2020-04-08 Die Zeit

(Barré) #1
In Zeiten von Corona entdecken viele Menschen
das Joggen neu für sich. Sport an der frischen
Luft tut gut, gerade wenn es zu Hause eng wird.
Doch für ungeübte Läufer fühlt sich das erst
einmal gar nicht so wohltuend an. Die Ärztin
und Bestseller-Autorin Giulia Enders hat für

ZEIT Doctor einen Blick in das Innere des
menschlichen Körpers geworfen und einen
Report über Muskeln und Zellen im Energie-
rausch geschrieben. Den Text finden Sie hier:
http://www.zeit.de/2016/23/sport-menschen-tiere-
schwitzen-muskeln-herz-trainieren

ZEIT Doctor – alles, was der Gesundheit hilft


Viren im Rachen

Erbgutbruchstücke
des Virus

Ansteckung Patient ist kaum
noch ansteckend

Antikörper im Blut
Immunglobulin M Immunglobuline G

Zeit

Natürliche Abwehr
Nach ein paar Tagen produziert der Körper
Antikörper. Zunächst Immunglobuline der
Klasse M, etwas später der Klasse G. Diese
Eiweiße docken an Strukturen (Antigene) der
Coronaviren an. Die Viren werden zerstört.

Antikörpertests
Die gebildeten Antikörper sind in einem
Blutstropfen nachweisbar. Dafür werden
künstliche Antigene zugegeben und
Enzyme, die eine Farbreaktion auslösen,
wenn die richtigen Antikörper andocken. Blut

künstliche
Virus-Stachel

Virennachweis
Am Beginn der Erkrankung wird das Corona-
virus selbst nachgewiesen. Dies geschieht
mithilfe der Polymerase-Kettenreaktion
(PCR), die Erbgutbruchstücke des Virus in
Rachenabstrichen aufspüren kann.

Ausscheiden letzter
Viren

erste Woche ca. zwanzig Tage
erste Symptome (Fieber,
trockener Husten, Müdigkeit)

GESUNDHEIT


Test, Test, Test ...


M


edizinische Tests legen
offen, was sich im Ver-
borgenen befindet. Man
bekommt etwas Körper-
flüssigkeit oder Gewebe
entnommen, dann folgt
das Ergebnis: Krebs, kein
Krebs; schwanger, nicht schwanger; infiziert,
nicht infiziert. Für den Einzelnen dramatisch, in
Praxen und Krankenhäusern Alltag. Doch in der
Corona-Krise hängt vom Ergebnis solcher Tests
nicht nur das Schicksal einzelner Patienten ab,
sondern das ganzer Staaten.
Wohl dem Land, das frühzeitig und im großen
Stil seine Bürger auf das neuartige Coronavirus
Sars-CoV-2 getestet hat. Südkorea, Singapur, aber
auch Deutschland konnten auf diese Weise sehr
genau verfolgen, wie sich das Virus ausbreitet, und
sich entsprechend vorbereiten. Die USA lehnten
den früh verfügbaren Virusnachweis der Welt-
gesundheitsorganisation ab, wollten einen eigenen
Test entwickeln und scheiterten zunächst daran.
Wertvolle Zeit verstrich. Denn Tests sind zentrale
Instrumente im Kampf gegen Sars-CoV-2.
Singapur, das das Coronavirus erfolgreich be-
kämpft, erkannte dies früh. Ende Januar gab es die
erste Infektion im Land. Nachforschungen führten
zu einem Ehepaar, das sich am 25. Januar bei Be-
suchern aus Wuhan angesteckt hatte. Wenig später
entwickelten beide milde Symptome, gingen zum
Arzt, wurden aber zunächst nicht als Covid-19-
Fälle identifiziert. Das geschah erst, als die nationale
Seuchenbehörde am 18. Februar auf das Paar zu-
rückkam. Mit einem PCR-Test (Abkürzung für
Polymerase Chain Reaction), mit dem man Erbgut-
schnipsel des Virus im Körper nachweisen kann
(siehe Grafik), konnte beim Ehemann eine positive
Diagnose gestellt werden. Nicht aber bei der Frau.
Doch Virologen von der Duke-NUS Medical
School hatten ein neues Instrument für solche Fälle
entwickelt: einen Antikörpertest.
Der entdeckt nicht das Virus selbst, sondern
reagiert auf die Eiweiße, die das Immunsystem her-
stellt, um den Erreger zu bekämpfen. Diese Anti-
körper, Immunglobuline genannt, sind selbst dann
noch nachweisbar, wenn der Körper das Virus
schon lange beseitigt hat. In solch einem Fall versagt
der PCR-Test, wie es bei der Frau geschehen war.
Das Antikörper-Echo hingegen konnten die For-
scher bei ihr nachweisen.
PCR verrät die frische Infektion, Antikörper
weisen auf eine erfolgreiche Immunantwort hin.
Am Beginn einer Pandemie ist deshalb die PCR die
favorisierte Methode. Diese komplexe Technik
gehört normalerweise in spezialisierte Labore. Dort
werden nicht einzelne Proben getestet, sondern
Hunderte parallel – die erst zusammenkommen
müssen. Danach benötigt das Verfahren vier bis
sechs Stunden. Deshalb liegen die Ergebnisse meist
erst nach Tagen vor. Eine zu lange Zeit für jeman-
den, der in einer Notaufnahme nach Luft ringt und

auf die richtige Behandlung wartet. In ihrer Stan-
dardform ist die PCR also zu langsam und zu teuer.
Inzwischen haben Firmen die Massenproduk-
tion der PCR angekurbelt. Manche Hersteller wie
Bosch und Abbott haben mobile Varianten ent-
wickelt, die normales Medizinpersonal anwenden
kann. Binnen Minuten liefern sie Ergebnisse. Aber:
»Trotz der Anstrengungen haben wir noch immer
zu geringe Testkapazitäten«, sagt Harald Renz,
Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für
Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin.
Eine raffinierte Idee verfolgt deshalb unter an-
derem das Universitätsklinikum in Frankfurt am
Main in Zusammenarbeit mit dem Deutschen
Roten Kreuz. Man vermischt das Probenmaterial
verschiedener Menschen. Ist die Probe negativ, sind
alle Personen frei von einer Infektion. Wenn das
Ergebnis positiv ist, ist mindestens einer der Patien-
ten im Pool infiziert. Dann werden zurückge haltene
Proben nachgetestet. Mit diesen sogenannten
Mini-Pools ließe sich die Zahl von Untersuchungen
in Deutschland von derzeit 40.000 täglich auf bis
zu 400.000 steigern. Wobei es ineffizient wird,
wenn zu viele Proben in einem Pool positiv sind.
PCR-Tests helfen, frisch Infizierte zu isolieren.
Über den weiteren Verlauf der Pandemie verraten
sie kaum etwas. Je länger der Ausbruch andauert,
desto drängender wird die Frage, wie weit sich das
Virus bereits unbemerkt verbreitet hat. Wie viele
Menschen haben Infektionen überstanden, sodass
sie immun sind? Denn wer immun ist, wirkt wie
eine Schutzmauer für Nichtinfizierte – wodurch
die Notwendigkeit für Ausgangsbeschränkungen
allmählich sinkt. Die zweite Phase einer Pandemie
ist deshalb die Stunde der Antikörpertests.
Das Helmholtz Zentrum für Infektionsfor-
schung (HZI) plant nun zusammen mit dem In-
stitut für Virologie der Berliner Charité eine große
Antikörper-Studie. Sie soll den Immunstatus der
hiesigen Bevölkerung gegen Sars-Cov-2 aufdecken.
Auch München kündigte eine Großstudie an.
»Wer einmal infiziert war, könnte sich einen Nach-
weis für die Antikörper geben lassen«, sagt der Epi-
demiologe Gérard Krause vom HZI. »Diese Per-
sonen wären im Gesundheitswesen voll einsetzbar,
ohne täglich Virustests machen zu müssen.«
Dadurch könnte sich die Abwehrstrategie
grundlegend ändern. »Es müssen dann nicht
mehr alle in Quarantäne, weil jeder infektiös sein
kann«, sagt Harald Renz, »die Infizierten können
gefunden und isoliert werden. Dann brauchen
wir nur noch individuelle Quarantäne und nicht
mehr die kollektive Isolation.« Der Labormedizi-
ner fordert allerdings umfangreichere Feld studien,
als bislang geplant sind. »Man kann die Ergeb-
nisse von Region A nicht auf Region B über-
tragen«, sagt Renz. Bisher lebten die meisten Infi-
zierten in Baden-Württemberg, Nordrhein-West-
falen und Bayern – dort gebe es bald die meisten
Immunen, und die Maßnahmen könnten ge-
lockert werden. In anderen Bundesländern gebe

es indes noch viele, die sich in einer zweiten Welle
anstecken können. »Deshalb müssen wir die Anti-
körpertests regionalisieren«, sagt Renz.
Dafür muss die Technik erst einmal funktionie-
ren. Das ist schwieriger, als manche Anbieter sugge-
rieren. Schon im Februar bot die Lübecker Firma
Euroimmun einen Antikörpertest an, den auch
Harald Renz am Uniklinikum Gießen für Feldtests
benutzen wird. Doch dieser sogenannte Elisa-Test
ist weder schnell noch mobil. PharmACT aus Berlin
entwickelte einen Schnelltest, der aussieht wie ein
Schwangerschaftstest und von der amerikanischen
FDA zugelassen wurde. Er ist einfacher, soll aber
nur in Krankenhäusern und Praxen eingesetzt wer-
den. Ein Labortest der US-Firma BioMedomics soll
das Ergebnis in 15 Minuten liefern.

Angeboten werden auch frei verkäufliche Tests. Sie
versprechen, eine Immunität gegen Corona quasi am
Küchentisch nachzuweisen. Weil ihre Zuverlässigkeit
nicht gesichert ist, raten Experten von ihnen ab.
Das Angebot ist also groß, die Qualität ungewiss.
Die Hersteller zertifizieren ihre Produkte selbst, die
Zulassung erfolgt im Schnellverfahren. Fehlschläge
sind programmiert, denn der Körper produziert Im-
munglobuline gegen verschiedene Typen von Co-
rona viren. Tests können daher Fehlalarme auslösen.
Deshalb konzentrieren sich viele Hersteller auf die
charakteristischen Stacheln auf der Virushülle. Ein
Test sollte nur dann anschlagen, wenn er Antikörper
gegen diese spezifischen Eiweiße entdeckt. Und
dann muss ein Test auch noch die Menge an Anti-
körpern im Blut erfassen.

Kein Wunder, dass Gérard Krause bilanziert: »Es
ist noch nicht ausreichend validiert, wie gut die derzeit
verfügbaren Antikörper-Nachweise einen Immun-
schutz belegen und wie lange dieser anhält.« Harald
Renz ist sich indes sicher, dass bald einfache und gute
Antikörpertests zur Verfügung stehen werden.
Wann genau, kann niemand sagen. Doch wenn es
so weit ist, werden die Tests sowohl die Verbreitung
des Virus aufdecken können als auch den Verlauf der
Erkrankung im Körper. Und wenn Forscher wissen,
wie Immunsystem und Virus interagieren, können sie
Angriffspunkte für die Entwicklung von Immun-
therapien zur Behandlung der Covid-19-Krankheit
entdecken. Auf den Tests liegt doppelt Hoffnung.

A http://www.zeit.de/audio

ZEIT-Grafik: Anne Gerdes/Quelle: eigene Recherche


Die Isolation für alle endet, wenn genug Menschen immun sind. Doch das lässt sich nur mit massenhaften Bluttests herausfinden VON HARRO ALBRECHT



  1. APRIL 2020 DIE ZEIT No 16 WISSEN 31


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