Süddeutsche Zeitung - 20.03.2020

(nextflipdebug5) #1
interview: felix stephan
und hannah wilhelm

D


er Autor und Unternehmer Ernst-
Wilhelm Händler macht in seinem
neuen Roman „Das Geld spricht“
das Geld selbst zum Erzähler. Es ist be-
droht von Macht- und Bedeutungsverlust,
wehrt sich, schimpft, versucht zu manipu-
lieren, zu beeindrucken. Anders als viele
andere deutsche Schriftsteller meidet
Händler das Thema Geld nicht. Im Gegen-
teil, er sucht es sogar. Regelmäßig. Zeit für
ein Gespräch.


SZ: Ernst-Wilhelm Händler, reden wir
über Geld. Sie scheinen das gerne zu tun,
anders als Ihre Kollegen. Wie kommt’s?
Ernst-Wilhelm Händler: Das Geld ist in der
deutschsprachigen Literatur verloren ge-
gangen. Die „Buddenbrooks“ sind ein rei-
ner Wirtschaftsroman, an jedem Punkt
der Handlung wird der Leser über das Kapi-
talkonto der Firma informiert. In Balzacs
Roman „Das Bankhaus Nucingen“ ist das
Bankwesen der Zeit beschrieben. Heute
kommt das Thema Geld vor allem bei Mini-
jobbern vor oder bei Leuten, die schwarzge-
fahren sind. Nichts gegen meine Schrift-
stellerkollegen und -kolleginnen, aber da
fehlt eine ganze Welt. Mir fällt noch Jane
Austen ein. Sie nennt systematisch zu je-
der vorkommenden Figur entweder das
Vermögen oder die Einkünfte. Es gibt kei-
ne Figur, die nicht situiert ist.
Wie ist es dazu gekommen?
Nach der Nazi-Zeit war alles Konservative
völlig diskreditiert. Die einzig vertretbare
moralische Position unter Schriftstellern
und Schriftstellerinnen war radikal links.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Das hatte
seine Berechtigung, nach allem, was die Na-
zis verbrochen haben. In diesem Zusam-
menhang: Es ist scheußlich und unent-
schuldbar, etwas an Carl Schmitt zu fin-
den. Die Leute sollten gleich in die AfD ein-
treten. Der frühe Enzensberger hatte den
marxistischen Slang derart drauf, man hät-
te nicht geglaubt, dass er auch Gedichte
schreiben kann. Bei den ganz jungen Auto-
ren ist das ökonomische Verständnis we-
sentlich besser geworden. Der vorletzte Ro-
man von Nora Bossong zum Beispiel war
ein in dieser Hinsicht herausragendes
Buch. Ich möchte auch auf die Romane von
Thomas von Steinaecker und von Philipp
Schönthaler hinweisen.


Sie sagen, in der Welt des Geldes, im Ma-
nagement, gibt es keine Sprache. Trotz-
dem spielt Ihr Buch in diesem Milieu.
Das ist einer der Gründe! Denn ich finde,
die Welt des Geldes hat etwas Besseres ver-
dient. Die Dialoge in meinem Buch sind
nicht realistisch. Sie können über Finance
keine realistischen Dialoge schreiben. Da
wird nichts geredet, da werden nur Skripte
umgesetzt oder irrelevanter Unsinn abge-
spult.
Gleichzeitig wehrt sich das Geld in Ihrem
Buch gegen den Vorwurf, dem Menschen
die Seele geraubt zu haben. Es behauptet
im Gegenteil, es habe der Seele überhaupt
erst eine Gestalt gegeben.
Weil zur Seele des Menschen eben auch
das abstrakte Denken gehört. Geld hat Din-
ge vergleichbar gemacht, die vor seiner Er-
findung in der Gesellschaft nicht vergleich-
bar waren, und Geld hat Freiheit gebracht.
Wenn Sie Georg Simmel lesen, die „Philoso-
phie des Geldes“: In der Naturalwirtschaft
waren die Leute an Grund und Boden ge-
bunden und mussten so und so viel Schef-
fel von X abliefern. Das Geld hat eine unge-
heure Freiheit ermöglicht, denn die Men-
schen konnten Waren und Arbeit gegen
Geld eintauschen, über das sie dann frei
verfügen konnten.


Leben Sie vom Schreiben?
Um Gottes willen! Nein! Das ginge nicht.
Ich habe auch drei Kinder. Die sind zwar al-
le erwachsen, aber trotzdem.
Also, wovon leben Sie?
Von der Literatur können Sie nur leben,
wenn Sie Bestsellerautor sind. In Deutsch-
land Walser, Enzensberger, Kehlmann, Ju-
li Zeh. Wir reden jetzt von den Ernsthaften,
nicht von Sebastian Fitzek. Ich bin in sehr
kleinem Ausmaß Unternehmer, ich mache
Immobiliengeschäfte. Früher bestand
mein Leben zu zwei Dritteln aus Geschäft
und zu einem Drittel aus Schreiben, heute
ist es andersrum. Ich komme aus einer Fa-
milienfirma.
Aus was für einer?
Wir hatten eine Riesenfirma in Gleiwitz
und haben im Krieg alles verloren, wirk-
lich restlos. Eine Firma mit ein paar Tau-
send Leuten, Stahlbau und Metallverarbei-


tung. Uns gehörten in Gleiwitz ganze Stra-
ßenzüge. Mein Vater hat für die Russen
noch die Maschinen demontiert, dann
aber einen Tipp bekommen, dass er er-
schossen werden sollte, wenn alle Maschi-
nen abtransportiert sein würden. Darauf-
hin ist er auf einem Kohlewaggon geflohen
und hat zunächst in der DDR neu angefan-
gen, bei Gera. Binnen kürzester Zeit hat er
wieder 300 Leute beschäftigt. Zwar war die
DDR ein kommunistischer Staat, aber am
Anfang gab es noch etliche private Firmen.
Als die dann verstaatlicht wurden, ist mein
Vater in den Westen gegangen und hat
noch einmal mit einem Unternehmen für
Blechverarbeitung von vorne angefangen.
In Regensburg. Er hatte viele Beziehungen
zu Nordrhein-Westfalen, aber da wäre er
chancenlos gewesen. Die Leute dort waren
reich, die Kohle- und Stahlindustrie blüh-
te, die Löhne waren hoch. Deshalb ist er
nach Bayern gegangen. Bayern war ein
Agrarland, in dem es Arbeitskräfte gab.
Dass Bayern dann auch noch so schön ist,
hat sich erst später herausgestellt.

Was wollten Sie werden?
Chef der Familienfirma und Privatdozent
für Philosophie. Das Problem war, dass
mein Vater Diplom-Ingenieur und meine
Mutter Diplom-Chemikerin war. Da waren
Philosophie und Literatur keine Werte an
sich, sondern nur Bildungsgut. Meine Mut-
ter konnte längere Passagen aus dem
„Faust“ auswendig, aber so was studierte
man nicht. Mein Vater wollte unbedingt,
dass ich Ingenieur werde, ich habe dann in
Stuttgart zwei Semester Maschinenbau

studiert. Mathematik und Physik waren
prima, aber Werkstoffkunde und Zeich-
nen: Katastrophe. Musil und Wittgenstein
konnten zeichnen, ich nicht. Als ich das ab-
gebrochen habe und nach München zu-
rückgegangen bin, um Wirtschaftswissen-
schaften und Philosophie bei Wolfgang
Stegmüller zu studieren, war mein Vater
sehr enttäuscht.
Sie sind ins Unternehmen eingestiegen.
Ich habe immer in der Familienfirma gear-
beitet. Ich war Vertriebsgeschäftsführer
und ständig unterwegs. Schon als Kind bin
ich mit meinem Vater viel gereist. Wir ha-
ben zum Beispiel regelmäßig zusammen
die Leipziger Messe besucht. Die wenigs-
ten wissen, wie es da zuging. Der Krimsekt
floss in Strömen. Natürlich nur für die
Kombinatsleiter und Politbüromitglieder.
Mein Vater war ein sparsamer Mensch, wir
haben nur gestaunt: Die Kommunisten
mit ihren protzigen Wolga-Limousinen
und Chauffeuren, Damen mit sehr eindeu-
tiger Funktion. Dagegen war Bayern doch
sehr katholisch.
WarIhr Vater nicht sauer auf den Kommu-
nismus und die DDR?
Nicht wegen der Firma, aber weil er seine
Heimat verloren hatte.
1986 haben Sie die Firma übernommen.
Mein Vater ist mit 77 gestorben. Als ich mei-
ne Verwandten ausbezahlt hatte, rief mich
erst mal die Sparkasse an und kündigte an,
dass sie die Löhne für die Mitarbeiter nicht
überweisen wird.
Welche Familie haben Sie ausgezahlt?
Mein Vater war der Unternehmer und hat-
te nur mich. Mein Onkel war Konstrukteur

und hatte fünf Kinder. Meine Großmutter
sagte immer, der Onkel muss beteiligt
sein, weil er die Kinder zu ernähren hat.
Nach dem Tod meines Vaters stand ich da,
mir gehörte die Hälfte, und ich musste die
anderen auszahlen. Das war wie eine Neu-
gründung. Es war mühsam, den Sparkas-
senvorstand von meinem Refinanzierungs-
konzept zu überzeugen. Ich hatte unvor-
stellbar hohe Schulden. Wäre das schiefge-
gangen, ich hätte auswandern müssen.
Ihnen war das Unternehmen aber so wich-
tig, dass sie das trotzdem wollten?
Nicht trotzdem. Ich wollte es.
Sie haben Firmenteile verkauft und sind
neu gestartet.
In Cham in der Oberpfalz. Das Büro war in
einer umgebauten Meisterbude. Ich hatte
ein fantastisches junges Team.
Waren Sie ein guter Chef?
Mein Vater hat in seinem ganzen Leben nie-
mandem gekündigt. Das musste ich dann
machen. Als Folge des technologischen
Wandels. Die computergesteuerten Stanz-
und Nibbelmaschinen der Firma Trumpf ha-
ben jede Menge menschliche Arbeitskraft
ersetzt. Ich war gezwungen, Personal freizu-
setzen Es ging nicht anders. Wenn Sie Chef
sind, müssen Sie gewisse Dinge entschei-
den. Man kann nicht den Helden spielen
und die Stanzerei lassen, wie sie ist, und die
Konkurrenz hat die Trumpf-Maschinen.
Wann haben Sie richtig gut verdient?
Ende der Neunzigerjahre. Da hatte die Fir-
ma 250 Mitarbeiter, und der Umsatz be-
trug ziemlich genau 25 Millionen.
Wie schwer war es dann, Ihr Unterneh-
men verkaufen zu müssen?

Meine Firma war ein sehr kleiner Markt-
teilnehmer in einem Markt mit globalen
Playern. Ich habe eine für meine Verhältnis-
se sehr große Investition vorgenommen,
konnte jedoch dann die Kapazitäten nicht
auslasten. Die Firma hat nie rote Zahlen ge-
schrieben, aber es war absehbar, dass es so
keinen Sinn mehr ergibt. Ich habe schließ-
lich an einen der großen Player verkauft.
Es ist, wie es ist.
Sie vermissen es.
Ich würde meine Firma sofort zurückneh-
men. Ich habe sie nicht verkauft, um mehr
schreiben zu können, sondern weil ich
musste.
Warum haben Sie damals nicht neu ge-
gründet wie Ihr Vater?
Ich war sehr enttäuscht. Außerdem hatte
ich ein Wettbewerbsverbot für die Bran-
che. Darauf hatte der Käufer bestanden,
mit meinem Wissen hätte ich ja einfach ein
Konkurrenzunternehmen aufziehen kön-
nen. Ich habe mich dann mit Immobilien
beschäftigt.
Wann haben Sie Ihre Romane geschrie-
ben, wenn Sie dauernd gearbeitet haben?
Immer wenn es ging halt.
Sie haben viel gearbeitet in Ihrem Leben.
Ja, offensichtlich.
Man merkt, der Verkauf hat Ihnen zuge-
setzt.
Ich war sehr deprimiert. Ich hätte nicht ge-
dacht, dass es so läuft.
Haben Sie wenigstens richtig Geld für das
Unternehmen bekommen?
Davon konnte nicht die Rede sein. Aber ich
will mich nicht beschweren, die Verantwor-
tung trage ich. Niemand anderes.
Wie ist die Gesellschaft damit umgegan-
gen? Unternehmerisches Scheitern ist in
Deutschland ja nicht so akzeptiert.
Das stimmt, aber es hat mich nicht so ge-
troffen. Ich hatte einen privaten, einen lite-
rarischen, einen wissenschaftlichen Freun-
deskreis. Dadurch, dass ich schrieb, war
ich sowieso ein Außenseiter.

Wie schwierig war es, für Ihr erstes Buch
einen Verlag zu finden?
Ich habe sofort einen Verleger gefunden,
Franz Greno, aber der wurde insolvent, als
mein Buch zwar gedruckt, aber noch nicht
gebunden war. Das war 1989. Das Buch
war sogar für einen Preis nominiert, aber
es erschien nicht. Dann habe ich mich wirk-
lich überall beworben und nur Absagen be-
kommen. Einer schrieb besonders unver-
schämt, der wusste offensichtlich, dass ich
auch Unternehmer war. In der Absage kam
dreimal das Wort ROMANCIER in Groß-
buchstaben vor(lacht).
Geh doch zurück in dein Unternehmen.
Ja, genau. 1995 erschien dann mein nächs-
tes Buch als Debüt. Ich hatte über eine
Freundin Joachim Unseld kennengelernt,
der nach seinem Rauswurf durch den Va-
ter bei Suhrkamp mit der Frankfurter Ver-
lagsanstalt neu anfing.
Haben die Absagen Sie getroffen?
Nein. Ich habe mich damit getröstet, dass
Samuel Becketts Prosa 33-mal abgelehnt
worden ist. Die Literaturgeschichte ist voll
von Ablehnungen.
Welches ist Ihr erfolgreichstes Buch?
„Wenn wir sterben“, das war mit 15 000 Ex-
emplaren ein richtiger Bestseller. Insge-
samt gehen die Verkaufszahlen wie bei al-
len ernsthaften Büchern zurück. Damit
muss man leben.

Sie schildern in Ihren Büchern den Kapita-
lismus als sehr kalt und unmenschlich.
Gleichzeitig scheinen Sie das für sich
nicht als Problem zu sehen.
Da haben Sie vollkommen recht. Ich kann
damit umgehen. Wenn man mir eine Alter-
native zum Kapitalismus zeigt, die funktio-
niert, dann wäre ich dafür. Aber man fin-
det ja nichts.
Haben Sie keinen Ingrimm gegen das
Wirtschaftssystem, weil Sie mit Ihrem Un-
ternehmen gescheitert sind?
Nein. Das waren alles meine Entscheidun-
gen. Ich bin Risiken eingegangen, das ist
oft gutgegangen und in manchen Fällen
nicht. Das muss ich akzeptieren. Auf wen
sollte ich wütend sein? Man kann doch
nicht sagen, wenn man gewinnt, war man
es selbst, und wenn man verliert, waren es
die anderen.
Das machen doch viele.
Ich nicht. Mit Kritiken ist es doch auch so.
Wenn Kritiken schlecht sind, muss man
sich schon auch selbst fragen!
Wann gehen Sie in den Ruhestand?
Auf den Gedanken komme ich gar nicht.
Wenn jemand nur in den Ruhestand will,
hat er sein Leben falsch gelebt. Ich könnte
niemals eine Arbeit machen, von der ich
froh bin, wenn sie nicht mehr ist.

„Ich hatte unvorstellbar


hohe Schulden“


Der Autor Ernst-Wilhelm Händler über den Wert des Geldes und
den Schmerz, das Familienunternehmen aufgeben zu müssen

„Ich habe schließlich an
einen der großen Player verkauft.
Es ist, wie es ist.“

„Wenn Kritiken schlecht
sind, muss man sich schon
auch selbst fragen!“

München– Alle Unternehmen haben der-
zeit eines gemeinsam: Sie können nicht ab-
schätzen, wie es weitergeht. Viele reagie-
ren mit Einsparungen, andere erkennen
jetzt eine Chance. Ein Überblick.

Tui Deutschland:Die Beschäftigten des
Reiseveranstalters sollen für ein halbes
Jahr in Kurzarbeit gehen. Die Regelung gel-
te für die Zeit vom 1. April bis zum 30. Sep-
tember, hieß es von Konzernbetriebsrats-
chef Frank Jakobi. Tui reagiert mit einem
Sparkurs auf die wegbrechende Nachfrage
nach Urlaubsreisen, einige Investitionen
und Ausgaben sind gestrichen.

Metro:Der Handelskonzern profitiert da-
von, dass viele Menschen ihr Kaufverhal-
ten verändert haben. „Unsere Umsätze lie-
gen in Deutschland und international da-
her derzeit über den Vorjahreswerten“, sag-
te Firmenchef Olaf Koch. Freiberufler und
Gewerbetreibende, die nichts mit der Gas-
tronomie zu tun hätten, würden die Metro-
Märkte verstärkt als Einkaufsalternative
nutzen. Allerdings kauften Gastronomie-
kunden bereits weniger ein.

Osram:Der Münchner Lichtkonzern hat
seine Umsatz- und Gewinnprognosen für
das laufende Geschäftsjahr zurückgezo-
gen. Osram macht mit der Autoindustrie
mehr als 50 Prozent seines Umsatzes, de-
ren Produktion steht derzeit aber still.
Man ziehe „konkret in Betracht, Kurzar-
beit an besonders betroffenen Standorten
anzuordnen sowie eigene Produktionsstät-
ten vorübergehend zu schließen“.

Schaeffler:Der Auto- und Industriezulie-
ferer fährt Teile seiner Fertigung herunter.
Instrumente seien Schließtage, Gleitzeit-
konten, Betriebsferien und Kurzarbeit.

MAN: Der Lkw-Hersteller hatte bereits für
deutsche Standorte Kurzarbeit angekün-
digt, nun schließt er seine Produktion im
Münchner Stammwerk. In anderen Wer-
ken im In- und Ausland wird die Produkti-
on zumindest heruntergefahren.

Michelin:Der französische Reifenherstel-
ler streicht ebenfalls seine Jahresprognose
und schließt einen Teil seiner Werke – un-
ter anderem in Frankreich, Spanien und
Italien.

Heidelberg Cement:Der Baustoffkonzern
wagt für 2020 keine Prognose mehr und re-
agiert mit Einsparungen. Derzeit sei nicht
abschätzbar, wie lange die Vorsorgemaß-
nahmen anhalten und welche Auswirkun-
gen auf die Bautätigkeit zu erwarten seien.
Der weltweit zweitgrößte Zementherstel-
ler musste drei Werke in der Lombardei
schließen, stoppt alle verzichtbaren Inves-
titionen, stellt keine neuen Mitarbeiter ein
und prüft Kurzarbeit.

Allianz:Der Versicherungskonzern will
die Hauptversammlung wie geplant am 6.
Mai in München abhalten und die Dividen-
de ausschütten. Ziel des Unternehmens sei
es, die Anzahl der Personen vor Ort signifi-
kant zu reduzieren, um die Veranstaltung
nicht absagen zu müssen. Das Unterneh-
men bittet Aktionäre, „die Möglichkeiten
der Fernabstimmung zu nutzen und die
Hauptversammlung über unseren Lives-
tream auf der Website zu verfolgen.“ Das
Aktiengesetz schreibe vor, dass die HV ei-
ne Präsenz-Veranstaltung ist.

Adidas: Der Sportartikelhersteller ver-
schiebt seine Hauptversammlung auf un-
bestimmte Zeit.

Siemens-Healthineers:Die Medizintech-
nik-Sparte von Siemens verzeichnet eine
steigende Nachfrage nach Computertomo-
graphen und Röntgengeräten. Dank der
Mitarbeiter sei es bisher gelungen, das Ge-
schäft insgesamt stabil zu halten. Mit Hilfe
von Computertomographen (CT) können
Patienten mit akuten oder drohendem Lun-
genversagen überwacht werden. Röntgen-
und Ultraschallgeräte würden unter ande-
rem zur Diagnose eingesetzt.

Deutsche Bahn:Die Chefin des Güterver-
kehrs, Sigrid Nikutta, wirbt dafür, Alltags-
und Arzneiprodukte mit dem Zug zu trans-
portieren: „Wir fahren problemlos über die
Grenzen und haben dort keine Stausituati-
on wie die Lastwagen vor der polnischen
Grenze.“ Im Güterverkehr würden Kapazi-
täten frei, weil die Industrieproduktion teil-
weise ausfalle. Wie sich die Corona-Krise
auf die Sparte auswirken werde, sei noch
unklar. Die Bahntochter DB Cargo hatte
schon vor der Pandemie deutliche Verluste
verzeichnet. reuters/dpa

Frankfurt/London– Christine Lagarde
hat sich lange geziert vor einem „Whatever
it takes“-Versprechen, wie es ihr Vorgän-
ger an der Spitze der Europäischen Zentral-
bank, Mario Draghi, dereinst abgegeben
hat. Doch jetzt gaben die Französin und ih-
re 24 EZB-Kollegen dem Druck der Finanz-
märkte nach. Die Notenbank hat am spä-
ten Mittwochabend in einer außerplanmä-
ßigen Ratssitzung beschlossen, aufgrund
der Corona-Krise zusätzlich 750 Milliar-
den Euro in den Anleihemarkt zu pumpen



  • bis Ende des Jahres. Das Gesamtvolu-
    men des seit 2015 laufenden Kaufpro-
    gramms würde damit auf sagenhafte
    3,7 Billionen Euro steigen.
    Lagarde schrieb gleich nach Mitter-
    nacht auf Twitter: „Unser Einsatz für den
    Euro ist grenzenlos. Außergewöhnliche Zei-
    ten verlangen nach außerordentlichen


Maßnahmen.“ Da war er plötzlich spürbar,
der Hauch eines „Draghi-Moments“.
Nun darf man es auch nicht übertreiben
mit dem Vergleich der beiden Krisenlagen.
Unter Draghi wütete eine Finanzkrise,
jetzt gibt es aufgrund der Pandemie eine
Wirtschaftskrise. Und Draghi musste sein
Versprechen niemals einlösen, es wirkte,
ohne dass die EZB je einen Euro in die
Hand nehmen musste. Das ist jetzt anders.
Europas Notenbank ist schon jetzt der
größte Gläubiger aller Euro-Staaten. Ihr
Anteil an den Schulden wird nun weiter
wachsen. Das gilt auch für den Bereich der
Unternehmensanleihen. Die EZB möchte
die Schuldscheine der Großkonzerne in
deutlich größerem Umfang aufkaufen, um
deren Zinslast weiter zu senken.
Auch die britische Notenbank reagierte
am Donnerstag erneut auf die Coronavirus-

Krise. In einer außerordentlichen Sitzung
senkte die Bank of England den Leitzins
um 0,15 Prozentpunkte auf 0,1 Prozent. Es
ist gerade mal eine Woche her, da hatte die
Notenbank den Zinssatz bereits deutlich re-
duziert. Sie kündigte zudem an, noch mehr
Staats- und Unternehmensanleihen kau-
fen zu wollen. Dazu will die Bank of Eng-
land insgesamt 200 Milliarden Pfund in
die Hand nehmen; das Gesamtvolumen
liegt nun bei 645 Milliarden Pfund.
An den Börsen kamen die Maßnahmen
der Notenbanken gut an, die Kurse legten
am Donnerstag zunächst zu, nachdem sie
in den vergangenen drei Wochen weltweit
30 bis 40 Prozent ihres Werts verloren hat-
ten. Überall koordinieren Notenbanken
und Regierungen Rettungsprogramme für
Firmen und Privathaushalte, damit diese fi-
nanziell sicher durch die nächsten Wochen

kommen. Ohne diese Hilfen würde eine
massive Pleitewelle drohen, gerade unter
kleinen und mittleren Betrieben, die kaum
Rücklagen haben.
Das so genannte Pandemic Emergency
Purchase Programme (Pepp) soll solange
laufen, bis der EZB-Rat die Coronavirus-
Krise für bewältigt hält. Die Entscheidung,
mehr zu tun, kam nach einer turbulenten
Ratssitzung vergangene Woche, in der sich
Lagarde ungeschickt ausgedrückt hatte.
Die EZB-Präsidentin hatte sich damals in
ihrer Antwort auf eine entsprechende Fra-
ge für nicht zuständig erklärt, die Zinsdiffe-
renzen zwischen Italien und anderen Euro-
Staaten zu glätten.
Doch genau diese Glättung versprach
Draghi damals in seiner „Whatever it
takes“-Rede. Lagarde musste direkt nach
der Pressekonferenz im Fernsehen die

Dinge klarstellen. Doch der Zweifel war ge-
sät. Die Kosten für Italien, an den Finanz-
märkten Staatsanleihen zu begeben, stie-
gen stärker als erwartet. Am Mittwoch
griff sogar die italienische Notenbank ein,
um die Kurse zu stützen. Mit dem 750-Mil-
liarden-Euro-Paket gibt es für die EZB
nun vorerst genug Mittel, um die Zinskos-
ten für alle Euro-Staaten auf niedrigem
Niveau zu halten. Mit einer Ausnahmere-
gelung ist nun auch der Ankauf von Staats-
schulden Griechenlands möglich. In der
EZB-Mitteilung hieß es, die Notenbank sei
entschlossen, die finanziellen Rahmenbe-
dingungen so zu gestalten, dass alle Berei-
che der Wirtschaft die Auswirkungen der
Coronavirus-Pandemie meistern könn-
ten: „Das gilt gleichermaßen für Familien,
Firmen, Banken und Regierungen.“
a. mühlauer, m. zydra  Seite 4

6 aus 49(18. März)
Lottozahlen:13 - 19 - 22 - 28 - 31 - 34
Superzahl: 5


  1. Rang (6 Treffer und Superzahl) unbesetzt
    5 389 273,40 Euro, 2. Rang (6 Treffer) 767 125,10 Eu-
    ro, 3. Rang (5 Treffer mit Superzahl) 8920,00 Euro,

  2. Rang (5 Treffer) 3374,40 Euro, 5. Rang (4 Treffer
    mit Superzahl) 170,00 Euro, 6. Rang (4 Treffer)
    43,30 Euro, 7. Rang (3 Treffer mit Superzahl) 18,
    Euro, 8. Rang (3 Treffer) 10,10 Euro, 9.Rang (2 Tref-
    fer mit Superzahl) 5,00 Euro.
    Spiel 77: 2052349
    Gewinnklasse 1 (Super 7): 1 477 777,000 Euro, Ge-
    winnklasse 2: 77 777,00 Euro, Gewinnklasse 3:
    7777,00 Euro, Gewinnklasse 4: 777,00 Euro, Gewinn-
    klasse 5: 77,00 Euro, Gewinnklasse 6: 17,00 Euro, Ge-
    winnklasse 7: 5,00 Euro.
    Super 6:0 0 1 0 9 0 (Ohne Gewähr)


FOTO: THOMAS DASHUBER/AGENTUR FOCUS/OH

„Unser Einsatz für den Euro ist grenzenlos“


Mit Notkäufen von Staats-und Unternehmensanleihen in Höhe von 750 Milliarden Euro will die EZB die ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie lindern
Mittwoch-Lotto

(^18) WIRTSCHAFT Freitag, 20. März 2020, Nr. 67 DEFGH
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wo es geht
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