2020-04-08 Die Zeit

(Barré) #1

  1. APRIL 2020 DIE ZEIT No 16 WIRTSCHAFT 25


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Bei der Hotline des Verbandes »Das frühgeborene Kind« gehen durch
Corona mehr Anrufe denn je ein. Doch die Spendengelder brechen weg

Foto (Symbolbild): Jill Lehmann/Moment/Getty Images

Wer hilft den Helfern?


Gemeinnützige Vereine und Sozialunternehmen leiden in der Krise besonders. Es fehlt ihnen an Rücklagen und an einer Lobby VON VIOLA DIEM


M


ehr als hunderttausend
Menschen tappten 2019 in
der Hamburger Hafencity
durch Stockfinsternis, um
die Welt zu sehen, wie
Menschen sie erleben, die
nicht sehen können. Vor 32
Jahren hatte Andreas Heinecke die Idee für »Dialog
im Dunkeln«, ein Konzept, bei dem Besucher unter
anderem Führungen und Dinner in Dunkelheit er-
leben – geführt von blinden Mitarbeitern. Finsternis
gehört zu seinem Geschäftsmodell, trotzdem sah es
für das Unternehmen noch nie so düster aus wie
heute: Zehn der 129 Mitarbeiter musste Heinecke
kündigen, 116 hat er in Kurzarbeit geschickt.
Dabei stand »Dialog im Dunkeln« für gelungenes
Sozialunternehmertum, also dafür, aus einer sozialen
Idee – Menschen mit Behinderung Arbeit zu geben
und ihre Wahrnehmung in der Gesellschaft zu ver-
bessern – ein Geschäft zu machen. 2019 hat die
Firma am Standort in Hamburg 2,7 Millionen Euro
Umsatz erwirtschaftet. »Wir werden als Vorzeige-
projekt rumgereicht und kriegen Preise«, sagt Hein-
ecke. Doch das nütze kaum, wenn es in Situationen
wie diesen kein Sicherheitsnetz gebe.
Menschen statt Millionengewinne, Mission statt
Marge: Über 616.000 gemeinnützige Organisationen
gehören laut der Bertelsmann-Stiftung in Deutsch-
land zur Zivilgesellschaft. Darunter sind Kitas, Kran-
kenhäuser oder staatlich geförderte Träger wie die
Caritas, aber auch kleinere, privat finanzierte Vereine,
Sozialunternehmen und Initiativen. Sie trifft die
Corona-Krise besonders hart. Viele stehen vor dem
Aus, und damit ihre Angebote und Hilfsmaßnahmen.
»Dialog im Dunkeln« finanziert sich vorwiegend
über Eintrittsgelder. Jetzt, da sie ausbleiben, brauche
das Unternehmen gut eine halbe Million Euro, um
vorerst über die Runden zu kommen und ein Kon-
zept zu erarbeiten, wie es nach der Krise weitergeht,
überschlägt Heinecke. Kurz sah es so aus, als könnte
es mit einem Notkredit der Kreditanstalt für Wieder-
aufbau (KfW) klappen; der Berater der Bank rief bei
Heinecke an. Nur wusste der Bankmann da noch
nicht, dass gemeinnützige Unternehmen nicht an-
tragsberechtigt sind. Inzwischen gibt es bei der KfW
zwar ein Kreditprogramm zur Betriebsmittelfinan-


zierung, das auch Sozialunternehmer beantragen
können. Nur sei die Frage, ob ihm ein Darlehen über-
haupt helfe, sagt Heinecke: »Zu behaupten, ich könn-
te solche Summen innerhalb von zwei Jahren zurück-
zahlen, wäre unseriös.« Inzwischen sei er mit der Stadt
Hamburg im Gespräch. Sicher sei: »Ohne staatliche
Unterstützung bin ich in sechs Monaten bankrott.«
Dass im Moment selbst Organisationen ins Strau-
cheln geraten, die mehr denn je gebraucht werden,
zeigt der Fall von Attila von Unruh. Er ist Geschäfts-
führer von Team U, einer Unternehmensberatung
für Kleinunternehmer, die sich die Tagessätze von
McKinsey nicht leisten können: für Solo-Selbst-
ständige also, Kioskbesitzer oder mittelständische
Sozialunternehmen. 2019 hat das Team aus sechs
festen Mitarbeitern sowie einem Netzwerk aus freien
Beratern und Ehrenamtlichen 17.000 Geschäfts-
führer beraten. »Durch die Krise bekommen wir so
viele Anfragen, dass wir unsere Kapazitäten mehr als
verzehnfachen müssten, um alles abzudecken«, sagt
von Unruh. »Was den Bedarf angeht, könnte man
sagen, wir sind Krisenprofiteure.« Nur sei davon in
der Kasse noch nichts zu merken.
Zum Konzept von Team U gehört neben Tages-
sätzen von unter 200 Euro auch, insolvenzgefähr-
dete Klienten zu beraten, die keine Zahlungsgarantie
geben können. Von ihnen kommt das Geld erst nach
der Krise – und nur, wenn sie die Kurve kriegen.
Dazu kommt, dass das Firmenkonto mit 50.000
Euro im Dispo ist, weil Team U Mittel für ein Projekt
vorgestreckt hatte. Von Unruh war von der EU beauf-
tragt worden, Unternehmensberatungen in Spanien,
Italien, Polen und Griechenland den Ansatz von
Team U zu vermitteln. Nun hätten durch Corona in
Brüssel andere Dinge Priorität, meint von Unruh.
Seiner Bank zahlt er währenddessen sieben Prozent
Dispozins. In einen Kredit umwandeln könne er
seine Schulden nicht, erzählt er. Bei so wenig Sicher-
heiten sei der Bank das Risiko zu hoch.
Bei vielen Finanzierungsangeboten fiel sein Un-
ternehmen schon vor Corona durchs Raster, sagt von
Unruh. »Mal hieß es: Ihr verdient Geld, dann könnt
ihr euch nicht auf Fördermittel für Gemeinnützige
bewerben. Und auf der anderen Seite kommen wir
als gemeinnütziges Unternehmen nicht für Projekte
infrage, für die man gewinnorientiert sein müsste.«

Neben den Sozialunternehmen trifft die Krise
auch Vereine besonders hart. So wie den Bundesver-
band »Das frühgeborene Kind« e. V. aus Frankfurt
am Main. Gerade erst hatte die Vorstandsvorsitzende
Barbara Mitschdörfer eine Mitarbeiterin eingestellt,
um die Hotline für Eltern von Frühchen zu betreuen.
Normalerweise kommen hier 15 Anrufe in der Wo-
che an, momentan sind es etwa 50, schätzt Mitsch-
dörfer. »Frühchen haben in der Regel ein schwäche-
res Immunsystem und oft Probleme mit den Lungen.
Die Eltern sind durch Corona besonders ängstlich
und informieren sich mehr«, sagt Mitschdörfer.
Doch im Moment breche ihr eine Finanzierungs-
säule nach der anderen weg. Vereine wie ihrer, die an
keinem der freien Träger angedockt sind, finanzieren
sich außer durch die Mitgliedsbeiträge vor allem über
Spenden und projektbezogene Gelder. »Normaler-
weise konnten wir mit Spenden von bis zu 5000 Euro
im Monat rechnen«, so Mitschdörfer. »Doch seit
Beginn der Kontaktsperre Mitte März ist keine Spen-
de mehr eingegangen.« Auch die Sponsorings von
Firmen, mit denen der Verein etwa Veranstaltungen
finanziert, werden ausgesetzt: Ohne Veranstaltungen
keine Gelder. Wenn es so weitergehe, könne man sich
die Hotline-Stelle keine drei Monate mehr leisten.
Andreas Rickert, Geschäftsführer von Phineo,
einer gemeinnützigen Analyse- und Beratungsein-
richtung in Berlin, verbringt gerade einen großen Teil
seines Arbeitstages damit, Lösungen für die gemein-
nützigen Organisationen zu finden. Er appelliert an
Förderer, ihre Spenden nicht einzustellen. Er versucht,
einen Nothilfefonds ins Leben zu rufen, mit Geldern
von Stiftungen und Unternehmen. »Das wäre nur
ein Tropfen auf den heißen Stein, aber immerhin«,
sagt Rickert. In einem offenen Brief an die Bundes-
regierung haben er und andere Organisationen des-
halb Hilfen für die Zivilgesellschaft gefordert. Bisher
wurden nur Teilbereiche des Sektors in den Hilfs-
maßnahmen der Regierung berücksichtigt.
Dass der Staat den zivilgesellschaftlichen Organi-
sationen helfen muss, sei eine Frage der ethischen
Grundhaltung, findet Andreas Heinecke von »Dialog
im Dunkeln«. »Wir müssen unterstützt werden, um
gerade in Zeiten wie diesen unsere Arbeit machen zu
können. Wie soll die Gesellschaft nach Corona sonst
wieder auf die Beine kommen?«

Finanzstärke


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