2020-04-08 Die Zeit

(Barré) #1

  1. APRIL 2020 DIE ZEIT No 16 POLITIK 7


»Niemand wird


aus der Wohnung


geworfen«


Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU)


verteidigt die Einreiseverbote für Touristen


DIE ZEIT: Ostern steht vor der Tür, die Leute
wollen raus an die Sonne, aber es geht nicht. Wie
schauen Sie als Katholik auf diese Tage?
Daniel Günther: Das ist ein besonders belasten-
des Wochenende. Die Einschränkungen hinneh-
men zu müssen fällt vielen Menschen schwer.
Aber die Ausbreitung des Virus macht auch vor
dem Osterfest nicht halt. Deshalb bleibt es leider
bei den rigiden Beschränkungen.
ZEIT: Was ist an einem Elbspaziergang falsch,
wenn man Abstand zu ein an der hält?
Günther: Wenn man Abstand und sich an die Re-
geln hält, ist daran nichts falsch. Wir haben aber
noch vor drei Wochen das Phänomen gehabt,
dass unsere Touristenhochburgen absolut über-
laufen waren. Ein Badeort an der Ostsee wie
Scharbeutz hat 4000 Einwohner. Wenn da plötz-
lich Tausende Ausflügler kommen, kann die Ge-
meinde das nicht bewältigen. Erst als wir jeden
touristischen Verkehr untersagt und mit Polizei-
kontrollen begonnen haben, haben sich mehr
Menschen an die Regeln gehalten.
ZEIT: Die Hamburger sind Ihnen an Ostern also
nicht willkommen?
Günther: Mein Wunsch ist, dass die Hamburge-
rinnen und Hamburger ihr Osterfest in Hamburg
verbringen und die Schleswig-Holsteinerinnen
und Schleswig-Holsteiner in Schleswig-Holstein.
ZEIT: Während die meisten Bundesländer ihre
Grenzen offen halten, verschärft Schleswig-Hol-
stein die Kontrollen und verbietet sogar Zweit-
wohnungsbesitzern die Nutzung ihres Eigen-
tums. Warum verwirren Sie die Menschen mit so
uneinheitlichen Regeln?
Günther: Schleswig-Holstein hat bei den Zweit-
wohnungen eindeutige und präzise Regelungen
geschaffen. Zweitwohnungsbesitzer, die ihre Im-
mobilie aktuell nutzen, dürfen bleiben. Das gilt
jedoch nicht für Zweitwohnungsbesitzer auf In-
seln und Halligen. Und wer seine Zweitwohnung
auf dem Festland jetzt noch nutzen will, der
muss dafür triftige Gründe haben. Wenn andere
Länder hier anders verfahren, dann gibt es dort
ganz sicher auch andere Bedingungen. Wo ge-
meinsames Handeln nötig ist, handeln die Län-
der gemeinsam. Wo länderspezifische Regelun-
gen nötig sind, handeln die Länder in eigener
Verantwortung. Das ist auch keine Schwäche,
sondern eine Stärke des Föderalismus.
ZEIT: Bislang nehmen die Bürger den Staat in
dieser Krise überwiegend als Helfer und Schutz-
herrn wahr. Das droht, verloren zu gehen, wenn
Ihre Polizisten von Haus zu Haus gehen und
Auswärtige suchen.
Günther: So findet das ja überhaupt nicht statt.
Wir haben unsere Regeln mit Augenmaß getrof-
fen. Da, wo es zu Problemen gekommen ist, ha-
ben wir korrigiert. Als einzelne Landkreise zu-
nächst verlangten, dass Zweitwohnungsbesitzer,
die schon länger in ihrer Wohnung leben, diese
trotzdem verlassen müssen, haben wir das in
einem landesweiten Erlass klargestellt. Jetzt ist
die touristische Anreise nicht erlaubt, aber nie-
mand wird aus seiner Wohnung geworfen. Die
allermeisten Menschen verstehen das.
ZEIT: Die Zweitwohnsitzsteuer wird unter ande-
rem damit begründet, dass Besitzer einer Immo-
bilie »mit gemeindlichen Steuermitteln finan-
zierte Einrichtungen in Anspruch nehmen«
können. Umfasst das nicht das Anrecht, sich in
der Gemeinde aufzuhalten?
Günther: Nein. Wir haben im Moment starke
Eingriffe in Grundrechte, und es ist Zweitwoh-
nungsbesitzern zuzumuten, dies zu akzeptieren.
Auf Inseln wie Sylt, Amrum oder Föhr ist es
doch einfach nachzuvollziehen, dass die medi-
zinische Versorgung nicht aufrechterhalten wer-
den kann, wenn alle Besitzer ihre Wohnungen

nutzen. Und das Gleiche gilt in den Orten, wo
die Anzahl der Zweitwohnungen teilweise die
Zahl der Erstwohnungen übersteigt. Die Ge-
richte haben unsere Entscheidung ja im Übri-
gen bestätigt.
ZEIT: Zuletzt häuften sich Berichte über Feind-
seligkeiten und Ressentiments gegen Ortsfrem-
de, etwa wenn Hamburger nach Schleswig-Hol-
stein fuhren. Wie gehen Sie damit um?
Günther: Das macht mir tatsächlich Sorgen. Als
es solche Szenen vor ein paar Wochen das erste
Mal gegeben hat, haben wir unsere Bürger sofort
aufgerufen, dem entgegenzuwirken. Die Gesell-
schaft darf sich in dieser Krise nicht spalten.
ZEIT: Ist es für einen 70-Jährigen nicht besser,
aus der dicht besiedelten Metropole zu flüchten
und sich aufs Land zurückzuziehen, wo es viel
weniger soziale Kontakte gibt?
Günther: Aus genau diesem Grund haben wir ja
entschieden, dass niemand, der sich schon länger
in seiner Zweitwohnung aufhält, zurück in die
Stadt gezwungen wird. Aber das kann umgekehrt
nicht heißen, dass jetzt alle in ihre Zweitwoh-
nungen ziehen, weil das genau zu den Überlas-
tungssituationen in Gegenden führt, in denen
die medizinische Betreuung nicht gewährleistet
werden kann.
ZEIT: Ministerpräsidenten und Bundesregierung
stehen derzeit täglich vor schwierigen Abwägun-
gen. Diskutieren Sie mit Ihren Kollegen eigent-
lich darüber, was all das für eine freie Gesellschaft
bedeutet?
Günther: Wir reden über diese Themen in den
gemeinsamen täglichen Telefonkonferenzen zwi-
schen den Chefs der Staatskanzleien und dem
Bundeskanzleramt, und wir sprechen direkt mit
den Kollegen. Außerdem hat jeder in seinem
Land Runden für den Austausch, bei uns in
Schleswig-Holstein auch über das Kabinett hi-
naus. Da sitzt sogar die Opposition mit am Tele-
fon, um genau diese Debatten zu führen.
ZEIT: Ein Ausstiegsszenario wäre die »Umkehr-
isolation«, bei der nicht mehr die gesamte Gesell-
schaft, sondern nur noch die Alten und die
Risiko gruppen isoliert werden. Ab wann halten
Sie das für möglich?
Günther: Diese Strategie ist dann denkbar,
wenn wir feststellen, dass sich die Ausbreitungs-
geschwindigkeit des Virus so verlangsamt hat,
wie wir das alle hoffen. Darüber werden wir
nach Ostern ein besseres Bild haben. Aber es
wäre nicht klug, da heute schon konkrete An-
kündigungen zu machen.
ZEIT: Alles starrt derzeit gebannt auf den


  1. April – das Datum, das der Kanzleramtschef
    als Stichtag für eine mögliche Lockerung der
    Auflagen genannt hat. Was kommt danach?
    Günther: Darüber beraten wir am 14. April im
    Kreis der Ministerpräsidenten. In Schleswig-Hol-
    stein wird kurz danach schon Abitur geschrieben.
    Wir beginnen also demnächst eine Phase, wo wir
    aller Voraussicht nach gewisse gesellschaftliche
    Dinge wieder ermöglichen. Wir müssen den
    Menschen eine klare Perspektive aufzeigen.
    ZEIT: Was wäre außer der Öffnung der Schulen
    noch denkbar? Wir werden ja nicht einfach den
    Schalter umlegen, und dann ist alles wieder wie
    vorher.
    Günther: Diese Einschätzung teile ich. Die
    Schließung etwa von Restaurants und Cafés war
    auch deshalb nötig, weil der Abstand nicht ein-
    gehalten wurde – anfangs war auch nicht das Be-
    wusstsein für die notwendigen Verhaltensregeln
    vorhanden. Das ist jetzt anders. Da, wo es räum-
    lich möglich ist, den Abstand zu wahren, kann
    man Regelungen auch wieder lockern.


Die Fragen stellten Mariam Lau und Holger Stark

Am 18. März beschloss die Landes-
regierung von Schleswig-Holstein
unter Ministerpräsident Daniel
Günther ein Einreise-Verbot für
Touristen. Es gab die Befürchtung,
dass der Timmendorfer Strand ein
ähnlicher Corona-Hotspot werden
könnte wie der österreichische Skiort
Ischgl. Wenig später ließ die
Regierung auch keine Tagestouristen
mehr ins Land.
Diesem Verbot wollten die Landräte
einiger besonders frequentierter Orte
zunächst noch einen Ausreise-Zwang
für Zweitwohnungsinhaber hinzu-
fügen, von denen einige dann Besuch
von der Polizei bekamen.
Es kam zu unschönen Szenen,
mehreren Zugereisten wurde
»Haut ab« hinterhergerufen.

Die Einschränkungen


VON KATJA BERLIN

Torten der Wahrheit


Foto: Berthold Fabricius/ullstein


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