Frankfurter Allgemeine Zeitung - 11.03.2020

(Greg DeLong) #1

SEITEN4·MITTWOCH,11. MÄRZ2020·NR.60 Forschung und Lehre FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


D

eutschlands Status als „dritt-
häufigstvertretenes Land in
den Top200“ erneut bestätigt:
So fasste ein „Spiegel“-Artikel
im September 2019 die Ergebnisse desge-
rade veröffentlichten WorldUniversity
Ranking vonTimes Higher Education
(THE) zusammen. EineNeuigkeit sei je-
doch„besondersbemerkenswert“: der
Sprung der Universität Bielefeld von
Platz 250 auf Platz 166. Die Erfolgsnach-
richtwurde mitFreude aufgenommen.
Schließlichgilt dasWorldUniversityRan-
king als eine derweltweit einflussreichs-
tenRanglisten. GerhardSagerer,Rektor
der Universität,wolltejedochgenauer
wissen,waszudiesem Erfolg geführthat-
te.Was hattedie Universitätrichtig ge-
macht?
Um das herauszufinden, hättedie Uni-
versität Bielefeld direkt bei THE anrufen
können. Eine der Dienstleistungen, die
diese Ranking-Organisation anbietet
und für die vieleUniversitäten in dergan-
zen Welt bezahlen, bestehtinErklärun-
gen, wieRanking-Positionen zustande
kommen, undHinweisen dazu, wie sieer-
haltenoderverbessertwerdenkönnen.
ProrektorinAngelikaEpplekontak-
tier te jedoch lieberunsere Arbeitsgrup-
pe an derFakultät für Soziologie, die
sich seit geraumerZeit wissenschaftlich
mitRankings beschäftigt. Gegenstand
unsererForschung sindHochschulran-
kings, aberauchRankings inanderenBe-
reichen,vonSportüber Kunstbis hi nzu
Nationalstaaten .UnsereForschung fragt
eigentlichnicht danach, wie präziseRan-
kings Leistungmessen, sonderneherda-
nach,wie sie produziert werden, wes-
halb sieakzeptiertwerden undwelche
Effektesie haben. Dennoch begaben wir
uns auf Spurensuche.
BeimVergleichder Rankings aus den
letzten Jahren zeigtesichzunächst, dass
sichdie Universität Bielefeld in derAusga-
be 2019 ebensostarkverbesserthattewie
in jenervon 2020.InbeidenJahren zusam-
mengenommen,warsie um mehr als 120
Plätze aufgestiegen. Damit hattesie sich
stärkerverbessertals fast alle anderen
Universitäten. Wieist das zu erklären?
DieMethodikdes THE-Rankings ist
ziemlichkomplexund wenig transpa-
rent. Wirwissen aberimPrinzip,wases
miss tund woher dieDatenstammen. Es
gibt dreiverschiedeneQuellen, dieje-
weilsein Drittel der Daten ausmachen:
EinTeilwird vonder Universität zur Ver-
fügunggestellt, einzweiter stammtaus
der Scopus-Datenbank vonElsevier
(zumNachweis vonVeröf fentlichungen
und Zitaten)und ein dritter ausUmfra-
genzur akademischenReputationunter
Forschenden und Lehrenden,die THE
selbst durchführt.
Eineswar klar:Zitationenmussten eine
wichtigeRolle gespielt haben, denn siema-
chen dreißig Prozent der Gesamtbewer-
tung aus. Betrachtetman nur diesen Indi-
kator, hat dieUniversität Bielefeld im Jahr
2020 sogar nochbesser abgeschnitten: als
neunundneunzigstbeste Universität der
Welt. In Deutschland istsie die sechstbes-
te Universität und damit sogar einePositi-
on über der LMU München, die im Ge-
samtrankingvonTHE am höchstenran-
giert. Das Ranking istschon in derVergan-
genheitwegender verzerrendenWirkung
des Zitationsindikatorskritisiert worden.
Das bestärkte uns darin, das erstaunliche
Ergebnisbei den Zitationengenauer in
den Blickzunehmen.
Britische Ranking-Forscher, die wir
nachihrenErfahrungenbefragten,ver-
mut eten, dassein großer Sprung im
THE-Ranking mitder Teilnahmeanei-
nemgroßen Projekt zusammenhängen
könnte: der„GlobalBurden of Disease“-
Studie. „GBD“,wie dieStudie auchge-
nannt wird, istein internationaleskoope-
rativesForschungsprojekt,das bisin die
neunzigerJahre zurückreicht undhaupt-
sächlichvon der Bill&Melinda Gates
Stiftungfinanziert wird.Es gilt als die
größtewissenschaftlicheZusammenar-

beit im Bereich der öffentlichen Gesund-
heit allerZeiten und wirddaher auchals
„big science“ bezeichnet.
In seinemRahmen entstehenArtikel
mitHundertenvon Ko-Autoren, die in
prominenten Zeitschriftenerscheinen
undauchdeshalbaußerordentlichhäu-
figzitier twerden. DasTHE-Ranking
zähl tjede dieser zahlreichen Zitationen
fürjeden einzelnen beteiligtenAutor
gleichermaßen. Sokann im Extremfall
ein einzelnerWissenschaftler die Bewer-
tung einerUniversität starksteigern.
Undtatsächlich: EinigeMitarbeiter der
BielefelderFakultät für Gesundheitswis-
senschaftenhatten an dieser „big science“
-Studieteilgenommen. Einervonihnen
fiel besondersins Auge:Von rund hun-
dertZitaten im Jahr 2016stieg seine Zita-
tionszahl im Jahr 2019 auffast achttau-
send. Insgesamtwarerinnerhalbvon
fünf Jahren mehr als fünfzehntausendmal
zitiertworden. Daswarbeeindruckend.
Noch auffälligerwardie Gesamtzahl sei-
ner Ko-Autoren: Sie betrug 3822.

Die Arbeitsgruppe Bibliometrieder
UniversitätBielefeld bestätigtedie Hy-
pothese:Wissenschaftler aus Bielefeld
wurdeninden letztenJahren insgesamt
immer häufiger zitiert,während die
Zahl ihrer Publikationen mehr oderwe-
niger auf demgleichen Niveau blieb.Nur
sehrwenige Arti kelwiesen eineunge-
wöhnlichhohe AnzahlvonZitaten auf.
Sowohl in derAusgab evon 2019als
auchinder von2020 gingen bis zu zwan-
zig Prozentder Gesamtzitate vonBiele-
feld aufnur zehnArtikel zurück. Diese
stammten alleaus dem Bereich derGe-
sundheitswissenschaftenund warenalle
vonmehr als 100 (jedochwenigerals
1000)Personen mitverfasstworden.Je-
der dieser ArtikelwarimRahmender
„GlobalBurden of Disease“-Studie ent-
standen, neun davonwurden in„The
Lancet“veröffentlicht, einerder renom-
miertesten allgemeinmedizinischen
Fachzeitschriften. Undinachtvon ih-
nentaucht ederselbeName einesGe-
sundheitswissenschaftlersder Universi-
tätBielefeldauf.
Es sollte nichtunerwähnt bleiben,
dass sichBielefeld auch bei anderen Indi-
katorenverbesserthat.DaZitatejedoch
allein fürfast ein Drittel derGesamt-
punktzahlverantwortlichsind, haben
sie besondersstarken Einflussauf die
Gesamtbewertungder Universität.Vor
kurz em hat THEÄnderungen in der Me-
thodik angekündigt, um Verzerrungen
wie diese zuverhindern, aberesbleibt
abzuwarten, ob es dazukommtund was
dies bedeuten wird. Grundlegende Ände-

rungenkönnendie Vergleichbarkeitzwi-
schen Jahrenbedeutungslos machen.
Daranhaben dieRanking-Organisatio-
nen aus naheliegenden Gründenkein
großes Interesse.
„Wow“, wardie ReaktionvonFlorian
Fischer,als er hörte, dassernachden
Kriterien desTHE Bielefelds „wertvolls-
terWissenschaftler“ sei.Fischer is twis-
senschaftlicher Mitarbeiter undPostdok-
torand an derBielefelderFakultät für
Gesundheitswissenschaften. Sein fast
fünfzigSeiten langer Lebenslaufauf der
WebsitederUniversitätistvollerbemer-
kenswerter Leistungen, trotzdem ister
nur einervon DutzendenWissenschaft-
lern in Deutschland und mehreren tau-
send anderenweltweit,die an derGBD-
Studie mitwirken.

D

ie Fragedrängt sichauf, war-
um GBD früher keinen sol-
chen Einflussauf die THE-
Rankings hatte, da es das Pro-
jekt ja bereits seit den neunziger Jahren
gibt.Hier spielen mindestens zweiFakto-
reneine Rolle. Zumeinen istdie Zahl der
Wissenschaftler,die in der GBD-Studie
kooperieren, in den letzten zehn Jahren
und insbesondereseit 2013 erheblichan-
gewachsen. Zweitens hat THE denTeil
der Methodik,der sichauf Zitationen be-
zieht, in derAusgabe 2016/17geändert.
Die neue Methodebevorteilt häufig zitier-
te Artikel, dievonHunderten(und weni-
gerals tausend) Mitwirkendenverfasst
wurden. DavonprofitiertenPublikatio-
nen, die imRahmen des GBD zustande
kamen, in besonderem Maße.

WiekonnteBielefeld also in derRang-
liste nachoben klettern?Kein Geld der
Universität wurde investiert,keine exter-
nen Berater eingestellt, keine Stunde für
eine sorgfältigeStrategieplanung zum
Umgang mit denRankings aufgewendet,
wasdurchaus nicht unüblichist. Es
scheint vielmehr,als hättedie Universität
Bielefeld diesesRankinggleichsamverse-
hentlich„manipuliert“: dadurch,dasssie
einenWissenschaftler beschäftigte, der
sichzufällig an einer „big science“-Studie
beteiligte, dievonder Methodologie des
Rankings aus mehr oderweniger zufälli-
genGründen bevorzugt behandelt wird.
DerFallzeigt insofernexemplarisch,
dass die Annahme,dassUniversitätsran-
kings „Leistungen“ vonUniversitäten
„objektiv“ abbildenkönnen, fragwürdig
ist. Entsprechend fragwürdig istauch
dieAnnahme,die Auswir kungen bil-
dungspolitischerInvestitionen wie der
Exzellenzinitiative aufdie Leistungsfä-
higkeitvon Universitäten könntenan
Rankings abgelesenwerden. Die Bezie-
hungen zwischen derPositio nauf einem
Rankingund dem,was eineUniversität
istund tut,sind allesandereals eindeu-
tig. Politik ,Universitätsleitungen und Öf-
fentlichkeittätendahergut daran, der
Aussagekraftvon Universitätsrankings
künfti gmit mehrSkepsis und Distanz zu
begegnen. JELENABRANKOVIC

DieAutorinistwissenschaftliche Mitarbeiterin
der Fakultät für Soziologie an derUniversität
Bielefeld.

DerRufder Doktoranden anden deut-
schenUniversitäte nist schlecht. Es gebe
zu vielevonihnen,heißt es, die Hochschu-
len könnten ihnenkeine ausreichenden
Karrierewegebieten, entsprechend prekär
sei ihreLage. IhreBetreuung sei im inter-
nationalenVergleichmiserabel, die wis-
senschaftlichen Erträgeihrer Arbeit zwei-
felhaft, und der angestrebteTitel habe oh-
nehin längstanReputationverloren.Dass
angeblichfastdie Hälfte der Doktoran-
den ihr Promotionsprojekt abbricht,
scheint dageradezu ein Grund zur Er-
leichterung zu sein.Kaum zuglauben,
dasssichunter diesenUmständen über-
hauptnoch jemand auf dasAbenteuer der
Promotion einlässt.
Unglaublichist aber eigentlich, wiewe-
nig man bisher wirklichvon den Dokto-
randenweiß. Es gibt einzelneStudien
und die aggregiertenDaten desStatisti-
schen Bundesamtes, die wiederum die
Grundlagedes „BundesberichtsWissen-
schaftlicherNachwuchs“ sind.Repräsen-
tativeBefunde einer direkten Befragung
lagen dagegen bisher nochnicht vor. Mit
den Ergebnissen der Doktorandenstudie
Nacaps (NationalAcademicsPanel Stu-
dy) ändertsichdiese Situation jetzt. Die
vomBundeswissenschaftsministerium ge-
förderte Längsschnittstudie des Deut-
schenZentrums für Hochschul- undWis-
senschaftsforschung (DZHW) untersucht

seit 2017 mit Hilfejährlichstattfindender
Online-Befragungen die Promotionsbe-
dingungen, Karrierea bsichten undKarrie-
reverläufesowie die allgemeinen Lebens-
bedingungen der Doktoranden. Mehr als
zwanzigtausend Doktoranden haben bis-
her an derStudieteilgenommen. IhreAnt-
worten lassenvomgewohnten Bild des
deutschen Mittelbaus nicht viel übrig.
Zunächstbestätigt dieStudie diewe-
sentlichenBedingungen, unterdenen heu-
te an denUniversitäten promoviertwird:
Achtzig Prozent der Doktoranden sind an
einer Hochschule beschäftigt, zwanzig
Prozent außerhalb. 97 Prozent der univer-
sitäre nDoktorandenhabenbefristete Ver-
träge, außerhalb derUniversitäten be-
trif ft die Befristung dagegen nur 44 Pro-
zent.Das gilt auchimWesentlichen für
alleFächer,für Männer wieFrauen, ja
selbstnoch für Angehörigedes Mittel-
baus mit Kindern.Überhauptscheinen so-
zialstrukturelleUnterschiede unter den
Doktoranden wie Migrationshintergrund
oder Bildungsherkunftkeinegroße Rolle
in der Selbsteinschätzung zu spielen.Na-
caps zeigt ein ziemlich homogenes Bild
des akademischen Mittelbaus.
Aber gerade diese Selbstauskünfte bie-
tenÜberraschungen. Etwadas Betreu-
ungsverhältnis:Fast die Hälfte der Befrag-
tengibt an, seinen Betreuer mehrmals im
Semesterzutreffen, einViertelsogar

sieht ihn einmal oder mehrmals proWo-
che. Über zwei Drittel der Doktoranden
äußernhohe persönlicheZufriedenheit
mit der Betreuung.Zumindestfachlich.
Sechzig Prozentgeben allerdings an, mit
der Karrierebezogenheit der Betreuung
nur wenig zufrieden zu sein. Insgesamt
verraten dieTeilnehmer dieserStudie viel
über die persönliche Erfüllung, die ihre
Arbeit ihnen gibt:die Motivation zur Pro-
motion?Wird durchgängig als sehr hoch
beschrieben. Die Spannung des For-
schens, der Spaß daran, die hohe persönli-
cheBedeutung, die Berufschancen, die
Wichtigkeit dieser Qualifikation für die
spätereKarriere, überall ernten die ent-
sprechenden Antworteninder Studie
hoheZustimmungsraten. Der Punkt „ich
habekeine Motivation zurFortführung“
bekam mit 86 Prozent die deutlichste Ab-
lehnung. Mehr als sechzig Prozentgeben
darum an, niemalsoder nur selten über ei-
nen Abbruc hnachzudenken.
So viel Enthusiasmus überrascht .Der
letzt eBundesberichtWissenschaftlicher
Nachwuchsvon2017 klang da nochganz
anders: Verlässliche Informationen zur
Erfolgs- beziehungsweiseAbbruchquote
vonPromotionen seienkaum vorhanden,
heißt es dort. Der Bericht schätztedie Er-
folgsquote dennochauf magere57bis 67
Prozent und bezog sichdabei auf Daten
des DZHW-Absolventenpanelsvon2013.

Zwischen 33 und 43 Prozent der begonne-
nen Promotionen führtenalso zukeinem
Erfolg, wobei dieAbbruchquotenzwi-
schen den Disziplinenstarkvariierten
und in den Naturwissenschaftenmit
sechs Prozent amgeringstenseien.
Die Befunde derNacaps-Studie passen
dazu nicht. DieZuversicht der übergro-
ßen Mehrzahl ihrerTeilnehmer müsste
eine herbe Enttäuschung erleben, um zu
solchenAbbruchquotenzuführen. Der
Bundesbericht jedenfalls erwartetevon
zukünftigen Erhebungen genauereEr-
kenntnisse über die Kriterien, die zu Er-
folg oderAbbruc hführen. DieNacaps-
Studie legt nahe, dasshinterAbbrucher-
wägungen meistens zu hohe Arbeitsbelas-
tung durch die beruflicheTätigkeit und
Probleme bei der Betreuung stünden,
nicht jedochwissenschaftliche Schwierig-
keiten im engeren Sinne.
Insgesamt zeigt dieNacaps-Studie ei-
nen widersprüchlichen Befund: Die Dok-
torandenziehen aus dieserPhase ihrer be-
ruflichen Qualifikation eingroßes Maß
an persönlichem Gewinn, aber zumVer-
bleib in der akademischen Forschung
scheint er sie nicht motivieren zukönnen.
Denn bei derFrage,wo die Doktoranden
nach demAbschlussihrer Dissertation ar-
beit en wollen, schneiden die Hochschu-
len schlecht ab.Nur22Prozentgeben an,
nachdem Doktor eine akademische Lauf-
bahn anzustreben. DergrößteTeil will in

die Privatwirtschaft, in die außeruniversi-
täre Forschung oder in den allgemeinen
öffentlichen Dienst. Damit bestätigt die
Studie bisherigeUntersuchungen, nach
denen zwischen sechzig und achtzig Pro-
zent des wissenschaftlichenNachwuch-
ses die akademischeForschung und Leh-
re verlassenwollen.
Nunwerdenwahrscheinlichall diejeni-
gen, die selbstauf akademischenStellen
sitzen, erleichtertaufatmen und dieNa-
caps-Studie dafür loben, dassihreBefun-
de dieewigen Klagen über die Lagedes
Mittelbaus zumVerstummen bringen soll-
ten. Andererseitsverraten die Zahlen
nicht, ob diefertigen Doktoren dieUni-
versitätenverlassenwollen,gerade weil
die Arbeitsbedingungen undKarriereaus-
sichten dortsoschlecht oderweil sie drau-
ßen so viel besser sind.
Aufschlussreichist deshalbdie Ant-
wort auf dieFrage,welche Karriereziele
denn jeneDoktorandenverfolgen,die
tatsächlichanden Hochschulen bleiben
wollen. Der Bundesberichtverweistja
immer wieder erleichtertdarauf,dass
die Abwanderung der Promovierten
nacherfolgreichemAbschlussinsbeson-
dereauchdie Nachfrag enacheiner Pro-
fessur entlaste. Nach derNacaps-Studie
strebt tatsächlich nur ein Drittel der Pro-
movierenden, die überhauptimWissen-
schaftssystem bleibenwollen,eine Pro-
fessur an. GERALDWAGNER

Bild aus den frühen Jahren: DieReformuniversität Bielefeld FotoGünterRudolf /StadtarchivBielefeld

Das Prekariat is tsehrzufri eden


Über die Situation der Doktoranden wusste manbislangwenig.EineStudie zeichnetjetzt ein überraschendpositivesBild.


Sove rrück tkönnenRankings sein


Ungarn droht imStreit über sein
Hochschulgesetz eine Niederlagevor
dem Europäischen Gerichtshof. Das
2017 geänderte Gesetz, das sichge-
gendie Central EuropeanUniversity
(CEU)richtete,verstößt aus Sicht der
zuständigen EuGH-Gutachterin ge-
genEU-Recht.Der Klageder EU-
Kommission dagegen sollestattgege-
ben werden, empfahl Gutachterin Ju-
lianeKokott. EinUrteil der obersten
EU-Richter wirdineinigenWochen
erwartet.Inder Regelfolgt der EuGH
seinen Gutachtern. Kritiker unter-
stellten derRegierung unter Minister-
präsidentViktor Orbán, mit dem Ge-
setz die CEU ausUngarn vertreiben
zu wollen. Dievondem amerikani-
schen Milliardär George Sorosgeför-
derte Hochschuleverkündete Ende
2018 denUmzug vonBudapestnach
Wien. Das Gesetz schriebvor, dass
ausländischeUniversitäten auchim
Heimatland lehren müssen und der
BetriebvonUngar nvertraglichmit
dem Heimatland vereinbartsein
muss.AusSicht vonGeneralanwältin
Kokott verstoßen dieVorschriften ge-
genEU-Grundrechte. Das Gesetz
schränkedie Freiheit zur Gründung
und zum BetriebvonLehranstalten
sowie dieWissenschaftsfreiheit ein.
Auch die Niederlassungsfreiheitwer-
de beschränkt.Zudemverletze Un-
garn internationaleVereinbarungen
im GATS-Abkommen, die ebenfalls
Teil des EU-Rechts seien. DPA

Über Mobbing und Diskriminierung
in Instituten der Max-Planck-Gesell-
schaft(MPG) wurde so oftgeklagt,
dass imvergangenenJahr eineUm-
frag ezur Arbeitskultur bei allen Mit-
arbeiterndurchgeführtwurde. Die
Ergebnissewarendurchwachsen und
sollten daher die Basisbilden,um, so
die MPG, „Maßnahmen für notwen-
digeVeränderungsprozesse“ einzu-
leiten.An zwei Standorten führte
nachweisliches Mobbing zu Sanktio-
nengegendie Institutsleiter durch
die MPG (F.A.Z.vom11. Juliund 22.
August2018).
Nunist mit dem Max-Planck-Insti-
tut für Internationales, Europäisches
und Regulatorisches Prozessrecht
(MPI) in Luxemburgein weiterer
Standortvon schwerenVorwürfenbe-
trof fen. Auchhier berichtenForscher
vonErniedrigungen seitens einerVor-
gesetzten. Mitarbeiter hättenwenig
Wertschätzung erhalten und seien be-
schimpftoder zurVertragsauflösung
gedrängtworden. Im Einzelnen las-
sen sichdie Vorwürfe mangels detail-
lierterZeugenaussagen, auchauf-
grund vonVerschwiegenheitsklau-
seln in den Arbeitsverträgen, nicht
objektiv überprüfen.
Allerdingsräumen die Direktoren
BurkhardHessund HélèneRuiz Fa-
briauf AnfragedieserZeitung ein,
dassihnenVorwürfe vonFehlverhal-
tenaufgrund der Mitarbeiterbefra-
gung im Juli 2019 bekanntgeworden
seien. Sie verweisen darauf, dass
„seit September 2019keine neuen
Fälle gemeldetwurden“,wasdarauf
schließen lässt,dasseszuvor Be-
schwerden gab. Die Nichtmeldung
könnte aber auchdamit zusammen-
hängen, dasssichdie Mitarbeiter seit
Dezember 2019 auchandie vonder
deutschenMPG eingesetztenVertrau-
ensanwältewenden dürfen. Daswar
zuvor nicht möglichgewesen.
Zudem betonen Hessund Ruiz Fa-
bri, dassalle neuen Mitarbeiter be-
sondersdarauf hingewiesen würden,
„in einem internationalen Institut
aufg rund derverschiedenenkulturel-
len Prägungeneinen entsprechend
aufmerksamen und respektvollen
Umgang zu pflegen“. In internen Kri-
sensitzungenmit denrund neunzig
Mitarbeiternverkündete die Leitung
demVernehmen nach, dass„dieser
SturmamMPI vorbeiziehen wird“.
Diese Einschätzung darfjedochbe-
zweifeltwerden. Die luxemburgische
Regierung, die das MPI mit jährlich
rund elf Millionen Eurofinanziert,
hat sichinzwischen mit der Situation
beschäftigt, auchwenn siekeine Ein-
flussmöglichkeiten hat, da sie imVer-
waltungsrat nichtvertretenist.Die
GewerkschaftOGBL hat dieVorfälle
zum Anlasseiner landesweitenKam-
pagnegegenMobbinggenommen.
Außerdem wirft die Gewerkschaft
der Institutsleitungvor, gegenluxem-
burgisches Arbeitsrecht zu versto-
ßen. Dabei wirddie in Arbeitsverträ-
genfestgehaltene Schweigeklausel
kritisiert, die es auchehemaligen Mit-
arbeiternuntersagt, mit Außenste-
henden über die Arbeitsverhältnisse
zu sprechen. Die MPG in München er-
klärtderweil, dasssichdie Direkto-
renund derVerwaltungsrat einig sei-
en, „dassesweiterer Maßnahmen be-
darf, um die Situation am MPI für
alle Mitarbeiter dauerhaftzuverbes-
sern“. JOCHEN ZENTHÖFER

Steile rAufstieginder


„Weltra ngliste“: Wiedie


Univer sität Bielefeld


auszog,umihre Position


auf einemRanking zu


verstehen.


„LexCEU“


rechtswidrig?


Lautes


Schweigen


Mobbingvorwürfe in


Max-Planck-Institut

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