Die Welt - 06.04.2020

(nextflipdebug2) #1

Feinste Feinde


Winzigen Wesen ist die Menschheit nicht gewachsen.
Auch daran erinnert die aktuelle Coronavirus-Pandemie.
Ein Bestiarium zu den Plagen der Kulturgeschichte –
vom Bazillus über die Kopflaus (hier eine Mikroskop-
aufnahme) bis hin zur Bettwanze. Seite 9

GETTY IMAGES

/PETER FINCH

S


eit dem 13. März ist der
Verzehr von Wolfsfleisch
in Deutschland ver-
boten. Eine vernünftige Maß-
nahme, denn das Essen von
Wildtieren hat uns ja, weiß
Gott, schon genug Probleme
eingebracht. Allerdings ergibt
sich beim genaueren Studium
der entsprechenden Meldung
dann doch ein etwas anderes
Bild. Es geht nicht um das Fut-
tern von Wölfen, sondern um
das Füttern. Das ist nicht mehr
erlaubt. Also wurde es anschei-
nend in großem Stil betrieben.
Gab es im Fressnapf etwa
Wolfsfutter mit extragroßen
Nutztierstückchen zu kaufen?
Die 105 in Deutschland tätigen
Wolfsrudel hat man jedenfalls
regelrecht angefüttert. Damit
ist jedoch Schluss, damit die
„natürliche Distanz“ der Tiere
zum Menschen gewahrt bleibt,
so heißt es. Aber werden uns
die Wölfe jetzt nicht immer
näher kommen, weil sie auf ihr
Futter warten? War es wirklich
klug, sich den Ärger der Tiere
zuzuziehen? Gerade in diesen
Zeiten könnten viele Menschen
zum Opfer von Wölfen werden,
wenn sie orientierungslos und
geschwächt vom Toiletten-
papier- und Hefehamstern
durch die leeren Straßen irren.

ZZZippert zapptippert zappt


D


ie Organisation Repor-
ter ohne Grenzen hat
die Behörden in Weiß-
russland dazu aufgefordert, den
Journalisten Sergej Sazuk
umgehend aus der Haft zu
entlassen. Sazuk, der als Redak-
teur für die Nachrichtenseite
„Yezhednevnik“ arbeitet, steht
seit dem 25. März unter Arrest.
Offiziell wird Sazuk vor-
geworfen, Bestechungsgeld
entgegengenommen zu haben –
ein Vergehen, für das ihm eine
Haftstrafe von bis zu zehn
Jahren droht. Nach Einschät-
zung von Reporter ohne Gren-
zen wurde der Journalist je-
doch wegen eines Artikels fest-
genommen, der drei Tage vor
seiner Festnahme veröffent-
licht wurde. Darin kritisiert
Sazuk den weißrussischen Prä-
sidenten Alexander Lukaschen-
ko für seinen Umgang mit der
Corona-Pandemie. Lukaschen-
ko hatte zuvor angeordnet, dass
man sich um Medien „küm-
mern“ müsse, die über die Pan-
demie berichteten. Zudem
zweifelt Sazuk in seinem Ar-
tikel die Richtigkeit der von der
Regierung veröffentlichten
Zahlen zu Corona-Ansteckun-
gen in Weißrussland an.
Jeanne Cavelier von Reporter
ohne Grenzen kritisierte Sazuks
Verhaftung scharf. Sie sei „eine
Warnung an alle Medien, die die
weißrussische Gesundheits-
politik kritisch hinterfragen“.

#Free
them

all
Sergej Sazuk SERGEI SATSUK/EURORADIO.FM

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önigin Elizabeth II. mahnt die Bri-
ten zum Durchhalten und zu ei-
serner Disziplin in der Coronavi-
rus-Pandemie. Das geht aus vorab ver-
breiteten Auszügen einer Ansprache der
93 Jahre alten Monarchin hervor, die am
Sonntagabend nach Redaktionsschluss
ausgestrahlt werden sollte. Abgesehen
von den traditionellen Weihnachtsan-
sprachen ist es erst die vierte solche An-
sprache des seit 1952 amtierenden briti-
schen Staatsoberhaupts. Zuvor hatte sich
Elizabeth II. 2002 beim Tod ihrer Mutter,
Queen Mum, sowie vor der Beisetzung
Prinzessin Dianas 1997 und während des
Golfkriegs 1991 an die Briten gewandt.

„Ich richte mich an Sie in einer Zeit,
die, wie ich weiß, zunehmend herausfor-
dernd ist“, sagte die Queen demnach.
„Eine Zeit der Unterbrechung des Le-
bens in unserem Land; eine Störung, die
manche in Trauer gestürzt hat, für viele
finanzielle Schwierigkeiten und für uns
alle enorme Veränderungen in unserem
täglichen Leben bedeutet“, wird die Kö-
nigin zitiert. Kaum verhohlen spielte sie
dabei auf die Entbehrungen des Zweiten
Weltkriegs an. Sie hoffe, „dass die Eigen-
schaften der Selbstdisziplin, der stillen,
gutmütigen Entschlossenheit und des
Mitgefühls dieses Land noch immer aus-
zeichnen“, so die Queen. „Und die, die

nach uns kommen, sagen werden, dass
die Briten dieser Generation so stark wa-
ren wie jede.“ Ihre Wortwahl erinnerte
an eine Rede zum 75. Jahrestag des D-
Days im vergangenen Jahr, der Landung
der Alliierten in der Normandie während
des Zweiten Weltkriegs. Die Kriegsgene-
ration, ihre Generation, sei widerstands-
fähig, hatte sie damals gesagt. Nun
scheint sie dasselbe von den heutigen
Briten zu fordern. „Ich hoffe, dass in den
kommenden Jahren alle stolz darauf sein
können, wie sie mit dieser Herausforde-
rung umgegangen sind“, so die Königin.
Die Rede wurde laut der britischen
Nachrichtenagentur PA unter strengen

Vorsichtsmaßnahmen auf Schloss Wind-
sor aufgezeichnet. Dorthin hatten sich
die Queen und ihr Mann, der 98 Jahre al-
te Prinz Philip, bereits Mitte März zu-
rückgezogen. Das Paar gilt wegen seines
hohen Alters als besonders gefährdet
durch die Lungenkrankheit Covid-19.
Das britische Gesundheitsministerium
verzeichnete am Samstag mit 708 Toten
die bislang höchste Zahl an Sterbefällen
innerhalb eines Tages. Darunter war
auch ein fünf Jahre altes Kind. Insgesamt
starben nach Angaben des Ministeriums
vom Sonntag in britischen Kliniken 4934
Menschen an der Lungenkrankheit Co-
vid-19. Positiv auf das Coronavirus getes-

tet wurden bis dahin 47.806 Menschen.
Großbritannien werde seine Kontakt-
und Ausgangssperren notfalls verschär-
fen, sagte Gesundheitsminister Matt
Hancock der BBC. Die große Mehrheit
der Bevölkerung halte sich derzeit an die
Vorgaben. „Aber wir sollten nicht gegen
die Regeln verstoßen, denn das würde be-
deuten, dass sich das Virus weiter aus-
breitet und wir dann möglicherweise
weitere Maßnahmen ergreifen müssen.“
Der neu gewählte Labour-Parteichef Keir
Starmer erklärte, man arbeite mit der Re-
gierung zusammen und werde sie unter-
stützen, falls eine Verschärfung be-
schlossen werde. dpa/rtr

Die Queen ruft zur Disziplin auf


Erst dreimal wandte sich Elizabeth II. in einer außerordentlichen Fernsehansprache an die Briten. In der Coronavirus-Krise tut sie es wieder


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ie Zahl der in Deutschland
registrierten Coronavirus-
Infektionen nähert sich der
Marke von 100.000 Fällen.
Bis zum Sonntagvormittag
wwwurden mehr als 91.000 Infektionen fest-urden mehr als 91.000 Infektionen fest-
gestellt. Trotz der geltenden Kontaktsper-
ren hat das schöne Wetter in weiten Tei-
len Deutschlands viele Menschen ins Freie
gelockt – vielerorts wurden die Regeln be-
achtet. Doch nicht alle hielten sie ein.
Bundesweit meldeten die Polizeistellen
VVVerstöße gegen die Pandemievorschriften. erstöße gegen die Pandemievorschriften.
So mussten die Beamten in Berlin am
Samstag eine nicht genehmigte Demon-
stration auflösen. Etwa 40 Menschen wa-
ren zusammengekommen, um gegen eine
von ihnen befürchtete Einschränkung von
Grundrechten in der Coronavirus-Krise
zu demonstrieren. Bei einer Versammlung
am Brandenburger Tor forderten Polizi-
sten per Lautsprecherdurchsagen die
Menschen zum Gehen auf, hieß es am
Sonntag. In der Hauptstadt hatten sich be-
reits am Freitag rund 300 Menschen vor
einer Moschee versammelt. Dem Imam,
dem Ordnungsamt und den Polizisten sei
es nur zum Teil gelungen, die Menschen

dazu zu bewegen, den vorgeschriebenen
AAAbstand einzuhalten, twitterte die Polizei.bstand einzuhalten, twitterte die Polizei.
„Das Gebet wurde im Einvernehmen mit
dem Imam vorzeitig beendet“, hieß es.
„Gesundheit geht vor, da darf es aktuell
auch für gemeinsame Gebete vor Ort kei-
ne Ausnahmen geben“, sagte Annette
Widmann-Mauz (CDU), Staatsministerin
fffür Integration, WELT. Jetzt komme esür Integration, WELT. Jetzt komme es
auf jede und jeden an. „Deshalb ist es
wichtig, dass wir auch die Menschen errei-
chen, die noch nicht so gut Deutsch spre-
chen“, so Widmann-Mauz. „Ich setze
mich innerhalb der Bundesregierung mit
Nachdruck dafür ein, dass offizielle Infor-
mationen über Verhaltensregeln und Ge-
sundheitsschutz so schnell wie möglich in
verschiedene Sprachen übersetzt wer-
den.“ Für Dienstag hat die Staatsministe-
rin für Integration zu einer Videoschalte
mit Migrantenorganisationen und religiö-
sen Verbänden eingeladen. Es wird dabei
auch darum gehen, was ab dem Ramadan-
Beginn zu beachten sein wird.
Die Bundesregierung mahnte erneut,
im Kampf gegen das Virus auch über
Ostern die Kontaktverbote einzuhalten.
„„„Wir müssen weiter alles tun, um eine zuWir müssen weiter alles tun, um eine zu

schnelle Ausbreitung in Deutschland zu
vermeiden. Das gilt leider auch für die
Ostertage – so bitter das für viele Familien
und Freundeskreise ist“, sagte Außenmini-
ster Heiko Maas (SPD). Ein Blick über die
Grenzen zeige noch viel dramatischer als
bei uns, wie tödlich das Virus sei.
So hat Donald Trump die USA ange-
sichts steigender Opferzahlen auf harte
Zeiten eingeschworen. Es werde in den
nächsten zwei Wochen „viele Tote geben,
leider“, sagte der Präsident. Die Zahl der
bekannten Infektionen mit dem Corona-
virus überschritt dort am Wochenende die
Marke von 300.000 – das sind deutlich
mehr als in jedem anderen Land der Welt.
Der Universität Johns Hopkins zufolge ka-
men dort infolge der Lungenerkrankung
Covid-19 bis Sonntagmorgen bereits mehr
als 8500 Menschen ums Leben.
Wie konsequent sich die große Mehr-
heit der Menschen in Deutschland bisher
an die Regeln zur Kontaktvermeidung hal-
te, davon war Außenminister Maas jedoch
beeindruckt. „Das zeigt auch, wie groß der
Gemeinsinn und die Solidarität in unse-
rem Land sind.“ Denn Angaben der Polizei
vom Wochenende ließen auch hoffen. So

wwwurden in Rheinland-Pfalz zunächst nururden in Rheinland-Pfalz zunächst nur
wenige Verstöße gegen das Kontaktverbot
registriert, ebenso im Saarland – zwei
Länder, die durch die Nähe zu Hochrisiko-
regionen in Frankreich von der Corona-
Krise besonders betroffen sind. Auch die
Menschen in Hessen, Brandenburg, Thü-
ringen, Bayern, Baden-Württemberg,
Sachsen-Anhalt, Hamburg, Schleswig-Hol-
stein und Mecklenburg-Vorpommern hiel-
ten sich zunächst laut Polizei weitgehend
an die Kontaktbeschränkungen.
AAAusnahmen gab es dennoch: Im nord-usnahmen gab es dennoch: Im nord-
rhein-westfälischen Düsseldorf etwa
mussten Polizisten eine Menge auflösen.
RRRund 200 Menschen hatten sich am Sams-und 200 Menschen hatten sich am Sams-
tag an der Rheintreppe in der Altstadt an-
gesammelt – jeweils in Zweiergruppen, wie
ein Stadtsprecher sagte. Der Mindestab-
stand sei aber nicht mehr eingehalten wor-
den. „Wenn man rausschaut: Das Wetter
ist super. Und ich habe total Verständnis,
dass es einen raus drängt“, sagte Bayerns
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in
einer Videobotschaft bei Twitter. Aber:
„Bitte auf die Regeln achten.“ Ansonsten
wwwürden die Erfolge, die es schon gebe, ge-ürden die Erfolge, die es schon gebe, ge-
fffährdet werden. ährdet werden. DW Seite 4

WWWochenende der Wahrheit fürochenende der Wahrheit für


Einhaltung der Corona-Regeln


Polizei meldet zwar deutschlandweit Verstöße gegen Kontaktsperre, doch Mehrheit hält sich an


Vorschriften. Integrationsstaatsministerin: „Für gemeinsame Gebete darf es keine Ausnahmen geben“


ISSN 0173-8437 82-15 ZKZ 7109

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C


orona stellt die Haltungsfra-
ge: Wie ist das Miteinander
zu halten, wenn alle auf Ab-
stand gehen müssen? Wie ist der
Wohlstand zu halten, wenn die Pro-
duktion runtergefahren und Geschäf-
te geschlossen werden? Wie ist eine
freiheitliche Gesellschaft zu halten,
wenn Verbote das Gebot der Stunde
sind? Womit es ums fausthaft Grund-
sätzliche geht: Wie hältst du es mit
der Politik?
Ja, Krisenzeiten sind Kanzlerzei-
ten. Doch anders als die Finanzkrise
2008 ist die Corona-Krise nicht allein
Angela Merkels Moment, sondern der
einer großen Koalition und ihrer Mi-
nister. Ein Regierungsbündnis, auf
das noch vor wenigen Wochen keiner
einen Pfifferling gegeben hätte. Die
Union erreicht in aktuellen Umfra-
gen Werte wie seit Jahren nicht mehr,
die SPD hat die Grünen überholt und
kann die 20-Prozent-Marke zumin-
dest wieder erahnen.
Corona hat bei den Sozialdemo-
kraten zurechtgerückt, was durch
den Mitgliederentscheid verquer ge-
worden war. Der Flirt mit dem Sozia-
lismus in Gestalt von Saskia Esken
und Norbert Walter-Borjans ist been-
det. In der realen Politikgestaltung
spielen sie keine Rolle, mit ihren
Klassenkampfparolen, wie zuletzt
der Forderung nach einer Vermö-
gensabgabe, wirken sie wie quengeli-
ge Kinder, die nicht aus dem Bällepa-
radies rauswollen. Geführt wird die
SPD de facto von Leuten wie Olaf
Scholz und Hubertus Heil, und zwar
auf den Boden der Tatsachen. Sie ha-
ben zur eigentlichen Bestimmung der
Sozialdemokraten zurückgefunden:
der einer Arbeiterpartei, die sich für
den Erhalt und die Schaffung von
Jobs verantwortlich fühlt – mit den
Unternehmern und nicht gegen sie.
In diesem Sinne sozialdemokratische
Politik wird nach der Krise erst recht
gebraucht werden. Die Grünen, die
sich volksparteienselbstbewusst mit
Vergesellschaftungsideen und sankti-
onsloser Grundsicherung für linke
Bündnisse herausgeputzt hatten, lie-
gen mittlerweile deutlich unter 20
Prozent. Nun, wo die Umfragewerte
umverteilt werden, schrumpfen auch
die grünen Umverteilungsambitio-
nen. Eskens Vermögensabgabe lehnte
selbst Anton Hofreiter ab.
Nach der Finanzkrise folgte auf die
GroKo Schwarz-Gelb, getrieben von
der Hoffnung auf eine FDP, die als
wirtschaftsliberales Korrektiv die
Rahmenbedingungen für die Nach-
krisenzeit mitgestaltet. Die Hoffnun-
gen in die Freien Demokraten sind
dieses Mal begrenzt, zumindest legen
das die Umfragen nahe. Eine Chance
für die Grünen, wenn sie sich die öko-
nomische Vernunft von Leuten wie
Ralf Fücks zu eigen machen. Auch
das: eine Haltungsfrage.

KOMMENTAR

PPPolitik undolitik und


HHHaltungsfragenaltungsfragen


[email protected]

DAGMAR ROSENFELD

**D2,80EUROB Nr. 82

Diesen Sonntag in
Das große WELT AM SONNTAG

Osterrätsel


LOTTO: 9 – 12 – 17 – 24 – 41 – 43
Superzahl: 1 Spiel77: 5 2 6 5 5 5 8
Super6: 4 0 5 7 6 0 ohne Gewähr

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