Süddeutsche Zeitung - 20.03.2020

(nextflipdebug5) #1
von klaus ott

D


er erste Strafprozess um Deutsch-
lands größten Steuerskandal mit
Namen Cum-Ex ist diese Woche
im Schnelldurchgang beendet worden,
und das war genau richtig so. Gerade in
Corona-Zeiten ist es wichtiger denn je,
dass die Justiz deutlich macht: Wer
glaubt, er könne trickreich und verschla-
gen in die Staatskasse greifen, der ist
kein Finanzgenie. Sondern ein Kriminel-
ler. Und er gehört eigentlich ins Gefäng-
nis. Eigentlich, weil das Landgericht
Bonn die beiden ersten Cum-Ex-Ange-
klagten laufen lässt. Sie wurden zu Haft-
strafen auf Bewährung verurteilt.
Auch das ist richtig so. Die beiden briti-
schen Geschäftsleute, die sich mit dubio-
sen Cum-Ex-Aktiendeals am Fiskus be-
reichert hatten, haben ausgepackt. Ha-
ben reinen Tisch gemacht und so gehol-
fen, viele Sauereien aufzudecken. Auch
das ist ein wichtiges Signal: Es lohnt sich,
umzukehren. Auch wenn das in der Regel
nicht freiwillig geschieht, sondern unter
dem Druck von Ermittlern, die hartnä-
ckig aufklären. Bei den meisten anderen
der insgesamt deutlich mehr als 500 Be-
schuldigten in diesem Steuerskandal ist
kein Pardon angebracht. Für viele von ih-
nen wäre Gefängnis die richtige Antwort
des Rechtsstaats auf das, was sie getan ha-
ben. Vielleicht nicht gerade jetzt, da das
Coronavirus auch für Haftanstalten ein
riesiges Problem darstellt. Aber dann
eben später.


Die vielen Banker, Börsenhändler und
auch die Anwälte, die bei Cum-Ex mitge-
macht haben, hielten sich für besonders
schlau. Sie haben Kontroll-Lücken ge-
nutzt, um sich beim Handel von Aktien
mit (Cum) und ohne (Ex) Dividende eine
nur einmal gezahlte Steuer mehrmals er-
statten zu lassen. Die Finanzbehörden
sind dabei bewusst und trickreich ge-
täuscht worden. Der Schaden allein für
den deutschen Fiskus dürfte mehr als
zehn Milliarden Euro betragen. Dass die
Bundesregierung etliche Jahre brauchte,
um dem einen Riegel vorzuschieben, ist
keine Entschuldigung.
Verurteilt worden sind die beiden
britischen Börsenhändler wegen Steuer-
hinterziehung in besonders schweren Fäl-
len beziehungsweise Beihilfe hierzu. Bei
künftigen Anklagen wäre zu überlegen,
ob noch ein weiterer Vorwurf hinzu-
kommt: Bildung einer kriminellen Ver-
einigung. Der betreffende Paragraf 129
des Strafgesetzbuches wirkt wie geschaf-
fen für die „Cum-Ex-Industrie“, wie diese
Form des Steuerdiebstahls bei Gericht be-
schrieben wurde. Der einzige Sinn und
Zweck der Geschäfte war es, den Fiskus
zu betrügen. Höhere Freiheitsstrafen
müsste ein zusätzliches Delikt nicht un-
bedingt nach sich ziehen, da bereits die
Steuerhinterziehung in besonders schwe-
ren Fällen mit bis zu zehn Jahren Gefäng-
nis geahndet werden kann.
Aber auch das wäre ein Signal. Was Tei-
le der Finanzindustrie getan haben, ist
keine gewöhnliche Kriminalität. Sondern
ein besonders schweres Vergehen. Fast al-
le Großbanken haben mitgemacht und
auch manche mittelständische Banken.
Sei es als Drahtzieher oder als Helfer. Das
Bonner Urteil hilft den Finanzbehörden,
die gestohlenen Milliarden zurückzuho-
len. Das Landgericht will durchsetzen,
dass die Hamburger Privatbank Warburg
176 Millionen Euro an den Fiskus über-
weist. Warburg wird sich wohl beim Bun-
desgerichtshof dagegen wehren, was das
gute Recht der Privatbank ist. Es könnte
also noch Jahre dauern, bis im Detail ge-
klärt ist, wen welche Schuld trifft, und bis
der Schaden beglichen ist.
Es sei denn, die an diesen Deals betei-
ligten Banken von Frankfurt und Ham-
burg über London, Paris und New York
bis nach Australien würden aufhören,
sich darüber zu streiten, wer nun was
dem Staat erstatten muss. Sondern sich
in dieser schweren Zeit zusammensetzen
und vernünftig regeln, wer was an Rück-
zahlungen übernimmt. Und das in allen
Staaten, in denen solche Deals zu Lasten
der Gemeinschaft gelaufen sind. Jeder
Staat braucht in dieser schweren Zeit jede
Milliarde, um die Folgen von Corona
auch nur halbwegs abzufedern. Wer bei
Cum-Ex mitgemacht hat und jetzt nicht
bereit ist, jede Chance zur Wiedergutma-
chung vernünftig auszuloten und wahrzu-
nehmen, der vergeht sich ein zweites Mal
an der Gesellschaft.


von h. martin-jung, m. hägler,
h. freiberger, j. hadasch,
m. kläsgen, c. kunkel, k. kutsche
und s. mayr

München – Vor wenigen Tagen haben
Christine und Timo Raab noch Bilder von
der Baustelle verschickt, auf der gerade ihr
Haus entsteht. Ein Holzhaus, die Außen-
wände stehen schon. Ein Foto- und ein Yo-
gastudio sollen hier Platz finden. Dafür lau-
fen Kredite. Die als Solo-Selbständige zu
bekommen, war nicht einfach. Und jetzt:
das Coronavirus. Das Fotostudio ist ge-
schlossen, Yoga-Kurse gibt es vorerst nur
online. „Wir haben noch ein bisschen Geld
zurückgelegt, aber das ist eigentlich für
den Hausbau gedacht,“ sagt Timo Raab.
So wie dem Paar aus Bayern geht es zur-
zeit vielen. Große Unternehmen müssen ih-
re Erwartungen zurückschrauben, Kurzar-
beit anmelden – doch sie werden die Krise
mit hoher Wahrscheinlichkeit überstehen.
Aber Kleinbetriebe trifft es mit voller
Wucht, wenn das öffentliche Leben nahezu
zum Erliegen kommt. Wenn sie keine Auf-
träge mehr bekommen oder ihr Geschäft
schließen müssen. Sie brauchen dringend
Soforthilfen, wie von der Bundesregierung
und einigen Ländern angekündigt. In Bay-
ern etwa hat bereits jetzt ein Drittel aller
Kleinbetriebe Liquiditätsprobleme, wie
der dortige Gewerbeverband klagt.
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Ai-
wanger (Freie Wähler) bemüht sich und
drückt aufs Tempo: „Die ersten Betroffe-
nen werden schon am Freitag das Geld auf
ihren Konten haben“, verspricht er. Viele
werden aber wohl länger auf Hilfe warten
müssen: Die „Regulatorik“ der Banken sei
dabei ein Problem genauso wie die Fähig-
keit der Förderbanken, die schiere Zahl
von Anträgen abzuarbeiten, sagt Burkhard
Jung, Geschäftsführer der Unternehmens-
beratung Restrukturierungspartner. Ein
praktisches Problem, das Deutschland
noch längere Zeit begleiten werde.
Auch Häuslebauer Raab ist das Procede-
re noch nicht klar. Sein Steuerberater hat
sich gemeldet wegen möglicher Stundun-
gen. „Doch wie ich das Geld beantrage, ob
und wie es zurückzahlen muss, das weiß
ich nicht.“ Noch einen Kredit können sie
sich nicht leisten, und für Soforthilfen
müssten wohl erst die Rücklagen für den
Hausbau verwendet werden. Denn in den
Bestimmungen dazu heißt es: „Vor Inan-
spruchnahme der Soforthilfe ist verfügba-
res liquides Privatvermögen einzusetzen.“
Immerhin gibt es in Bayern Angebote
und Informationen. In Baden-Württem-
berg verschickte das Wirtschaftsministeri-
um am Donnerstag eine Pressemitteilung,
in der es ein Soforthilfeprogramm ankün-
digte. Die Mail wurde Minuten später zu-
rückgerufen. Später sagte Ministerpräsi-
dent Winfried Kretschmann: „In wenigen
Tagen werde die betroffenen Kleinstunter-
nehmen die Hilfe beantragen können, die
sie benötigen, wir lassen sie nicht im Stich.“

Aber wird das noch rechtzeitig sein? Lu-
cas Flöther, einer der bekanntesten Insol-
venzverwalter Deutschlands, fürchtet, es
könnten unzählige Kleinstunternehmen
in die Pleite rutschen. „Damit die Zehntau-
sende kleineren Gastronomie- und Hotel-
betriebe, Einzelhändler oder Freizeitanbie-
ter die Chance haben, die Krise zu überle-
ben, müssen sie ihren Geschäftsbetrieb in
den Winterschlaf überführen. Dadurch
senken sie ihre laufenden Kosten“, rät er.
Die im Hilfspaket der Bundesregierung
vorgesehenen Liquiditätshilfen seien für
die Mehrzahl der kleineren Unternehmen
keine Option. Viele dieser Firmen wären
nach Einschätzung Flöthers nach dem En-
de der Krise mit den damit verbundenen
Rückzahlungsverpflichtungen völlig über-
fordert. Flöther empfiehlt daher, die Unter-
nehmen unter einen Schutzschirm zu stel-
len, der sie vor den Forderungen ihrer Gläu-
biger schützt und von Lohnkosten befreit.

Die Arbeitnehmer erhielten dann für drei
Monate Insolvenzgeld.
Insolvenzgeld, Rückzahlungsverpflich-
tungen, Liquiditätshilfen – Selami Bilgin
spricht eigentlich gut Deutsch. Aber mit bü-
rokratischen Begriffen wie diesen kann er
nichts anfangen. Sein Kebap-Restaurant
Öz Antalya in Hannover hat er auf Liefer-
dienst umgestellt. Aber: „Wir haben noch
nicht eine Bestellung bekommen“, sagt Bil-
gin. „Natürlich machen wir uns Sorgen.
Wenn es so weitergeht, ist der Laden tot.“
Seinen Steuerberater hat er schon kontak-
tiert, aber noch nichts gehört, von der
Bank ebenso wenig.
Ein Gastwirt aus Baden-Württemberg
hat andere Sorgen mit seiner Hausbank:
„Die Bank wollte mir einen Kredit andre-
hen für neun Prozent Zinsen“, sagt der
Wirt, der nicht mit Namen genannt werden
will. Beim Hotel- und Gaststättenverband
kennt man das Problem. „Wenn die Haus-
bank trotz verbesserter Sicherheiten nicht
mitzieht, bremst das Hausbankprinzip die
Wirksamkeit der Krisenhilfe massiv“, sagt
ein Sprecher. Nötig seien auch Beihilfen,
die nicht zurückbezahlt werden müssen.

Darauf hofft der Münchner Kneipier Flo-
rian Falterer. Die Frage, wie das mit KfW-
Krediten laufe, sei seit einer Woche unbe-
antwortet. Ähnlich geht es dem Leipziger
Martin Klindtworth. Anfang vergangener
Woche fing der selbständige Fotograf an,
sich um öffentliche Hilfsgelder zu küm-
mern. Er wandte sich an seine Hausbank,
die Postbank, die staatliche Förderbank
KfW, die Sächsische Aufbaubank. Bis heu-
te konnte man ihm nicht weiterhelfen.
Hoffnung macht dem Fotografen die Nach-
richt, dass der Bund nun 40 Milliarden Eu-
ro Soforthilfe für Solounternehmer bereit-
stellt. „Ich hoffe, dass das über die Förder-
banken der Länder schnell bei den Betroffe-
nen ankommt.“ Am Freitag will er sich wie-
der bei seinem Berater melden. „Mein Ge-
schäftskonto ist fast leer“, sagt er.
Wohin man auch blickt, überall ist die
Lage ähnlich. Günter Warth betreibt ein
Modegeschäft im schwäbischen Biberach.
„Die Lage ist besorgniserregend.“ Vor dem
Monatswechsel müsse klar sein, wie es mit
Kurzarbeitergeld läuft, Krankenversiche-
rungszuschuss oder Umsatzsteuer-Voraus-
zahlungen. „Wenn das zu lange dauert,
dann gute Nacht, Einzelhandel.“ Er kennt
viele Unternehmen, die auf eine Antwort ih-
rer Bank warten und nicht gut schlafen.
Malte Koch, Mitarbeiter in einem Fit-
nessstudio in Springe bei Hannover ver-
misst ebenfalls Informationen: „Zu der
Staatshilfe wird nichts großartig kommuni-
ziert. Wir haben nur eine Mail von der
Stadt Springe erhalten mit der Info, dass
die Wirtschaftsförderung der Region aktiv
bleibt.“ Hildegard Müller, Präsidentin des
Auto-Lobbyverbandes VDA fordert schnel-
le Hilfe vor allem für die kleinen Betriebe:
Nach der Bankenkrise seien die Regeln zur
Kreditvergabe verschärft worden. Das kön-
ne sich nun auch als kontraproduktiv er-
weisen. „Zum Beispiel dann, wenn einem
kleineren Unternehmen die Auszahlung ei-
nes dringend nötigen Kredites wegen um-
fassender Prüfungen erst zu Anfang Mai
avisiert wird.“
Gut geklappt hat – bislang – der Weg
zur Soforthilfe des Freistaats Bayern für
den Münchner Kneipenbetreiber Florian
Falterer. Nur zwei Seiten lang sei der An-
trag, zwei Dutzend einfacher Fragen, die
man dann an das Wirtschaftsreferat seines
zuständigen Bezirks schicken müsse. „An-
geblich wird es an diesem Freitag bereits
zackig ausgezahlt, das hoffe ich auch, in
ein, zwei Wochen bin ich sonst nicht mehr
liquide“, sagt der Kneipier. Kredite könn-
ten die Situation abpuffern. Sie seien aber
keine Langfristlösung, ebenso wenig wie
mögliche Steuerstundungen: „Wenn einer
an diesem Wochenende keine fünf Bier
trinkt, dann holt er das nicht nach im Okto-
ber und trinkt da dann 35.“

Rom/London–Beim Textilkonzern Mirog-
lio im norditalienischen Alba brauchte
man zwei Tage. Statt wie gewohnt Kleider-
kollektionen für namhafte Modelabel zu
schneidern, näht das Unternehmen nun
Schutzmasken für den Krisenstab der Regi-
on Piemont. „Wir handeln, wie das in
Kriegszeiten üblich ist“, sagt Fabrizio Sac-
co, der die Stoffdruckerei des Konzerns lei-
tet. Konkret heißt das: Man passt sich mit
dem, was vorhanden ist, der Herstellung
dringend benötigter Dinge an, sagt er. Sac-
cos Leute probierten Verfahren aus, um die
vorrätigen Baumwollstoffe für den Virus
undurchlässig zu machen. Es entstand ein
Prototyp, dessen Eignung vom Gesund-
heitsamt bestätigt wurde. Nach 48 Stun-
den ging die Produktion los. Nun, zwei Wo-
chen später, konnte die Firma dem Zivil-
schutz die ersten 600 000 Masken liefern.
Kostenlos.
Im Wettlauf mit der Zeit haben in Italien
viele Unternehmen ihre Produktion spon-
tan umgestellt. Der nationale Krisenstab
meldete am Mittwoch 475 Corona-Tote an
einem Tag, nicht einmal in China starben
innerhalb von 24 Stunden jemals so viele
Menschen. Beim Kampf um die Rettung
von Menschenleben fehlt es im heutigen
Epizentrum der Viruserkrankung an al-
lem. So haben sich die Einzelinitiativen in
Rekordzeit zu einer Welle der Unterneh-
mensumwandlungen ausgeweitet. Was in
China von oben angeordnet wurde, das voll-
zieht sich in Italien von unten.
„Jetzt zählt hier nur noch eines: Wir
müssen uns gegen den verfluchten Virus

wehren“, sagt Graziella Balbino, eine
Schneiderin bei der Firma Miroglio.
100 000 Masken pro Tag können dort gefer-
tigt werden mittlerweile.
Dem Vorreiter aus Alba sind inzwischen
viele Firmen gefolgt. In Mailand entstand
das Konsortium Polimask. In der am
schwersten betroffenen Region Lombar-
dei rund um Mailand benötigen allein die
Krankenhäuser fast 300 000 Masken am
Tag. Unter der Federführung der Techni-

schen Hochschule schlossen sich deshalb
zwölf Unternehmen zusammen. In den La-
boren des Politecnico wurden nun unter
Hochdruck neue Materialien getestet und
die Daten dann zur Produktion an das Poli-
mask-Projekt weitergegeben.
Nördlich von Mailand nahm die Firma
Coccato Mezzetti über die Nacht die Her-
stellung medizinischer Schutzkleidung
wieder auf, die man 2005 aus Kostengrün-
den nach China ausgelagert hatte. Im tos-

kanischen Prato sattelte Dreoni, ein Ein-
richter von Wohnmobilen , auf die Masken-
herstellung um. In Bozen rüstete Visualis
Group, ein Ausstatter von Messen und
Großveranstaltungen, auf die Einrichtung
der improvisierten Krankenhäuser um.
Der Pharmakonzern Menarini in Florenz
stellte die Produktionslinien von einem
Mittel gegen Gelenkschmerzen auf ein Des-
infektionsgel um. Auch anderswo wird im-
provisiert: Der französische Konzern
LVMH lässt statt Parfums der Marken Lou-
is Vuitton oder Dior nun Desinfektionsmit-
teln herstellen. Nicht anders Gin-Herstel-
ler in Großbritannien und der französische
Spirituosenhersteller Pernod Ricard. Der
deutsche Beiersdorf-Konzern will sofort
damit beginnen, 500 Millionen Tonnen
Desinfektionsmittel zu produzieren.

Nichts wird im Kampf gegen den die
Lungenkrankheit so verzweifelt gesucht
wie Beatmungsgeräte für Schwerkranke.
Bei Siare Engineering, dem einzigen italie-
nischen Hersteller solcher Maschinen, ver-
sucht man gerade, die Produktion von 160
auf 2000 Apparate im Monat hochzufah-
ren. Die Mitarbeiter schrauben sich bis zu
15 Stunden am Tag die Finger wund. Nun
rückten 25 Waffenexperten der Streitkräf-
te an, um die Belegschaft im Rennen gegen
die Zeit zu verstärken.

So wie Italien mit seiner radikalen Stra-
tegie zur Bekämpfung der Epidemie eine
Blaupause für die Regierungen in ganz Eu-
ropa geliefert hat, so macht nun auch die
Reaktion der italienischen Unternehmen
Schule. Sogar in Großbritannien, wo Premi-
er Boris Johnson zunächst äußerst zaghaft
auf die Ausbreitung des Coronavirus re-
agiert hat. Eines hat die Regierung in Lon-
don sofort getan: Sie appellierte an Unter-
nehmen, drohende Engpässe bei Beat-
mungsgeräten auszugleichen. Nun gibt es
ein Konsortium von Luft- und Raumfahrt-
konzernen sowie Autoherstellern, die ei-
nen Prototypen für Beatmungsgeräte ent-
wickeln wollen.
5000 Stück sollen so schnell wie mög-
lich produziert werden. Das Ziel liegt zu-
nächst bei 30 000 Geräten. An der Initiati-
ve der Regierung sind federführend der
Flugtechnik-Experte Meggitt sowie die Au-
tofirmen Nissan und McLaren beteiligt. Ko-
ordiniert wird die Aktion von einem For-
schungsinstitut im englischen Solihull. So
soll Meggitt seine Expertise in der Herstel-
lung von Sauerstoffsystemen für Flugzeu-
ge einbringen. Von McLaren kommt das
Know-how in Sachen Design und die UK-
Dependance des japanischen Nissan-Kon-
zerns soll sich auf Fertigungsprozesse kon-
zentrieren. Auch Airbus macht mit und soll
sein Wissen im Bereich des 3D-Drucks klei-
ner Komponenten zur Verfügung stellen.
In Irland gibt es derweil eine Initiative von
Start-ups, die versuchen, Beatmungsgerä-
te mit Hilfe von 3D-Druckern herzustellen.
alexander mühlauer, ulrike sauer

Ernte ohne Helfer


Der Spargel ist reif, Felder müssen


bestellt werden – doch es fehlen


Arbeitskräfte aus Osteuropa 17


Reden wir über Geld


Autor Ernst-Wilhelm Händler spricht


über den Schmerz, das Familien-


unternehmen aufzugeben 18


Aktien, Devisen und Rohstoffe 19,


 http://www.sz.de/wirtschaft


DEFGH Nr. 67, Freitag, 20. März 2020 HF2 15


Positive Botschaften in schwierigen Zeiten (von oben): Die Kaffeerösterei
Hoppenworth & Ploch in der neuen Frankfurter Altstadt bedient aus dem Fenster, weil
der Laden geschlossen bleiben muss. „Zusammenhalten und daheim bleiben“ steht übersetzt
auf dem Schild vor einem Kaufhaus in Wasserburg am Inn, „Alles wird gut!“
auf dem Asphalt vor einer Boutique in Frankfurt.FOTO: ARNE DEDERT/DPA (2), JÖRG BUSCHMANN

Kreativ wie in Kriegszeiten


Italien ist das Vorbild: Firmen in ganz Europa stellen ihre Fabriken um und versuchen, Atemmasken oder Beatmungsgeräte herzustellen


STEUERDIEBSTAHL

Kriminelle


Vereinigung


Klein und allein


Die gesamte Wirtschaft ächzt unter den Folgen der Pandemie, doch
besonders hart trifft es Kleinbetriebe. Gerade sie brauchen dringend
Soforthilfen. Handelt der Staat jetzt nicht unbürokratisch, droht vielen die Pleite

160 statt 2000 Apparaten:
Das Militär kommt den
Medizintechnikern zu Hilfe

„Wenn das zu lange
dauert, dann
gute Nacht, Einzelhandel.“

„Wenn es so weitergeht“,
sagt der Döner-Verkäufer,
„ist der Laden tot.“

HEUTE


WIRTSCHAFT


Schutzmasken statt Klamotten: Auch der italienische Textilkonzern Miroglio wech-
selte seine Produktion. FOTO: MARCO BERTORELLO / AFP

Die an Cum-Ex beteiligten


Banken sollten den Schaden


jetzt rasch begleichen

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