Süddeutsche Zeitung - 06.04.2020

(Nora) #1
von jürgen schmieder

Los Angeles– Und dann schickte Donald
Trump noch eine Botschaft an alle Base-
ball-Talente. „Ihr werdet den Schläger
schwingen, ehe ihr euch verseht“, schrieb
der US-Präsident bei Twitter über „Little
League“, die landesweiten Jugendligen,
die es seit 1939 gibt und die eine der schöns-
ten Traditionen dieses Landes sind. Der
Start in diesem Jahr musste wegen der Co-
ronavirus-Pandemie verschoben werden,
doch bald soll es losgehen: „Haltet durch!“
Kurz vor dieser Nachricht hatte Trump ei-
ne Telefonkonferenz mit Verantwortlichen
der wichtigsten amerikanischen Profili-
gen abgehalten, und Insidern zufolge soll
er ihnen eine ähnliche Botschaft vermittelt
haben wie den Kindern.

„Ich will die Fans zurück in den Stadien
haben“, sagte Trump später bei einer Pres-
sekonferenz: „Und die Fans wollen zurück
in die Stadien. Sie wollen Basketball sehen,
Baseball, Football und Eishockey. Sie wol-
len auf Golfplätze gehen und frische Luft
atmen.“ Dem SportsenderESPNsagten
Leute, die beim Anruf dabei gewesen wa-
ren, dass Trump glaube, die Footballliga
NFL könne ihre Saison wie geplant im Sep-
tember starten – mit Zuschauern in den
Stadien. Die Reaktion von Gavin Newsom,
dem Gouverneur von Kalifornien: „Ich will
niemanden hinterfragen – aber ich sehe
derzeit nicht, wie das in unserem Bundes-
staat möglich sein sollte.“
Es sind noch fünf Monate bis zum ge-
planten NFL-Start, und diese Aussage von
Newsom ist ein Schock für die Kalifornier,
von denen die meisten in der vorigen Wo-
che erfahren haben, dass ihre Kinder bis
September nicht zur Schule gehen dürfen.
Wann? Das ist die Frage, die sich gerade
viele Menschen weltweit stellen. In den
USA haben sie für eine Prognose den Profi-
sport als Indikator ausgemacht, weil es
nun mal Termine gibt, die jeder Sportfan
kennt und die eingehalten oder abgesagt
werden müssen. Also: Beginnt die jährli-
che Talentbörse der Footballliga NFL wirk-
lich am 23. April? Storniert die Basketballli-
ga NBA den Vertrag für die Sommerliga
mit den Arenen in Las Vegas deshalb nicht,
weil sie dort womöglich vom 1. Juli an die
Saison zu Ende spielen möchte? Und was
könnte das Gerücht bedeuten, dass die
Baseballliga MLB bei den Werbetreiben-
den der TV-Sender Live-Übertragungen
von Mitte Juni an angedeutet haben soll?
Die Rückkehr des Profisports in gefüllte
Arenen wird als mögliche Rückkehr zur
Normalität für alle anderen gewertet. Ers-
te Partien ohne Zuschauer könnten der ers-
te Schritt sein – deshalb warten viele Ame-
rikaner auf die Ankündigung solcher Ter-
mine. NBA-Chef Adam Silver hatte bereits
vor dem Telefonat mit Trump erinnert,
dass seine Liga am 11. März die erste gewe-

sen sei, die den Betrieb ausgesetzt habe –
und er soll gegenüber dem Präsidenten be-
tont haben, dass die NBA deshalb auch ger-
ne die erste Sparte der Unterhaltungsbran-
che sein wolle, die wieder mit Veranstaltun-
gen beginne. Aber nur „mit der Einwilli-
gung der Gesundheitsbehörden“.
Der US-Sport geht pragmatisch mit der
Corona-Krise um, es gibt keine völlig unre-
alistischen Pläne – sieht man mal davon
ab, dass der Verband für Ultimate Fighting
(UFC) noch immer einen Kampfabend am


  1. April veranstalten will, obwohl Leichtge-
    wichts-Weltmeister Khabib Nurmagome-
    dov mittlerweile abgesagt hat. „Er wollte
    doch niemals kämpfen“, sagt UFC-Chef
    und Trump-Freund Dana White, der am
    Telefonat mit dem Präsidenten ebenso be-
    teiligt war wie Vince McMahon, Chef der
    Proficatcher-Vereinigung WWE. Die hat
    vergangene Woche in Florida die Kämpfe
    von „Wrestlemania 36“ so lange aufge-
    zeichnet, bis es per Dekret verboten wur-
    de. Am Wochenende wurde die Veranstal-
    tung auf dem eigenen TV-Sender für 60
    Dollar im Pay-per-View-Format gezeigt.
    Der Kampf- und Showsport sieht die ak-
    tuelle Krise offenbar vor allem als finanziel-
    le Chance, mit Veranstaltungen möglichst
    viele Zuschauer vor die Bildschirme zu lo-
    cken. Das gefällt nicht jedem; der Box-Pro-
    moter Bob Arum sagte etwa, dass sich Whi-
    te schämen solle: „Das Letzte, was die Welt


in dieser Situation braucht, ist ein Sporter-
eignis ohne Zuschauer, während in den
Krankenhäusern Leute sterben.“ Er ver-
wies darauf, dass ansonsten alle Sportver-
anstaltungen in den USA abgesagt seien.
Die NBA veranstaltet derzeit ein Turnier
in der Videospiel-Simulation NBA2K, an
dem Prominente wie Kevin Durant, Dono-
van Mitchell und DeMarcus Cousins teil-
nehmen. Es soll Abwechslung bieten, und
die Zuschauer bekommen einen Einblick
ins Privatleben ihrer Stars, die nicht geizen
mit kreativen Provokationen für ihre Geg-
ner oder die Akteure, die sie per Controller
steuern. Im wirklichen Leben spielt die Li-
ga derzeit ja nur mit dem Gedanken, den
Rest der aktuellen Saison in Las Vegas aus-
zutragen, notfalls ohne Zuschauer.
Das führt zunächst zu der Frage, wie das
funktionieren soll und warum Profisport-
ler bevorzugt getestet werden sollen, nur
damit der Milliardenbetrieb am Laufen ge-
halten wird? Es führt aber auch zur Frage
nach Fairness: Kann eine Spielzeit über-
haupt gelten, wenn Partien verspätet ge-
spielt werden und zuvor verletzte Spieler
wieder fit sind? Wenn der Spielplan ein an-
derer ist und das Playoff-Format geändert
wird? Sollte man nicht diese Saison für be-
endet erklären und auch die der Eishockey-
liga NHL, die gerade Computer-Simulatio-
nen einiger Spiele zeigt und damit Geld für
die Angestellten in den Arenen sammelt?

Die Fixsterne beim Blick in die Glasku-
gel sind deshalb die Baseballliga MLB, de-
ren Saison am vergangenen Woche hätte
beginnen sollen, und die Footballliga NFL.
Die verkauft sich derzeit als dringend not-
wendige Abwechslung zur Pandemie, da-
mit die Leute im Supermarkt nicht über lee-
re Regale debattieren, sondern über Wech-
sel wie den von Spielmacher Tom Brady
von den New England Patriots zu den Tam-
pa Bay Buccaneers oder die erwähnte Ta-
lentbörse. Die soll per Videokonferenz ab-
gehalten und live im TV gezeigt werden.
Das scheint möglich zu sein, doch NFL-
Chef Roger Goodell warnt: „Eine öffentli-
che Debatte darüber ist nicht nützlich und
wäre Anlass für Bestrafungen.“ Heißt über-
setzt für jeden NFL-Mitarbeiter und -Spie-
ler: Klappe halten!
Es ist keine hoffnungsfrohe Botschaft,
wenn die NFL die sogenannte Draft trotz
Bedenken abhalten und Kritiker einfach
mundtot machen würde. So wie es keine
hoffnungsfrohe Botschaft ist, wenn sich
der US-Präsident und der Gouverneur des
Bundesstaates mit den meisten Einwoh-
nern nicht auf einen möglichen Termin für
den NFL-Start einigen können. Trump pre-
digt derzeit sein „The-Show-Must-Go-On-
Mantra“, und beim Gespräch mit den Ver-
antwortlichen der Sportligen soll er gesagt
haben, wann das sein soll: „So schnell wie
möglich – lieber früher als später.“

London– „We are Liverpool. This means
more“ – diesen Leitspruch hat sich der
FC Liverpool für seine Imagekampagne im
Frühjahr 2018 ausgedacht. Der Slogan ba-
siert auf einem Zitat des legendären Bill
Shankly, dessen Wunsch es zu Lebzeiten
gewesen war, als selbstloser Mann in Erin-
nerung zu bleiben – der eine Familie auf-
baute, deren Mitglieder mit erhobenem
Haupt durch die Straßen gehen können,
um zu sagen: „Wir sind Liverpool.“
Als Trainer hat der Schotte mit seinen
Erfolgen und seiner sozialistischen Gesin-
nung den Mythos des Klubs mitbegründet.
Voller Stolz erzählte der in Liverpool gebo-
rene Vereinsboss Peter Moore, 65, vor
sechs Monaten in einem Interview mit der
linksliberal orientierten spanischen Tages-
zeitungEl Pais,Fußball habe für Shankly
stets aus Zusammenarbeit bestanden. Da-
her sei der Klub zum Entschluss gekom-
men, in Worten niederzuschreiben, dass Li-
verpool eben mehr sei als bloß Gewinnen
und Verlieren. Vor den Geschäftsentschei-
dungen, sagte Moore, frage man sich da-
her heute immer: „Was hätte Shankly ge-
sagt? Was hätte er getan?“


Den Gemeinschaftssinn, nach dem der
Klub handeln möchte, hat er am Wochen-
ende kurzerhand außer Kraft gesetzt –
und damit natürlich auch seine Marketing-
aktion als Schall und Rauch auffliegen las-
sen. Am Samstagnachmittag veröffentlich-
te der Tabellenführer der Premier League
ein Schreiben unter dem Titel „Covid-19
Update“. Im fünften Absatz gab der Verein
bekannt, aufgrund des seit 13. März ausge-
setzten Spielbetriebs in der Premier
League wegen der Corona-Pandemie ei-
nen Teil seiner Mitarbeiter in Zwangsur-
laub zu schicken, etwa 200 Angestellte.
Was in der verklausulierten Mitteilung un-
erwähnt blieb: Das Profiteam um Trainer
Klopp erhält weiterhin volle Bezüge; in der
Vorsaison ließ sich der FC Liverpool die
Dienste der Kicker 310 Millionen Pfund
kosten. Was hätte zu diesem Vorgehen Bill
Shankly gesagt? Was hätte er getan?
Als fünfter Verein aus der Premier
League nach Tottenham Hotspur, Norwich
City, dem AFC Bournemouth und New-
castle United bedient sich jetzt der FC Liver-
pool am Notfall-Programm der Regierung.
Zur Erhaltung von Arbeitsplätzen hat der
britische Staat beschlossen, für Unterneh-
men 80 Prozent des Mitarbeitereinkom-
mens bis zu einer Höhe von 2500 Pfund im
Monat rückwirkend ab 1.März für drei Mo-
nate zu übernehmen. Das bedeutet, dass
nun die Allgemeinheit, die mit ihrem un-
bändigen Interesse am Fußball überhaupt
erst für den Reichtum der englischen Verei-
ne gesorgt hat, auch für die Personalkos-
ten des FC Liverpool aufkommt.
Wohlgemerkt für einen Verein, der erst
im Februar einen Gewinn vor Steuern in
Höhe von 42 Millionen Pfund meldete –
und ein Jahr zuvor gar mit 125 Millionen
Pfund den höchsten Profit ausgewiesen
hatte, den je ein Fußballverein innerhalb ei-
ner Spielzeit erwirtschaftete. Mit einem Ei-
genkapital von rund 250 Millionen Pfund
gehören die Reds zu den vermögendsten
Klubs auf der Welt, ihr Marktwert wird auf
knapp zwei Milliarden Pfund beziffert. Da-
hinter steht die Sportvermarktungsfirma
Fenway Sports Group, die ebenso das Base-
ballteam Boston Red Sox im Portfolio hat
und mehrheitlich dem amerikanischen Ge-
schäftsmann John W. Henry gehört. Allein


dessen Vermögen wird wiederum auf etwa
zweieinhalb Milliarden Pfund geschätzt.
Den vermutlich einkalkulierten Anse-
hensverlust versuchte der FC Liverpool
mit dem Verweis zu begrenzen, zumindest
den Rest des Gehalts für seine Belegschaft
übernehmen zu wollen, um finanzielle Ein-
bußen der Angestellten zu vermeiden –
aber das änderte natürlich nichts an der
Empörung. Unmittelbar nach Bekanntga-
be der Entscheidung wendeten sich aufge-
brachte Mitarbeiter und ehemalige Spieler
gegen den Verein. Neben dem Deutschen
Dietmar Hamann, der die Entscheidung
als Widerspruch zu Moral und Werten des
Klubs geißelte, ging der auf der Insel ein-
flussreiche ehemalige Abwehrrecke Jamie
Carragher noch einen Schritt weiter: „Jür-
gen Klopp hat seit Beginn der Pandemie
viel Mitgefühl gezeigt. Und dann ist alles
vergessen. Armselig, LFC!“
Gegenüber der BBC klagte ein anony-
mer Mitarbeiter, der Klub würde seine An-
gestellten als Familie betiteln: „Ich fühle
mich nicht als Familienmitglied, sondern
bin enttäuscht. Warum nutzt ein Klub, der
jährlich Millionen Pfund umsetzt, ein Re-
gierungsmodell zur Bezahlung der Ange-
stellten aus, wenn andere Betriebe viel grö-
ßere Not haben?“ Eine Antwort auf diese
Frage blieb der Verein bislang schuldig.
Mit der Maßnahme konterkariert Liver-
pool das soziale Engagement seines Teams
um Kapitän Jordan Henderson, der dabei
ist, einen millionenschweren Hilfsfonds
mit seinen Kollegen auf die Beine zu stel-
len, um Notleidenden während der Corona-
Krise zu helfen. Dafür verstärkt das bilanz-
getriebene Handeln in Liverpool das gegen-
wertige Gezanke ums Geld in der Premier
League: Am Sonntag lehnten die Profis der
englischen Liga die Forderung nach einem
30-prozentigen Gehaltsverzicht ab. Ihre
Haltung begründete die Spielergewerk-
schaft PFA mit dem Verweis auf einen dar-
aus resultierenden Verlust von Steuergel-
dern von etwa 200 Millionen Pfund. Die
Klubs fürchten im Fall eines vorzeitigen
Saisonendes vor allem eine Teilrückzah-
lung der TV-Gelder in Höhe von rund 750
Millionen Pfund. Auf Twitter schrieb Oli-
ver Dowden, der Staatssekretär für Digita-
les, Kultur, Medien und Sport, dass die Leu-
te in Krisenzeiten „keine Kämpfe inner-
halb unseres Nationalsports“ sehen wol-
len. So ähnlich hätte das bestimmt auch
Bill Shankly gesehen. sven haist

Elf Männer, eine Frau
Die Verantwortlichen der US-Profisportarten

Eine ganze Sportart ins Haus holen?
Auch noch die Leichtathletik mit ihren,
grob geschätzt, 123 Haupt-, Neben- und
Unterdisziplinen? Doch, das geht. Gut,
wer unbedingt auf Hammerwerfen im
Home-Office besteht, könnte durchaus
Probleme mit Vermieter und Hausrat-
versicherung bekommen. Aber der lan-
ge so verstaubte Leichtathletik-Weltver-
band (World Athletics) hat jetzt ein digi-
tales Paket geschnürt, dank dem zumin-
dest ein bisschen Tartan-Duft durchs
Wohnzimmer weht. „Athletics at home“
heißt das Angebot, es lässt sich im Netz
abrufen. Man kann dort seine eigenen
Spikes designen und ausschneiden –
nur aus Papier, aber immerhin. Man fin-
det auch Übungen für Erwachsene und
Kinder; so wie viele Athleten gerade Fit-
nessstunden auf ihren Social-Media-Ka-
nälen anbieten, Weitsprung-Weltmeis-
terin Malaika Mihambo (im Bild) etwa.
Wer sich ausgetobt hat, kann noch ein-
mal Wettkämpfe von vergangenen Welt-
meisterschaften schauen, die der Ver-
band auf Youtube hochgeladen hat.
Oder er hört jene Musik, mit der sich US-
Sprinter Noah Lyles vor den Rennen ein-
stimmt. Die ist allerdings nicht immer
ganz jugendfrei. jkn

Ärgert sich über den FC Liverpool: Jamie
Carragher, ehemals Verteidiger des engli-
schen Klubs. FOTO: RUI VIEIRA / AP

Was hätte Bill Shankly


dazu gesagt?


Der FC Liverpool schickt 200 Angestellte in den Zwangsurlaub


Dietmar Hamann ist empört,


auch Jamie Carragher findet


die Entscheidung „armselig“


20 Hampelmänner, 20 Kniebeugen, 20
Luftsprünge, 20 Liegestütze, 20 Sekun-
den Plankenstütz. Das ist die Übungsfol-
ge, die Alec Ingold, Running Back der
Las Vegas Raiders (zu deutsch: Räuber)
aus der amerikanischen National Foot-
ball League, auf der Klub-Website all je-
nen empfiehlt, die keine Hanteln da-
heim haben. Und das ist nur der Part
zum Aufwärmen. Verteidiger Erik Har-
ris führt das Muskeltraining mit und oh-
ne Geräten weiter: zehn Liegestütze, da-
bei je drei Sekunden Verharren oben, un-
ten und zwei Mal auf dem Weg hin und
zurück. Dann zehn Mal auf beiden Sei-
ten eine Hantel vom Boden aufheben
und über den Kopf strecken, Sit-ups mit
einem Ball zur Kräftigung und Steige-
rung der Koordination. Wer möchte,
das zeigen die Videos der Kollegen,
kann auch mit Gewichtsweste joggen
seinen Truck die Einfahrt hinaufziehen,
mit einem Ast aus dem Garten bankdrü-
cken oder Seilspringen, um die Beinar-
beit zu verbessern. Auch eine Tanzfolge
der Cheerleader ist im Angebot, wie es
sich für ein echtes Football-Franchise
gehört. Also: Schritt nach vorne, Schritt
nach vorne, Hände hoch! Hüfte schüt-
teln, Hüfte schütteln, hüpfen! jüsc

SECHSERPACK– DIGITALE FITNESSANGEBOTE AUS DEM WELTSPORT


Formal haben in den meisten Bundes-
ländern jetzt die Osterferien begonnen,
aber „Albas tägliche Sportstunde“ fin-
det weiterhin statt, jetzt erst recht. Der
Basketball-Bundesligist Alba Berlin hat
sein unmittelbar nach den Schulschlie-
ßungen eingeführtes Internet-Angebot
für Vor-, Grund- und Oberschüler aller-
dings modifiziert: Statt täglich drei Ein-
heiten am Vormittag gibt es nun zwei –
jeweils um neun Uhr eine kürzere für
die Kita-Gruppe und dann am Nachmit-
tag um 15 Uhr eine längere für Grund-
und Oberschüler, im täglichen Wechsel.
Dabei geht es nicht um spezifische Bas-
ketball-Übungen, sondern um generel-
le Koordination: darum, dass sich die
Kinder überhaupt bewegen – und zwar
so, dass weder Eltern genervt werden
von Getrampel, Gehopse oder Geschrei,
noch die Nachbarn in Mietwohnungen.
Aufgelockert wird das Ganze durch Wis-
senswertes aus dem Sport sowie der Zu-
schaltung von Profis, die erzählen, wie
sie sich fit halten. Der Bedarf nach Bewe-
gungsanleitungen für Kinder und Ju-
gendliche war offensichtlich enorm:
Die ersten Folgen von „Albas täglicher
Sportstunde“ hatten mehr als eine Milli-
on Zugriffe. moe

Ihr seid bissige Piranhas! Athletiktrai-
ner Hagen Pietrek hat das Kommando,
und schon liegt Lucas Krzikalla bäuch-
lings auf dem Boden und schnappt mit
den Händen nach dem nächsten Fisch.
Der 26-Jährige (im Bild) hat in den ver-
gangenen Wochen schon einiges aus
sich machen lassen: Er balancierte als
Papagei über einen Ast, gewann als Kän-
guru einen Boxkampf und watschelte
als Pinguin über Eisschollen. Auch die
Handballer des SC DHfK Leipzig haben
ihr Fitnessprogramm auf Kinder zuge-
schnitten, und weil man als Leipziger
tierfreundlich ist – Maskottchen ist ein
Leopard (ebenfalls im Bild) – stand in
zwei der bisher acht Folgen ein fiktiver
Zoobesuch auf dem Programm. Athle-
tiktrainer Pietrek hat sich zusammen
mit Krzikalla einige Gedanken ge-
macht, wie Komodowarane laufen (Vier-
füßlergang auf den Unterarmen) oder ei-
ne Robbenfütterung im Wohnzimmer
ausschauen kann (Zielwerfen mit So-
cken). Ihre Videos, die jeden Montag,
Mittwoch und Freitag ab zehn Uhr un-
ter anderem bei Youtube und Facebook
zu finden sind, haben Kitas und Schu-
len schon zur Nachahmung empfohlen.
Trotz akuter Piranhagefahr! ska

Ein Jahr. So elendig lange, schreibt der
spanische Ski-Freerider Philipp Klein
Herrero, 28, auf seinen Profilen in den
digitalen Netzwerken, habe er dem Aus-
flug mit Familie und Freunden ins fran-
zösische La Grave entgegengesehnt, ei-
nem Mekka für Anhänger des freigeisti-
gen Skifahrens. Und dann: Ausgangs-
sperre wegen der Corona-Pandemie in
Spanien, just am ersten Tag des veran-
schlagten Trips. Herrero sah allerdings
ein, dass er schlecht Skifahren konnte,
während die Pandemie in seiner Heimat
besonders stark wütete. Er simulierte
den Ausflug also in seinem Wohnzim-
mer und goss die Idee in einen Stop-Mo-
tion-Film, in eine Sequenz aus vielen
Einzelbildern also, die auf den einschlä-
gigen Videoplattformen mittlerweile
schwer populär ist. Herrero schält sich
darin in voller Skifahrer-Montur aus
dem Schlafsack, er erklimmt aus Bettla-
ken gefertigte Berge und Eiswände,
dann rauscht er mit den Skiern waghal-
sig – zu waghalsig? – ins Tal. Die Produk-
tion dürfte jedenfalls etwas Zeit und
Kraft gekostet haben, mit der Winterja-
cke im vermutlich wohltemperierten
Wohnzimmer. Auch kein schlechtes Aus-
dauertraining. jkn

Schon lustig: Ausgerechnet die extrems-
ten Ausdauersportler, die wie die Triath-
leten ihren Mythos einst mit Schwim-
men im Ozean und Marathons in der La-
vawüste begründeten, müssen zum Lei-
den längst nicht mehr vor die Tür. Man
nehme: ein Laufband, eine Rennrad-
Rolle, eine Gegenstromanlage – den ei-
genen Pool vorausgesetzt – sowie eine
Software wie Zwift. Fertig ist der domes-
tizierte Ausdauerdreikampf, bei dem
man sich mit einer digitalen Leidensge-
meinschaft im Netz misst, vom Ama-
teur bis zum Profi. Jetzt, da die Sportka-
lender leergefegt sind, bietet das der kri-
selnden Branche sogar ein alternatives
Geschäftsmodell: Am Sonntag trugen
ein paar Radprofis die Flandern-Rund-
fahrt halt auf der Rolle aus, weitere Ren-
nen sollen folgen – das verschafft den
Sponsoren zumindest etwas Präsenz.
Auch die Ironman-Triathleten haben ge-
rade eine digitale Wettkampfserie auf-
gespielt. Der deutsche Weltmeister Jan
Frodeno verkündete zuletzt sogar, dass
er am Ostersamstag eine vollwertige
Langdistanz in seinem Domizil im spani-
schen Girona bestreiten will – Live-Stre-
am und Spendenaufruf für den Kampf
gegen Corona inklusive. jkn

Fixsterne in der Glaskugel


In einer Telefonkonferenz mit den wichtigsten Managern des amerikanischen Profisports weckt
US-Präsident Trump Hoffnung auf eine baldige Rückkehr in die Arenen – trotz aller Bedenken

Nichts zu tun: Ein Baseball ruht sich auf dem Trainingsfeld der Seattle Mariners aus. FOTO: CHARLIE RIEDEL / AP

DEFGH Nr. 81, Montag, 6. April 2020 (^) SPORT HF2 25
FOTO: ZWIFT / OH FOTO: KELLEY COX / USA TODAY FOTO: ALBA BERLIN / OH FOTO: EIBNER / IMAGO FOTO: DPA FOTO: VALENTIN FLAURAUD / DPA
Adam Silver (NBA, Basketball, Männer)
Roger Goodell (NFL, American Football)
Rob Manfred (MLB, Baseball)
Gary Bettman (NHL, Eishockey)
Cathy Engelbert (WNBA, Basketball, Frauen)
Jay Monahan (PGA Tour, Golf, Männer)
Michael Whan (LPGA Tour, Golf, Frauen)
Dana White (UFC, Kampfsport)
Vince McMahon (WWE, Catchen)
Roger Penske (IndyCar, Motorsport)
Drew Fleming (Breeders Cup, Pferdesport)
Don Garber (MLS, Fußball)
Rennrad-Rolle Räuber-Fitness Oster-Sportstunde Känguru-Boxen Wohnzimmer-Tartan Winterträume

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