Frankfurter Allgemeine Zeitung - 27.03.2020

(Greg DeLong) #1

SEITE 10·FREITAG,27. MÄRZ2020·NR.74 Zeitgeschehen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


A


m27. März1945 istineiner
Villa in Pruszków bei War-
schau etwasgeschehen, das
deutlichmachte, wieStalin
und die sowjetischeFührung in den Ge-
bietenvorgehen wollten, die bei Kriegsen-
de im OstenEuropas in ihrem Einflussbe-
reich waren. Damals hattedie RoteAr-
mee schon dasganze VorkriegsgebietPo-
lens eingenommen, dieWehrmachtwar
vertrieben.Unklar warjedoch, wie es poli-
tischweiter gehen sollte:Welche Rolle
solltedie polnische Exilregierung spie-
len, die seit Kriegsbeginn 1939 in London

residierte?Und wie sollteesmit der unter
ihrem Befehl stehenden Heimatarmee
(Armia Krajowa, AK)weiter gehen? Die
im Untergrund agierende AK hattedie
Hauptlastdes Widerstandsgegendie deut-
schen Besatzergetragen. IhreSoldaten
hatten einenPartisanenkrieggegendie
Deutschengeführt.
Im März1945 nahmen sowjetischeVer-
treter Kontakt zurFührung des polni-
schenUntergrunds auf. Iwan Serow,Offi-
zier der sowjetischen Geheimpolizei
NKWD,lud sie indie Villa zuVerhandlun-
genein. DiePolen überwanden ihr Miss-
trauen undkamen.Unterihnenwaren
der letzteAK-Kommandeur,Genera lLeo-
pold Okulicki, der obersteVertr eter der
Exilregierung im Land, JanStanislaw Jan-
kowski ,und 14 führendeVertreterder Par-
teien vonSozialistenbis Nationalisten.
Serow beschreibt in seinenkürzlichin
Russland aufgetauchten Memoiren, wie
er an diesemTagnachMoskau durchgab,
die Führung des polnischenWiderstands
seiversammelt.Darauf habe ihn Innenmi-
nisterLawrentijBerijaangerufen: „Hast
du diesen Okulicki mit eigenenAugenge-
sehen?“ Serow konntedas bestätigen.
Dann wurde der Gruppeverkündet, dass
für sie „eine dringende Einladung zu Ge-
sprächen nachMoskau“vorliege. In ande-
renWorten: Siewarenverhaf tet. „Schnell
steckt eich alle polnischen Ministerinein
Flugzeug und befahl dem Piloten, sofort
zu starten“, erinnertsichSerow.Sein Auf-

trag lautetevon Anfang an, diePolen „zu
schnappen“. In Moskau landetendie Poli-
tiker und der Generalsofor timLubjan-
ka-Gefängnis. Amerikaner und Briten in-
tervenierten, die sowjetischeFührungtat
wochenlang, als wisse sievonnichts.
Die Führer des polnischenWiderstands
dürften Derartiges befürchtet haben.
Denn Ähnlicheswarzuvor Kommandeu-
render AKweiter östlichzuges toßen. Die
Beziehungenzwischen der Sowjetunion
und Polen warenwährend des Krieges
schwierig. Entsprechend denVereinbarun-
gendes Hitler-Stalin-Pakts hattedie Rote
Armee MitteSeptember 1939 die östliche
HälftePolens besetzt, nachdem dieWehr-
macht die Hauptarbeit in derWesthälfte
erledigt hatte.Fortan sah sichPolens Exil-
regierung als Kriegsgegner der Besatzer
aus Berlin und Moskau; als jedoch das
Dritt eReich1941 auchdie Sowjetunion
angriff,wurde auchStalin Teil jener Anti-
Hitler-Koalition, derPolen angehörte.

Die ersteBelastungsprobe erlebtedie-
ses indirektepolnisch-sowjetische Bünd-
nis, als imFrühjahr 1943 durch die deut-
sche Propaganda bekannt wurde, dass
mehr als 20 000vermisstepolnische Offi-
zierevon der Sowjetunion erschossen
worden waren. Noch heikler wurde das
Verhältnis, als die Rote Armee sichMittel-
europa näherteund dieFrageaktuellwur-
de, werinPolen regieren sollte. In den
waldreichen GebietenanPolens östli-
chen Grenzen führtenpolnische und so-
wjetische Partisanen eine zunehmend
schwierigeKoexis tenz. Zwarwarenfür
beide die Deutschen der Hauptgegner.
Dochdie Frage, „wessen“ diese Gebiete
in Zukunftsein würden, ließen Rivalität
aufkommen. Die Deutschen „bis zum letz-
tenAugenblickzubekämpfen“wardie Li-
nie der Londoner Exilregierung und der
Heimatarmee; aber wie sollteman sich
dann zurRoten Armeestellen? Dazuwoll-
ten diePolen zunächstklären,wasdenn

Moskaus „wahreEinstellung“ ihnenge-
genüberwar, wie die AK in einem Doku-
ment 1944festhielt.
Der Kampfumdas damalsgrößtenteils
vonPolen bewohntelitauischeVilnius
gabeine ersteAntwort. Im Juli 1944 er-
reichtedie RoteArmee dieStadt, gleich-
zeitig schlug die Heimatarmeegegendie
Wehrmacht los. Man befreitedie Stadt ge-
meinsam.Zunächstwar dieStimmung eu-
phorisch. Sowjetische Offiziereverhan-
delten mit denPolen. Sie luden denkom-
mandierenden AK-General an den einen
und seine Offiziereaneinen anderen Ort
zu Gesprächen–und nahmen allefest.
Tausende polnische Soldaten zogen sich
in einWaldgebietzurück, erwogen, gegen
die sowjetischen Einheiten, die das Ge-
bietabriegelten,Widerstand zu leisten.
Am Endegaben die meistenauf. Ähnli-
ches geschah zweiWochen später,als
Sowjets undPolen Lembergeroberten.
An demTag, als dieWehrmacht ausVil-
nius floh, erließStalin den Befehl, mit pol-
nischen EinheitenkeinerleiVereinbarun-
genzuschließen, sondernsie –zur Not
mit Gewalt –zuentwaffnen und die Män-
ner in Lagernfestzusetzen. Moskau lag
daran, ein unabhängigesPolen als militä-
rischenFaktor garnicht erst entstehen zu
lassen. Als die Heimatarmee sichimAu-
gust1944 imWarschauer Aufstand gegen
die deutsche Besatzungerhob, verweiger-
te die bereits in derNähe befindliche
RoteArmee ihr nicht nur dieUnterstüt-
zung, sondernstoppte auchTausende
Kämpferder Heimatarmee, die mit ihren
Waffen auf demWegnachWarschauwa-
ren, und setztedie Of fizierefest.
So endete zwischenPolen und Sowjets
der ZweiteWeltkrieg, wie er 1939 begon-
nen hatte: DieRote Armee nahm polni-
schen Militärsdie Waffen ab und nahm
sie als Gefangene. Die 16 aus derVilla in
Pruszków entführtenFührer des polni-
schenWiderstands wurden im Juni 1945
in Moskau in einem Schauprozess–we-
genangeblicher „subversiver Tätigkeit“
hinter derFront gegendie Rote Armee –
zu Haftstrafenvon bis zu zehn Jahrenver-
urteilt.Okulicki und Jankowski kamen in
sowjetischer Haftunter ungeklärtenUm-
ständen ums Leben. George Orwell
schrieb damals, die eigentliche Schuld
der Angeklagten sei esgewesen, für die
Unabhängigkeit ihres Landesgekämpft
zu haben.

1945
WEGMARKEN DER GESCHICHTE

A


us dentägl ichen Meldungen
über dieAusbreitung derCo-
rona-Epidemie schimmerte
am Donnerstag ein Funken Hoff-
nung: Deutschland scheint durch die
hohe und nochwachsendeZahl ge-
zielter Corona-Testsinder Lagezu
sein, den „Shutdown“vonWirtschaft
und Gesellschafteher früher als spä-
terlocker nzukönnen. Schon jetzt,
nachnur wenigenTagen, wirdohne-
hin klar,dasseseinen totalen Still-
stand nichtgeben kann –das Kabi-
nett befasstesichnicht umsonstmit
den Lieferketten fürLebensmittel
und mit den Personalnöteninder
Landwirtschaft. Wasdortmöglich
und nötig ist, sollteauchinanderen
Bereichen langsam, aber sicher wie-
der in Gangkommenkönnen.
Die Hoffnungen verbinden sich
auchdamit, dassdie Epidemieregio-
nal ganz unterschiedlichverläuft. Es
wirdsichauchhier alsVorteil er wei-
sen, dassDeutschland nicht nur die
eine, sondernnochsechzehn andere
Regierungen hat, dieflexibel reagie-
renkönnen. Das schließtfortwäh-
rende, bundesweiteBeschränkungen
nicht aus. Im Gegenteil, siewerden
umso wichtigerwerden für die Bevöl-
kerungsgruppen, die besondersge-
fährde tsind, je schneller dasgesell-
schaftliche Leben wiederTrittfassen
soll. EinevölligeIsolierung bestimm-
terAltersg ruppen, auchdas wurde
nun klargestellt, istallerdings mehr
Wunschals Realismus.Nurein Bruch-
teil der besondersGefährdetenlebt
in Altenheimen,und selbstdie sind al-
les andere als sicher. Das zeigtdas tra-
gische Geschehen inWürzburg.


Hoffnungen


VonJaspervonAltenbockum

Gefangen:Der letzte FührervonPolens Untergrundarmee 1945 in Moskau FotoArchiv

I

nder Corona-Krise müssen alle
mit anpacken–das sind einfa-
che, aber gewichtigeWorte,
wenn man sie denn ernstnimmt.Das
erfahren geradeauchdie Lehrer in
vielen Bundesländern, dieAufru fe ih-
rerKultusministerien er reichen, sie
mögen sichzum Freiwilligendienstin
Gesundheitsämtern,Fieb erambulan-
zen oder Seniorenheimen melden.
DieseAufruf esind im Sinne der Soli-
darität berechtigt, vielleicht sind sie
sogar lebensrettend. Aber mankann
es auchkeiner Lehrerin undkeinem
Lehrerverdenken,wenn sie oder er
zwar helfen will–und tr otzdem mit
sichringt.Als Beamtesind Lehrer
dem Staat zuTreue und Dienstver-
pflichtet.Aber gilt das auchinPande-
miezeiten–oder sogar erst recht in
Pandemiezeiten?
Manchem mag nun die Bedeutung
des Beamtenstatus, den vielewegen
der Sicherheit anstreben, erst so rich-
tig bewusst werden. Bislang setzen
die Länder auf den freiwilligen Ein-
satz ihrer Lehrer.Esist zu hoffen,
dassdas so bleibt.Denn der Dienst-
herrhat für seine Beamten eineFür-
sorgepflicht.Auchjetzt kümmern
sichdie Lehrer um ihre Schüler und
sind (hoffentlich) nicht beschäfti-
gungslos.Undirgendwannwerden ge-
sunde Lehrkräfte auchwieder in den
Schulengebraucht.Trotzdem istesle-
gitim, dasssichnun jeder dieseFrage
stellt:WelcheFähigkeiten habe ich,
wie kann ic hmichindieser jeden be-
tref fendenAusnahmesituation ein-
bringen? Die Antwortensind, wie die
Herausforderungen der Pandemie,
vielfältig.


Bill de Blasio fällt im Moment nicht
mehr vielTröstendes ein. NewYorks
Bürgermeisternenntseine Stadt mitt-
lerweile das „Epizentrum“ der Krise
und verheißt keine schnelle Besse-
rung: „Das Schlimmste kommt noch.
Der April wirdviel schlimmerwerden
als der März.Undder Maikönnte
schlimmeralsderAprilwerden.“Es
werdekeineEntspannungbis Ostern
geben, sagt er,ineinem offensichtli-
chen Seitenhieb auf Präsident Donald
Trump, der das Landbis dahin „wie-
der aufmachen“ will, also dieRestrik-
tionen zur Eindämmung derPande-
mie lockernmöchte. SeineStadt brau-
cheeine „Mentalitätwie in Kriegs-
zeiten“, sagtedeBlasio am Mittwoch.
Im Moment gibt es inNewYork
rund 20 000 bestätigte Infektionen,
das sind fast30Prozent allerFälle in
Amerika. Bis zum Mittwoch sind 280
Menschengestorben. In einem Kran-
kenhaus imStadtteil Queensgabesi n-
nerhalb eines einzigenTages13Tote.
Vordem Gebäude wurdeein Kühllast-
wagenaufges tellt, in den die Leichna-
me Verstorbenergebrachtwerden. Es
fehlt an Betten und medizinischer
Ausrüstung wie Beatmungsgeräten.
Ein Arzt sagteder „N ew York Times“,
die Zustände in dem Krankenhaus
seien „apokalypti sch“.
Je mehr sichdie LageinNew York
zugespitzthat, umsomehr hat auch
der 58 JahrealtedeBlasio versucht,
sichals zupackender Stadtvater zuge-
ben.Dabei hat er anfangs eher zau-
derndreagiert.ZuBeginndes Monats
empfahl erNewYorkern noch, mun-
terauszugehen und an ihremgewohn-
tenLebenfestzuhalten. Er nahm de-
monstrativdie U-Bahn,wasersonst
eherselten tut.UndnochamMontag
vorigerWoche, dem letztenTag, an
demRestaurants,Kneipen, Fitnessstu-
dios und diverse andereLokalitäten
geöffne tsein durften, ging er selbst
ins Fitnessstudio.
De Blasiowird auchals Krisenma-
nager bis heutevon Andrew Cuomo
in den Schatten gestellt, dem Gouver-
neur des gesamten Bundesstaates
NewYork, mit dem ihn ohnehin eine
gegenseitige Abneigung verbindet.
Cuomoglänz tauf seinentäglichen
Pressekonferenzen mit nüchterner,
kompetenter ,aber oftaucheinfühlsa-
mer Beschreibung der Lageund fin-
detdamitweit überNewYorkhinaus
ein großes Publikum, das ihn als
wohltuendenKontras tzu denAuftrit-
tenvon DonaldTrumpempfindet.
Wohl wissend, dasserauf Hilfe aus
Washington angewiesen ist, gibt sich
Cuomo aber auchgegenüberTrump
diplomatischund hat ihn wiederholt
für seinenUmgang mit der Corona-
Krisegelobt .DeBlasio,der sichkurz-
zeitig um dieKandidatur der Demo-
kratischenPartei bei den Präsident-
schaftswahlen in diesem Jahr bewor-
ben hat und zum linken Flügel der
Partei gehört, istdagegen aufKon-
frontationskurs mit Trumpgegan-
gen. Der Präsident hat das zurKennt-
nis genommen.Über de Blasio hat er
gesagt:„Ichgebe michnicht mit ihm
ab. Ichspreche mit dem Gouver-
neur.“ ROLAND LINDNER

Zu Treue verpflichtet


VonMona Jaeger

Entführung nachMoskau


Bill DE BLASIO FotoReuters

Inmitten der allgemeinenKrise gabesf ür
Nordmazedonien in dieserWochewenigs-
tens zwei guteNachrichten. Die erste
war, dassdie EU-Staaten am Dienstag
den BeginnvonBeitrittsverhandlungen
mit dem Balkanstaat (und seinemwestli-
chen Nach barnAlbanien)gebilligt ha-
ben. Die zweite:Nord mazedonien istab
sofor tMitglied derNato.Nachdem Spa-
nien in dervergangenenWoche als letzter
Mitgliedstaat der Allianz den Beitrittge-
billigthat te,hat Nord mazedoniensBot-
schaf terinWashington am Mittwochden
vonseinem Landbereits imFebrua rratifi-
ziertenNordatlantikvertrag im amerikani-
schenAußenministerium hinterlegt.Die
Übergabe derRatifizierungsurkunde an
das StateDepartment, den Depositar der
Nato-Verträge, istder letzteformale Akt
eines Beitrittsprozesses. Nord mazedo-
nien istdamit das 30. Mitglied deswestli-
chen Militärbündnisses.
Der Wegdorthinwarmühsam.Erst
nachdemMazedonienim vergangenen
Jahr seinenStaatsnamen zuNordmazedo-
nien geändert hatte, hob Griechenland
sein mit historischen Argumenten oder
VorwändenbegründetesVetogegen die
Aufnahme seines nördlichenNachbar-
staatesindie Allianz auf.Nordmazedo-
nien istder achteNato-Mitgliedstaat in
Südosteuropa. AufGriechenland(Bei-
tritt 1952)folgten 2004 Bulgarien,Rumä-
nien und Slowenien, 2009Albanien und
Kroatien sowie 2017Montenegro. Damit
gibt es in Europas Südosten nurnoch

drei Staaten, die nichtder Nato angehö-
ren. DasKosovo trätegernbei, darf es
abernicht ,damehrereNato-Mitglieder
es nic ht al sStaat anerkennen.InBosnien
wünschen zwar die (muslimischen) Bos-
niaken alsgrößteBevölkerungsgruppe ei-
nen Beitritt, dochwirddies vonden bos-
nischen Serben seit Jahrenverhindert. In
Serbien wiederum istdie Mehrheit strikt
gegendie Mitgliedschaftineinem Bünd-
nis, vondem dasLand imKosovo-Krieg
1999 bombardiertwurde. Mit derAufnah-
me Nordmazedoniens istdas bündnislo-
se Trio nun aber in jederHimmelsrich-

tungvon Nato-Staaten umgeben. Mos-
kaus Versuche ,dies zuverhindern,sind
gescheitert.
Das istwohl die wichtigste Botschaft,
denn militärischfällt Nord mazedoniens
Beitrittkaum ins Gewicht.Das Land ist
etwa sgrößer als Mecklenburg-Vorpom-
mernund hat ungefähr so viele Einwoh-
ner wie Thüringen.Wirtschaftlich liegt es
nochhinter Bulgarien, dem ärmstenMit-
gliedstaat der EU.Das Landverfügt über
8000 Berufssoldaten sowieetwa die glei-
cheZahl an paramilitärischen Kräften.
Hinzukommen knapp 5000Reservisten.
Die nurteilweise modernisierte Ausrüs-
tung derStreitkräf te istnicht beeindru-
ckend, dochist Nordmazedonien an meh-
rerenNato-Missionen mit kleinerenKon-
tingenten beteiligt, so in Afghanistan.
Wichtig is tdie Nato-Mitgliedschaftvor
allem für dieStabilität im Lande selbst.
Es is theuteschon wiederfast vergessen,
dassdie Allianzselb st mit Einsätzen in ih-
remnunmehr jüngstenMitgliedsland en-
gagiertwar.ImAugust2001 begann die
Nato auf Einladung aus Skopje mit ihrem
einmonatigen Einsatz „Bedeutende Ern-
te“, der das Landvoreinem Bürgerkrieg
bewahrte.Nachdem im Märzjenes Jahres
Kämpfe zwischen albanischen Freischär-
lernund staatlichenTruppen in Mazedo-
nien ausgebrochenwaren, schrittenNato
und EU–gewarnt durch die eben erst be-
endetenKriegeinKroatien, Bosnien und
dem Kosovo –energischein. Für die ein-
monatige Operation „Bedeutende Ernte“

wurden knapp 5000Nato-Soldaten nach
Mazedonien entsandt.Sie sammelten
knapp 4000Waffen vonalbanischenFrei-
schärlernein. Zwarwardies einweitge-
hend symbolischer Prozess, denndie alba-
nischenKämpferliefer tenvornehmlich
Raritätenaus dem Ersten Weltkrieg und
andereSammlerstücke ab. Entscheidend
waraber,dassdurch den Nato-Einsatz
ein politischer ProzessinGang kam, der
eine Ausweitung der Scharmützel zu ei-
nem Bürgerkrieg verhindernkonnte.
Wiewichtig derNato die Verhinderung
einesweiteren Balkankriegs war, lässt
sichdaran ablesen, dassihr damaliger Ge-
neralsekretärLordRobertson Mazedo-
nien innerhalbvon19Monaten ebenso
oftbesuchte.Unterden Augender Nato
einigten sichslawische Mazedonier und
Albaner auf eine politische Machtteilung
(den Rahmenvertrag vonOhrid),waszu
einemFrieden führte,der tr otzaller Span-
nungen nun seitfast zwei Jahrzehnten
währt. Um die schwierigePhase nachder
„Waffenernte“ zu überwachen, blieb die
Nato nochzuzweidarauffolgenden Ein-
sätzen in Mazedonien, bis sie das Mandat
2003 an die EU übergab.
Mit Blickauf den latentenKonflikt zwi-
schen der slawisch-mazedonischen Mehr-
heit und derstarkenalbanischen Minder-
heit kamdamals das sicherheitspolitische
Mott oauf: Besser Mazedonien in der
Nato als dieNato in Mazedonien.Unter
dem neuenStaatsnamen istdiese Losung
nun in Erfüllunggegangen.

Im


Epizentrum


Endlichinder Nato


Nordmazedonien istjetzt das 30. Mitglied–und profitiertvor allem selbstdavon /VonMichael Martens,Wien


WieStalin dieFührer des polnischen


Widerstands ausschalten ließ


VonGerhardGnauck, Warschau


KOSOVO BULGARIEN

ALBANIEN

GRIECHENLAND

ITALIEN

Adria

100 km

Skopje

Tirana

MA Thessaloniki

ZE
DO
NIE
N

FF.A.Z.-Karte lev..A.Z.-Kartelev.

oppje
NORDMAZEDONIEN

GRIECHEN-
LAND

NORD-
ALBANIEN MAZEDONIEN

MONTENEGRO

SERBIEN
KROATIEN BOSNIEN-HERCEGOVINA

SLOWENIEN

Mitgliedstaaten TÜRKEI
Beitrittsland
Bewerberland

NATO

DiewichtigenThemen.Kompaktaufbereitetundeingeordnet.


Kürzer gefasst.Weitergedacht.



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