Heimtraining
AuchinZeitenvonCoronagibtesunzähligeTippsundAngebote,sichgesundundfitzuhalten
VonElmar Schütze
D
ieCoronakrisesetzteine
ganzeStadt zu Hause
fest, gefühlt befindet
sich jeder Zweite im
Homeoffice oder in häuslicherIso-
lierung.Gleichzeitig ist dasWetter
schön frühlingshaft, perfekt für
Spaziergänge,Joggen, Radfahren.
Doch draußen droht man anderen
Menschen zu begegnen, und das
gilt es doch unbedingt zuvermei-
den.Wiealsohältmansichfitinder
Zeit des Shutdowns,ind er Sport-
hallen und Studios geschlossen
sind?
WolfgangKreischer,Vorsitzender
des LandesverbandesBerlin-Bran-
denburgdes Hausärzteverbandes,
hält trotz desAbstandsgebots viel
vonBewegungimFreien–dasgelte
auch für ältere, besonders gefähr-
dete Menschen. „Man kann doch
abends spazieren gehen, wenn
draußen nicht mehr so viele Leute
sind.AmbestenimWald,dabegeg-
net man nicht so vielen Leuten“,
sagt der Allgemeinmediziner,der
einePraxisin Zehlendorfbetreibt.
Dochauchfürdie,dieim Home-
office arbeiten oderwegen der An-
steckungsgefahr nur ungernvor die
Tür gehen, gibt es viele Möglichkei-
ten, in Bewe gung zu bleiben–dank
derDigitalisierungauchunterAnlei-
tung.SpeziellvonBerlinernfürBer-
lineristeinAngebotdesBasketball-
bundesligisten Alba.Dieser hat ein
Paket an Trainingsvideos insInter-
netgestellt(sieheKasten).Aufdem
Club-eigenenYoutube-Kanalgibtes
täglich wechselnde Übungen, zu-
sammengestellt vonJugendtrai-
nern. DerClubnennteseine„tägli-
cheSportstunde“.
Manwolle mit der Krise„positiv
undkreativumgehen“,sagtderfrü-
hereNationalspielerundjetzigeVi-
zepräsident des Clubs,Henning
Harnisch. „Deshalb machen wir
jetzt das,was Schulsportexperten
ohnehin seitJahren fordern: eine
tägliche Sportstunde,für Kinder
und Jugendliche aller Altersklas-
sen.“
Lob gibt’s dafür vonBildungsse-
natorinSandraScheeres .„Gerade
angesichts vonKita- und Schul-
schließung ist es wichtig, dassKin-
der undJugendliche ausreichend
Bewe gung bekommen, und ihnen
nicht dieDecke aufdenKopf fällt“,
sagtdieSPD-Politikerin.
Doch es gibt imInternet natür-
lichvorallemAngebotefürErwach-
sene.Die Studiokette McFit, mit
mehr als 1,7Millionen Mitgliedern
nach eigenerDarstellung „Europas
Nummer1“, erstattet nicht nur ih-
renKunden amEnde derenMit-
gliedschaft dieDauer der jetzigen
Schließung.DieKette hat auch das
TrainingsangebotihrerFitness-App
Cyberobics kostenlos gemacht. Ob
„Strong mit Chris“ oder„Sweat mit
Yvonne“ –ess tehe n100Trainings-
einheiten für Männer undFrauen,
egalobAnfängeroderFortgeschrit-
tene zur Verfügung. An anderer
Stelle wirdmit„40LiveClasses mit
Trainer“ geworben und ein„echtes
Kursfeeling“versprochen.
DasZusammengehörigkeitsge-
fühl steht auch bei der wachsenden
GemeindederCrossFit-Sportlerweit
vorne. DerFitness-Trend soll Kraft,
Mobilität,AusdauerundKonzentrati-
onsfähigkeitvereinen. In Berlin zur-
zeit 16 Studios,imC rossFit-Jargon
Boxen genannt.Eine davon istBlack
SheepinK reuzberg. DerenTrainer
haben Programme gefilmt, sodass
ihreMitglieder zuHause weiter an
sich arbeiten können. Außerdem
konnten Mitgliede rGeräte wieKettle-
bells,Medizinbälle,Kurzhantelnoder
SpringseilemitnachHausenehmen,
die sie nachEnde der Zwangsschlie-
ßungwiedermitbringensollen.
Dieerste Resonanz seisehr gut,
sagt Olaf Zorn vonBlack Sheep.
„Vie lesis trausgegangen“,vieleMit-
glieder schickten jetzt auchVideos
vonsichbeimTraining zurück.Ei-
nesist Zorn aber noch wichtiger:
„Wirlassenunsnichtunterkriegen,
auch nichtvondemVirus.“
Ganz am Ende hält Allgemein-
arzt Kreischer nochein paarebenso
allgemeineTipps pa rat, dienicht
nurinderKrisesinnvollsind:„Obst
undGemüs eschadetnie. Undviel-
leichtso lltenRaucherauchdarüber
nachdenken,dasRauchenaufzuge-
ben.“
So geht’sauch. Da alle Sportstudios geschlossen sind, verlagertsich dasTraining vielfach ins Netz. IMAGO
PatientNr.
Hage nS.a usPrenzlauerBerginfiziertesichmitdemCoronavirusunderkrankte.SeitzehnTagenisterinQuarantäne
VonFlorianThalmann
D
ie ganz eWelt redet über das
Coronavirus und die Erkran-
kungCovid-19,dieesauslöst.Über
Menschen, die es haben und in
Quarantäne sind. Über dieGefah-
ren, sich im öffentlichenRaum an-
zustecken.Wieaberfühltessichan,
infiziertzus ein und mit denSym-
ptomenderKrankheitzukämpfen?
DerBerliner Hagen S. (54) steckte
sich mit demVirusanu nd lebt seit
zehnTagenin Quarantäne.DerBer-
liner Zeitung erzählt er,wie es ihm
geht, wie sichCovid-19 anfühlt –
undwaserausderKriselernt.
In der Corona-Historie derStadt
hat Hagen S. eine eigeneNummer:
59.„Ichwarder59.Patient,derposi-
tivgetestetwurde“,sagterderBerli-
nerZeitung.„UndalsichvomTester-
gebnis erfuhr,war ich gar nicht so
überrascht.Dennichhattedamitge-
rechnet,dassmeineSymptomevom
Corona-Viruskommen.“
Am vorletztenWochenende be-
suchte S. ein Festival inBelgien.
Nach der Rückkehr stand er am
Montagauf,umzurArbeitzugehen.
„Plötzlich hatte ichGliederschmer-
zen–ich dachte erst, dass es die
Nachwirkungen desWochenendes
sind,dennichhatteinBelgienjage-
feiert“, sagt er.Dann bemerkte er,
dassseineTemperaturstieg.
„ImLaufe des Nachmittags
konnteichmichnichtmehrkonzen-
trieren, mir war übel und ich hatte
leichtenDurchfall.“ AufderWebsite
des Robert-Koch-Instituts infor-
mierte er sich über dieSymptome,
sie passten.Beim Hausarzt ließ er
sich testen, am nächstenTagkam
das Ergebnis.„Eine Schwester aus
derPraxisriefanundsagte,dassder
Test positiv war.Dann meldete sich
dasGesundheitsamtundvero rdnete
häuslicheQuarantäne.“
MentalesTiefin Quarantäne
Überrascht oder gar ängstlich sei er
nichtgewesen,sagter.„Ichleideseit
Jahren an einer Angststörung und
weißdaher ,wieichmitÄngstenum-
gehen muss.“Aber natürlich be-
kommemanauchmaleinenkleinen
Quarantäne-Koller.„Ichhatteinzwi-
schen auch ein mentalesTief. Da
fragtmansichdannschon,wieman
vonLeuten bekommen, bei denen
ich nie damit gerechnet hätte,dass
sie mir helfen–und andere, die ich
gut kenne,wollten nicht mal für
michindieApothekegehen,weilsie
Angsthatten,sichanzustecken.“Ge-
naudassiehtS.alsProblemineiner
Stadtwie Berlin.„NichtalleLeuteha-
ben ein Netzwer kaus Freunden.
UndApotheken haben keinen Lie-
ferdienst.Wassollendietun,dieMe-
dizin brauchen und niemanden ha-
ben,densieschickenkönnen?“
EristBerl ineinenSchrittvoraus
Zudem wollte er sich Lebensmittel
bringen lassen. „Aber auch das war
schwierig,denndieLieferantenwol-
len eineUnterschrift.Dasgeht in
meinemFall aber nicht.“Kompli-
ziertsei es gewesen, sich mit einem
AnbieteraufdieHaustürlieferungzu
einigen.InjedemFallwolleerinsei-
nemHauseinenZettelansschwarze
Brett hängen,wenn seineQuaran-
tänebeendetist.„Denngegenseitige
Hilfe ist wichtig.“UndimVergleich
zumRestder StadthatS.einenent-
scheidendenVorteil: Er ist uns allen
einenSchrittvoraus.
mitderKrankheitfertigwerdensoll,
fühlt sich allein.Aber es geht nicht
anders.Man muss schließlich die
anderenLeuteschützenundwillauf
keinenFalljemandengefährden.“
DieSymptomebeschreibtHagen
S. wie die einer normalenGrippe.
„Das Fieber ging schnell wieder
weg, der trockeneHusten wurde
langsamzumproduktivenHusten.“
IbuprofenundeinHustenlöserhät-
tengeholfen.„Dazukameindicker
Kopf. Ichfühlte michrichtig krank
undabgeschlagen.Aberauchnicht
so,dass ich nur imBett bleiben
musste.Ichhabe Hausarbeitenerle-
digt, bin auf meinerDachterrasse
spazieren gegangen.“ Diefrische
Luft und dieSonne hätten gut ge-
tan. „Außerdem achte ich darauf,
gut und viel zu schlafen–mir geht
es auch jedenTagein kleines biss-
chenbesser“,sagter.AufFacebook
schreibterinCorona-Gruppenüber
seinen Zustand –uma nderen die
Furchtzunehmen.
AusderErkrankunghabeerauch
einigesgelernt.„Mansagtjaimmer:
In Krisenzeiten merkt man,werdie
wahren Freundesind.IchhabeHilfe
B e rlin
12 * Berliner Zeitung·Nummer 68·Freitag, 20. März 2020 ·························································································································································································································································································
Anzeige
ALBAS TÄGLICHE SPORTSTUNDE
Idee:Der Basketballclub
Alba Berlin stellt künftig täg-
lich eine digitale Schul-
stunde ins Internet. Bis zu
45 Minuten lang können Kin-
der und Jugendliche nach
Anleitung Sportund Fitness
zu Hause machen.
Kanal:VonMontag bis Frei-
tag sendet Alba auf seinem
Youtube-Kanal ein Sport-
Programm für Kinder und Ju-
gendliche im Kitaalter um 9
Uhr,imGrundschulalter ab
10 Uhr und für das Ober-
schulalter ab 11 Uhr.
Tipps undAufgaben:Zum
Ende der Sendewoche gibt
es auf demYoutube-Kanal
jeden Freitag dann noch
Tipps undAufgaben, mit de-
nen die Kinder,aber auch
ihre Elternins Wochenende
geschicktwerden.
Elmar Schütze
vermisst sein wöchentliches
Volleyballtraining jetzt schon
Werschützt
die,dieuns
schützen?
Verwirrungum
SchutzmaskenbeiPolizei
VonPhilippe Debionne
I
mKampfgegenCoronastehendie
Männer undFrauen derBerliner
Polizeian vordersterFront.Undsind
damit einer erhöhten Ansteckungs-
gefahr ausgesetzt.Etwa 300 Beamte
wurdenbereitsunterQuarantänege-
stellt. DasProblem: DiePolizeifüh-
rung hat offenbar keine Übersicht
darüber,wie groß der behördenei-
geneBestandanSchutzmasken,Des-
infektionsmitteln undHandschuhen
ist. Stellt sich die Frage:Werden di e,
diedie Bevölkerungschützen,ausrei-
chendgeschützt?
In Ländernwie Spanie n, Italien
oder Frankrei ch sind Polizisten mit
Atemschutzmaskenmittlerweileein
alltäglichesBild.Zwaristumstritten,
wie viel Schutz eine solcheMaske,
die überMund undNase ge zogen
wird,tatsächlichbietet.Aberimpoli-
zeilichen Rahmenplan Pandemie
heißtes:„Influenzavirenwerdenvor-
wiegend durch Tröpfchen, mögli-
cherweiseauchalsAero sol,übertra-
gen. Deshalb erhält derAtemschu tz
einebesondereBedeutung.“
Auchdas Coronaviruswirddurch
Tröpfchen, also etwa überHusten,
Niesen oder Spucken übertragen.
Dennoch weiß die Polizeiführung
derzeit nicht, wie viele der Schutz-
maskenverfügbarsind.
„Wir erleben gerade sehr deut-
lich,dassunsVersäumnissederletz-
tenJahreundeinefehlendeeinheit-
licheOrganisationinnerhalbderBe-
hörde auf die Füße fallen“, erklärt
Benjamin Jendro, der Berliner Spre-
cher derGewerk schaft derPolizei.
Zwar se ibehördeninternkürzlich
mitgeteilt worden, „dass alle Kräfte
mit entsprechender und noch nicht
abgelaufenerSchutzausstattungver-
sorgt“ sind. Doch das stimmt laut
Jendrooffenbar nicht: „Uns ereilen
in diesenTagen zahlreicheMeldun-
gen,diedasGegenteildarstellen.“
Wiekommt dieserWiderspruch
zustande?Jendroweiter:„Fakt ist,
dass es gar keinevaliden Wertein-
nerhalbderPolizeigibt.“DerGrund:
DieVersorgungslagemitSchutzmas-
ken, Handschuhen undDesinfekti-
onsmittelnwirdbeide rPolizeinicht
zentral erfasst.Dasmuss sich drin-
gend ändern, sagt der FDP-Politiker
Marcel Luthe: „Logistik ist die
Grundlage jedes erfolgreichen
Kampfes, auch desKampfesgegen
Corona. Natürlich muss diePolizei-
spitzezentral erfassen, wowelches
Material vorhande nist und dafür
sorgen,dassSchutzmaterialoptimal
verfügbar bleibt.Wirbrauchen un-
serePolizeigesund.“
Eine Anfrage zu dem Thema an
diePolizeiselbstbliebzunächstun-
beantwortet.
BerlinerPolizisten ohne Mundschutz auf
Corona-Kontrolle. PUDWELL
Senatwegen
Spielplätzen
inderKritik
BerlinfolgtEmpfehlung
desBundesnicht
O
bdie Spielplätzegeschlossen
werdensollen,istinBerlinhoch-
umstritten.DerSenat hat das nicht
angeordnet–während Schulen und
Kitas wegen derCorona-Pandemie
genauso dicht sind wieBars,Clubs,
TurnhallenoderSchwimmbäder.Am
Donnerstag gab das Bezirksamt
Friedrichshain-Kreuzbergbekannt,
dass dieSpielplätzedortvorüberge-
hend geschlossenwerden. DieEnt-
scheidung sei aufEmpfehlung des
AmtsarztesimBezirkgefallenundzur
Eindämmung derCovid-19-Pande-
miewichtig.
„Mit derSperrung derSpielplätze
des Bezirks folgen wir derEmpfeh-
lung der Bundesregierung: Soziale
Kontaktesindsoweitwiemöglichzu
reduzieren“, heißt es in derMittei-
lung. „Die für Leib und Leben dro-
hendeGefahrdurchdasViruswurde
alsschwerwiegendereingeschätztals
einezeitlichbeschränkteSperrung.“
AmMittwochhattenbereitsmeh-
rere BezirkedieSchließungderSpiel-
plätzeangeordnet.Dasgiltfür Span-
dau, Marzahn-Hellersdorf,Steglitz-
Zehlendorf,Mitteund Reinickendorf.
Diese Bezirke setzen sich damitvon
der Senatslinie ab,die Plätzezu-
nächstoffenzuhalten.InPankowsol-
len die Spielplätzeoffen bleiben,
sagteeinSprecheram Mittwoch.
DerRegierendeBürgermeisterMi-
chaelMüller(SPD)erklärteamMitt-
woch, Menschen müssten in einer
Millionenstadt wieBerlin die Mög-
lichkeithaben,insFreiezugehen.Au-
ßerdemließensichnichtalleSpiel-
plätzeabriegeln.UndauchGesund-
heitssenatorinDilek Kalayci(SPD)
hattebeiderSenats-Pressekonferenz
amDienstagnochausdrücklichdafür
plädiert,Spielplätzeoffenzuhalten.
CDU-Fraktionschef Burkard
Dregger kritisierte diese Haltung
scharf:„EsisteinFehler,nichtent-
schiedenzuhandeln“,sagteeram
Donnerstag.UmdieInfektionskette
desViruszuunterbrechen, seies
wichtig, Menschenansammlungen
zuvermeiden–auchaufdemSpiel-
platz. (dpa)
Knöllchenjäger
sollenPause
machen
CDUundGdPwollen
gebührenfreiesParken
N
ach der Gewerk schaft derPoli-
zei(GdP)hatnunauchdieCDU
einAussetzenderParkraumüberwa-
chung bis zumSommer gefordert.
Mitarbeiter des Ordnungsamtes
müssten unter anderem für die
ÜberwachungvonGaststätten und
Spielplatzverboten eingesetztwer-
den und diePolizei entlasten, er-
klärte derverk ehrspolitischeSpre-
cher Oliver Friederici amMittwoch.
Zudem sollten Parkhausbetreiber
Gebühren senken oder wegfallen
lassen,dadieMitarbeiterdesöffent-
lichen Dienstes zur Arbeit müssten.
Aktiver Gesundheitsschutz müsse
nunVorranghabenvorderÜberwa-
chung vonGebührenparkplätzen,
sagtederPolitiker.
ÄhnlichhattezuvordieGdPargu-
mentiert:Werbei den aktuellenZu-
ständenvonPolizisten,Feuerwehr-
leuten, Erziehern, Justizpersonal
und anderen systemrelevantenBe-
rufsgruppen noch Geld verlange,
weilsiesichindenDienstallerstell-
ten, „hat denGong nicht gehört“,
sagte Landeschef NorbertCioma.
Nachwie vormüsstenvieleBeschäf-
tigtedesöffentlichenDienstesfleißig
Münzeneinwerfen,wennsiewiege-
wünschtweniger den ÖPNV nut-
zen.“ (kop.)
Lesen Sie amWochenende
K a rriere
Corona undKurzarbeit:Was
Arbeitnehmer wissen müssen
Das Orientierungsstudium:
Auf Probe an die Uni