Neue Zürcher Zeitung - 22.02.2020

(Frankie) #1

2 INTERNATIONAL Samstag, 22. Februar 2020


Eine Wählerinmit Corona-Mundschutz vor der Stimmabgabe inTeheran. BLOOMBERG

Hardliner in Iranvor demWahlsieg


uvs.· Die Iranerkonnten amFreitag
ihre Stimmeabge ben, um ein neues
Parlament zu bestimmen – eine wirk-
liche Wahl hatten sie aber nicht.Vor der
Abstimmung waren trotz Protesten des
moderaten Präsidenten HassanRohani
fast alle Kandidaten der Moderaten und
Reformer vomWächterrat disqualifi-
ziert worden.In vielenWahlkreisen stan-
den daher nurVertreter derKonservati-
ven und Hardliner zurWahl. Es wurde
entsprechend erwartet, dass das künf-
tige Parlament von denkonservativen
Parteien dominiert sein werde. Etliche
Politiker desReformlagers verzichte-
ten ganz auf eine Kandidatur, da sie der
Wahl keine Legitimität geben wollten.
Auch viele Bürger kündigten an, nicht

zur Wahl zu gehen, da ihre Stimmekei-
nen Unterschied machen würde. Trotz
wiederholtenWahlaufrufen vonRevo-
lutionsführerAyatollah Ali Khamenei
wurde daher mit einer geringen Betei-
ligung gerechnet.
Der Urnengang findet inmittenstar-
ker Spannungen mit den USA statt, die
die Regionin d en vergangenenJahren
immerwiederandenRandeinesKrieges
geführt haben.Washington hat scharfe
Sanktionen gegen Iran verhängt und
dortdamiteineschwereWirtschaftskrise
ausgelöst.Viele Iraner geben derKor-
ruption und Misswirtschaft ihrer Füh-
rung aber eine Mitschuld an der Krise
und sind vonKonservativen wieRefor-
mern gleichermassen enttäuscht.

Russische Agentenwegen


Mordversuchsangeklagt


A. R.· Im Zusammenhang mit dem
Giftanschlag auf einen bulgarischen
Waffenfabrikanten hat die Staatsanwalt-
schaft von Sofia amFreitag die Namen
von drei Angeklagten bekanntgegeben.
Es handelt sich um russische Staats-
bürger, die von den Medien bereits frü-
her als Mitarbeiter des Geheimdiensts
GRU identifiziert worden waren. Nach
den mutmasslich in Moskau lebenden
Russen wird über Interpol gefahndet.
Bei demAnschlag imFrühling 2015 kam
laut Erkenntnissen der bulgarischen Er-
mittler eine Chemiewaffe zum Einsatz,
möglicherweise das Nervengift Nowi-
tschok. DerWaffenhersteller Emilian
Gebrew und sein ebenfalls betroffener
Sohn überlebten. AlsTatmotiv gelten
Waffenlieferungen des Unternehmers
an die Ukraine. Nowitschok verwende-
ten russischeAgenten später auch gegen


IN KÜRZE


Geheimdienste erwarten
Moskauer Hilfe für Trump
(dpa)· Die amerikanischen Geheim-
dienste gehen laut Medienberichten da-
von aus, dass sichRussland in diesem
Jahr erneut in den Präsidentschafts-
wahlkampf einmischen will, um Präsi-
dent DonaldTrump zu helfen.Das hät-
ten ranghohe Geheimdienstmitarbei-
ter Abgeordneten desRepräsentanten-
hauses in einer vertraulichen Sitzung
erklärt, berichteten mehrere Medien.
Ein Sprecher des Geheimdienstkomi-
tees bestätigte nur, dass es bei der Sit-
zung von letzterWoche um die Integri-

Nato-Führung gegen
Macrons Nuklearvorschlag
(dpa)· Der Nato-GeneralsekretärJens
Stoltenberg hat sich gegen die Anre-
gung des französischen Präsidenten
Emmanuel Macron gewandt, über eine
rein europäische nukleare Abschre-
ckung zusprechen.«Wir haben schon
eine nukleareVerteidigung in Europa–
die der Nato», sagte Stoltenberg gegen-
über dem Magazin «Der Spiegel». Er lud

EU verurteilt Cyberangriff
auf Georg ien
(dpa)· Die EU und die Nato haben
einen grossangelegten Cyberangriff
auf Georgien im Oktober scharfveru r-
teilt, nachdem die USA und Grossbri-
tannienRussland dafür verantwortlich
gemacht hatten. Nato-Ge neralsekretär
Jens Stoltenberg verurteile den Angriff
und sprach von «heimtückischen Cyber-
aktivitäten». Er betonte den Stellenwert
eines vorhersehbaren, normenbasierten
und sicheren Cyberraums.

Frankreich dazu ein, der nuklearen Pla-
nungsgruppe der Nato beizutreten. Die
Franzosen seien dort jederzeit willkom-
men. Macron hatte AnfangFebruar den
EU-Partnern einen «strategischen Dia-
log» über dieRolle der französischen
Atomstreitkräfte für die kollektive
Sicherheit angeboten. Frankreich ist seit
dem Austritt Grossbritanniens die ein-
zige Atommacht der EU. Paris besteht
in der Nato auf der strategischen Unab-
hängigkeit seiner Atomstreitmacht.

den Ex-S pion Sergei Skripal in Grossbri-
tannien. Pikanterweise ist einer der nun
Angeklagten auch in das Attentat auf
Skripal verwickelt. Es handelt sich um
SergeiFedotow, der laut der britischen
Recherchegruppe Bellingcat eigentlich
Denis Sergejew heisst.Laut deren Er-
kenntnissen hielt sich Sergejew in den
Jahren 2016 bis 2018 häufig auch in der
Schweiz auf, mit unbekannter Absicht.

AUFGEFALLEN


Neue Wendung im Streit


um den Parthenonfries


Beat Bumbacher· Es ist nur ein kurzer Satz in einemPapier der
Europäischen Union, das als Grundlage für einen künftigen
Handelsvertrag mit Grossbritannien in der Nach-Brexit-Zeit
dienen soll.Dazu beigetragen haben allerestlichen 27 EU-
Mitgliedstaaten. Deshalb finden sich darin ganz unterschied-
licheForderungen – von Zolltarifen auf bestimmten Gütern
überFischfangquoten bis zur Zusammenarbeit in derVerbre-
chensbekämpfung.
Eine kleine Klausel hat aber in Grossbritannien fürAuf-
regung gesorgt: Laut der Londoner«Times»heisst es darin
nämlich, dass «widerrechtlich entfernte kulturelle Objekte an
ihre Ursprungsländer zurückgegeben» werden müssen.Wovon
konkret dieRede ist,wird zwar nicht präzisiert.Doch dass die-
ser Satz auf Betreiben von Griechenland in dasPapier aufge-
nommen worden ist,macht die Sache sogleich klar. Es geht ein-
deutigum ein ganz bestimmtes kulturelles Objekt – denPar-
thenonfries, der seit dem19. Jahrhundert im British Museum
in London ausgestellt ist. Dorthingebracht hatte ihn der dama-
lige britische Botschafter im OsmanischenReich, Lord Elgin.
Er hatte vom Sultan inKonstantinopel als damaligemLandes-
herrn dazu die Erlaubniserhalten oder nach anderer Interpre-
tation erschlichen.
Die Kontroverse um die vom AthenerParthenontempel
abgelösten «Elgin Marbles» ist schon jahrhundertealt – be-
gonnen hat sie, schon kurz nachdem dieFiguren per Schiff in
London eintrafen. Um ihreRestitution haben bereits zahlrei-
che griechischeRegierung gerungen. Die jetzige lässt sich die
Gelegenheit nicht entgehen und benutzt die Brexit-Verhand-
lungen als Hebel,um ihremAnliegen Nachdruck zu verleihen.
Die griechischeKulturministerin setzte noch eins drauf und
sprach im Zusammenhang mit demFries erneut von einem
«offenkundigenFall von Diebstahl». Die Reaktion der briti-
schenRegierung fiel sehr eindeutig aus:EineRückgabe werde
es nicht geben, sagte ein Sprecher. Der Passus im Vertragsent-
wurf zeigeeinen «besorgniserregenden Mangel an Ernsthaf-
tigkeit» aufseiten der EU.

tät derWahlen im November gegangen
sei. Russland hatte sich nach Erkennt-
nissen der amerikanischen Behörden
bereits 2016 zugunsten Trumps einge-
mischt. Neue Indizien deuten nun of-
fenbar darauf hin, dassRussland sich
diesesJahr sowohl in dieVorwahlen
der Demokraten als auch in die eigent-
liche Präsidentschaftswahl einmischen
will, etwa durch Hackera ngriffe, Instru-
mentalisierung sozialer Netzwerke und
Manipulation desWahlablaufs. Es blieb
jedoch unklar, welche Belege denAbge-
ordneten vorgelegt worden waren.

Frankreich solidaris iert sich
im Erdgasstreit mit Nikosia
(dpa)·Vor dem Hintergrund andau-
ernder Spannungen um dieAusbeutung
unterseeischer Erdgasvorkommen vor
Zypern lief der französische Flugzeug-
träger «Charles de Gaulle» amFreitag
im zypriotischen Hafen von Limassol ein.
Als Grund für die spektakuläre franzö-
sische Militärpräsenzin Zypern gilt die
Entdeckung von unterseeischen Erdgas-
vorkommen südlich von Zypern.Das
französische EnergieunternehmenTotal
ist an den Erkundungen beteiligt. Diese
Erdgasvorkommen haben zu schweren
Spannungen zwischenAnkara und Niko-
sia geführt. DieTürkei erkennt Zypern
nicht an und lehnt die Suche nach Erd-
gas ohne die Zustimmung der türkischen
Zyprioten ab.Türkische Schiffe befinden
sich südlich und westlich der Mittelmeer-
insel und erkunden dortRohstoff-Lager-
stätten. Die französischeVerteidigungs-
ministerin Florence Parly hatte vergan-
geneWoche Zypern besucht und der
Regierung unter Präsident Nikos Ana-
stasiades die SolidaritätFrankreichs im
Streit mit derTürkei ausgesprochen.

Thüringer Parteien
einigen sich auf Neuwahlen
(dpa)· In derThüringerRegierungs-
krise ist einDurchbruch erzielt worden.
Linke, SPD und Grüne einigten sich mit
der CDU auf eine Ministerpräsidenten-
wahl am 4.März,wie der frühereRegie-
rungschef BodoRamelow (Linke) am
Freitagabend in Erfurt bekanntgab.
Ramelow zeigte sich sicher, dass er bei
seiner erneuten Kandidatur gewählt
wird. DieThüringer Linken-Fraktions-
chefin Susanne Hennig-Wellsow sagte:
«Wir gehen davon aus, dass dieWahl im
erstenWahlgang gelingt.» Die vierPar-
teien verständigten sich auch auf eine
Neuwahl desParlaments am 25.April


  1. Zudem einigten sich dieParteien
    auf einen «Stabilitätsmechanismus», wie
    Ramelowsagte. Damit solle unter ande-
    rem gesichert werden,dass dieAfD bei
    politischen Entscheidungen imLandtag
    nicht das Zünglein an derWaage ist.


Irlands Premierminister tritt
nach Wahlniederlage zurück
(dpa)· Knapp zweiWochen nach denPar-
lamentswahlen im EU-Land Irland hat
der Regierungschef LeoVaradkar sei-
nen Rücktritt erklärt. Er bleibt aber ge-
schäftsführend im Amt,bis ein neuer
Premierminister und ein neues Kabinett
ernannt sind.Er hatte zuvor vor monate-
lan genVerhandlungen in der politischen
Sackgassegewarnt. Zuvor war eskeiner
der drei grossen irischenParteien gelun-
gen, bei derWahl desRegierungschefs
ausreichend Stimmen zu bekommen.Bei
der Parlamentswahl am 8.Februar hatte
die linksgerichtetePartei SinnFein über-
raschend die beiden etablierten bürger-
lichenParteien vomThron gestossen.
Damit wurden das Ende des Zwei-Par-
teien-Systems und ein politischer Um-
bruch in derRepublik Irland eingeleitet.

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