Der Spiegel - 21.03.2020

(Michael S) #1
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Coronakrise

Einsame Helden


AusnahmezustandGeschäfte schließen, Veranstaltungen fallen aus, Deutschland kommt
zum Stillstand. Die meisten Menschen haben sich in ihre Wohnung

zurückgezogen. Einige wenige harren aus. Wir haben sieben von ihnen getroffen.


SIMON KOY / DER SPIEGEL

Voriges Wochenende sollten die Ehrlich
Brothers in der Olympiahalle auftreten,
drei Abende hintereinander. Alle aus -
verkauft. Am Freitag hätte Peter Maffay
gespielt, am Tag darauf James Blunt.
Dann wollte Carlos Santana kommen. Ich
bin hier Veranstaltungsservicetechniker,
ich hätte wie immer unten beim Publikum
gestanden, direkt neben der Bühne, die
ich mit aufgebaut habe. Wäre. Hätte. Bis
einschließlich 19. April sind jetzt erst
einmal alle Veranstaltungen abgesagt. Es
bleibt unsere leere Halle, 12 500 Plätze,

wenn sie bestuhlt ist, über 15 000 Zu -
schauer, wenn richtig die Post abgeht. Ein
paar Wochen ohne Betrieb können das
Hallenteam und ich schon nutzen, um
die Bühnenteile zu warten und die Werk-
stätten aufzuräumen. Falls es länger
dauern sollte, müssten wir Überstunden
abbauen oder Urlaub nehmen. Eine
Kündigung muss ich zum Glück nicht
befürchten, ich bin festangestellt. Angst
vor Corona habe ich nicht, weil ich
mich an die Regeln halte, die Minister -
präsident Markus Söder täglich neu

aufstellt. Ich mag meine Arbeit, ich erin-
nere mich gern an die Abende hier.
Die leere Halle, die verlassenen Ränge
machen mich traurig. Einmal habe ich im
Garderobengang James Last getroffen,
nach seinem letzten Konzert in München,
das hat mich berührt. Ein anderes Mal
habe ich Angelo Kelly den Weg in die Um -
kleidekabine gezeigt – er hat sich dann
sehr bei mir bedankt, weil er solchen
Hunger hatte. Wenn ich mir etwas wün-
schen dürfte: dass es bald weitergeht,
am liebsten mit der Band Nazareth.

Peter Stöhr, München

»Die leere Halle, die verlassenen Ränge machen mich traurig«

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