Die Zeit - 02.04.2020

(Brent) #1
DIE ZEIT: Herr Fuest, Herr Kekulé, der Bundes-
finanzminister hat am Sonntag gesagt: »Ich wende
mich gegen jede dieser zynischen Erwägungen,
dass man den Tod von Menschen in Kauf nehmen
muss, damit die Wirtschaft läuft.« Hat er recht?
Clemens Fuest: Besonders hilfreich finde ich die-
sen Satz nicht. Es besteht doch kein unauflösbarer
Widerspruch zwischen der Stabilisierung der
Wirtschaft und der Stabilisierung der Gesundheit.
Wir müssen in dieser Krise beides schützen: Ge-
sundheit und unsere wirtschaftliche Existenz.
Alexander Kekulé: Ja, der Widerspruch ist künst-
lich aufgebaut. Allerdings erzeugen wir tatsächlich
Kollateralschäden in der Wirtschaft während einer
Pandemie. Man muss sich fragen: Wie viele Tote
nehmen wir in Kauf durch die Pandemie? Schließ-
lich sterben durch die Influenza auch 10.000 oder
20.000 Menschen in manchem Jahr in Deutsch-
land. Und wie viele Tote werden durch die Schäden
erzeugt, die unsere Gegenmaßnahmen auslösen?
ZEIT: Dann müsste man die Toten durch das Vi-
rus und die Krise aufrechnen. Das ist kompliziert.
Kekulé: Es geht mir nicht nur um die Toten. Wenn
die Leute jetzt beispielsweise alle zu Hause sind,
dann bewegen sie sich weniger, sie essen mehr, De-
pressionen nehmen zu. Das müsste man insgesamt
in Wohlergehen bemessen und dann abwägen.
ZEIT: Das wollen viele nicht. Sie sagen: Gesund-
heit geht immer vor. Können Sie das verstehen?
Kekulé: Nein. Es ist dringend notwendig, wirt-
schaftliche und medizinische Folgen abzuwägen.
Das ist zu wenig passiert, wir wachen gerade erst
auf. Wir dürfen nicht in einer Regierung durch
Virologen und Epidemiologen enden.
ZEIT: Sollte man aus virologischer Sicht nicht im
Lockdown abwarten, bis ein Impfstoff da ist?
Kekulé: Das kann ein Jahr dauern, zwei Jahre oder
auch fünf Jahre. Bei einem Virus, an dem ganz
viele sterben, hätte man vielleicht nur diese Opti-
on. Aber wir haben eine Krankheit, die in vielen
Fällen milde verläuft, gerade bei jungen Leuten –
und deshalb haben wir andere Möglichkeiten. Wir
Ärzte wägen immer Gesundheit gegen Gesundheit
oder Wohlergehen gegen Wohlergehen ab. Wenn
wir die Gesellschaft noch drei Monate oder mehr
im Lockdown halten, dann opfern wir alles, was
wir unter unserer Identität und Kultur verstehen,
dafür, dass wir nicht bereit sind zu akzeptieren,
dass einzelne Menschen sterben, damit am Ende
die Mehrheit immun ist. Das finde ich falsch.
ZEIT: Sie wollen den Stillstand schnell beenden?
Kekulé: Ich will nicht, dass er abgekürzt wird, aber
in drei Wochen sollten wir anfangen, den Lock-
down langsam wieder zu verlassen.
ZEIT: Schauen wir auf die ökonomischen Folgen,
Herr Fuest. Wie schlimm ist der Stillstand für die
deutsche Wirtschaft?
Fuest: Die ifo-Unternehmensbefragungen zeigen,
dass wir einen Einbruch der Konjunktur erleben –
so stark, wie wir es in den letzten 70 Jahren noch nie
beobachtet haben. Es ist eine außerordentliche Re-
zession. Es ist auch eine Art von Krise, über die wir
wenig wissen. Es gibt Erfahrungen mit Pandemien,
aber nicht in einer global vernetzten Wirtschaft.
Wir wissen, dass die Krise sich ausbreitet, aber wir
kennen nicht die Ansteckungswege und Folgen.
Kekulé: Ich lerne gerade, dass die Ausbreitung der
Krise in der Wirtschaft einen ebenso epidemischen
Charakter hat wie die Verbreitung des Virus selbst.
Gibt es bei Ihnen auch einen Kipppunkt, an dem
die Folgen aus dem Ruder laufen?
Fuest: Es gibt eine Reihe von Gründen, aus denen
wir annehmen müssen, dass die Kosten der Krise im
Zeitablauf überproportional steigen: Den Lock-
down nach einem Monat um eine Woche zu ver-
längern, ist schon teuer, aber wenn das nach drei
Monaten kommt, ist es ungleich teurer. Es gibt
auch plötzliche Destabilisierungsentwicklungen,
etwa wenn eine Bank in Schwierigkeiten gerät.
ZEIT: Könnte der Kipppunkt erreicht sein, wenn
aus der Krise eine Finanzkrise wird?
Fuest: Der Punkt, an dem ein ganzes System kolla-
biert, ist nicht leicht zu bestimmen. Wir haben in
Deutschland die Erfahrung der Finanzkrise: Im
Jahr 2009 schrumpfte die Wirtschaft um mehr als
fünf Prozent – hart, aber auszuhalten. Das war al-
lerdings eine Krise, die vor allem die Starken traf:
Nach den Banken waren das Daimler, BMW, Sie-
mens, die großen Konzerne. Jetzt haben wir eine
Krise, die zuerst die Schwachen trifft: Familien-
unternehmen, kleine Geschäfte, Soloselbstständige,
die wenig Reserven haben. Das ist anders.
ZEIT: Sie haben Szenarien berechnet, wie es aus-
gehen könnte. Im schlimmsten Fall kommen Sie
auf einen Wirtschaftseinbruch für das laufende
Jahr um 20 Prozent. Was bedeutet das?
Fuest: Wenn man ohne Krise ein Einkommen von
100 hat, dann hat man durch die Krise nur noch ein
Einkommen von 80. Würde sich das über uns alle
gleich verteilen und hätten wir alle Ersparnisse,
dann wäre das erträglich. Die Krise konzentriert
sich aber auf bestimmte Bereiche der Wirtschaft,
und da fällt das Einkommen nicht um 20, sondern
um 100 Prozent. Diese Einbrüche sind so massiv,
das kennen wir nur aus der Weltwirtschaftskrise der
Dreißigerjahre. Die 20 Prozent gesamtwirtschaft-
licher Einbruch sind allerdings unser Worst-Case-
Szenario, zu dem es hoffentlich nicht kommt.
Überraschend ist, dass dafür viel weniger notwendig
ist, als man sich vorstellt: drei Monate lang etwa 48
Prozent Produktionsausfall und eine schrittweise
Erholung über vier Monate, das hört sich nicht
apokalyptisch an. Wir hätten aber zwei Millionen
Jobs weniger und sechs Millionen Kurzarbeiter.

»Wir können nicht Wuhan kopieren«


Deutschland steckt im Lockdown, die Wirtschaft in der Rezession. Müssen wir uns jetzt entscheiden, was wichtiger ist:


Wohlstand oder Gesundheit? Ein Virologe und ein Ökonom haben bessere Ideen


Alexander Kekulé, Virologe,
will zuerst die Schulen öffnen

Clemens Fuest, Ökonom, rät, nach
Sektoren vorzugehen

Fotos: Roderick Aichinger für DIE ZEIT


ZEIT: Sie sind also beide der Ansicht, dass man
nicht im Lockdown ausharren kann, bis der Impf-
stoff da ist?
Fuest: Definitiv.
Kekulé: Das sehe ich genauso. Selbst im absoluten
Super-Erfolgsfall hätten wir den Impfstoff erst in
einem Jahr. Es ist aber keine Option, Europa ein
Jahr lang oder auch nur sechs Monate im Lockdown
zu halten. Wir müssen eine langsame Immunität
ohne Impfstoff hinbekommen. Das ist die unange-
nehme Wahrheit.
ZEIT: Also keine Herdenimmunität, sondern eine
Teilimmunität?
Kekulé: Ja. Ich schätze mal, wenn man 50 Prozent
Immune hat, dann ist die Epidemie auf so niedrigem
Niveau, dass man die Risikogruppen mit Maßnah-
men schützen kann, die ihre Freiheit nicht zu sehr
einschränken. Natürlich muss man dazu flächen-
deckend testen. Wir bräuchten eine ganze Weile ver-
stärkte Kapazitäten in der Intensivmedizin. Wir
müssten Mundschutz tragen, wenn wir anderen nä-
her als zwei Meter kommen –
dazu habe ich mit einem be-
freundeten Filmproduzenten
gerade eine Kampagne gestartet.
Massenveranstaltungen blieben
verboten. Industriebereiche, in
denen viele Menschen nah zu-
sammenkommen, brauchen be-
sondere Regelungen. Aber das
ist mir lieber, als alle einzusper-
ren. Sonst haben wir irgend-
wann eine Revolution auf den
Straßen – dann werden alle gleichzeitig krank.
ZEIT: In drei Wochen können wir dann über die
Öffnung nachdenken?
Kekulé: Nein. Darüber nachdenken sollte man jetzt.
In drei bis vier Wochen könnte man beginnen zu
öffnen. Bis dahin brauchen wir eine Strategie. Es ist
wie beim Schachspiel. Sie müssen mindestens drei
Züge vorausdenken.
ZEIT: Herr Fuest, kann ein langsamer Ausstieg in
drei bis vier Wochen beginnen?
Fuest: Ich bin skeptisch, was dieses Öffnungsdatum
angeht. Mir sagen Virologen, dass diese Epidemie in
Deutschland aktuell noch eher eine Skifahrer-Epi-
demie ist. Das mittlere Alter der Infizierten ist nied-
rig, vielleicht haben wir deshalb relativ wenig Todes-
opfer. Wenn die Epidemie in drei Wochen in den
Pflege- und Altersheimen ankäme, dann wären viel
mehr Tote zu befürchten. Ist es dann sinnvoll und
politisch möglich, Lockerungsmaßnahmen zu er-
greifen? Ich habe Zweifel. Gleichzeitig werden im-
mer mehr Unternehmen in die Insolvenz rutschen,
der wirtschaftliche Druck wird steigen.
ZEIT: Beim richtigen Zeitpunkt vertrauen Sie aber
den Virologen?
Fuest: Na ja, wir haben derzeit ja keinen komplett
gesetzlich vorgeschriebenen Lockdown. Viele Fir-
men haben beschlossen, ihre Produktion zu schlie-
ßen, weil es keine Zwischenprodukte gibt oder weil
die Mitarbeiter Angst vor Ansteckung haben. Der
Staat kann deshalb nicht einfach den Schalter um-
legen und sagen: Jetzt ist der Lockdown zu Ende.
VW wird nicht öffnen, wenn die Lieferketten nicht
stehen. Und es braucht etwas, damit Menschen wie-
der bereit sind, zur Arbeit zu gehen. Masken könn-
ten so etwas sein. Wenn man vorschreibt, dass flä-
chendeckend einfache Masken zu tragen sind, das
wäre nicht nur medizinisch ein Schutz, sondern
auch ein Signal, sich wieder rauszutrauen.
ZEIT: Herr Kekulé, was halten Sie davon, einfache
Masken verpflichtend zu machen?
Kekulé: Das ist absolut sinnvoll. Die sogenannte OP-
Maske ist nichts anderes als ein
Stück Stoff, das vor das Gesicht
gebunden wird, um Tröpfchen
abzuhalten. Das funktioniert
auch, wenn man sich ein Stück
von einem alten T-Shirt um
Nase und Mund bindet. Ich
finde es ganz fürchterlich, dass
das Robert-Koch-Institut im-
mer noch daran festhält, dass
diese Masken nichts brächten.
Das stimmt nicht: Erst einmal
schützt man andere. Zum anderen schützt man sich
selbst: nicht zu 100 Prozent, aber zu einem gewissen
Grad. Wenn Sie eine Brille haben, ist es noch besser.
ZEIT: Wie könnte ein Ausstieg sonst noch aussehen,
der auch wirtschaftlich sinnvoll ist, Herr Fuest?
Fuest: Aus ökonomischer Sicht ist es naheliegend,
die Sektoren mit sehr hoher Wertschöpfung zuerst
zu öffnen. Das ist aber schwierig umzusetzen. Man-
che Sektoren mit hoher Wertschöpfung können gut
digitale Techniken einsetzen, die arbeiten jetzt schon
einigermaßen gut weiter. Andere wie etwa die Auto-
produktion haben sehr hohe Wertschöpfung, funk-
tionieren aber nicht vom Homeoffice aus. Um dort
öffnen zu können, müsste der Epidemiologe sich
vorher so eine Fabrik anschauen.
Kekulé: Aus epidemiologischer Sicht würde ich gar
nicht in Sektoren denken, sondern in Risikogrup-
pen. Ich würde immer sagen, wir müssen die Hoch-
altrigen über 70 am längsten schützen und natürlich
die klassischen Risikogruppen, die Lungenkranken
und so weiter. Kinder haben das geringste Risiko,
die 50-Jährigen schon deutlich mehr, bei den 60-,
70-Jährigen steigt es steil an. Ich würde also die jun-
gen Leute als Erstes wieder rauslassen.
ZEIT: Jung heißt bei Ihnen unter 50 Jahre?
Kekulé: Nein, unter 20. Schulen und Kindergärten,
da würde ich anfangen. Die Menschen, die mit den
Kindern dort zu tun haben, müssten natürlich ge-

zielt geschützt und schnell getestet werden, damit
keine Infektionswelle unter Lehrern und Kinder-
gärtnern losgeht. Und dann müssen wir das nach
Risikogruppen stufenweise hochfahren.
ZEIT: Das heißt, die meist älteren Chefs dürften als
Letztes zurück, als Erstes die Azubis?
Kekulé: Vielleicht wäre es auch interessant, zu über-
legen, in welchen Sektoren die Hochrisikogruppen
vertreten sind. Menschen über 70 sind ja normaler-
weise in Rente, das ist für die Wirtschaft unproblema-
tisch. Aber darunter wird es Unterschiede geben.
ZEIT: Ihr Gemeinschaftsszenario wäre also: Wir las-
sen erst die Jüngeren in die Schule, dann öffnen wir
Bereiche, in denen die Wertschöpfung hoch ist, etwa
die Industrie, vielleicht noch nach Alter gestaffelt.
Kekulé: Da müssten wir uns noch mal zusammen-
setzen, um das sauber auszuarbeiten. Aus virologi-
scher Sicht ist wichtig: Wir müssen diesen Lock-
down aussitzen, bis das exponentielle Wachstum der
Fälle durchbrochen ist. Dann kommen wir wieder
zurück in die Phase, in der wir in der Lage sind,
einzelne Infektionsketten nach-
zuverfolgen. Und bis wir an
diesem Punkt sind, der frühes-
tens in drei Wochen erreicht
sein wird, müssen wir wahn-
sinnig viel tun: Wir müssen
erstens die Risikogruppen si-
chern. Wir müssen zweitens
die Testkapazitäten hochfah-
ren. Und wir müssen drittens
Smart Distancing für verschie-
dene Risikogruppen und Be-
reiche betreiben. Wenn wir das in den nächsten drei
Wochen organisieren, dann sind wir am Tag, an
dem wir die Türen wieder öffnen können, gut vor-
bereitet. Ich würde dann in vier, fünf Wochen an-
fangen, die Schulen wieder aufzusperren.
ZEIT: Und wenn dann ein Kind an Covid-19 stirbt?
Kekulé: Das wird vereinzelt passieren, es ist auch
schon passiert, etwa in Frankreich. Es klingt brutal,
aber ich glaube, wir haben keine andere Option.
Auch an der Grippe sterben Kinder.
ZEIT: Nur die Risikogruppen zu verpflichten, zu
Hause zu bleiben, ist ethisch ebenfalls heikel.
Kekulé: Ja. Ich kenne ältere Menschen, die sagen:
»Jetzt geht mir nicht auf die Nerven. Ich bin schon
so alt. Das Risiko trage ich, bevor ich mich einsper-
ren lasse.« Wir brauchen darauf eine westliche Ant-
wort. Wir können nicht Wuhan kopieren, nur weil
es dort funktioniert hat. Es kommt darauf an, wel-
ches Angebot wir den Menschen machen. Da geht
es nicht um Tracking-Apps, die lehne ich ab. Aber
wieso entwickeln wir nicht Apps, mit denen die
Menschen automatisch das Essen nach Hause gelie-
fert bekommen und medizinische Atemschutzmas-
ken, die diese Risikogruppen ja brauchen?
ZEIT: Nehmen wir mal an, Deutschland bekommt
die Lage halbwegs unter Kontrolle. Wie sorgen wir
dafür, dass das Virus nicht wieder eingeschleppt wird?
Kekulé: Darüber wird zu wenig gesprochen. Wenn es
uns gelingt, diese Epidemie in den Griff zu bekom-
men, dann müssen wir danach konsequent die Gren-
zen geschlossen lassen, auch zu unseren EU-Nach-
barn, wenn die das noch nicht hingekriegt haben.
ZEIT: Geschlossene Grenzen, das ist wirtschaftlich
eher schädlich. Oder, Herr Fuest?
Fuest: Natürlich sollten sie nicht die Regel werden.
Wenn wir die Industrieproduktion hochfahren wol-
len, dann brauchen wir Zwischenprodukte aus Italien
oder Frankreich. Wir müssen lernen, die Arbeitstei-
lung in Europa wieder in Gang zu bringen trotz einer
gefährlichen Seuche. Dazu bräuchten wir zum Bei-
spiel smarte Grenzschließungen: Verfahren, die Güter
über die Grenze lassen, aber
nicht zu viele Menschen. Auch
da muss man die Virologen fra-
gen: Wie geht das?
Kekulé: Ich würde das so ma-
chen: Alle Personen, die im Zu-
sammenhang mit dem Güter-
verkehr stehen, dürften einrei-
sen, aber sie würden besonders
kontrolliert. Das funktioniert
wie bei Flugreisenden aus den
Risikogebieten: Da werden Ein-
reisekarten ausgefüllt, unter Umständen wird Fieber
gemessen, man muss wissen, wo sie sich im Land auf-
halten. Das ist unangenehm, aber es ist notwendig.
Fuest: Auch da wäre es gut, wenn wir testen würden.
Wenn wir wüssten, dass Menschen immun sind,
dann dürften sie fahren. Das wäre auch ein Anreiz
für die Beschäftigten, sich testen zu lassen.
ZEIT: Das ist aber eine schöne Zweiklassengesell-
schaft: die Immunen, die alles dürfen, und die ande-
ren, die restriktiv kontrolliert werden.
Fuest: Die gibt es ja jetzt schon.
Kekulé: Ja, einzelne der Jungen haben heute sogar
schon die zynische Strategie: Ich hole mir lieber jetzt
das Virus, als dass ich es in einem halben Jahr be-
komme, wenn die Intensivstationen überlastet sind.
Das können Risikogruppen nicht machen.
ZEIT: Zum Schluss eine Einschätzung: Gerade ist
das Virus so dominant, dass wir täglich darüber
nachdenken. Wann ist das vorbei?
Kekulé: Aus virologischer Sicht: in einem Jahr.
Fuest: Die Menschen werden damit zehn Jahre zu
tun haben. Sie werden nicht jeden Tag daran den-
ken, aber die Schulden, die wir jetzt aufhäufen, die
wirtschaftlichen Verluste werden wir wohl mindes-
tens ein Jahrzehnt spüren.

Das Gespräch führte Lisa Nienhaus
Mitarbeit: Anna Gauto

»Wir dürfen nicht in


einer Regierung der


Virologen enden«


Alexander Kekulé, Virologe

»Es ist eine


außerordentliche


Rezession«


Clemens Fuest, Ökonom

2 0 WIRTSCHAFT 2. APRIL 2020 DIE ZEIT No 15

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