Berliner Zeitung - 21.03.2020

(Rick Simeone) #1

Berlin


Berliner Zeitung·Nummer 69·21./22. März 2020 (^13) ·························································································································································································································································································
TrotzCorona:TÜVsiehtEröffnungdesBERnichtinGefahr
PrüferwurdenvonderBaustelleabgezogen,dochesgehekeineZeitverloren,heißtes.FlughafengesellschaftwillKurzarbeitbeantragen
VonPeter Neumann
E
ssahsoaus,alsobdasFlug-
hafenprojekt BER nach
pannenreichenJahren auf
der Zielgerade wäre. Doch
nun ist überraschend einweiteres
Problem aufgetaucht.Nachdem in
ihren Reihen Corona-Verdachtsfälle
entdeckt wurden, hat einGroßteil
der Sachverständigen des TÜV
RheinlanddieBaustelleinSchöne-
feldverlassen.DassagteWolfram
Stahl,SprecherdesUnternehmens
inBerlin.Erbetonte,dassdiesdiefür
den31.Oktober 2020 geplanteEröff-
nungdesneuenFlughafensnichtge-
fährde.EntsprechendeSpekulatio-
nenwürden„jederGrundlage“ent-
behren.„EsgehtkeineZeitverloren.“
„DieZeitschiene,dievereinbart
wurde,istnichtinfragegestellt.Sie
sehen einen optimistischen Ge-
schäftsführervorsich“,soFlugha-
fenchefEngelbertLütkeDaldrupam
DonnerstagabendnachderSitzung
des Aufsichtsrats derFlughafenge-
sellschaft FBB.„Wirmüssen all jene
enttäuschen,dieaufeineAbsageder
Eröffnung imOktober 2020 speku-
lieren“, sagteRainer Bretschneider,
derVorsitzendedesGremiums.
„Der zeit sind Kollegen aus unse-
remTeam invorsorglicher häusli-
cher Quarantäne“, erklärte TÜV-
Sprecher Stahl.„Sie gehen dortden
notwendigen Tätigkeiten nach, die
sichim Homeofficeerledigenlassen,
beispielsweise Dokumentationen
oder Berichterstellung. Aktuell ent-
steht dadurch keinZeitverzug für
unsereTätigkeiten am BER.“Auch
Mitarbeiter der Flughafengesell-
schaft,diemitdenSachverständigen
imTerminal arbeiteten, sindvonzu
Hauseaustätig,soLütkeDaldrup.
DemVernehmen nach sind nor-
malerweiseacht Sachverständigefür
denTÜV auf derBaustelle tätig.Ein
Prüfer ist offenbar erkrankt,weitere
fünfverließendenBERamDienstag
und sind jetzt imHomeoffice.Zwei
Sachverständige arbeitenweiterhin
im Terminal, weil sie mit demEr-
kranktenkeinenKontakthatten.
DiePrüfungderKabeltrassen,an
denen zahlreiche Mängel beseitigt
werden mussten,werdeimMärz
2020 abgeschlossen, bekräftigte der
Flughafenchef.ImAp ril2020solldie
Dokumentationvorliegen,sodassei-
ner Nutzungsfreigabe des BER im
selben Monat nichts entgegensteht.
Damit könne derProbebetrieb wie
geplantEndeApril2020beginnen.
Derzeit werdeane inem Konzept
gearbeitet,wiedieGeneralprobeim
Zeichen vonCorona aussehen
könnte,sagte LütkeDaldrup .Bisher
wargeplant,20000Freiwilligezube-
teiligen. „Vielleicht wirddie Anzahl
der Testpersonen verringert“, be-
richtete er.Denkbar sei auch, dass
ein Teil der Probeläufe virtuell auf
den Computernder Gebäudeleit-
zentralestattfindet.AufjedenFallsei
damit zurechnen, dass imHerbst
2020 zur geplantenFlughafeneröff-
nung weniger Verkehr stattfinden
wirdals bisher erwartet.Daswerde
dieInbetriebnahmeerleichtern.
DieCoronakrisebetrifftdieFlug-
häfenschonjetzt.DerFBB-Chefbe-
stätigte,dassdie Zahlder Passagiere
auf ein Viertel gesunken sei,.Beide
Flughäfen blieben aber offen,weil
siegebrauchtwerden.
InAufsichtsratskreisenhießes,
dassdieFlughafengesellschaftdem-
nächst Kurzarbeit beantragen
werde. AlsZeichen derVerbund en-
heit wollen derFlughafenchef und
das übrigeManagement auf einen
Teilihres Gehaltsverzichten,hießes.
Dazupassteoffenbarnicht,dassdie
KandidatinfürdieNachfolgederFi-
nanz-GeschäftsführerinHeike Föl-
ster,dieEnde2019zurBahngewech-
seltwar ,bisheranihrerrelativhohen
Gehaltsforderungfesthält.EineEnt-
scheidung, ob dieBewerberin den
Posten der Finanzchefin über-
nimmt,wurdenichtgetroffen.
Dafür wurde der Posten des Ar-
beitsdirektors besetzt,den der jet-
zige Inhaber Manfred Bobke-von
Camen aus Altersgründenverlässt.
MichaelHalberstadtwurdeeinstim-
migzumneuenPersonalchefgekürt.
Er ist seit 2016 Personal-Geschäfts-
führer der Leipziger Verkehrsbe-
triebe,zuvor war er in der Bundes-
verwaltung der Gewerkschaft Verdi
im Bereich Telekommunikationals
Leiter der Tarifpolitik tätig. Er be-
zieht dasselbeGehalt wie sein Vor-
gänger.Der Vertragmit Engelbert
LütkeDaldrup,derimMärz2021en-
det, wurde um ein Jahr verlängert.
DasGehaltbleibtunverändert.
Noch leer,womöglich bald voll: Der Eröffnungstermin des Flugahfens bleibt der 31.10.2020. Bislang. GERD ENGELSMANN
Peter Neumann
fragt sich, was am BER
sonst noch passiert.
OrdnungundSauberkeit
inZeitenderPandemie
UnsereAutorinberichtetausihrerQuarantäne-WG
VonEleonoraRoldán Mendívil
W
enn man mehr zuHause ist,
wirddie Wohnung auch
schneller schmutzig.Dasist zumin-
dest unsereErfahrung gerade–seit
zehnTagen sind wir,also meinMit-
bewohner,mein Partner und ich,
nun schon invorsorglicherCorona-
Quarantäne.Wir versuchen, kleine
Sachen wie Krümel sowieso immer
schnellwegzuwischen–aberStaub-
saugen fällt jetzt einfach öfters an.
WirdreiteilenunsauchsonstdieAr-
beiten zuHause auf –soa uch jetzt.
Gleichzeitigweißich,dassindenal-
lermeisten Haushalten, auch in
Deutschland, all dieseAufgaben ge-
rade überproportional bei den
Frauen hängen bleibenwerden. In
Quarantänezeigt sich eine patriar-
chaleArbeitsaufteilungverstärkt,bei
derHaushaltsaufgabenals„Frauen-
sache“gelten.
Mirfällt nunStaub auf meinem
Schreibtischschnellerauf,daichjetzt
auch imHomeoffice arbeite.Briefe
des Gesundheitsamtes zurQuaran-
täne haben uns weder schriftlich
noch online–wie am verg angenen
Freitagversichert–erreicht. Dement-
sprechendhabenwirauchkeinBetä-
tigungsverbot und ich muss meine
Stunden in meinemTeilzeit-Job im
Antidiskriminierungsbereich weiter
abarbeiten,waskeinProblemist.An-
ders als für meineKolleginnen und
KollegenmitkleinenKindern,fürsie
istHomeofficeeinAlbtraum.
DieWohnung ist insgesamt je-
dochnichtordentlicheralssonst.Da
wirdreivieleArbeitsaufträgehaben,
die wir vonzuH ause aus erledigen
können,haltenwirunsnichtmitun-
nötigemOrdnenodersoauf.
MeinPartnerundichsindfestan-
gestellt, unserMitbewohner istStu-
dent undStipendiat.Finanziell ma-
chenwirunsalsokeineSorgen.Aber
viele Menschen in unseremUmfeld
wurdennungekündigt–diemeisten
inder Gastronomie.Unddavielevon
ihnen Studierende sind, können sie
auchkeinHartzIVb eantragen.Viele
sindwütenddarüber;einigeverzwei-
feln auch.DieDGB-Gewerkschaften
haben jedochInfotelefone und E-
Mail-Postfächereingerichtet,umBe-
troffene beraten zu können und sie
gegebenfallsbeiKlagenzuunterstüt-
zen.Wirinu nserer WG hoffen, dass
im Sinne der Arbeiterinnen und Ar-
beiter nun tragbarefinanzielle Lö-
sungengefundenwerden.
Im In ternet gibt es einenAufruf,
jeden Tagum21Uhr vomFenster
oder Balkon aus für dieBeschäftig-
tem im Pflegebereich zu klatschen –
ein guterKonter kommtvoneiner
Gesundheitsarbeiterin: „Wir Pflege-
kräfte brauchen keine Klatscherei.
Wirwollen auch keine Schokolade
und warme Worte! Wirbrauchen
4000 Euro brutto ,mehr Personal,
Gefahrenzulagen und ein entprivati-
siertes Gesundheitssystem!“
DieseForderungbekommtBeifall
vonuns.


10


In Quarantäne


Tag


JETZTMITHELFENUNDZUHAUSEBLEIBEN!
Wersich schützt, schützt uns alle.WenigerKontakte führen
zu weniger Ansteckungen. So schützen wir unser Gesundheits-
systemvorÜberlastung und helfen Lebenretten.
ZusammenGegenCorona.de

Wirb leibenfürEuch

imKrankenhaus.

BleibtIhrfürunszuhause.
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