Frankfurter Allgemeine Zeitung - 11.03.2020

(Greg DeLong) #1

che. SYDNEY.Angesichts der Corona-
Krisestreicht die australischeFluggesell-
schaftQantasihremVorstandsvorsitzen-
denAlan Joycebis zumEnde desGe-
schäftsjahres am 30. Juni dasGehalt und
den Jahresbonus. DerVerzi chtdürftebei
rund 2,3 Millionen australischenDollar
liegen. AuchRicha rd Goyder,der Vorsit-
zende desVerwaltungsrates,verzicht et
auf seineEinnahmen.WeilKapazitäten
gestrichen werden, arbeitedie Fluggesell-
schaftderzeit miteinerÜberbesetzung
vonrund 2000Stellen, sagteJoyce. Mitar-
beiter,insbesondere das fliegendePerso-
nal,müsse nunbezahltenUrlaub neh-
men.
Joycegiltals de rbestbezahlteManager
Australiens. 2018 hatteereinschließlich
aller Ausschüttungenknapp24Millio-
nen australischeDollar (13,8 Millionen
Euro) verdient. Das Basisgehaltdes
53 Jahre alten Joycebetrugimvergange-
nenJahr2,2 Millionen australischen
Dollar.Schonvor eineinhalbWochen hat-
te Qantas-Konkurrent SingaporeAir-
linesdie Gehälter seines Managements
spürbar gekürzt, VorstandschefGoh
Choon Phongverordnetesicheinen


Schnittvon15Prozent auf ein Grundge-
halt vonrund 1,4 MillionenSingapur Dol-
lar (885 000 Euro), einschließlich Boni
dürfteesbei rund 5,5 Millionen Singa-
pur-Dollar liegen.Joyce geht nun aber
deutlichweiter .Der Ir einaustralischen
Diensten i st für seine drastischen Schrit-
te bekannt.Die oberen Management-
Ebenen vonQantas werden überdie
nächsten Monate auf 30 Prozent ihresGe-
haltesverzichten müssen. DieSingapu-
rerManager büßennur 3bis 10 Prozent
ihrer Einkommen ein.
DerKursder Qantas-Aktie hatteim
frühen HandelinSydneyamDienstag
weiter eknapp6Prozentverloren. Das
triebdenVerlu st seit ihrem Allzeithoch
um die Jahreswende auffast 32 Prozent.
Am Nachmittagwendetesichdas Blatt,
und dasPapier gingmit einemKursplus
vonfast7Prozentaus demHandel.Anle-
gerzeigten sichbeeindruckt, wie ent-
schlossen Qantas-ChefJoyce durch-
greift. „Wir rechnendamit, dass diever-
ringer te Nachfrag eüber die nächstenMo-
nateanhalten wird.Statt nun schrittwei-
se vorzugehen,verringern wir die Kapazi-
tät direkt bi sMitteSeptember. Das stärkt

unsereFähigkeit,Kosten abzubauen“,
hatte er zuvorgesagt.
Qantasstr eicht damit fastein Viertel
de rinternationalenVerbindungen. Zu-
nä chst hatten die australischeGesell-
scha ft und ihr Billigflugableger Jetstar
5Prozent der Flügegestrichen, nun lie-
gensie 23 Prozentunter ihrer internatio-
nalenKapazität, diesie zurgleichenZeit
desvergangenen Jahres angeboten hat-
ten. DerAbbauist zunächstbis Septem-
ber angelegt,kannaber auchverlängert
werden. DieVerbindungennachAsien
wurden um 31 Prozentgekürzt, die nach
Großbritannien um 17 Prozent. Acht der
zwölf Qantas-Großraumflugzeugevom
TypA380bleiben nun biszum Herbstun-
genutzt am Boden,zweiweiterewerden
renoviert.
„Wir können,wenn wirwollen, unsere
Kapazitätweiter sehr aggressivabbau-
en“, sagte Qantas-ChefJoyce.„Wirflie-
genimmernoch mit zwei A380 und den
Jumbo-Jets.“Auchdas angekündigte
Rückkaufprogramm für AktienimWert
von150 Millionen australischen Dollar
(86 MillionenEuro) hob Qantas am
Dienstagauf.

lid. NEWYORK. An diesemFreitag
sollteimtexanischenAustin das jähr-
lichausgetragene Digitalfestival „South
by Southwest“oder kurz „SXSW“ begin-
nen. Es istjedes Mal ein gigantisches
Spektakelrund um Schwerpunktewie
Technologie, Musik undFilm,zuletzt
kamen mehrals 400 000 Besucher.Am
vergangenenFreitag wurde „Southby
Southwest“aber wegendes Coronavi-
rusabgesagt, so wie viele andereGroß-
veranstaltungen auch. Es istdas erste
Mal seit der Gründung im Jahr 1987,
dassdas Festival nichtstattfindet. Der
Ausfall hat sehr schnell zugravieren-
den personellen Konsequenzen ge-
führt. Die Organisatoren haben jetzt
mitgeteilt, dasssie ein Drittel ihrer Be-
legschaftentlassen haben.NachAnga-
ben der Lokalzeitung„Austin Chroni-
cle“ entspricht dasrund 50 Mitarbei-
tern.Darunter seien auchPersonen, die
seit mehr als zehn Jahrenfür die Organi-
sation gearbeitet hätten. „SXSWhat
den Betriebgründlichüberprüft, und
wir sind in der unvorstellbarenPositi-
on, unsereBelegschaftzureduzieren,“
hieß es in einer Mitteilung.
WieRoland Swenson, derVorstands-
chef der „Southby Southwest“-Gesell-

schaft, dem„Wall StreetJournal“ sagte,
hat dieAbsageverheerendefinanzielle
Auswirkungen.Nachseinen Angaben
könnte der Schaden einen zweistelligen
Millionenbetrag erreichen. DieVeran-
stalter hätten zwar eineVersicherung,
aber eineAbsagewegen ansteckender
Krankheiten sei davonnichtgedeckt.
Es müsstennun zusätzliche Einnahme-
quellengefundenwerden, um zuverhin-
dern, dassdas Geld nicht im Sommer
dieses Jahres ausgehe. Es sei auchdar-
an gedacht, Krediteaufzunehmen oder
sichumSubventionen zu bemühen.
Swenson erweckte auchden Eindruck,
dassdie Zukunftdes Festivals nachder
Absageindiesem Jahr nochnicht gesi-
chertsei: „Wir planen,weiterzumachen
und 2021 eineweiter eVeranstaltung zu
machen, aber ichbin mir nichtganz si-
cher,wie wir das machenwerden.“ Die
Absageist nicht nur einRückschlag für
die Veranstalter ,sondernfür dieganze
WirtschaftinAustin. Die Veranstal-
tung brachteder Region zuletzt mehr
als 350 Millionen Dollar im Jahr.Sie
lockt jedes Mal Besucher aus dergan-
zen Welt nachTexas, gemessen an der
Zahl derTeilnehmerwäre Deutschland
in diesem Jahr das drittstärksteLand
auf demFestival gewesen.

thwi./fahe.BADVILBEL.Der Arznei-
mittelherstellerStada heißt denVorstoß
vonGesundheitsministerJens Spahn
(CDU) gut, wieder mehrWirkstoffe in
Deutschland herzustellen. „Ichwerde
ihm applaudieren,wenn er das ermög-
licht“, sagteEelco Ockers,der Deutsch-
land-Chef desUnternehmens, derF.A.Z.
Er spricht sogarvoneiner historischen
Chance. Denn die DebatteumLiefereng-
pässe für Arzneien infolgeder Corona-
Krise hat dieAufmerksamkeitvonBun-
despolitikernauf die Abhängigkeit
DeutschlandsvonWirkstoffherstellernin
asiatischen Ländern,vornehmlichChina
sowie Indien,gelenkt.
„Da sollten wir dringend darüberre-
den, dasswir uns breiter aufstellen“, sag-
teetwaRalphBrinkmann,derVorsitzen-
de der Bundestagsfraktion der Union.
Der Vorsitzende der Industriegewerk-
schaftBergbau-Chemie-Energie, Michael
Vassiliadis,forderte auch, die Produktion
wichtiger Arzneiwirkstoffe nach Deutsch-
land zurückzuholen.„Wirbrauchen eine
zentrale Liste vonWirkstoffen, deren Pro-


duktionwenigstens innerhalb der EU si-
chergestellt sein muss“, sagteer.
Ockers dämpfte aber die Erwartungen.
SeinerEinschätzung zufolgewerden
Wirkstoffe nicht schon vomnächs ten
Jahr an wiedervermehrthierzulande pro-
duziertwerden. Ehergehe es um einen
Zeitraumvonfünf oder zehn Jahren. Ein
Grund istnachseinenWorten, dassdas
Thema eine europäische Dimension
habe.Spahn müsse seineKollegen aus an-
derenStaaten der EuropäischenUnion
für seine Ideegewinnen. Schließlich seien
auchdie anderen EU-Mitglieder betrof-
fen. Inganz Europawerden kaum noch
Wirkstoffe produziert.
Ockers sprachauchdie Rabattverträge
der gesetzlichen Krankenkassen zu Medi-
kamenten an. Dabei schließt eine Kran-
kenkasse mit einem Hersteller einenVer-
trag über dieexklusiveBelieferung mit be-
stimmten Arzneienab. Die Bieterverfah-
rensollen dieKosten für dieKassen sen-
kenund helfen, dieKassenbeiträgenicht
ausufernzulassen. Sie habenaber zu ei-
nem enormen Preisdruckgeführt, wie

Ockers sagte. In derFolgesei dieWirk-
stoffproduktionvermehrtinBilliglohn-
länderverlager tworden. Das gilt beson-
dersfür Wirkstoffe ohnePatentschutz.
Durch die Corona-Krise bekommen
nun auchnamhafte Pharmakonzerne die
unliebsamenKonsequenzen zu spüren.
Wieein Vertretervon Sanofisagte, frag-
tenandereUnternehmen bei denFranzo-
sen an, ob sie bestimmteWirkstoffelie-
fern könnten. DerKonzernhat aus sechs
Wirkstoff-Fabriken in Europa eine Ein-
heit gebildet, die er an die Börse bringen
will. Dazu gehören auchBetriebe in
Frankfurt, in denen Sanofiunter ande-
remnicht mehr patentgeschützteAllergie-
mittel und Herz-Kreislauf-Medikamente
herstellt, die nachwie vorfür Umsätze in
dreistelliger Millionenhöhe sorgen.
Die neue Entwicklung scheint dem
Konzernrecht zugeben: Indien hat jüngst
die Ausfuhrvon26Wirkstoffen unter-
sagt.Das sei „bizarr“, sagteStada-Mana-
gerOckers. Lieferengpässe bei Medika-
menten sindkein neues Phänomen.Vor
knapp zwei Jahren erregtedie Nachricht,

ein bestimmterBlutdrucksenker sei nicht
lieferbar,für erhebliches Aufsehen in
Deutschland. Denn dabei handelteessich
um das Mittel derWahl für Schwangere
mit Bluthochdruc k. AucheinKrebsmittel
warinden vergangenen Jahren mehrfach
wochenlang nichtverfügbar,weil der ein-
zigeHersteller ausverschiedenen Grün-
den Lieferschwierigkeiten hatte. Diese
Liste lässt sichfastbeliebigverlängern.
Ein Notfallmittel für Bienengift-Allergi-
kerwar vorgut zwei Jahren auch kaum er-
hältlich. Selbstbei Ibuprofen, einemgän-
gigenSchmerzmittel,gabeszwischenzeit-
lichEngpässe.
„Bizarr“findetOckersauchdie Länge
der Zulassungsverfahren,wenn ein Arz-
neimittelunternehmen einen zweiten Her-
steller für einenWirkstoffverpflichten
möchte, um dieAbhängigkeitvonder ers-
tenQuelle zuverringern. Derzeit gingen
zwölf bis 18 Monate dafür ins Land.„War-
um nicht zwölfTage?“, fragte derStada-
Manager.Schließlichgehe es umUnter-
nehmen, die anderePharmahersteller
schon belieferten.

hpe.MÜNCHEN.In der zentralchine-
sischen Provinz Hubei, in der die Coro-
navirus-Epidemie ihren Anfang nahm,
betreibt der fränkische Auto- und Indus-
triezulieferer Schaeffler ein eigenes
Werk.Schon früh nachAusbreitung der
gefährlichenLungenkrankheit hat der
Vorstand ein Reiseverbotfür alle
88 000 Schaeffler-Mitarbeiter nach Chi-
na erlassen, die Fabrik zeitweisege-
schlossen und die Mitarbeiter in der Me-
tropole Wuhan nachHausegeschickt.
„Wir sind seit MitteJanuar mit dem Co-
ronavirus in Chinakonfrontiert. Es ist
eine neue Risikokategorie, auf die wir
uns einstellen müssen“, sagteder Vor-
standsvorsitzende KlausRosenfeld an-
lässlichder BilanzvorlageamDienstag.
Ausseiner Coronavirus-Erfahrung
könne der Schaeffler-KonzernLehren
ziehen, sagteRosenfeld. Die Situation
in Fernostsei zwar nicht eins zu eins
auf Europa zu übertragen, aber erkön-
ne sagen, dass„wir unser Krisenma-
nagementimGriff haben“. Die Liefer-
kettenseieninChina trotzder Betriebs-
unterbrechung nichtgerissen, sämtli-
cheWerke seien inzwischen wieder in
Betrieb und zu 80 Prozent ausgelastet.
Auch 95 Prozentder Mitarbeiter seien
wieder an ihren Arbeitsplatz zurückge-
kehrt. Rosenfeldgeht davonaus, dass
sichder Automarkt in Chinavondem
EinbruchzuJahresbeginn erholt und
dassder Konzernumsatzvon Schaeffler
im laufenden Jahrstabil bleibt.
Füreine genaue Beurteilung der
LageinEuropa sei es nochzufrüh, gab
Rosenfeld zu. In Italien, dasvonder Epi-
demie besondersbetroffenist,betreibt
Schaeffler dreiWerke, da runter eineFa-
brik nahe Mailand, in derWasserpum-
pen-Komponenten produziertwerden.
Es gebe „im Momentkeine Notwendig-
keit, das zu schließen“, sagteRosenfeld.

Schaeffler könne notfalls dieWasser-
pumpenlager auchananderenStandor-
tenherstellen.Rosenfeld bezeichnete
das Coronavirus als „einetaktische Kri-
se, die man mittaktischen Maßnah-
men“beantwortenmüsse.Fürdie struk-
turellenFragen, insbesonderedie Ab-
kehr derAutoherstellervomVerbren-
nungsmotor, werdeSchaeffler in zwei
Wochen eine neueStrategievorlegen.
Die sogenannteRoadmap 2024 sei eher
ein „Updatefür die nächstenfünf Jah-
re“und keinesfalls ein radikaler
Schwenk,kündigteRosenfeld an.
Gleichwohl hat Schaeffler nocheinmal
ein Stellenabbauprogramm aufgelegt,
nachdem im vergangenen Jahr ange-
sichts schwacher Automobilgeschäfte
fast 5000 Stellen, davon1000 in
Deutschland,gestrichen wurden.Nun
sollen weiter e1300 Arbeitsplätze in
Deutschlandwegfallen.„Wir verfolgen
bewusst einePolitik der kleinen Schrit-
te“, sagteRosenfeld undstellteklar,
ohne betriebsbedingteKündigungen
auskommen zuwollen.
Im laufenden Jahr erwartet der Vor-
stand für dieAuto-und Industriege-
schäfte des Konzerns eine bestenfalls
stabile Entwicklung. DerUmsatz dürf-
te stagnieren oder maximal2Prozent
schrumpfen, und die operativeUmsatz-
renditeauf rund 7Prozent sinken. An
der Börsekamen dieAussagen desVor-
stands–sei es zum Coronavirus oder
zur Geschäftsprognose–gut an. Die im
S-Dax notierte Schaeffler-Aktie, die am
Montag 12 Prozent anWert verloren
hatte, holtedie Kursverluste am Diens-
tagfastwieder auf. Imvergangenen Ge-
schäftsjahrhat Schaeffler beistabilen
Erlösenvon14,4 Milliarden Euroeinen
nur nochhalb so hohen Gewinn von
428 Millionen Euroerwirtschaftet. Die
Dividende sollvon55Cent auf 45 Cent
je Vorzugsaktie sinken.

Qantas streicht Gehälter der Chefs


A380 bleiben am Boden, und Mitarbeiter müssen unbezahltenUrlaub nehmen–auchdie Spitze mussverzichten


Gibtes Medikamentegegen Corona?
Speziellgegen das Coronavirus gibt es
nochkein Medikament.Allerdings gibt es
die Hoffnung, dasseinigevorhandene Arz-
neien sichauchfür das dieLungebetref-
fende Coronavirus eignenkönnten.Die
Arzneien sindteils gegenandereKrank-
heiten schon zugelassen oder zumindest
weitgehend erprobt. Siewärenschneller
verfügbar als beispielsweise Impfstoffe,
mit denenwohl frühestens imkommen-
den Jahrgerechnetwerdenkann. Diese
Arzneienwerden vielfachschon klinisch
an Coronapatientengetestet, insbesonde-
re in China. Die Medikamentefallen in
verschiedeneKategorien: SogenannteVi-
rustatikasollenverhindern, dasssichdie
Virenvermehren oderauchindie Lungen-
zellen eindringen. Solche Arzneien sind
ursprünglichgegen HIV,Ebola, Hepatitis
Coder die artverwandten Sars- und Mers-
Virenentwickeltworden. Auchgibt es be-
stimmteLungenmedikamente, die derzeit
getestet werden. Zudemwerden sogenann-
te Immunmodulatorengeprüft, diefolgen-
schwereAbwehrreaktionen des eigenen
Körpersverhindernsollen.


Wer arbeitet daran?
Es gibt zig Projekteauf derWelt, auchvie-
le, die inKooperation mitchinesischen
Unternehmen undForschernlaufen.Teil-
weise setzen sie auf Erkenntnissen derFor-
schunggegendie Sars- und Mers-Ausbrü-
chean. Das amerikanische Biotechunter-
nehmenGilead Scienceshat das antivira-
le Medikament Remdisivir ursprünglich
gegenEbola entwickelt,gegen das es aller-
dings nicht wirkte. Im Labor zeigten sich
aber Erfolgegegen das coronaverwandte
Mers-Virus. Nunwird derWirkstoff in Stu-
dien auchgegen Coronagetest et.Ein Me-


dikamentvonRochegegenLungenfribro-
se, eine Krankheit,bei der dasLungenge-
webe vernarbt, soll auchmit Coronapa-
tientengetestetwerden. Pfizer,MSD, Re-
generon, Apeiron–die Listeder forschen-
den Unternehmen und Instituteist lang.

Wird auchanneuenArzneien geforscht?
Es gibt Ansätze einigerForscher und Ent-
wickler,darunter des japanischen Phar-
makonzernsTakeda,die versuchen, aus
dem Blutvongenesenen Corona-Patien-
tenein neues Medikamentzukreieren.
Das Blut enthält Antikörper,die das Im-
munsystem gebildethat, um dasViruszu
bekämpfen. Vir Biotechnologyverfolgt ei-
nen ähnlichen Ansatz, nutzt dafür aller-
dings das BlutvonPatienten, die 2003 das
Sars-Virusüberstanden haben und prüft,
ob es das Coronavirus unterbindet.

Werarbeitet an Impfstoffen?
Der Verband derforschenden Arzneimit-
telhersteller (VfA) zählt derzeit rund

20 Projektefür Impfstoffe vonUnterneh-
men undForschungsinstituten. Darunter
sind bekanntereNamen aus der Pharma-
branche, wie beispielsweise SanofiPas-
teur und dieJohnson&Johnson-Tochter-
gesellschaftJanssen.AuchBiotechunter-
nehmen wie Moderna und Curevac aus
Tübingen sind dabei. Grundsätzlichgeht
die Forschung dabeiindreiRichtungen:
Genbasierte Impfstoffeversuchen den
Körper dazu zu bringen,Virusproteine zu
bilden, die dann später einen Immun-
schutz aufbauen.Solche Impfstoffe sind
bislang nochnicht auf dem Markt,könn-
tenjedochwomöglichrecht schnell pro-
duziertwerden. Lebendimpfstoffe nutzen
harmloseVire nals Träger ,die vonden
Forschernsoausgestattetwerden, dass
dem Immunsystem eine Infektionvorge-
täuscht wirdund so ein Immunschutz ent-
steht.Sowurde beispielsweise ein Impf-
stoffgegen Ebola entwickelt.Die dritte
Kategorie sind üblicheTotimpfstoffe, wie
beispielsweisegegenTetanus.

Wie weit ist dieEntwicklung?
ErsteStudien mit Menschen sollenwohl
im Sommerstarten. So hat sichauch
Klaus Cichutekgeäußert, der Präsident
des in Deutschland für dieZulassungen
vonImpfstoffen zuständigen Paul-Ehr-
lich-Instituts. Erwolle nicht ausschlie-
ßen, dassdann schon 2021größereklini-
sche Prüfungen mitTausenden odergar
Zehntausenden Probanden beginnen
könnten, sagteer. Im Rahmen dessen
könnten schon besondersgefährdete Per-
sonengruppen geschützt werden. For-
scherkönnen sichfür die Entwicklung
vonImpfstoffen auchauf vorangegange-
ne Wissenschaftstützen: Alleingegendas
Sars-Virusgab es damals mehr als 20 Pro-
jekte, die allerdings nichtvollendetwur-
den.Wohl auch,weil dasViruswiederver-
schwand. Gegen Merswurde inwenigen
Projektenweiter geforscht, unter ande-
remamDeutschenZentrum für Infekti-
onsforschung (DZIF), das nun mitPart-
nernanCorona-Impfstoffenarbeitet.

SchnelleDesinfektion:Die EntwicklungvonCorona-Impfstoffendauertnoch. Fotodpa

SXSWfällt erstmals aus


Veranstalter mussPersonal entlassen


tko. FRANKFURT. Die Folgen des Co-
ronavirus haben in derReisebranche
sonderlicheAuswirkungen. Manwerde
weiter Kreuzfahrten„in denVereinig-
tenArabischen Emiraten durchführen
unddie Häfen Dubaiund AbuDhabi an-
laufen“,teilt dieReederei Aida mit.Was
sichnur erahnen lässt,die beiden Orte
–120 KilometerLuftlinievoneinander
entfernt–sind die einzigenStationen
auf der einwöchigenTour.Die Emirate
haben Beschränkungen für Anläufeaus
demRest der Welt erlassen, das Aida-
Schiffbleibt daher in Hoheitsgewässern
der Emirate. EineNotmaßnahme, um
nochUrlaub möglichzumachen.
Wenn die Möglichkeit bestehe, solle
auf Reisenverzicht et werden, hatte das
Bundesgesundheitsministerium am
Montaggeraten. Einer Branche, die ihre
Geschäfte mit Urlauben macht, helfen
solche–wenn auchnur vorübergehend
geltenden–Tipps nicht.Die Reisebran-
chesucht derweil inAussagen zur Ge-
schäftsentwicklung einen klarenKurs.
Zu einem Krisentreffen im Bundeswirt-
schaftsministerium am Montag berichte-
te der Deutsche Reiseverband (DRV)
vonUmsatzeinbußen einigerUnterneh-
menvonbis zu 75 Prozent. Am Dienstag
hieß es,aktuell seientouristischeReise-
büros gut besucht.
AufNachfrageerläuterteine Spreche-
rin, Kundenkämen, um sichberaten
oder allgemein über Ziele informieren
zu lassen. Gebuchtwerdewenig.TUI-
ChefFritz Joussen sieht bei sichnicht
den großen Einbruch–zumindestnoch
nicht.„Wirwaren sehrstarkgestartet
ins Jahr.DieserVorsprung schmilzt im
Augenblickab“, sagteer. Das Buchungs-
plus für TUI soll nachdem bestenJanu-
ar in derUnternehmensgeschichtean-
fangs satte14Prozent betragen haben.

„Der Wunschzuverreisenist grund-
sätzlichda“,folgertDRV-PräsidentNor-
bertFiebig.Reisebüromitarbeiter sehen
das anders, wie eineUmfrag edes Fach-
portals „Reisevor9“ergab. Die istnicht
repräsentativ,von 300Teilnehmernbe-
richtetenaber 88 Prozent, dassKunden
aktuellkeine Reiseentscheidung treffen
wollten. AuchStornosonderregeln,die
Reiseanbietervon TUI über DER bis
FTI zurAbsatzförderung aufgelegt ha-
ben,kommen nicht gutweg: Siekönn-
tenKunden, dievorhergebucht hatten,
verärgern.Weraktuell bucht, darfdas
kostenfrei überdenken,wersichschon
im Februar entschied, bekommt–zu-
mindestoffiziell–kein Zugeständnis.
EineAusnahme istItalien.Das Ro-
bertKoch-In stitut zählt dasgesamte
Land seit Dienstag zu den internationa-
len Risikogebieten. Das Auswärtige
Amt passteseineReisehinweise an, da
Italien angekündigt hatte, bis zum 3.
April die Bewegungsfreiheitimgesam-
tenLand einschränken zuwollen. Das
Amt rätvonnicht erforderlichenReisen
ab, Österreichhat eineWarnung ausge-
sprochen. TUI erklärte auf Anfrage,
man schaue nachindividuellen Lösun-
genfür Gäste.„Füralle Anreisen bis ein-
schließlich 3. April ermöglicht TUIge-
bührenfreieUmbuchungen oderStornie-
rungen.“ British Airways setzt eItalien-
Flügezunächstfür einenTagaus, Ryan-
air will bis zum 8. April das Land nicht
ansteuern.Lufthansa hatteschon Ein-
schnitteangekündigt, so soll dieZahl
der Flügevon Frankfurtnach Mailand
von80auf 28 jeWochefallen. ImKon-
tras tdazu steht, dassauf Urlaubsporta-
len weiter Pauschalreisen an das Garda-
seeufer der Lombardei mit Anreise im
Märzangebotenwerden. Dochdanach
frag eniemand, räumenTouristiker ein.

Schaeffler bleibtvorsichtig


Der Zulieferer zieht Lehren aus dem Coronavirus


Washilft gegenCorona?


Stada will mehr Wirkstoffproduktion in der EU


Deutschland-Chef:Zurückholen der Herstellung dauertJahre/Bizarre Entwicklung alsUrsache für Engpässe


Alan Joyce FotoBloomberg

Pharmaunternehmen


undForscherarbeiten


intensiv an einem


Impfstoffund an


Arzneiengegendas


Virus. Die wichtigsten


Fragen imÜberblick.


VonIlkaKopplin,


Frankfurt


Deutschestellen


Urlaubsplanungen zurück


Die Reisebranche bekommt Krise zu spüren


FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Unternehmen MITTWOCH, 11.MÄRZ 2020·NR.60·SEITE 19

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