Verlagerung von Arbeitsplätzen die
Krisenpläne gleich mit. So finanzier-
ten etwa die jeweiligen Arbeitgeber
den Mitarbeitern Highspeed-Internet-
anschlüsse zu Hause, damit sie jeder-
zeit mit dem Laptop ins Homeoffice
ausweichen können. Im vermeintlich
sicheren Osteuropa könnten hinge-
gen die Notfallpläne teils weniger
ausgefeilt und erprobt sein, vermutet
EY-Experte Oldiges. Der Handelskon-
zern Metro allerdings berichtet von
funktionierenden Ausweichmöglich-
keiten sowohl in Asien als auch in
Osteuropa. Die insgesamt 1 200 Me-
tro-Mitarbeiter im indischen Pune
und im polnischen Stettin arbeiten
seit zwei Wochen von zu Hause.
Ein Vorteil von Konzernen, die Auf-
gaben etwa in der Personalverwal-
tung von den Landesbüros abgezo-
gen und zentralisiert haben: Sie kön-
nen den Ausfall einzelner Mitarbeiter
abfedern. Besser als konservative
Konkurrenten, die viele, dafür auf
nur ein Land spezialisierte kleine
klassische Teams vor Ort arbeiten las-
sen. Zudem ist es an Standorten etwa
in Südostasien einfacher als in vielen
europäischen Ländern, Arbeitszeiten
nach Bedarf flexibel über Arbeitszeit-
konten zu verlängern.
Das gilt allerdings nur so lange, wie
kein komplettes Büro in Quarantäne
muss. Berater Oldiges warnt: In den
in Shared Service Centern üblichen
besonders weitläufigen Großraumbü-
ros könnten sich Viren schneller ver-
breiten als im klassischen deutschen
Team-Büro. Daher sind Konzerne mit
gleich mehreren Standorten im Vor-
teil: Sie können im Notfall Aufgaben
weltweit verschieben.
Die Krisenerfahrung könne in den
Standorten zu einem Modernisie-
rungsschub führen, hofft Berater Ol-
diges. Neue Technologien wie Künst-
liche Intelligenz zur Erfassung von
Kreditoren, die ohne Mitarbeiter aus-
kommt, könnten öfter zum Einsatz
kommen. „Ich erwarte, dass wir
nach der Krise viele Anfragen nach
Automatisierungstechnik bekom-
men“, sagt der Ökonom.
Mitarbeit: Bert Fröndhoff
Flughafen
Fraport rechnet mit Flugpause bis Mai
Am größten deutschen Flug -
hafen gibt es kaum noch
Verkehr. Das Management
richtet einen Hilfsfonds für
Härtefälle ein.
Jens Koenen Frankfurt
S
tefan Schulte ist sicher: Der
Flughafenbetreiber Fraport ist
für die Coronakrise gerüstet.
„Wir sind beim Thema Liquidität gut
aufgestellt und stärken diese durch
zusätzliche Mittel. Wir können viele
Monate durchhalten“, sagte der Fra-
port-Vorstandsvorsitzende im Ge-
spräch mit dem Handelsblatt.
Doch das war es mit den guten
Nachrichten. Aktuell verzeichnet der
Flughafenbetreiber in Frankfurt Ver-
kehrsrückgänge von über 90 Prozent
bei den Passagieren. „Wenn auch die
Rückholflüge in der nächsten Woche
abgeschlossen sind, werden wir bei
minus 95 oder sogar minus 98 Pro-
zent landen“, sagte Schulte.
Schnell wird sich diese Situation
nicht bessern, prognostizierte Schul-
te: „Wir stellen uns im Moment da-
rauf ein, dass dieses extrem niedrige
Niveau bis Ende Mai bestehen blei-
ben wird. Das ist für Flughäfen eine
gewaltige Herausforderung, weil sie
vor allem Fixkosten und wenig varia-
ble Kosten haben.“
Terminalbereiche dicht
Fraport hat mittlerweile große Berei-
che in Terminal eins und zwei ge-
schlossen. Die Landebahn Nordwest
wurde vorübergehend außer Betrieb
genommen und dient als Parkplatz
für die nicht genutzten Jets. „Wir fah-
ren also die Infrastruktur, soweit es
geht, herunter, halten sie aber offen,
weil wir hier eine klare Verantwor-
tung für Deutschland haben“, sagte
Schulte. Das gelte etwa für Cargo-Flü-
ge, mit denen einerseits die Bürger
versorgt würden, die aber anderer-
seits auch dazu beitragen, in anderen
Branchen Arbeitsplätze zu sichern.
Über 18 000 Fraport-Mitarbeiter
sind aktuell in Kurzarbeit, die Zahl
wird laut Schulte weiter steigen:
„Umso mehr beeindruckt mich, wie
sehr die Beschäftigten in dieser Situa-
tion zum Flughafen stehen und soli-
darisch Gehaltsnachteile in Kauf neh-
men. Wir stocken zwar das Kurzar-
beitergeld auf, aber es ist hart für
viele Mitarbeiter, denen am Ende
dennoch Geld fehlen wird.“ Für be-
sonders betroffene Mitarbeiter hat
das Management deshalb einen
Fonds aufgelegt. „Wir Vorstände und
die Führungskräfte haben beschlos-
sen, 500 000 Euro in einen Fonds zu
geben, der in Härtefällen helfen soll.“
Trotz des guten Liquiditätspolsters
muss auch Fraport auf das Geld ach-
ten. Deshalb soll die Dividende für
2019 gestrichen werden. Er könne
heute auch noch nicht sagen, ob und
in welcher Höhe das Unternehmen
Dividende für 2020 zahlen werde, er-
klärte der Fraport-Chef.
Die Flughäfen in Deutschland ha-
ben ein Problem in der aktuellen Kri-
se. Sie müssen den Betrieb fortset-
zen, dürfen trotz des kaum noch vor-
handenen Luftverkehrs nicht
schließen. Die Infrastruktur wird für
Notfälle und die Versorgung der Bür-
ger benötigt. Die Folge: Die Kosten
laufen weiter, die Einnahmen fehlen
jedoch. Hinzu kommt: Bisher haben
die Flughäfen keinen Zugang zu den
Notkrediten der KfW. Diese sind aus-
schließlich für privatwirtschaftliche
Unternehmen. „Die Gespräche mit
der Bundesregierung über eine Öff-
nung der KfW-Programme für Flug-
häfen laufen“, sagte Schulte, der zu-
gleich der Präsident des Flughafen-
verbands ADV ist. „Es wird Lösungen
geben. Es wird in unserer Branche
den einen oder anderen Airport ge-
ben, der Liquiditätshilfen brauchen
wird.“
Obwohl sich nur noch wenige Flug-
gäste durch die Terminals bewegen,
muss auf den Gesundheitsschutz ge-
achtet werden. Deshalb werden in
Frankfurt und anderswo regelmäßig
Durchsagen in allen Sprachen ge-
macht, in denen dazu aufgefordert
wird, auf Abstand zu achten. Auch
wurden Bodenmarkierungen in Be-
reichen wie etwa den Sicherheitskon-
trollen angebracht, um auf den Ab-
stand hinzuweisen.
„Bei der Ankunft eines Flugzeugs
lassen wir die Passagiere nur noch in
Gruppen von Bord, um das Risiko
von Staus zu vermeiden“, nannte
Schulte weitere Maßnahmen. Zudem
habe man die Situation an den Ge-
päckbändern entzerrt, indem dort
zum Beispiel ein Gepäckband dazwi-
schen freigelassen werde „Wir setzen
auch mehr Busse ein, die jeweils nur
zu einem Drittel gefüllt werden.“
Nach wie vor wird an den deut-
schen Flughäfen kein Fieber gemes-
sen. Dafür sind die Gesundheitsbe-
hörden zuständig, die sich dagegen
entschieden haben. „Außerdem be-
trägt bei Covid-19 die Inkubationszeit
bis zu zwei Wochen. Insofern bringt
Fiebermessen hier am Flughafen re-
lativ wenig“, so Schulte. Menschen
könnten das Virus in sich tragen oh-
ne erhöhte Körpertemperatur. Auch
gebe es bei der Anzahl der Fälle in
Deutschland kein besonderes „im-
portiertes“ Coronavirus über den
Luftverkehr, entscheidend seien viel-
mehr Abstand, wenige Sozialkontak-
te und bei Verdacht Quarantäne.
Stefan Schulte:
Der Fraport-CEO
erwartet eine län-
gere Flugpause.
imago/DeFodi
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