sachsenwehren sichnoch
dagegen. Leuteaus demUmfeld vonKal-
bitz haben schon imvorigenJahr Überle-
gungen angestellt, ob der „Flügel“ sichals
eigene Ost-AfD organisieren solle. Das
tatetwader PublizistJürgenElsässer,Her-
ausgeber desrechtsradikalen Magazins
„Compact“. DassKalbitz selbstsolche Ide-
en hegt, zeigtetwadie Äußerung aus ei-
ner internen Mail, die dieserZeitungvor-
liegt.Kalbitzversandte sie nachdem Be-
schlussdes AfD-Bundesvorstands zurAuf-
lösung des „Flügels“ an einigeSympathi-
santen. Den Beschlussbezeichneterdar-
in als „Generalattacke gegenden Osten“,
nichtetwagegenseineeigeneStrömung.
Für Kalbitz und Höcke könnteeine Ab-
spaltunggewinnbringend sein. Siekönn-
tenfreierschalten undwalten, ihre eige-
ne Programmatik entwerfenund selbst
Regeln zurAufnahmevonMitgliedern
aufstellen. Eine solche NPD 2.0 würde
zwar den Anspruchaufgeben,Volkspar-
teizuwerden. Dochzur Sicherung der ei-
genen Pfründewäre sie wohl immer noch
geeignet. Nachdem Höcke und Kalbitz
der Auflösung des „Flügels“ in einem de-
fensiven Akt, denn manche Anhängergar
als „Verrat“ bezeichneten, zustimmten,
mussteMeuthen mit einem Gegenschlag
rechnen.Indem er in einemstrategischen
Zugdie Abspaltung des „Flügels“ als Ost-
AfD selbstins Spielbrachte, hat erKal-
bitz diese Möglichkeitgenommen. Denn
die „Flügel“-Anhängerverurteilten den
Vorstoßvon Meuthen.Tatsächlichdürf-
tenviele „Flügel“-Anhänger es zwar gut
finden, zu einerverschworenen Gruppe
in derPartei zugehören und als „Hardli-
ner“ dazustehen. Dochverlassenwollen
sie die AfD mehrheitlichwohl nicht.
Meuthen hat mit seinemriskantenVor-
stoß dafürgesorgt, dasseine mögliche
Spaltung durch Kalbitz und Höcke abge-
wendetwurde. Dassersein Zielvorläufig
erreicht hat, kleideterimInterviewmit
der „JungenFreiheit“ in dieWorte, falls
man sichtatsächlichsoeinig sei, dass
eineAufspaltung der AfD nicht inFrage
komme, dann sei das „ein erfreulich
schnellesResultat auf meinen Diskussi-
onsbeitrag“. Meuthen spricht jetzt davon,
dassesihm nicht um eine „konkreteFor-
derung“gegangen sei und dasses„sicher-
lichein Fehler“gewesen sei, das nicht hin-
reichend klargemacht zu haben.Auchdas
istTeil des Spiels. Der AfD-Chefsteht am
Anfang seiner Amtszeit, imkommenden
Jahr,wenn die Bundestagswahl ansteht,
wirdsein Sakrilegvergessen sein. Das
Flügelkämpfer in der AfD: AndreasKalbitz (li.) und JörgMeuthen Fotodpa Spiel allerdingsgeht weiter.
W
enn Großbritannien wirk-
lichinNot ist, schlägt die
Stunde der Monarchin.
Normalerweise spricht Elisabeth II.
nur anWeihnachten zum britischen
Volk.Aber die Corona-Krise hat die
Regierung jetztveranlasst,ihreange-
sehenste Helferin zu aktivieren. Mit
existentiellen Krisenkennt sichdie
Königin, im Gegensatz zu den meis-
tenBriten, aus eigener Erfahrung
aus, hat sie dochdie dunkelstenStun-
den des ZweitenWeltkriegs hautnah
miterlebt.
Es sind Momentewie diegegenwär-
tigeKrise, in denendie Monarchin ih-
renWertfür dasvonder Pandemiege-
plagteund gesellschaftlichund poli-
tischzerstrittene Land beweist. Elisa-
beth wirddemnächst94Jahrealt.
Man mussihr unddem ganzenKönig-
reich wünschen, dasssie nochmög-
lichs tlange auf dem Thron bleibt.For-
mal istzwardie Nachfolgeüber meh-
rere Generationen gesichert. Aber
kein anderes Mitglied des Hauses
Windsorwäre aktuell in der Lage,
eine sogroße moralischeAutorität
und ein GefühlvonSicherheit auszu-
strahlen wie dieseFrau. Dassdie Re-
gierung im Allgemeinensowie der
PremierministerimBesonderenzur-
zeit eineetwasunglücklicheFigur ab-
geben und die Opposition sichgerade
erst wieder neu erfindet,verdeutlicht
die Leere, die hinter derKönigin zur-
zeit herrscht. Wenn auchdie Bot-
schaftenaus derrealen Krisenwelt
schlimm sind: Elisabeth II. signali-
siertden Briten, dasseseine „Zeit da-
nach“geben wird.
Die Corona-Pandemie verhagelte
Keir Starmer dengroßenAuftritt auf
dem Krönungsparteitag. Nach sei-
nem Sieg in derUrwahl meldete er
sich, wie allePolitiker zurzeit, perVi-
deobotschaft. Darin inszenierte sich
der neueVorsitzende der LabourPar-
ty –blauer Anzug, rote Krawatte, neu-
traler Hintergrund –als staatsmänni-
sche AlternativezuBoris Johnson.
Er sprachnicht nur dieParteianhän-
geran, sonderndie Nation und mach-
te ihr Mut in der schweren Krise.
Ernstwirkt eer, fast ein bisschengra-
vitätisch.
Das dürftezuStarmersAngriffs-
liniewerden. Erversicherte,inder
Stunde nationalerNot„keine politi-
schen Punktesammeln“ und kon-
struktiv mit derRegierung zusam-
menarbeiten zuwollen. Gleichzeitig
schimmerte hervor, auf wassichdie
Briten einstellen dürfen. Die Opposi-
tion wirdnun voneinemPolitikerge-
führt, der Seriosität undNüchtern-
heit anbietet.Das soll jene anlocken,
welche die Jovialität und Leichtfüßig-
keit des Premierministersoft depla-
ziertfinden.
Starmer,der im Herbst58Jahrealt
wird,kamerstvor fünf Jahrenins Un-
terhaus. Da blickteerschon auf eine
langejuristische Karrierezurück.
Der Sohn eines Werkzeugmachers
und einer Krankenschwesterhatte
RechtinLeeds und Oxfordstudiert
und zunächstals Menschenrechts-
anwalt gearbeitet.Dann stieg er
raschinder Königlichen Staats-
anwaltschaftauf und wurde 2008 de-
renLeiter .JeremyCorbyn erkannte
schnell, dassihm ein Juristmit ver-
trauenerweckendemAuftretennut-
zen würde und berief ihn ins Schat-
tenkabinett. Andersals viele seiner
FraktionskollegenwarsichStarmer
nicht zu schade dafür und dienteCor-
bynmit kur zer Unterbrechung bis
zum Ende.
Zu einer landesweit bekanntenFi-
gurwurde er als Brexit-Sprecher.
Hartnäckig und durchaus mit Ge-
schickversuchteStarmer,die Labour
Partyvon ihrer neutralen Linie zu ent-
fernen und zu einer Anti-Brexit-
Kraf tzumachen.Aber seine Etappen-
siegekamenstetszuspät;das Mo-
mentum für ein zweitesReferendum
gingverloren. Der unermüdliche,oft
trickreicheKampf, den er und viele
andereimUnterhausgegendas Ple-
biszit von2016 führten, mündete
schließlich in der nationalenFrustr a-
tion, die Johnsonandie Machtver-
half.
Starmer sah sichamSamstag vorei-
ner „Bergbesteigung“. Er mussden
Einflussder „Corbynistas“ zurück-
drängen, ohne sie aus derPartei zu
vertreiben. Gleichzeitig will er den
Antisemitismus in den eigenenRei-
hen „ausrotten“und diePartei wie-
der zur Heimat für Juden machen.
Entschlossenheit istihm schon des-
halb zuzutrauen,weil er mit einer Jü-
din verheirat et ist. Erst wenn all das
erreicht ist,kann er sichdem Fern-
ziel zuwenden: derRegierungsüber-
nahme. JOCHENBUCHSTEINER
Signal
VonPeter Sturm
Keir STARMER Fotodpa
Meuthens Schachzug
Die Corona-Pandemiehat alle Gewisshei-
tenvorläufig beendet. Zudiesengehörte
es, dassnordkoreanischeRaketentests in-
ternational großes Aufsehen erregten,
dassdie einengegen denVerstoßgegen
UN-Resolutionen protestierten, die ande-
renzum Dialogmit demRegime in Pjöng-
jang aufriefen.Aufjeden Fall konnte
Staatsführer Kim Jong-un sicher sein,
dassman ihn und sein Land beachtete.
NordkoreafeuertzwarweiterRaketenins
Meer östlichder koreanischen Halbinsel.
AberaußerhalbSüdkoreasschautzurzeit
kaum jemand mehr hin. Das zeigt wieder
einmal, dassdas Regime in Pjöngjang
sichschwertut damit, sichauf veränderte
Gegebenheiten einzustellen.
Wenn es dennstimmt, dassalles das,
wasNordkorea militärischunternimmt,
letztlichauf dieVereinigtenStaaten zielt,
dann müsste Kim Jong-un eigentlichklar
sein, dasssein „Freund“ DonaldTrump
zurzeit und in absehbarerZukunftandere
Dingezutun hat, als sichmit dem unzu-
verlässigen Herrscher Nordkoreas über
dessenAtomwaffenprogramm zuverstän-
digen. An eineAufhebung dervonden
VereintenNationengegenNordkoreaver-
hängtenSanktionen istschon garnicht zu
denken, obwohl gerade dies in diesenZei-
tenbesonderswichtigwäre.
Zwar hatNordkoreaimLaufevieler
JahreStrategien zurUmgehung der Sank-
tionenentwickelt und istdamit bis jetzt
am Ende auchimmer durchgekommen.
Aber auchder Schmuggelvon Warenal-
ler Artsetzt funktionierendeWirtschafts-
kreisläufeinder Welt voraus. Undgenau
die gibt es zurzeit allenfalls einge-
schränkt.
Der Amtsantritt DonaldTrumps und
dessen unkonventionelle Herangehens-
weise an internationaleKonfliktehatten
in Pjöngjang Hoffnungengeweckt.Die
zerschlugen sichallerdings bei demge-
scheitertenGipfeltreffenzwischen Kim
und TrumpinHanoivormehr als einem
Jahr.Und seitdem hat man nicht das Ge-
fühl, dassinPjöngjang ein neuesKonzept
für dieWiederaufnahme des Dialogs ent-
wickelt worden wäre.Zwarhat Kim Jong-
un, wieversprochen,während desgesam-
tenJahres 2019 an derRaketenfrontweit-
gehendRuhe gehalten.Aber er hat aus sei-
ner Sicht dafür nichts bekommen.
ÄhnlicheKonstellationen hatteesin
der Vergangenheitauchimmer wiederge-
geben.Undder Ausweg fürNordkorea
hattestets darin bestanden, Südkorea
und/oder die VereinigtenStaaten mög-
lichs tintensiv zu provozieren, ohne je-
docheinen ernsthaftenZusammenstoß
zu riskieren. GeradeRaketentestswaren
als probates Mittel zur Erlangunggloba-
ler Aufmerksamkeit immer wieder erfolg-
reich benutztworden. DieReaktion aus
Washington istseit Monaten diegleiche.
Man sei selbstverständlichzueinerWie-
deraufnahme des Dialogs bereit, sagtAu-
ßenministerMikePompeo, zuletzt am
Dienstag. Die Sanktionen müsstenaber
so langeinKraft bleiben, bisNordkorea
konkrete SchrittezuDenuklearisierung
unternehme.Diese Botschaftkennt
Pjöngjang schon.Undeswill sie nicht
mehr hören. Schon imvergangenen Jahr
hatteNordkoreagedroht, eswerdeseinen
„eigenenWeg“ gehen,wenn sichdie Ame-
rikaner nicht nachgiebig zeigten. Ähnli-
ches verlautetejetzt wieder aus dem nord-
koreanischenAußenministerium.
Diese ohnehinkomplizierte Situation
wirdaktuell nochverschärft.Sogut wie
jederStaat auf der Erde istmit sichund
den Folgen der Corona-Pandemie für die
eigene Bevölkerung beschäftigt.Das gilt
auchfür Nordkorea. Zwar hat dasRegime
Maßnahmen zurAbwehr desVirusergrif-
fenund beispielsweise die Grenzennoch
dichtergeschlossen als in „normalen“Zei-
ten. Aber of fiziell istindem Land bis heu-
te niemand infiziert. GegenteiligeMel-
dungengelangen zwar immer wieder ins
Ausland,können aber nicht nachgeprüft
werden. PräsidentTrumphat seine Bereit-
schaftbekundet,Nordkoreabei der Be-
wältigung dieser Krise zu helfen. Da das
ausdrücklichauf die Corona-Pandemie be-
zogen ist, eineAbkehr vonder allgemei-
nen Sanktionspolitik aber nicht inRede
steht, istPjöngjang auf dieses amerikani-
sche Angebotbisher nicht eingegangen.
Mankann aus Sicht desRegimes auch
schlecht Hilfezur Lösung eines Problems
aus demAusland akzeptieren, das offi-
ziellgarnicht existiert.
Die Aussichten für Nordkoreasind
nicht gut.Das Land hat zwarAtomwaffen
undkönnteviele Länder in derRegion be-
drohen. Die Gefahr eines militärischen
Angriffs vonaußen aufNordkoreabe-
steht nicht.Damit haben dieAtomwaffen
zwar den Zweckerfüllt, für den sie einst
entwickelt wurden.Aber mehr als das
Überleben desRegimesist damit nichtge-
sichert.
Kim Jong-unhattesichinseinenöf-
fentlichenÄußerungenvonder Politiksei-
nes Vaters in der Hinsicht entfernt, dass
er der Bevölkerung nicht nur militärische
Unbesiegbarkeit versprach, sonderneben
auchdie Verbesserung des Lebensstan-
dards. Da Letzteres ohne eine engeVer-
flechtungmit demRest der Welt kaum zu
schaffenist,müsstedas RegimeZuge-
ständnisse machen. Dazu scheint es aber
immer nochnicht bereit zu sein. Einen
Aufstand dergeplagten Bevölkerung müs-
sen Kim Jong-un und seineFührungwei-
terhin nicht fürchten.Aber selbstwenn
die MenschenimLand „nur“resignieren,
führtdies die Propaganda derRegieren-
den jedenTagadabsurdum undverhin-
derteine wirtschaftliche Erholung. Die
Führung sucht undfindetSündenböcke.
Beieiner Sitzung desPolitbüros der Ar-
beiterparteiwurdenkürz lichFunktionä-
re für „Fehlverhalten“ (Korruption)geta-
delt und abgesetzt.Außenpolitischhat
das AbschießenvonRaketen auchnicht
dazugeführt, dasssichirgend etwasver-
besserthätte. Kim Jong-un hat sichund
seinLand in eine Sackgassemanövriert.
Unddader jungeHerrscher nichtgelernt
hat,Rat vonaußen anzunehmen, darf
mangespannt sein, ob er selbsteinen Aus-
wegfindet,der kreativer istals dasTesten
vonRaketen.
Seriös und
konstruktiv
In der Sackgasse
NordkoreatestetRaketen –und kaum jemand schaut in der Corona-Krise hin / VonPeter Sturm
Mit einemriskanten Manöverhat der
AfD-Chef„Flügel“-Plänevereitelt
VonMarkusWehner,Berlin
Trumphat andereDingezu
tun, als sichmit dem
unzuverlässigen Herrscher
Nordkoreas zuverständigen.
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