Die Welt - 27.03.2020

(Jeff_L) #1

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27.03.20 Freitag,27.März2020DWBE-HP


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4 POLITIK DIE WELT FREITAG,27.MÄRZ


W


o es möglich ist, will
die Bundeswehr in
der Corona-Krise
Amtshilfe leisten.
Im Interview erklärt
Verteidigungsministerin Annegret
Kramp-Karrenbauer (CDU), warum
sich Deutschland auf die Soldaten ver-
lassen kann.

VON ULF POSCHARDT

WELT: Frau Kramp-Karrenbauer, wie
hat Corona Ihren Alltag verändert?
Wie arbeiten Sie als Ministerin, wie
viel Homeoffice ist möglich?

ANNEGRET KRAMP-KARRENBAUER:


Corona verändert für uns alle gerade
sehr viel. Für mich selbst gilt wie für al-
le anderen: so wenig persönliche Begeg-
nungen wie möglich. Statt Einsatzrei-
sen, Truppenbesuchen oder internatio-
nalen Terminen bin ich zurzeit im Mi-
nisterium per E-Mail, SMS, Telefon,
Handy und in vielen Videokonferenzen
aktiv. In der Leitung des Hauses, in der
Bundesregierung und im „Corona-Kabi-
nett“ tauschen wir uns häufig und in-
tensiv aus. Die Abstandsregeln sind da-
bei die neuen Anstandsregeln.

Und Homeoffice?
Homeoffice beschränkt sich bei mir auf
das Wochenende. Wir haben im ganzen
Ministerium Teams gebildet, die sich
zwischen Büro und Homeoffice ab-
wechseln und im Fall einer nötigen
Quarantäne wechseln können. So blei-
ben wir immer voll arbeitsfähig.

Welche Aufgaben kommen auf die
Bundeswehr in dieser Situation zu,
und welche könnten noch auf sie zu-
kommen?
Die Bundeswehr tut bereits eine Menge.
Wir haben Landsleute aus China evaku-
iert, wir beschaffen weltweit medizini-
sche Schutzausstattung, wir stellen hel-
fende Hände, wir helfen beim Aufbau
von Testzentren, wir entsenden auch
unsere Mediziner – zum Beispiel in Fie-
berambulanzen in Koblenz. Soldatin-
nen und Soldaten helfen beim Einkau-
fen für Menschen, die zu Risikogruppen
gehören, wir haben auch in riesigen
Staus an der deutsch-polnischen Gren-
ze mit Tee, Decken und Lebensmitteln
unterstützt. Die Bundeswehr kann und
wird im Rahmen der Amtshilfe alles
tun, was ihr möglich ist. Die Menschen
in Deutschland können sich auf uns ver-
lassen. Gerade wenn der Kampf gegen
Covid-19 lange dauern wird.

Wie ist die Stimmung in der Truppe
deswegen?
Ich stehe ständig in Kontakt mit Lage-
zentren, Landeskommandos, Bundes-
wehrkrankenhäusern, Sanitätseinrich-
tungen, der Streitkräftebasis, dem Be-
schaffungsamt und allen anderen Berei-
chen. Ich erlebe hoch konzentrierte und
hoch motivierte Kameradinnen und Ka-
meraden, Kolleginnen und Kollegen.
Unsere Soldatinnen und Soldaten und
auch die zivilen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter machen den oft schwieri-
gen Dienst zu einem persönlichen Her-
zensanliegen. Die Frauen und Männer
in der Bundeswehr haben auch Kinder,
Eltern, Verwandte und Freunde, sie sind
Teil unserer Gesellschaft. Und sie tun,
was immer nötig ist, damit wir diese
schwere Zeit überstehen. Wir haben ei-
ne beeindruckende Welle der Hilfsbe-
reitschaft – übrigens auch von unseren
Reservistinnen und Reservisten. Die
Bundeswehr wird helfen, so lange sie
gebraucht wird. Alle sind sich ihrer Ver-
antwortung in dieser historisch noch
nie da gewesenen Lage bewusst.

Können Sie verstehen, wenn Linke da-
gegen pöbeln, dass die Bundeswehr
auch zivile Aufgaben übernehmen soll?
Nein. Mein Eindruck ist, dass viele
Menschen sich wünschen, dass die Bun-
deswehr hilft, wenn das nötig ist. Und
das werden wir im Rahmen des recht-
lich Möglichen auch tun.

Die umfassenden Einschnitte der per-
sönlichen Freiheiten: Wie gefährlich
sind solche Entscheidungen für die li-
berale Mentalität des Landes?
Corona stellt jeden von uns ganz per-
sönlich und die Gesellschaft insgesamt
auf eine Probe. Ich hätte mir ge-
wünscht, dass die harten Maßnahmen
unnötig wären, weil es noch mehr Ei-
genverantwortung gegeben hätte. Die
Einschnitte treffen uns als freie Gesell-
schaft hart. Das muss immer gut be-
gründet sein. Die Bürgerinnen und Bür-
ger akzeptieren das jetzt, weil sich die
Ausbreitung des Virus dadurch verlang-
samen lässt. Ich bin dafür, dass wir fort-
laufend prüfen, ab wann es die epide-
miologische Lage erlaubt, die harten
Einschnitte zu lockern.

Müssen wir auch zügig über einen
Exit aus diesen Einschränkungen
nachdenken, wenn die Infektionszah-
len zurückgehen?

Freiheit, gesellschaftliches und wirt-
schaftliches Leben sind uns sehr wichtig.
Gleichzeitig muss unser Gesundheits-
system der Infektionswelle standhalten
können. Vieles deutet darauf hin, dass
die besondere Isolation von Risikogrup-
pen, flächendeckende Tests und auch
das Sammeln, Nachverfolgen und Aus-
werten der Daten zu Risikogruppen, Infi-
zierungen, Erkrankungen und Heilungen
uns dabei helfen können, gangbare Wege

zu finden, um schrittweise die Ein-
schränkungen wieder aufzuheben.

Wie funktioniert die Arbeit im Kabi-
nett im Augenblick?
Gut. Angesichts der Krise gibt es eine
hohe Gemeinsamkeit. Auf manche
sonst übliche Ressort- oder Koalitions-
debatte wird verzichtet. Das ist richtig
so. Ich möchte, dass wir jetzt helfen und
später wieder debattieren.

Warum kann die Union von dieser
Krisensituation in den Umfragen so
stark profitieren?
Die Union trug in Deutschland bei
Krisen oder in grundlegend entschei-
denden Situationen fast immer Ver-
antwortung. Die Menschen vertrauen
uns in schwierigen Zeiten, dieses Ver-
trauen müssen wir jetzt aber auch
rechtfertigen.

Beeindruckt Sie das Handling der Kri-
se durch den bayerischen Minister-
präsidenten Markus Söder (CSU)?
Ich bin als CDU-Parteivorsitzende stolz
darauf, dass die Union – sowohl CDU
als auch CSU – so viele überzeugende
und zupackende Ministerpräsidenten
und Kommunalpolitiker und Kommu-
nalpolitikerinnen hat.

Ist Söder damit wieder ein Kanzler-
kandidat für die Union, auch wenn er
das gar nicht sein will?
Das ist eine Frage, die im Moment wirk-
lich niemanden interessiert.

Zeigt der Föderalismus im Augenblick
vor allem seine Stärken oder Schwä-
chen?
Bund und Länder haben gemeinsam
sehr schnell die wichtigen Entscheidun-
gen auf den Weg gebracht. Da hat das
föderale Deutschland seine Stärke ge-
zeigt. Bei anderen Fragen, etwa der ei-
nes gemeinsamen nationalen Lagebilds,
können wir noch besser werden. Daran
arbeiten wir.

Wie bewerten Sie die Rückkehr des
Nationalismus in Europa? Wie gefähr-
lich ist das für die Zeit nach Corona?
Der Corona-Nationalismus mancher
Regierungen und Politiker ist er-
schreckend. Ich bin froh, dass wir uns
in Deutschland auch damit beschäfti-
gen, wie wir den europäischen Freun-
den in Italien, Frankreich, Spanien
oder Bulgarien helfen können, wie
wir gemeinsam die Krise überstehen
und dabei Wohlstand und wirtschaft-
lichen Erfolg in Europa bewahren. Je-
de Hilfe über Grenzen hinweg ist
jetzt wichtig – auch mit Blick auf die
Zusammenarbeit in der Zeit nach der
akuten Krise.

Wie können Sie Ihren europäischen
Ministerkollegen – insbesondere den
italienischen, spanischen und franzö-
sischen – helfen?
Wir sind im intensiven Gespräch mit
unseren Verbündeten über Produktion
und Austausch der Materialien, Schutz-
ausrüstungen und Beatmungsgeräte,
die jetzt alle brauchen. Wir sind leider
auch begrenzt, was Material und Perso-
nal angeht, aber Europa muss zusam-
menstehen – gerade jetzt! Patienten aus
Frankreich und Italien werden in deut-
schen Krankenhäusern behandelt, auch
in denen der Bundeswehr.

Wie glücklich wären Sie, die CDU Ih-
rem Nachfolger nicht mehr mit mau-
en 20 Prozent plus X zu übergeben,
sondern mit 35 plus X?
Sehr glücklich. Und stolz.

Wie verrückt waren die vergangenen
zwölf Monate für Sie?
Eine Achterbahn ist harmlos dagegen.

Können Sie das mit irgendetwas in Ih-
rer Lebenszeit vergleichen?
Es gab in meiner politischen Karriere
als Ministerin und Ministerpräsidentin
und auch in der Partei immer wieder
turbulente Zeiten. Ich war Innenminis-
terin in der Zeit nach dem 11. September
2001 und habe schon einiges durchge-
standen. Die letzten Monate stehen
aber für sich.

Sind Sie stolz auf die Art, wie dieses
Land die Herausforderungen meis-
tert?
Corona bringt Gutes und weniger Gu-
tes zutage. Es gibt gerade Verschwö-
rungstheoretiker, Spinner und Hetzer
im Netz, die Fake News verbreiten.
AAAber gleichzeitig gibt es auch tolleber gleichzeitig gibt es auch tolle
Ideen in der digitalen Sphäre, Videos
fffür Kinder, um sich in der Wohnung fitür Kinder, um sich in der Wohnung fit
zu halten, Gratiskonzerte von Stars
und vieles Positives mehr. Es gibt zwar
Hamsterkäufer und Menschen, die
sich um Klopapier streiten. Aber auch
Einkaufshelden und viele Menschen,
die sich in ihren Nachbarschaftsres-
taurants Essen abholen oder Bücher
aus dem Laden um die Ecke in der
Straße liefern lassen, um die Ge-
schäftsleute in ihrer Gegend zu Hause
zu unterstützen. In den letzten Tagen
habe ich viele gesehen, die Kleider und
Lebensmittel für Obdachlose an Zäu-
ne hängen. Und wer hätte gedacht,
dass über 40.000 Menschen beim
Hackathon des Kanzleramts gegen das
Coronavirus mitmachen. Wir sehen
gerade in der Krise überall die „nor-
malen“ Menschen, die unser Land
auch jetzt am Laufen halten. Auf all
diese Menschen bin ich stolz.

Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer


sagt, wie die Bundeswehr die Virus-Krise


meistert – und was sie zurzeit an


Deutschland stolz macht


„Corona bringt


Gutes und


wweniger Gutes


zutage“


MARTIN U. K. LENGEMANN/ WELT

J


ulia Klöckner (CDU) ist bekannt
für ihre gute Laune, und die ver-
lässt sie in der Krise auch nicht.
Aber dieses Homeoffice-Interview muss-
te mehrfach geschoben werden, weil das
Thema der fehlenden Erntehelfer und
Saisonarbeiter aus dem Ausland immer
wieder neue Termine und Pressekonfe-
renzen erzwang.

VON ULF POSCHARDT

WELT: Frau Klöckner, welche Hilfe
brauchen die Bauern schnell?
JULIA KLÖCKNER: Sie werden ge-
braucht. Und es wächst in der Bevölke-
rung das Bewusstsein, wie wichtig es ist,
im eigenen Land eine breite Selbstver-
sorgung zu haben. Das ist erst einmal ei-
ne gute Nachricht für unsere Landwirte.
Aber die größten Herausforderungen
stehen ihnen erst noch bevor: Aufgrund
fehlender Saisonarbeitskräftewird es
schwierig, wie gewohnt die Ernten ein-
zubringen oder zu pflanzen. Das bereitet
vielen Sorge. Deshalb helfen wir ihnen
mit einem ganzen Maßnahmenpaket und
versuchen, inländische Arbeitskräfte zu
mobilisieren: Die Bezieher von Kurzar-
beitergeldern dürfen ohne Anrechnung
hinzuverdienen, auch in der Landwirt-
schaft. Flexibilisierungen und finanzielle
Unterstützungen machen wir möglich.
Und mit der Jobvermittlungsplattform
http://www.daslandhilft.debringen wir su-
chende Landwirte und helfende Hände
zu sammeln. Und das mit Erfolg.

Inwiefern?
Der Ansturm hat uns alle überrascht.
Und mit Horst Seehofer bin ich im Ge-
spräch, wie wir Asylbewerbern, die ein
Arbeitsverbot bei uns haben, die Mög-
lichkeit geben, sich hier einzubringen.

Was ist die größte Gefahr für die
deutsche Landwirtschaft?
Fehlende Arbeitskräfte. Schlechte Witte-
rung. Kaufzurückhaltung. Konkurrenz
aus dem Ausland. Stockende Lieferket-
ten. Tierseuchen. Wo fange ich an? Der
Erfolg der Landwirtschaft hängt von vie-
lem ab, nicht zuletzt auch von uns Ver-
brauchern. Von der Frage, was sie uns
wert ist.

Die umfassenden Einschnitte der per-
sönlichen Freiheiten, wie gefährlich
sind solche Entscheidungen für die li-
berale Mentalität des Landes?
Wenn sie befristet und gut begründet,
nicht willkürlich sind, der Staat sehr
transparent vorgeht, dann wird das res-
pektiert, dann ist Einsicht da. Ein ver-
antwortungsvoller Umgang mit Freiheit
bedeutet eben auch, temporäre Ein-
schnitte hinzunehmen, um gerade Frei-
heit zu verteidigen. Es gibt aber leider
auch andere Beispiele, es hat bei man-
chen lange gedauert. Sogenannte Coro-
na-Partys sind genauso unverantwort-
lich wie der Aufruf im Netz von radika-
len Linken, sich Ausgangsbeschränkun-
gen bewusst zu widersetzen.

Müssen wir auch zügig über einen
Exit aus diesen Einschränkungen
nachdenken, wenn die Infektionszah-
len zurückgehen?
Ob zügig oder nicht, angemessen und
verantwortlich muss es sein. Die begrün-
deten Einschränkungen gelten auf Zeit,
es geht um unser aller Gesundheit. Die
Lage muss immer wieder neu beurteilt
werden – nicht auf der Grundlage von
Gefühlen, sondern Fakten.

Wie nehmen Sie das Bundeskabinett
in dieser Krise wahr? SPD-Generalse-
kretär Lars Klingbeil hat WELT kürz-
lich gesagt, dass die Wirtschaftspoli-
tik ausschließlich von Finanzminister
Olaf Scholz (SPD) gemacht werde. Da
klang Wahlkampf durch. Wie sehen
Sie das?
Wann hat Herr Klingbeil denn das ge-
sagt, habe ich gar nicht mitbekommen.
Also ich kenne den Bundeswirtschafts-
minister, und der heißt Peter Altmaier.
Er hat gerade ein nie dagewesenes Paket
für die deutsche Wirtschaft geschnürt,
um Unternehmen zu stützen und Ar-
beitsplätze zu schützen. Und Olaf
Scholz zeigt sich ebenso verantwortlich
in dieser Krise in seiner Funktion als
Bundesfinanzminister. Nach Wahlkampf
steht mir zurzeit wirklich nicht der Kopf.

Wie muss man sich Ihren Kontakt
zur Kanzlerin in der Quarantäne vor-
stellen?
Die Kanzlerin ist in Quarantäne präsen-
ter als mancher, der auch Ausgang hat
(lacht). Sie ist gut erreichbar, bekommt
alles mit und ist voll im Bilde. Und per
Telefon lässt sich auch eine Kabinettssit-
zung leiten.

Beeindruckt Sie das Handling der Kri-
se durch Bayerns Ministerpräsident
Markus Söder (CSU)?
Markus Söder hat klare Vorstellungen
davon, wie er die Bürger seines Freistaa-
tes schützen will. Er nimmt seinen
Amtseid ernst – und weiß um die wirt-
schaftliche Kraft Bayerns. Es ist gut,
wenn man finanziell stark ist, dann kann
man in der Krise auch handlungsfähig
sein – so wie wir das im Bund auch sind.

Zeigt der Föderalismus im Augenblick
vor allem seine Stärken oder Schwä-
chen?
Alle Ministerpräsidenten und Minister-
präsidentinnen, ganz gleich welcher Par-
teifarbe, eint mit der Bundeskanzlerin
und dem Bundeskabinett der Wille, das
Richtige zu tun und die Gesundheit der
Bürger zu schützen. Und so nehme ich
auch die Parlamentarier in den unter-
schiedlichen Ebenen wahr. Der Födera-
lismus ist durchaus eine Herausforde-
rung, er ist das Gegenteil von Einfalt.
Diese Vielfalt bedarf gerade in Krisenzei-
ten einer engen Abstimmung und Ver-
einheitlichung. Aber er ist auch eine
Chance, passgenau auf regional unter-
schiedliche Situationen reagieren zu
können. Die Lage in Bayern ist eben oft
eine andere als in Bremen.

Die Union gewinnt in den Umfragen
hinzu, die Parteien der Ränder verlie-
ren. Ist das ein gutes Zeichen, dass die
Deutschen in Krisen nicht die Ränder,
sondern das Zentrum stärken?
In Krisenzeiten fokussiert man sich auf
das Wesentliche. Da geht es um Konkre-
tes, um Lösungen, ums Anpacken – nicht
ums Mosern. Ich denke, die meisten er-
kennen, dass wir in der Regierung ruhig
und bestimmt arbeiten, an alle denken,
nicht nach Klientel und schnellem Ap-
plaus schauen, sondern nach dem Not-
wendigen. Wir arbeiten ununterbrochen
an Lösungen, um Deutschland so gut wie
möglich durch die Krise zu führen. Auf
der anderen Seite offenbart sich in die-
sen Zeiten mehr denn je, dass gerade ex-
treme Parteien rechts wie links über
pauschale Kritik und Problembeschrei-
bungen nicht hinauskommen.

Wie bewerten Sie die Rückkehr des
Nationalismus in Europa: Wie gefähr-
lich ist das für die Zeit nach Corona?
Die Sorge beschleicht mich immer wie-
der, das gebe ich offen zu. Der Hang, dass
jeder erst mal an sich denkt, unabgespro-
chen Grenzen schließt, das hatten wir ei-
gentlich in Europa überwunden. Der ge-
meinsame europäische Binnenmarkt
und die Bewegungsfreiheit, die Koopera-
tion der europäischen Staaten sind eine
gewaltige Errungenschaft und Kraft.
Und gerade jetzt wird doch in ganz un-
terschiedlichen Bereichen sehr deutlich,
wie wichtig die vier Grundfreiheiten
sind, wie sehr alle in der Union darauf
angewiesen sind. Die befristeten Ein-
schränkungen sollten nicht unser grund-
sätzliches Ja zu diesem gemeinsamen
Europa in Frage stellen. Die Addition
von Nationalismen ergibt niemals ein
starkes Ganzes – man schwächt sich eher
gegenseitig.

Wie können Sie Ihren europäischen
Ministerkollegen, insbesondere den
italienischen, spanischen und franzö-
sischen, helfen?
Wir lassen unsere europäischen Partner
nicht allein. Deutschland behandelt etwa
Patienten aus überlasteten Krankenhäu-
sern aus Frankreich – das rettet Leben.
Wissenschaftliche Erkenntnisse werden
geteilt. Auch bei Rückholaktionen euro-
päischer Staatsbürger aus aller Welt sind
wir einander behilflich. Und was den Er-
nährungsbereich angeht: Wir arbeiten
gemeinsam daran, dass mögliche Beein-
trächtigungen des Warenverkehrs inner-
halb der EU so gering wie möglich gehal-
ten werden. Damit die Versorgung mit
Lebensmitteln in ganz Europa gewähr-
leistet ist.

Macht Ihnen Sorge, wie China die
Krise nutzt, um sich in Europa als
Diktatur mit helfender Hand beliebt
zu machen?
Erst einmal war China selbst auf Hilfe
angewiesen; wir alle haben noch vor Au-
gen, wie sehr das Coronavirus das Land
im Griff hatte. Und dass China umge-
kehrt behilflich ist, sehe ich nicht als Be-
drohung. Am Ende geht es aber um ande-
re Fragen: Was sind die wirtschaftlichen
Interessen Chinas, und wie will es sie
durchsetzen – zum Beispiel durch den
Kauf wichtiger Firmen oder Infrastruk-
tur in Europa? Und genau hier dürfen wir
nicht naiv sein, da gilt es massiv die Inte-
ressen Europas und die damit verbunde-
nen Wertvorstellungen zu verteidigen.

„„„Wird schwierig, wie gewohntWird schwierig, wie gewohnt


die Ernten einzubringen“


Agrarministerin Klöckner über die Nöte der Bauern


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