Süddeutsche Zeitung - 21.03.2020

(C. Jardin) #1

Kinderseiten aus der Zeitung nehmen,
drehen,
falten


„Jetzt, wenn der Kindergarten ge-
schlossen ist, kann man mehr in den
Wald gehen und dort Tiere beobach-
ten: Eichhörnchen, Vögel, Regenwür-
mer. Für mich ist der Wald ein biss-
chen wie ein Kino-Ersatz. Ich gehe
nämlich sehr gern ins Kino, aber das
geht ja gerade leider nicht mehr.
Aber die Tiere sind trotzdem da und
machen einfach weiter, fast wie ein
eigener Film.“

„Wir haben eine Mathe-App von der
Lehrerin bekommen, da muss man
Aufgaben lösen und Münzen sam-
meln. Davon kann man sich dann
Spiele kaufen. Natürlich ist es schö-
ner, mit seinen Freunden in der
Schule zu spielen. Vor ein paar Wo-
chen habe ich Blumen auf dem Bal-
kon gepflanzt. Man muss sich um sie
kümmern. Regelmäßig Wasser ge-
ben, aber nicht zu viel. Sie wachsen
schnell! Wenn wir nicht mehr raus
dürfen, werde ich sie beobachten.“

„Ich würde jetzt gerne einen Tunnel
in den Boden unserer Wohnung gra-
ben, dann unter unser Haus, unter
unsere Straße und bis zu meinen
Freunden – zum Beispiel bis zu Ja-
cob, der in der gleichen Straße
wohnt wie ich. Dann könnte ich mit
einer Leiter hinuntersteigen und bei
Jacob wieder raus und wir könnten
toll zusammen spielen.“

Lieber daheim


Schule zu,


Spielplatz zu,


Klopapier aus.


Was macht


uns jetzt das


Leben zu


Hause leichter?


Sieben Kinder


erzählen


„Mit meinem achtjährigen Bruder
habe ich den BGC-Club gegründet.
Das steht für „Briefe gegen Corona“.
Wir wollen denen, die wir jetzt nicht
sehen können, Briefe schreiben. Vor
allem meinen Großeltern in Mai-
land, die das Haus nicht mehr verlas-
sen dürfen. Unsere Garage ist das
Clubhaus, mit ein paar Sesseln, Lam-
pe und Schreibzeug. Gestern muss-
ten wir Briefmarken nachkaufen.“

„Wir leben östlich von Kapstadt. Un-
sere Schule ist geschlossen, obwohl
es in Südafrika noch gar nicht so vie-
le Corona-Fälle gibt. Aber mir ist es
lieber, es wird früh reagiert, damit
sich das Virus gar nicht erst schnell
verbreitet. Wir nutzen jetzt Google
Classroom. Bis zwei Uhr müssen wir
unsere Aufgaben abgeben. Auch der
Sportlehrer schickt welche: ‚Liege-
stütz‘ oder ‚eine Minute im Garten
rumrennen‘ oder ‚einmal Ball spie-
len mit deinem Papa‘.“

„Ich finde das blöd mit der Schule zu
Hause – ohne meine Lehrerin macht
mir das gar keinen Spaß. Auch mei-
ne Klassenkameraden vermisse ich
sehr. Am schlimmsten ist aber, dass
ich nun meinen Geburtstag Ende
März nicht feiern und meine Oma
nicht kommen kann. Aber das Zu-
hausesein hat auch was Gutes: Ich
habe nun mehr Zeit zum Turnen –
und kann jetzt einen Handstand.“

„Links auf dem Foto ist mein Bruder


Lio. Er wurde nach unserem Skiur-


laub nicht getestet. Mein Vater und


ich schon, weil wir krank wurden. In


Quarantäne mussten wir aber alle.


Dann kam ein Astronaut, so sah er je-


denfalls aus. Er trug Schutzanzug,


Schutzbrille und wollte die Woh-


nung nicht mal betreten. Im Flur hat


er mich abgehört und mir ein Stäb-


chen in den Rachen gesteckt. Das


war aber etwas zu tief, ich musste da-


von husten. Der Test war negativ.“


Fotos: Privat; Protokolle: Veronika Wulff, Silke Stuck, Kathrin Schwarze-Reiter, Katja Garmasch, Georg Cadeggianini

Victoria, 6 Nicolas, 11 Gustav, 4


Elisabeth, 12 Louis, 10 Ella, 6


Pino, 10


Samstag/Sonntag, 21./22. März 2020

* Quarantäne auf Koreanisch

geom-yeog!*
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