Die Zeit - 02.04.2020

(Brent) #1

ENTDECKEN


der Operation nicht mehr erkennen werde.
Und deshalb habe er nun – drei Tage lang –
mit seinem Vater eine Liste angefertigt von
all den Dingen, die wichtig sind und die man
nicht vergessen darf. Dinge, die man ihm,
falls er dann tatsächlich mit gelöschter Fest-
platte aus der Narkose erwacht, eins nach
dem anderen beibringen soll, damit er wieder
der alte ist.
»Also so Backup«, sage ich. »Wow.«
Der Name des Jungen ist übrigens Leif.
Aber das weiß ich nur aus früheren Ge-
sprächen, noch ist der Name nicht gefal-
len. Die Mittagspause ist inzwischen vor-
bei, aber wir stehen immer noch da.
»Ich könnte sie dir schicken per Mail«,
sagt Albert. Er sieht wahnsinnig müde aus,
als er das sagt.
Und, ja, was antwortet man auf so
einen Satz?
»Ja, genau«, sage ich schnell, »schick
mir ruhig. Ich schau sie mir dann an.«
Aber ich bekomme natürlich Angst.
Weil, um Gottes willen.
Wir kennen uns nicht mal besonders gut.
Nur so Arbeitskollegen, im ganz klassischen
Sinn. Ich war nie bei denen zu Hause oder
so, auch umgekehrt nicht. Ich weiß nicht
einmal, wie der Junge aussieht.
Und anscheinend ging es Albert nur
um die Erlaubnis, dass er die Liste schi-
cken darf, denn jetzt bricht er das Ge-
spräch ab und geht an die Arbeit zurück.
Er nimmt sogar eine Flasche Wasser mit in
sein Büro.
Über den Nachmittag verstecke ich
mich, so gut es geht, in meinem Büro,
während sich draußen allmählich die
Föhntemperaturen beruhigen. Es gehen
schon viel mehr Menschen spazieren, mit
entspannterer Haltung. Es sind sogar Hüte
dabei.
Bitte nicht, denke ich.
Ich kann doch nicht so eine Liste. Das
tut man doch nicht. Das ist doch obszön.
Wieso fragt er mich so was.
Ich kontrolliere meine Mails, aber noch
ist nichts da.

Natürlich bleibe ich an dem Tag fast eine
Stunde länger in der Firma. Auf dem Fens-
terbrett meines Zimmers entdecke ich einen
mysteriösen Löffel. Irgendjemand muss ihn
hierhergebracht haben. Ich lasse sonst immer
die Finger von Löffeln.
Als ich mich einigermaßen sicher fühle,
gehe ich hinaus auf den Parkplatz. Jetzt, wo
kaum Autos hier stehen, sieht man die drei
ausgebleichten Tennisbälle, die normaler-
weise von ihnen verdeckt bleiben. Sie liegen
weit über den Parkplatz verteilt, als wüssten
sie von ein an der. Sie gehören schon irgendwie
dazu, zu allem hier. Aber nach dem nerven-
aufreibenden Nachmittag brauche ich etwas
Beistand, also hole ich mir einen von ihnen
und trage ihn ins Auto. Er passt genau in den
Becherhalter.

Auf der Heimfahrt höre ich Radio, laut auf-
gedreht, und versuche mitzusingen. Vorm
Brigittenauer Bad wird gerade die Straße auf-
gestemmt und der Verkehr umgeleitet, und
da hilft der Gesang sogar ein wenig.
Beim Einkaufen dann suche ich in der
Warteschlange vor der Kassa nach Akustikus-
Neurinomen im Internet. Mich interessiert,
wie groß die werden können. Aber es gibt
keine guten Bilder. Insgesamt wirkt diese
Tumorart wie eine sehr private Angelegen-
heit. Die Leute verraten nicht viel. Ein Mann
neben mir betrachtet auf seinem Handy ganz
ähnliche Bilder.
Ich schaffe es bis nach dem Abendessen,
meine Arbeitsmails nicht zu kontrollieren.
Ich sage mir: Wenn die Nachricht da ist,
bedeutet das ja nicht, dass ich sie sofort
öffnen muss. Aber ich wüsste ganz gern,
dass sie da ist.
Frechheit, das alles. Was wird wohl der
erste Punkt in der Liste sein? Das will ich
natürlich nicht wissen. Aber, o Gott, ich
wette, es ist irgendwas mit seiner Mama.
Zum Beispiel wie sie heißt, mit Vornamen.
Das wissen nämlich überraschend viele Kin-
der oft nicht. Wobei, mit dreizehn ... Aber
was mir momentan am lautesten durch den
Kopf geht, sind diese drei Tage, die Albert
erwähnt hat. Ich versuche mir vorzustellen,
wie das abgelaufen sein muss. Der Dreizehn-
jährige wahrscheinlich den ganzen Tag total
aggro und verzweifelt am Aufzählen, und der
arme Vater schreibt mit und schreibt mit und
lobt und hebt hervor, und das ohne Pause
drei Tage lang, fuck.

Heute ist Dienstag, denke ich, also müssen
diese drei Tage, ja, genau, das letzte Wo-
chenende gewesen sein. Was habe ich da
gemacht? War einkaufen, am Samstag.
Und am Sonntag war ich mit dem Rad
oben bei Klosterneuburg, die Donau ent-
lang immer weiter nach Norden, Vögel
suchen. Ich hatte sogar einen Hut dabei.
Und während dieser ganzen Zeit bei
Albert zu Hause: Listenterror.
Kompletter Irrsinn.
Was muss das für ein Kind sein? Ich wet-
te, es hat einen total runden Kopf. Und die-
sen gläsernen Blick, direkt in die Seele, wie
auf diesen Plakaten vom Hilfswerk. Der
Junge erinnert sich wahrscheinlich andau-
ernd an Dinge vor seiner Geburt und fragt
dann mit so leicht schief gehaltenem Kopf

die Eltern, ob das und das wirklich so war,
und die Eltern wissen natürlich nie, was sie
sagen sollen, und die ganze Zeit wird das
Kind von der weit zurückliegenden Ver-
gangenheit an irgendwas erinnert, und dann
lächelt es plötzlich oder schüttelt den Kopf
oder hält ihn schief. Fuck, echt.
Bis zum Abend entwickle ich einen ei-
genartigen Hass auf den Jungen, der mir
allerdings rasch peinlich wird. Ich ertappe
mich auch dabei, wie ich im Internet nach
seinem Namen suche, wie einer dieser
komplett kranken Typen.
Dann Mails kontrollieren. Nein, noch
immer nichts. Hoffentlich vergisst Albert
es einfach.
Oder es kommt ihm etwas dazwischen,
ein medizinischer Notfall zum Beispiel.
O Gott, ja, bitte. Das heißt, nein. Wünsche
ich mir natürlich nicht. Aber Intervention
von außen, das wäre super. Weil so was hab
ich echt nicht verdient, denke ich, so ein
schrankenlos zudringliches Verhalten. Wie-
so will er mir so intime Dinge aus dem Kopf
seines Sohnes zuschicken. Mir das einfach
so hinzuknallen. Da, Liste. Kann ich dir
schicken. Das einfach so zu einem Arbeits-
kollegen in der Teamküche. Ich meine, wie
soll ich.
Aber nein, man kann sich wegen so was
auch nicht krankmelden.

Gegen halb fünf wache ich auf und kann
nicht mehr einschlafen. Mein Nacken juckt.
Vielleicht von der Handystrahlung. Denn
das iPhone hat direkt neben meinem Kopf
gelegen, die ganze Nacht. Okay, das muss
jetzt ein Ende haben, ich lese die Liste durch
und achte nur auf die Rechtschreibung, sonst
nichts, denke ich und kontrolliere die Mails.
Immer noch nichts, nur freundliche, gütig
formulierte Spamnachrichten.
Ich stehe auf und gehe auf den Balkon.
Vor der Schule gegenüber sind schon die
ersten Menschen zu sehen. Ich ziehe mit
dem glühenden Zigarettenkopf Schreib-
schriftlinien in die Luft vor mir. Sollen sie
es ruhig alle lesen, wer immer grad zu mir
herüberblickt.

Dabei ging es mir gerade so gut die letzten
Wochen. Und jetzt das. Liste zeigen. Ich hab
einfach nicht die Haut für so was, denke ich.
Es wird mir das Herz zerreißen. Weil was,
wenn da wirklich so extrem an die Substanz
gehende Dinge drinstehen, wie, was weiß ich,
zum Beispiel, was ein Türspion ist. Sagen wir,
der Junge liebt Türspione. Oder welche
Marmeladenmarke die beste ist, aber nicht
vom Geschmack, sondern vom Klang her.
Oder welcher Fußballmannschaft er folgt
und aus welchem Grund. Wie man den
Daumennagel zusammendrücken muss, da-
mit dieses wet ter leucht arti ge Weiß am oberen
Rand erscheint. Was, wenn der Junge einer
dieser ewigen Poeten ist.
Mir fällt dazu diese entsetzliche Geschich-
te ein, die ich einmal gelesen habe. So ein
Artikel in einer Zeitschrift. Da war ein tod-
krankes Kind, das von seinem Kranken-
hausbett aus nur immer denselben Ausschnitt
der Welt sehen konnte und sich aber dum-
merweise weiße Weihnachten wünschte.
Draußen aber lag noch kein Schnee. Also
wurde ihm dieser Wunsch erfüllt, indem »alle
Leute zusammenkamen« und über Nacht die
unmittelbare Umgebung des Hospitals, also
nur den Sichtausschnitt, über den das Kind
verfügte, mit Kunstschnee bedeckten. Ein
potemkinscher Wintermorgen. Ich weiß
noch, wie ich mich beim Lesen des Artikels
in einen großen Hass auf die Menschheit
hineinsteigerte.
Und irgendwie habe ich die Befürchtung,
dass das hier ähnlich verlaufen könnte.
Mein Gott, ich halt das nicht aus.
Keine neuen Mails.

Beim Frühstück denke ich mir, es wird si-
cher lauter so dreizehnjähriges Herzzeugs
drinstehen, wo man elend mitstirbt bei je-
der Zeile: die Sonne, der Name meiner
Lieblingsband, alle meine PIN- Codes und
Passwörter, die Namen der Geschwister,
irgendwas mit Pokémon und noch mehr
so extrem intime Dinge. Ich wette, Albert
will es mir einfach aus Hilflosigkeit zeigen,
aus Zerrüttung. Wahrscheinlich hält er es
nicht aus.
Ich spiele mit der Vorstellung, dass die
Mail eintrifft und ich sie anklicke, und es
ist gar keine Liste, sondern ein Kündi-
gungsschreiben, mit Briefkopf der Firma,
vom Chef unterzeichnet, als eingescanntes
PDF. Denn es stellt sich heraus, dass Albert
schon vor einer Woche entlassen worden
ist. Und später kommt er zu mir ins Büro,
und ich sage, Albert, was sollte das mit der
Liste, hier ist bloß dieses PDF, ähm – und
er sagt nur so was wie zehn Jahre, puffff,
einfach weg, zehn Jahre hab ich für diese
Firma, und jetzt werfen sie mich einfach
raus. Und ich so: Albert, was soll das. Und
er so was wie: Bevor du jetzt losbrüllst, ich
hab nichts Tödliches ausgewählt, weil das
wär auch für mich die Grenze, okay? Aber
Akustikus-Neurinom, das ist total gutartig,
da stirbt keiner dran, das operierst du ein-
fach weg. Also lass mich in Ruhe von we-
gen Karma und so, ich hab nichts verhext.
Und er erklärt, dass er einfach erreichen
wollte, dass ich das Kündigungsdokument
mit erhöhter Aufmerksamkeit durchlese.

Ich muss über die Vorstellung lachen.
Es würde so zu ihm passen. Albert ist
schon in Ordnung, so als Mensch.

Ich kontrolliere meine Mails bereits ein
wenig entspannter. Aber immer noch nichts.
Ob Albert selbst auf der Liste steht? Viel-
leicht vergisst der Junge ihn auch, weil er
bereits der Mitschreiber des Diktierten ist
und man an den Mitschreiber nicht so ohne
Weiteres denkt. Es würde die Ebenen ver-
mischen.
Was würde ich in so eine Liste schrei-
ben? Eine Scheißfrage. Aber wahrschein-
lich würde ich lieber mit Tabula rasa auf-
wachen. Weil dann könnte ich alles neu
aufnehmen, neu ordnen. Müsste mir
nicht mal wer helfen dabei.
Ich bin heute viel zu früh dran mit al-
lem und überlege, zu Fuß in die Arbeit zu
gehen. Und dabei das Handy in der Ta-
sche lassen. Einfach gehen, schauen, Kopf
ausrauchen lassen.

Mir ist bislang nie aufgefallen, dass auf
einem Kellerfenster im Nebenhaus lauter
so Kinderzimmer-Ornamente kleben.
Bei der Kirche kommt mir auf dem
weiten Platz etwas frischer Wind entgegen.
Die Kirche versorgt den halben Bezirk mit
ihrem Geläut. Aber es gibt auch viele Orte
im 20. Bezirk, wo man überhaupt nie Glo-
cken hört, vor allem unten beim Donau-
kanal, selbst am Sonntagmorgen hörst du
da kein Si gnal.

Eine uralte Erinnerung stellt sich ein, an eine
schneeweiße Katze, die Konrad hieß, damals
zu Hause in Graz. Dann das Plakat einer
Afrika-Ausstellung. Und ein Regenschirm
liegt in einem Strauch auf der Pirsch. In den
Nebengassen gibt es hier lauter so kniehohe
Häuser mit Krempen statt Dächern, sie sind
mir noch nie richtig aufgefallen. Manche
Ecken enthalten noch dieses Alt-Wien-
Aroma, sonnige Plätze und rankenverwach-
sene Mauern, hinter denen große Gemein-
schaftspraxen geführt werden. Und überall
schöne mittelalterliche Namen. Apotheke
zur Posaune, Apotheke zur Murmel, Apo-
theke zum Eisenhans.

Eigentlich ist der Weg zu Fuß gar nicht
so weit.
Ein leeres Auto mit blinkenden Lichtern
und offenem Kofferraum steht neben einer
Wiese, auf der sich in dem vom Wind nie-
dergekämmten Gras die interessantesten
Formen ergeben haben. Und da, ein
Schwimmbassin in einem Vorgarten. Als ich
klein war, hatte ein Nachbar von uns eine
Grottenbahngondel im Garten stehen. Als
Kind war ich ziemlich dumm, ich sprach oft
in Hagebuttenzweige oder Blumen hinein
wie in Mikrofone, denn ich wollte wissen,
ob Gott so vielleicht meine Stimme emp-
fangen kann.

Wobei, dreizehn, denke ich, das ist ja be-
reits so ein Alter. Eigentlich nicht mehr
Kindheit. Da geht es langsam richtig los
mit Sexualität und allem. Ich muss daran
denken, wie mir damals der Schoberer
Michi, als wir beide zwölf oder dreizehn
waren, einen holländischen Sexfilm auf
VHS-Kassette mitbrachte und dann, als
wir ihn anschauten, gestand, ihm gefielen
die Männer da drin viel besser als die
Frauen – und ich wusste diese plötzlich
dargebrachte Nähe nicht anders zu erwi-
dern, als ihn in das Zimmer meiner Mut-
ter zu führen und ihm zu zeigen, wo bei
uns die Kontoauszüge und die Sparbücher
aufbewahrt wurden. Ich glaube, wir blät-
terten sie sogar gemeinsam durch. Ich
weiß auch nicht.

Alberts Auto fehlt auf dem Parkplatz.
Aber ich denke sofort: meines ja auch.
Muss noch nichts heißen. Es ist so ein
strahlender Tag, vielleicht ist er auch zu
Fuß gekommen.
Aber er ist tatsächlich nicht in der Fir-
ma. Von Frau Klammer erfahre ich, dass er
angerufen und sich entschuldigt hat.
»Er kommt heute nicht«, sagt sie, »aber
der Trenkwalder weiß wegen dem Pro-
jekt.«
Eine Weile sitze ich in meinem Büro,
in dumpfer Schuld.
Ich hätte es mir nicht so intensiv wün-
schen sollen, dass da was passiert. Es war
auch nicht so gemeint.
Ich überlege, Albert eine Mail zu schrei-
ben. Aber die mit der Liste ist immer noch
nicht gekommen, also geht auch das nicht.
Weil, keine Ahnung. Fühlt sich einfach
falsch an. Mein Gott, der arme Junge. Was
ist mit ihm? Ich stelle mir irgendwas wie
epileptische Anfälle vor, vielleicht mitten in
der Nacht, aus dem Nichts.
Die silberne Klammermaschine in mei-
ner Hand macht »Angangangang«. Zur Zeit
der Mittagspause bleibe ich bleiern in mei-
nem Sessel sitzen und esse einen der Mars-
Riegel, die ich als Gnadenration in meiner
Schublade aufbewahre.

Was wird der


erste Punkt auf


seiner Liste sein?


Ich wette,


irgendwas mit


seiner Mama


Erst am nächsten Morgen ist Albert wie-
der da. Ich entdecke ihn am Ende des
Korridors.
»Albert, hey!«
Er blickt auf. Nein, er trägt nicht dieselbe
Kleidung wie vorgestern. Wäre mir aufgefal-
len. Das ist schon mal ein gutes Zeichen.
»Ich hab mir schon Sorgen gemacht.«
Er wirkt gerührt.
»Oh?«, sagt er. »Das ist aber nett. Uns
geht’s gut, es war gestern nur die letzte Un-
tersuchung. Bisschen Drama, aber sieht
alles super aus. Also es wird wahrscheinlich
überhaupt kein Nerv geschädigt, das Neuri-
nom ist ganz abgekapselt und überschau-
bar, das hat der Chirurg selbst noch mal
bestätigt. Nein, also, wir sind so weit wirk-
lich ganz okay.«
»Wow, Erleichterung«, sage ich.
Wir stehen voreinander. Albert ordnet
etwas an seinem Mantel.
Ich kann nicht mehr, ich muss ihn nach
der Liste fragen. Wer weiß, vielleicht tun so
was sonst nur Leute für ein an der, die sich
lieben, aber ich sage trotzdem:
»Aber du, was ist jetzt mit der Liste? Du
wolltest sie mir schicken, glaub ich?«
»Ach so, ja«, sagt Albert, und seine Hand
legt sich auf seinen Hinterkopf, bleibt da für
eine Weile, dann redet er weiter: »Ja, unsere
Liste. Die ist noch nicht fertig.«
»Oh.«
»Der Leif will sie noch unbedingt weiter-
schreiben. Gestern auch wieder, gleich nach
der Untersuchung, im Auto, da hat er sofort
zu plappern angefangen. Ich denke, das wird
noch eine Weile so gehen. Vielleicht sogar
nach der Operation. Weiß man ja nie.«
»Ja, genau«, sage ich. »Genau.«
»Und es ist eine gute Ablenkung für ihn,
denke ich.«
»Das auf jeden Fall«, sage ich.
Albert verspricht, mir die Liste auf jeden
Fall zu schicken, wenn sie fertig ist, aber der
Ton, in dem er das sagt, klingt bereits ganz
anders als vorgestern, so als hätte ich die
eigenartige Transaktion, diese Überschrei-
tung der Familiengrenzen als Erster vorge-
schlagen, und ich schäme mich auf einmal
sehr und gehe zurück in meinen Raum.
Vielleicht sogar nach der Operation,
denke ich.
Verstehe.
Also so einer ist das.
Alles klar. Unendliche Liste. Hab ich
mir fast gedacht.

Clemens J. Setz, 37, ist in der Brigittenau in
Wien in Quarantäne. Jeden Tag sieht er
zwei Krähen im Baum vor dem Fenster bei
ihren komplexen Entscheidungen zu.
Zuletzt erschien sein Erzählungsband »Der
Trost runder Dinge« im Suhrkamp Verlag

A http://www.zeit.deeaudio

Die Serie wird von
dem Maler Felix Eckardt
illustriert. Seine
Originalgemälde kann
man kaufen. Den Erlös
wird Eckardt
jedes Mal spenden –
in diesem Fall an
das Hamburger
Straßenmagazin
Hinz & Kunzt, das seinen
Straßenverkauf durch
Obdachlose vorerst
einstellen musste.
Bei Interesse kontaktieren
Sie bitte den Künstler
auf felixeckardt.de

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  1. APRIL 2020 DIE ZEIT No 15 59


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