2020-04-08 Die Zeit

(Barré) #1

22 WIRTSCHAFT 8. APRIL 2020 DIE ZEIT No 16


S


eine Familie gehört zu den reichs-
ten in Deutschland. Auf weit über
zehn Mil liar den Euro wird das Ver-
mögen von Heinz Hermann Thiele
geschätzt. Der 79-Jährige hat unter
anderem den Bremsenspezialisten
Knorr-Bremse zum Weltmarkt-
führer gemacht und ist doch weithin unbekannt
geblieben. Das ändert sich in diesen Tagen, weil
Thieles Unternehmen dafür sorgen wollte, dass der
Patriarch noch ein bisschen reicher wird: Trotz der
historischen Wirtschaftskrise sollte Thieles Betei-
ligungsgesellschaft Hunderte Millionen Euro Divi-
dende für das Vorjahr erhalten. Zugleich, so heißt
es in einer Mitteilung von Knorr-Bremse, nahm
das Unternehmen 750 Millionen Euro Kredit auf,
um seinen »operativen Handlungsspielraum« zu
vergrößern. Wenige Zeilen später ist von einer Be-
triebsvereinbarung die Rede, »die eine zeitnahe
Einführung von Kurzarbeit an einzelnen Stand-
orten in Deutschland ermöglicht«.
Kurzarbeit und Millionendividende: Verträgt
sich das? Der parlamentarische Geschäftsführer
der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider,
sagt dazu: »Dieses Gebaren ist angesichts der be-
rechtigten Existenzängste von Zigtausenden Un-
ternehmern im Land unverantwortlich. Es ist per-
vers. Die Eigentümer haben den gesellschaftspoli-
tischen Schuss nicht gehört.«
Schneider hat mit anderen Parlamentariern zu-
letzt Tag und Nacht gearbeitet, um die deutsche
Wirtschaft zu retten. An Heinz Hermann Thiele
hatte er dabei nicht gedacht.
Die Bundesregierung hat das größte Hilfspaket
in der Geschichte Deutschlands geschnürt. Mehr
als 1,2 Billionen Euro stellt sie zur Verfügung, um
das Land durch die Corona-Krise zu bringen. Das
ist etwa dreimal so viel Geld, wie der Bund im
vergangenen Jahr für alle seine Aufgaben zusam-
men aufgewendet hat – von der Verteidigung bis
zu den Sozialausgaben. Diese gigantische Summe
soll nun in Form von Zuschüssen, Krediten, Bürg-
schaften und Staatsbeteiligungen Unternehmen
retten. Doch wer von Knorr-Bremse und vielen
anderen Unternehmen hört, die derzeit Geld aus
öffentlichen Kassen in Anspruch nehmen, der
fragt sich unwillkürlich: Kommt das alles den
Richtigen zugute?
Schließlich gibt es auch jene Unternehmen,
deren Geschäftsmodell unabhängig von der ak-
tuellen Wirtschaftskrise wenig taugt. Entstehen da
mit Steuergeld ungewollt Zombie-Firmen, die
nicht richtig leben, aber auch nicht sterben kön-
nen? Und erhalten jetzt – umgekehrt – auch solche


Firmen Staatshilfe, die zehn Jahre lang klotzig ver-
dient haben, aber immer zu sehr an Wachstum
und zu wenig an Reserven gedacht haben? Läuft es
also wieder nach dem Motto der Weltfinanzkrise:
Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert?
Die Wortwahl zumindest ist ähnlich martia-
lisch. Von einer »Bazooka« spricht Bundesfinanz-
minister Olaf Scholz. So hieß eine Art Abschuss-
rohr, das sich Soldaten im Zweiten Weltkrieg auf
die Schulter legten, um damit auf einen Panzer
zu feuern. Carsten Linnemann, Haushaltsexperte
und Vizechef der CDU-Fraktion im Bundestag,
ist in diesen Tagen hin- und hergerissen, welche
Folgen diese Strategie haben wird. »Auf der einen
Seite ist die Bazooka richtig«, sagt er, »auf der an-
deren Seite sind das große Versprechen an Unter-
nehmen und Konzerne.«
Zur Zeit der Finanzkrise war Linnemann noch
nicht Politiker, sondern Volkswirt. Er arbeitete bei
der IKB Deutsche Industriebank, die sich 2007
mit Hypothekenkrediten in den USA so heillos
übernommen hatte, dass nur der Staat sie danach
retten konnte. Mil liar den hat das allein im Falle
der IKB gekostet. Dieses Mal aber bleibt es nicht
bei einigen Konzernen. Firmen aller Art und Grö-
ße sind betroffen.
Angesichts der Reaktion der Regierung sollte
der Finanzminister – wenn er schon Vergleiche
mit einer Weltkriegswaffe bemüht – besser von
einer Stalinorgel sprechen. Das war ein Raketen-
werfer, der bis zu 50 Geschosse zugleich abfeuern
konnte. Keine besonders zielgenaue Waffe, aber
wirksam, um eine große Fläche abzudecken. Und
das will auch die Bundesregierung im Kampf ge-
gen die Wirtschaftskrise: Ihre Lösung soll helfen,
möglichst schnell möglichst breit möglichst viel
Geld zu verteilen. Doch diese Taktik kann sehr
teuer werden und die Erholung nach der Krise
erschweren.
Es geht dabei nicht nur um Fragen der Ge-
rechtigkeit, wie etwa bei Knorr-Bremse. Proble-
matisch ist das Prinzip »Geld für alle« auch, wenn
es den Wettbewerb zunichtemacht. Denn in jeder
Krise sind die ersten Kandidaten für Staatshilfen
jene Firmen, die schon zuvor in Schwierigkeiten
steckten. In dieser Krise etwa: der angeschlagene
Kaufhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof, die
kriselnde Restaurantkette Vapiano oder Condor.
Und das Beispiel der Fluggesellschaft verdeut-
licht, was passieren kann, wenn der Staat erst mal
an Bord ist.


  1. September 2019. Um 22.56 Uhr veröffent-
    licht die Ferien-Airline Condor eine Pressemittei-
    lung: »Bundesbürgschaft für Überbrückungskredit


zugesagt«. Darin heißt es: »Die Condor Flug-
dienst GmbH hat heute von der Bundesregierung
und der hessischen Landesregierung die Zusage
über eine Bürgschaft für einen sechsmonatigen
Überbrückungskredit in Höhe von 380 Millionen
Euro erhalten.«
Dem Unternehmen ging das Geld aus, weil
seine Muttergesellschaft Thomas Cook im ver-
gangenen Herbst Insolvenz angemeldet hatte.
Wäre der Staat nicht eingesprungen, hätte kein
Condor-Flugzeug mehr abheben dürfen, und fast
5000 Mitarbeiter hätten ihren Arbeitsplatz verlo-
ren. So rettete die Bürgschaft Condor – das nach
eigenen Angaben zuvor profitabel flog – über den
Winter. Am 12. März kam die gute Nachricht für
den Steuerzahler: Condor erklärte, es könne das
Schutzschirmverfahren verlassen, weil mit der
Polish Aviation Group ein Käufer bereitstand.
Dann breitete sich das Coronavirus aus. Und die
Polish Aviation Group geriet wie jede Fluggesell-

schaft in Finanzierungsnot. An eine Übernahme
war plötzlich nicht mehr zu denken. Die Folge:
»Condor hat einen Antrag zur Unterstützung des
Staates gestellt«, teilt eine Sprecherin auf Anfrage
mit. »Damit befinden wir uns in bester Gesell-
schaft.« Wohl wahr. Lufthansa und viele andere
Unternehmen verhandeln mit der Regierung über
einen Staatseinstieg.
Offiziell sollen nur solche Unternehmen ge-
schützt werden, die über ein »tragfähiges Ge-
schäftsmodell« verfügen und die am 31. Dezember
2019 noch nicht »in Schwierigkeiten« waren. So
streng sind die Regeln aber offenbar nicht – sonst
könnte ein Unternehmen wie Condor kaum hof-
fen, vom Corona-Schutzschirm zu profitieren.
Aber wenn man Condor nicht von der Hilfe aus-
schließt, wem will man dann überhaupt noch die
Unterstützung versagen?
Sicher gibt es auch Beispiele dafür, dass nicht
jeder angeschlagene Konzern gerettet wird – Gale-
ria Karstadt Kaufhof und die Restaurantkette Va-

piano erhielten bisher keine Staatshilfe und mel-
deten inzwischen Insolvenz an. Ein Grund: Bei
größeren Krediten aus dem Corona-Hilfspaket
übernimmt der Staat »nur« zwischen 80 und 90
Prozent des Ausfallrisikos, den Rest müssen private
Banken tragen. Diese Bedingung soll verhindern,
dass die Finanzinstitute auch hoffnungslos über-
schuldete Firmen durchwinken.
Dieser Bankenanteil war die letzte und beste
Sicherung dafür, dass nicht alle kassieren können.
Aber für große Teile der Hilfen gilt sie nicht mehr.
Zu sehr hatte sich der Mittelstand darüber be-
schwert, dass die Banken ihm nicht helfen. Bis zu
einem Kreditvolumen von 800.000 Euro werde
der Staat nun gerade bei mittelgroßen Firmen die
volle Haftung übernehmen, kündigte die Bundes-
regierung an. Die Banken, die im Fall von Galeria
Karstadt Kaufhof und Vapiano den Daumen
senkten, sollen dann auf eine Risikoprüfung ver-
zichten und nur noch schauen, ob das Unterneh-
men zuletzt einen Gewinn erzielt hat.
Eine weitere Gefahr steckt in der Annahme,
dass die Welt nach der Krise die gleiche ist wie
vorher. Beispiel Ceconomy: Die Muttergesell-
schaft der Elektromarktketten Media Markt und
Saturn will ebenfalls von dem Corona-Schutz-
schirm profitieren. In fast ganz Europa sind die
Geschäfte des Einzelhändlers mit 55.000 Mitar-
beitern wegen der Corona-Pandemie geschlossen.
Wann der normale Geschäftsbetrieb wieder be-
ginnen könne, sei nicht absehbar. Deshalb habe
man sich entschlossen, einen Antrag auf Finanzie-
rung durch die KfW zu stellen, erklärte das Unter-
nehmen. Es geht Berichten zufolge um bis zu zwei
Mil liar den Euro. Eine Sprecherin des Unterneh-
mens äußert sich auf Anfrage nicht dazu.
Wäre das Geld gut angelegt, um Media Markt
und Saturn zu retten? Vor rund 20 Jahren ver-
drängten die riesigen, neonlichtdurchfluteten
Elektronikmärkte die kleinen Fachhändler. Kun-
den kauften in den Märkten alles von der AAA-
Batterie über Fernseher bis hin zur elektrischen
Zahnbürste. Heute aber tun sie das immer öfter
im Internet, und dort erzielten Media Markt und
Saturn im vergangenen Jahr bloß 15 Prozent ihres
Umsatzes. Nun also kommt eine Krise, in der Mil-
lionen Verbraucher über Wochen und Monate
Elektronikartikel ausschließlich online kaufen
können. Diese Erfahrung könnte den Trend zum
Internet-Handel verstärken.
Auch deswegen muss mit einem Irrtum aufge-
räumt werden, den ausgerechnet Wirtschafts-
minister Peter Altmaier (CDU) in die Welt setzte.
Altmaier versprach noch Mitte März, die Bundes-

regierung werde alles tun, damit kein Unterneh-
men und kein Arbeitsplatz wegen Corona ver-
schwinden müsse. Das deutsche Rettungspaket
basiert auf der Idee, dass die Unternehmen nach
dem Abklingen der Pandemie weitermachen kön-
nen wie zuvor. Und dass die Menschen Autos,
Markisen und Kinokarten dann wieder kaufen, als
wäre nichts gewesen. Dass sich also an den Pro-
dukten, an der Organisation der Unternehmen
und an ihren Investitionsplänen nichts ändert.
Deshalb das Kurzarbeitergeld, deshalb die
Staatsgarantien und Überbrückungskredite. Doch
je länger die Krise anhält, desto fraglicher wird, ob
alles beim Alten bleibt oder ob nicht doch viel mehr
online gekauft, auf Geschäftsreisen verzichtet und
im Homeoffice gearbeitet werden wird. Dadurch
würden manche Geschäftsmodelle obsolet, und die
Rückzahlung der Mil liar den kre di te wäre bedroht.
Ohnehin ist kaum davon auszugehen, dass der
Staat sein Geld schnell wiedersieht. »Die massiven
staatlichen Hilfskredite können dazu führen, dass
wir am Ende der Krise einen großen Schuldenüber-
hang haben«, warnt Achim Wambach, Präsident
des Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstituts
ZEW. Wer seine Kredite nicht zurückzahlen kann,
dem droht dann immer noch die Pleite.
Und auch die staatliche Beteiligung an Unter-
nehmen könnte anhalten, meint der Experte: »Re-
gierungen tun sich nach aller Erfahrung sehr
schwer, sich später wieder aus einem Unternehmen
zurückzuziehen.« Als Paradebeispiel dafür gilt die
Commerzbank. In der Finanzkrise beteiligte sich
der Staat an ihr. Heute, ein ganzes Jahrzehnt später,
hält er noch immer über 15 Prozent der Anteile.
Die Rettung von Millionen Unternehmen ist
eben ein Spagat. »Einerseits muss die Hilfe schnell
kommen, andererseits muss es ein Mindestmaß an
Prüfung geben, was wirklich sinnvoll ist«, sagt
Justus Haucap von der Universität Düsseldorf. »Es
wäre ja absurd, wenn in der Krise weniger Unter-
nehmen pleitegingen als in normalen Zeiten.« Aus
dieser Sicht erscheinen die neuesten Hundert-
Prozent-Kredite des Staates fragwürdig. Haucap hält
das Risiko allerdings noch für vertretbar, schließlich
seien diese Kredite gedeckelt und dürften den Um-
satz von drei Monaten nicht übersteigen.
Eines ist jedoch klar: Wo der Staat rettet, sind
auch gewiefte Investoren nicht weit, die die
Schwäche mancher Unternehmen für eigene Ge-
schäfte nutzen. Heinz Hermann Thiele ist auch
schon aktiv geworden. Im März stockte er seine
Anteile an Lufthansa auf zehn Prozent auf.

A http://www.zeit.deeaudio

R


oland Boekhout gehört zu den wenigen
Menschen in Deutschland, die in die-
sen Wochen noch normal ins Büro ge-
hen. Doch was heißt normal? Der Fir-
menkundenvorstand der Commerz-
bank hat extrem viel zu tun: 18.000 Finanzierungs-
anfragen von Unternehmen sind bei seiner Bank
seit Beginn der Corona-Krise eingegangen.
Das Team, das sich darauf spezialisiert hat,
solche Kredite zu prüfen, wurde von zwölf auf
rund 100 Personen aufgestockt. Zahllose Krisen-
gespräche führt Boekhout täglich. Trotzdem trifft
er außer seiner Sekretärin kaum noch Kollegen
persönlich. Die meisten arbeiten von zu Hause.
»Man hat das Bedürfnis, den Kollegen in die Au-
gen zu schauen und zu sagen: ›Ihr seid super‹«,
sagt er. Geht aber nicht.
Das ist ein kleines Problem im Vergleich zur
eigentlichen Herausforderung, vor der Boekhout
gerade steht: Banken sollen den Rettungsplan der
Regierung umsetzen und über Kredite für notlei-
dende Firmen entscheiden. Und die Commerz-
bank hat 70.000 Firmenkunden. Das heißt nun
prüfen, prüfen, prüfen. Bei kleineren Firmen tun
Boekhout und seine Kollegen das allein. Bei grö-


ßeren schaut die staatliche Kreditanstalt für Wie-
deraufbau (KfW) mit drauf, die den größten Teil
des neuen Geldes garantiert.
Die Hausbank ist das Nadelöhr, durch das je-
der Unternehmer schlüpfen muss, der wegen Co-
rona in Not ist und mehr braucht als nur ein paar
Tausend Euro Soforthilfe. So wird die Hausbank
zum Feind und Helfer. Firmen beschweren sich,
weil sie nicht gleich an Geld kommen. »Aber die
KfW erwartet von uns, dass wir eine saubere Kre-
ditprüfung machen. Wir können jetzt nicht beide
Augen zudrücken«, sagt Boekhout. Dafür seien
die Förderprogramme nicht gemacht. Was er
nicht sagt: Gerade hat seine Bank einen Groß-
kredit für Galeria Karstadt Kaufhof abgelehnt,
jetzt ist der Warenhauskonzern insolvent.
Das Drängen der Politik wird anderswo noch
kritischer beobachtet. Etwa bei der Hamburger
Volksbank. Deren Vorstandssprecher Reiner Brüg-
gestrat hat die Bank zu einem Anlaufpunkt für
kleine und mittlere Firmenkunden in der Hanse-
stadt gemacht. Nun leiden viele von ihnen und
wollen Kredite. »Wir können alles gewissenhaft
prüfen«, beruhigt Brüggestrat – und hat doch den
Eindruck, dass das nicht mehr gewollt ist.

Mein Feind


und Helfer


Politiker drängen die Banken in
der Krise zu mehr Krediten.
Verständlich, aber gefährlich
VON UWE JEAN HEUSER
UND LISA NIENHAUS

Helfen wir den Richtigen?


Noch nie zuvor hat der Staat in Deutschland so viel Geld zur Rettung der Wirtschaft


bereitgestellt. Das birgt Gefahren VON KOLJA RUDZIO UND CLAAS TATJE


KOSTEN DER KRISE


Den Banker Brüggestrat hat es erschüttert, als
Finanzminister Olaf Scholz sagte, die Banken soll-
ten mal fünfe gerade sein lassen. Als Folge der
Niedrigzinsen gebe es ohnehin schon zu viele
Zombie-Unternehmen, sagt Brüggestrat – Fir-
men, die nur überleben, weil sie kaum Zinsen be-
zahlen müssen. Nun könne man doch nicht durch
laxe Prüfung noch weitere solche Firmen schaffen!
Umgekehrt, berichtet der Banker, beantragten
manche reichen Unternehmen die Billigkredite
nur, weil sie gerade im Angebot sind.
Man kann die Banken als letzte Bastion dage-
gen sehen, dass der Staat verschwenderisch alles
und jeden rettet. Dass er dadurch die nötige Er-
neuerung der Wirtschaft verhindert und auf
diese Weise auch neuen Markteinsteigern den
Weg versperrt.
Die öffentliche Hand übernimmt neuerdings
bei kleineren Mittelstandskrediten die ganze Haf-
tung, aber bei anderen Krediten müssen die Geld-
häuser einen geringen Teil übernehmen. Das tun
sie nur, wenn die Antragsteller nach der Corona-
Krise wieder gesunden können. »Das ist doch eine
wichtige Funktion für die Volkswirtschaft«, findet
Brüggestrat.

Bei der Commerzbank sieht man das ähnlich,
erkennt aber auch noch Verbesserungsbedarf:
Einigen Firmen, die derzeit durchs Raster fallen,
könnte wirksamer geholfen werden als bisher.
Etwa den Automobilzulieferern. Die hatten teils
schon Ende 2019 Probleme, weil die Konjunktur
in ihrer Industrie einbrach, und genau deshalb
kommen sie schwer an Corona-Kredite. »Wir sind
per Ausgestaltung des KfW-Programms angehal-
ten, nur Firmen Kredit zu geben, denen es Ende
2019 gut ging«, sagt Boekhout. »Das ist ein Pro-
blem, das wir noch lösen müssen.«
Der Volksbanker Büggestrat merkt, wie der
Zorn auf »die Banken« wächst. Dem will er ent-
gegenwirken. »Die Banken – die gibt es gar nicht«,
sagt er und weist darauf hin, wie unterschiedlich
solide die Institute sind. Doch gelte nun für alle,
dass sie keine Dividende mehr bezahlen dürfen.
»Wir würden gerne eine Million Euro ausschütten
und haben allein dieses Jahr drei Millionen zusätz-
liches Eigenkapital von Anlegern erhalten«, be-
richtet Brüggestrat, »und doch sollen auch wir
nichts ausschütten.« Wie solle da ein Außenste-
hender noch zwischen gesunden und kranken
Banken unterscheiden?





Summe aller Zuschüsse, Bürgschaften und
Darlehen im Rahmen der Corona-Krise.
Die tatsächlichen Kosten für den
Staat sind aber niedriger, weil Kredite
zum Teil zurückbezahlt werden

Illustration: Benedikt Rugar für DIE ZEIT; kleines Foto S. 23: privat
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