Süddeutsche Zeitung - 20.03.2020

(nextflipdebug5) #1

Die sonst durchlässigen Grenzen zwischen
Innen und Außen sind in den letzten Tagen
neu ins Bewusstsein gerückt. Vielleicht fin-
den sich in den sozialen Netzwerken des-
halb gerade so viele Gemälde von Edward
Hopper, mit dem wir diese Kolumne im
Feuilleton beginnen.


Die Fondation Beyeler in Basel zum Bei-
spiel hat ihre eigentlich gerade laufende,
wegen der Corona-Maßnahmen aber aus-
gesetzte Ausstellung kurzerhand auf Insta-
gram verlegt und postet regelmäßig Bilder
aus der Schau mit teils langen Erläuterun-
gen. Bei Twitter werden Bearbeitungen
von „Nighthawks“ geteilt, auf denen in
dem Diner an der Ecke kein einsamer
Mann an der Theke auf sein Glas starrt und
kein Pärchen mit dem Barkeeper plaudert.
Das Diner ist komplett leer, und die ge-
dimmte Beleuchtung lässt die scharfen
Kontraste den Raum zerschneiden.
Dabei, möchte man einwenden, bräuch-
ten die Bilder Hoppers keine Bearbeitung.
Sie treffen schon im Original sehr gut das
derzeitige Lebensgefühl zwischen Quaran-
täne und Home-Office, schützender und
zugleich einengender Isolierung, verwais-
tem öffentlichen Raum und einem Innen,
das plötzlich alles sein muss. Hoppers Figu-
ren teilen sich diese Räume der Cafés, Ho-


tellobbys und Wohnungen, immer lockt
und droht zugleich durch ein Fenster das
menschenleere Draußen, während die
Menschen in den Räumen, selbst wenn sie
sich nahekommen, keine Bindungen aufzu-
bauen scheinen. Auch die Hände des Paa-
res in „Nighthawks“ berühren sich eben
nicht. Gerade die räumliche Nähe betont
die individuelle Isolierung.
Wenn die Figuren in den Bildern nicht
sowieso alleine sind und in die Ferne star-
ren wie die Frau in „Morning Sun“, die im

Nachthemd in der Sonne auf ihrem Bett
sitzt und nicht zu wissen scheint, wie ihr ge-
schehen ist und was sie mit dem Tag anfan-
gen soll. Oder die Dame, die in „Cape Cod“
aus einem Erker sehnsüchtig und besorgt
auf strahlendes Dünengras und düstere
Baumreihen blickt. Die Fondation Beyeler
schrieb auf Instagram, das Bild zeige bei-
spielhaft die Prämisse, an der sich die Aus-
stellung orientiert: Was man nicht sieht, ist
genauso wichtig wie das, was man sieht.
Denn draußen, das scheinen die Figuren al-

le zu wissen, da ist das Virus. Schön ist es
trotzdem. Die späte Moderne Hoppers er-
scheint auch plötzlich so gegenwärtig, weil
sich in diesen Bildern nicht nur die häusli-
chen Situationen so stilvoll widerspiegelt,
sondern weil mit den Figuren in den Gemäl-
den auch eine vergangen geglaubte Geis-
teshaltung zurückkehrt. Denn näher als
das oft zitierte Biedermeier ist uns die Mo-
derne, wenn es um den Rückzug ins eigene
Heim geht. Nicht politische, sondern gesell-
schaftliche Verhältnisse drängen das Indi-

viduum zu diesem Rückzug. Der heimi-
sche Innenraum hat in der Moderne im-
mer auch etwas Neurotisches, und man
merkt Hoppers Figuren die Spannung an,
die auch uns gerade wieder erfasst. Der So-
ziologe Georg Simmel formulierte das
Grundproblem der Moderne, das jetzt in
leicht veränderter Form wiedererscheint,
so: „Die tiefsten Probleme des modernen
Lebens quellen aus dem Anspruch des Indi-
viduums, die Selbstständigkeit und Eigen-
art seines Daseins gegen die Übermächte

der Gesellschaft, des geschichtlich Erleb-
ten, der äußerlichen Kultur und Technik
des Lebens zu bewahren.“
Auseinandersetzen muss sich der Ein-
zelne weniger mit der Natur des Virus als
mit allen anderen, die auch isoliert sind,
die krank sein könnten oder die man selbst
anstecken könnte. Die Gegenwart der ande-
ren treibt in die Isolation. Diese nahe Ferne
treffen die Gemälde Hoppers. Sie zeigen
uns, dass man mit diesen Gefühlen nicht
allein ist. nicolas freund

von andreas zielcke

N


eben Bayern hat in Deutschland
bisher nur die Stadt Halle den Katas-
trophenfall ausgerufen. Angesichts
der Verbreitung des Virus über alle Gren-
zen hinweg erscheinen solche Einzelgänge
absurd. Andererseits sind dies nur zwei
der unzähligen Beispiele dafür, wie gewal-
tig die Spannung in aller Welt ist zwischen
den vor Ort zuständigen Obrigkeiten und
der globalen Pandemie. Deutschland ver-
lässt sich auf seine lokale und föderative
Struktur des Katastrophenschutzes, Euro-
pa auf seine nationale. Ähnlich ist es in den
USA. Den übergeordneten Instanzen bleibt
meist nur, die regionalen oder einzelstaatli-
chen Schutzaktionen zu koordinieren und
für hinreichende Liquidität zu sorgen.
Natürlich kümmert das Virus die Sub-
sidiarität nicht. Aber es erzwingt, dass sich



  • zumindest im Westen – die geografisch
    begrenzten Abwehrreaktionen synchroni-
    sieren. Alle Staaten beugen sich auf ver-
    gleichbare Weise. Ob Frankreich dem
    Virus den Krieg erklärt, ob Spanien als ein-
    ziger EU-Staat den Notstand oder eben
    Bayern den Katastrophenfall ausruft, hat
    im Detail unterschiedliche Folgen, aber im
    Prinzip wird überall das öffentliche Leben
    nahezu stillgelegt, die Wirtschaft auf ein
    Minimum zurückgefahren und ein mehr
    oder weniger striktes Grenz- und
    Quarantäneregime durchgesetzt.


Im Moment ist der Ausnahmezustand,
so empfindet es jeder, fürs Erste die Norma-
lität. Das ist ein erstaunliches Phänomen,
schließlich sind wenige politische Kon-
stellationen derart kontrovers besetzt und
demokratisch anfechtbar wie der Ausnah-
mezustand. Zumal Deutschland seine eige-
ne Geschichte hat mit den entgleisenden
Notverordnungen der Weimarer Republik,
vom verewigten Ausnahmezustand des
Dritten Reichs ganz zu schweigen. Doch
auch wenn viele, die heute den Begriff ver-
wenden, nichts anderes meinen als dieses
künstliche Koma, in das man das soziale
Leben bis auf Weiteres versetzt hat – ist
nicht selbst diese Passivierung in einer
Demokratie sehr beunruhigend?
Allerdings, und das entschärft die Frage
etwas, erfasst der auferlegte Stillstand die
reale, nicht aber die digitale Geselligkeit
und Kommunikation. In der prädigitalen
Ära, also noch vor einer Generation, wäre
das soziale Distanzieren und Aus-dem-We-
ge-Gehen noch ein ganz anderes Drama ge-
wesen. Wir erleben heute einen Testlauf,
wie die aufs Virtuelle reduzierte Gesell-
schaft funktioniert. Wir erfahren dabei
aber auch, wie tief man in Grundrechte
schneidet, um den realen Handlungsraum
zu entleeren.
Das deutsche Recht kennt keinen Aus-
nahmezustand. Im Unterschied etwa zu
Frankreich, wo nach dem Terroranschlag
im November 2015 zwei Jahre lang ein
solcher Zustand herrschte. Freilich ist es
nicht zwingend, den Begriff des Ausnahme-


zustands mit Terrorismus, Bürgerkrieg
oder Aufstand zu assoziieren. Viele halten
dennoch daran fest, allen voran Giorgio
Agamben, der ja besonders für seine Theo-
rien zum Ausnahmezustand berühmt ist
und der jetzt empört gegen die italieni-
schen Totalquarantäne polemisiert. Wäh-
rend Terrorismus oder Bürgerkrieg den
Ausnahmezustand darstellten, den es zu
bewältigen gelte, verdrehe man das heute
in perverser Weise: Nicht das Virus, son-
dern erst die überschießende Gegenwehr
stürze das Land in den Notstand.
Auseinanderzuhalten sind zunächst die
beiden involvierten Rechtsfragen. Zum
einen, welches Arsenal Verfassung und
Gesetz für kollektive Heimsuchungen be-
reitstellen, egal ob man sie Not- oder Aus-
nahmezustand oder sonst wie nennt. Zum
anderen, ob die Behörden von dem Arsenal
angemessenen oder maßlosen Gebrauch
machen.
Was das Arsenal betrifft, unterscheidet
Deutschland drei regelungsbedürftige Not-
lagen: den Krieg, der im Grundgesetz als
„Verteidigungsfall“ firmiert; den „inneren
Notstand“; und den Katastrophenfall. Und
daneben steht als spezieller Bereich der
Infektionsschutz, der vor allem präventiv
ausgelegt ist, aber auch Regularien für aus-
brechende Seuchen umfasst.
Die Sorge um die Bevölkerung im Vertei-
digungsfall, die dem Bund als „Zivil-
schutz“ obliegt, lässt sich hier ausklam-
mern. Ebenso wie der innere Notstand. Der
tritt ein im Falle einer „drohenden Gefahr
für den Bestand oder die freiheitliche de-
mokratische Grundordnung des Bundes
oder eines Landes“ (Artikel 91 des Grundge-
setzes) und löst weitreichende Befugnisse
für den Einsatz von Polizeikräften aus. Ob-
wohl die sogenannten Notstandsgesetze,
zu denen dieser Artikel gehört, 1968 mit
Eile gegen große politische Widerstände
durchgesetzt wurden, steht der innere Not-
stand bislang auf dem Papier. Von Unru-
hen, die die Republik lahmzulegen droh-
ten, blieb die Nation verschont. Nicht aber
davon, dass seither viele Gesetze zum
Schutz der freiheitlichen Ordnung oder
der Bevölkerung Grundrechte beschrän-
ken. Nichts ist kritischer für den Grund-
rechtsschutz als Gefahrenabwehr.
Damit sind wir bei dem Regelungskom-
plex, der für die Pandemie relevant ist. Er
umfasst vor allem das Infektionsschutzge-
setz des Bundes und in jedem Bundesland
das jeweilige Katastrophenschutzgesetz.
Den Vollzugsorganen zählen die Gesetze
die Grundrechte auf, in die sie notfalls ein-

greifen dürfen. Beim bayerischen Katastro-
phenschutz sind das die Rechte „auf kör-
perliche Unversehrtheit, die Freiheit der
Person, die Versammlungsfreiheit, die Frei-
zügigkeit und die Unverletzlichkeit der
Wohnung“. Beim Infektionsschutz lautet
die Liste etwas anders, sie nennt die Rech-
te „der körperlichen Unversehrtheit, die
Freiheit der Person und das Recht des
Brief- und Postgeheimnisses“. Dass das
bayerische Gesetz den Grundrechtsschutz
noch stärker einengt als das Bundesgesetz,
lässt erkennen, mit welch bedrohlichen
Katastrophen das Land rechnet.

Und doch sind die Zweifel, ob die aktuel-
len Antivirusstrategien tatsächlich in je-
dem Einzelfall von den erlaubten Grund-
rechtsbeschränkungen gedeckt sind, nicht
das Hauptproblem, groß genug, wie es ist.
Die brennende Frage, die so viele umtreibt,
ist grundsätzlicher.
Es geht darum, wie zwingend die drasti-
schen Abwehrmaßnahmen auch aus Sicht
der Bürger begründet sein müssen, um
demokratisch legitimiert zu sein. Kaum
einen dürfte es geben, den das heftige
Ausbremsen der Gesellschaft nicht hin-
und herreißt. Sprechen nicht auch gewich-
tige demokratische Gründe oder medizini-
sche oder soziale Gründe oder selbstver-
ständlich auch egoistische Gründe nicht

nur für, sondern auch gegen die autoritäre
Rosskur?
Es hilft allerdings nichts, das Für und Wi-
der gegenüberzustellen, wenn es keinen
normativen Modus der Bewertung und Ent-
scheidung gibt, der eine allgemeine Ver-
bindlichkeit erwarten kann. In der Tat
scheint sich in den letzten Wochen ein sol-
cher Modus unter der Hand durchgesetzt
zu haben, ohne dass er als solcher benannt
oder öffentlich diskutiert wäre.
Am besten lässt er sich als Prima-facie-
Beweis im Notstand beschreiben. Konkret
sieht diese nicht nur kognitive, sondern
auch demokratisch abwägende Argumen-
tation so aus: Die Geschwindigkeit, mit der
sich das Virus ausbreitet, die geschätzten
Letalitätsraten für Jung und Alt, die Not-
wendigkeit der abzuflachenden Kurve, die
Engpässe des Gesundheitssystems, all die-
se Faktoren generieren zusammengenom-
men keinen unangreifbaren Beweis. Aber
sie generieren einen Beweis des ersten An-
scheins, einen Prima-facie-Beweis zuguns-
ten der Rigorosität der bisherigen Auf-
lagen. Anders gesagt, sie generieren den
Prima-facie-Beweis dafür, dass der in die-
sen Tagen in Deutschland praktizierte
Ausnahmezustand nicht von den Behör-
den zu verantworten, sondern vom Virus
verursacht ist.

Selbstverständlich wird damit den Be-
hörden keine Blankovollmacht erteilt. Jede
verschärfende Einengung der sozialen
Bewegungsfreiheit muss sich der neu der
Anscheinslogik fügen.
Wie aber bei jedem Anscheinsbeweis ist
es erst recht bei dieser virologischen Indizi-
enkette – man weiß, dass sie lückenhaft ist
und insbesondere auch auf Unbekanntem
aufbaut. Oder wie es neulich der britische
Statistiker David Spiegelhalter beim Be-
trachten von konträren Interpretations-
möglichkeiten der Ausbreitungskurven
ausdrückte: Man hantiert, ob man will
oder nicht, mit „unknown unknowns“, mit
unbekanntem Nichtwissen.
Dieses schwarze Loch schließt nicht nur
mögliche Wirkungsweisen des neuen Vi-
rus unter verschiedensten sozialen und
sanitären Bedingungen ein, sondern auch
unüberschaubare gesellschaftliche und hu-
manitäre Folgen seiner Bekämpfung. Von
den kaum kalkulierbaren wirtschaftlichen

Folgen reden wir gar nicht, es sei denn, sie
können ihrerseits gravierende soziale,
wenn nicht tödliche Konsequenzen haben.
Wie auch immer, wer das schwarze Loch
der Virenbekämpfung als ständige gedank-
liche Warnung ignoriert, agiert skrupellos.
In keinem Fall lässt sich darum herumre-
den, dass jeder Ausnahmezustand eindi-
mensionales Denken prämiert. In der Not
blendet man Nebenwirkungen und Kos-
ten, die nicht unmittelbar dem rettenden
Ziel zuzuordnen sind, erst mal aus. Doch
selbst dieser generelle Einwand muss un-
ter dem pandemischen Handlungsdruck
zurücktreten, solange der täglich neu
gewichtete Prima-facie-Beweis seine Über-
zeugungskraft behauptet. Dass der Zeit-
mangel, den das Virus erzeugt, keine defini-
tive Klärung zulässt, spricht nicht gegen,
sondern für den Anscheinsbeweis.

Seine unvermeidliche Unvollständigkeit
aber unterstellt zweierlei: erstens einen
demokratisch unerhörten Vorschuss von
Vertrauen in das durch die katastrophale
Krise leitende politische Personal, in seine
beratenden Experten und vor allem auch
in die Fairness und Selbstdisziplin der
Mitmenschen. Zweitens die permanente
Prüfung, ob jede der auferlegten Radikal-
maßnahmen im Rahmen des Überschau-
baren tatsächlich zur Rettung geeignet,
erforderlich und verhältnismäßig ist. Beim
zuletzt genannten Punkt, dieser elementa-
ren rechtlichen Trias für jeden Grund-
rechtseingriff, haben die entscheidenden
Behördenchefs noch viel nachzuholen.
Worauf aber stützt sich, um zum zuerst
genannten Punkt zurückzukommen, das
Ausnahmevertrauen, das jetzt nötig ist?
Warum sich auf Politiker in der Extrem-
situation verlassen, denen man in der
Normalsituation nicht allzu viel zugetraut
hat? Warum plötzlich mit solidarischem
Mitdenken und Mitwirken der anderen
Bürger rechnen, wo man sich gerade noch
in der Ellbogengesellschaft oder unter
puren Hedonisten wähnte?
Warum als alternativlos präsentierte
drakonische Regeln akzeptieren, wo man
doch stets die technokratische Entpolitisie-
rung beklagt hat? Warum der ohnehin
längst dominant gewordenen Exekutive
jetzt noch zusätzlichen Vorrang vor der
schwach und schwächer werdenden Legis-
lative einräumen?
Unverkennbar offenbart sich in diesem
Fragenhaufen, wie wild und unausgegoren
die Mischung aus Hoffnung und Unbeha-
gen ist, die mit der Akzeptanz der heiß
gestrickten Prima-facie-Beweisführung
einhergeht. Die demokratische Kunst,
auch im Ausnahmezustand die kollektive
Souveränität zu bewahren, scheint nur im
Zwiespalt zu gelingen. Man trägt die von
Politikern angeordneten Rettungsmetho-
de pauschal mit, solange die Begründun-
gen auf der Basis des fortschreitenden
Wissens, Halbwissens und Unwissens
plausibel und transparent bleiben: die
Paradoxie der demokratisierten Not.

Wenn wegen der Corona-Gefahr Konzerte,
Theateraufführungen und Lesungen abge-
sagt werden, muss man nicht komplett auf
Live-Events verzichten. Eine Auswahl.
Oscar-Preisträger Christoph Waltz hat
BeethovensFidelioam Theater an der
Wien neu inszeniert. An diesem Freitag ist
die Aufzeichnung der Neuproduktion um
19 Uhr auf der Klassikplattform http://www.myfi-
delio.at erstmals zu sehen, außerhalb Ös-
terreichs zeigt sie http://www.medici.tv, eben-
falls um 19 Uhr. Und wer ORF2 empfängt,
kann Fidelio um 22.30 Uhr im Fernsehen
verfolgen.
Das MagazinRolling Stoneveranstaltet
auf seinem Instagram-Kanal Wohnzim-
mer-Konzerte. Unter dem Label „In my
room“ treten Künstler wie Brian Wilson
von denBeach Boysauf, jeden Mittwoch
um 20 Uhr. Beim sogenannten„#Wirblei-
benzuhause-Festival“ wollen sieben
Künstler, darunter Max Giesinger, Johan-
nes Oerding, Lea und Michael Schulte am
Sonntagabend ab 18 Uhr jeweils eine halbe
Stunde von zu Hause aus spielen. Die Gigs
sollen auf den jeweiligen Instagram-Kanä-
len der Künstler gestreamt werden.
Überhaupt geben viele Musiker auf
Instagram private Konzerte, darunter
Chris Martin, John Legend, Keith Urban
oder Gianna Nannini.
Die AutorenBenjamin MaackundJas-
min Schreiberhaben für Freitag, 20.
März, eine Online-Lesung ihrer Romane
angekündigt. Sie findet um 20 Uhr auf
twitch.tv/lavievagabonde statt.
Igor Levitspielt immer noch täglich um
19 Uhr auf Twitter ein Klavierkonzert. sz

DEFGH Nr. 67, Freitag, 20. März 2020 11


Das heftige Ausbremsen
der Gesellschaft
reißt uns alle hin und her

Stillgelegte Gesellschaft: Die Schneiders-
frau auf dem Kölner Heinzelmännchen-
brunnen. FOTO: ACTION PRESS

Leeres Draußen und ein Innen, das alles sein muss: Edward Hoppers Gemälde „Nighthawks“, 1942. FOTO: THE ART INSTITUTE OF CHICAGO, FRIENDS OF AMERICAN ART COLLECTION/BRIDGEMANIMAGES

Kulturveranstaltungen


im Netz


In welche Grundrechte darf


man bei kollektiven


Heimsuchungen eingreifen?


Noch immer verdienen Frauen für die glei-
che Arbeit weniger Geld als Männer. In ih-
rem gerade erschienenen Buch „Über Geld
spricht man – Der schnelle Weg zur Gleich-
stellung“ schlägt die Unternehmensberate-
rin Henrike von Platen einen überaus
direkten Weg zur fairen Bezahlung vor:

„Ein Entgeltsystem, das erst gar keinen
Raum lässt für Diskriminierung und die
Wirkmacht der Klischees und alten Rollen-
bilder, schafft eine stabile Basis für Verände-
rungen. Eine Bewertungsmatrix und ein
klar strukturiertes Entgeltsystem helfen je-
dem Unternehmen, die Beschäftigten diskri-
minierungsfrei zu bezahlen. Wiedie Entgelt-
transparenz im Einzelfall gestaltet wird,
bleibt jedem Unternehmen selbst überlas-
sen: Sämtliche Gehaltszettel in der Kantine
auszuhängen, die Gehaltsbänder im Inter-
net öffentlich auszuweisen oder allen Be-
schäftigten einen Einheitslohn zu zahlen,
sind nur drei von sehr vielen Möglichkeiten,
für Transparenz zu sorgen.“ sz

ÜBERLEBENSKUNST


Schön ist


es trotzdem


Warum so viele Menschen Werke
von Edward Hopper anschauen

Demokratie in Not


Das Grundgesetz kennt keinen Ausnahmezustand,


in Wirklichkeit aber haben wir jetzt einen.


Wie aber lässt sich das künstliche soziale Koma,


in das man das Land versetzt hat, demokratisch begründen?


In der Pandemie zeigt sich:
Jede Notlage prämiert
eindimensionales Denken

Es braucht einen unerhörten
Vorschuss von Vertrauen
in das politische Personal

FEUILLETON


GEHÖRT, GELESEN,
ZITIERT

Kantinenlösung


Welches Buch bietet Trost, welcher Film
beruhigt die Nerven, welches Kunstwerk
weitet den Blick? Empfehlungen
des Feuilletons für beispiellose Zeiten.
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